Unser Dank gilt auch denen, die im Bereich Inneres einen wichtigen Auftrag erfüllen, nämlich unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die gerade im letzten Jahr sehr viele Einsätze hatten, die sie sehr verantwortungsvoll wahrgenommen haben. Ich denke gerade an die große Demonstration von HoGeSa hier in Hannover.
Ich danke nicht nur den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten aus Niedersachsen, sondern auch denen aus anderen Ländern und von der Bundespolizei für ihren Einsatz hier im Rahmen von Großeinsätzen, vor allem auch bei Fußballspielen. Umso weniger kann ich verstehen, dass gerade in dem Bereich die Sparpotenziale von FDP und CDU angesetzt werden. Sie sparen genau dort, wo diese Großeinsätze waren. Das ist ein Scheck auf die Zukunft, der überhaupt nicht einzulösen ist. Sie sparen an unserer Sicherheit. Ich finde, das ist verantwortungslos.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gerade im letzten Jahr ganz deutlich etwas verändert, indem wir den Menschen, die zu uns gekommen sind, mit dem Rückführungserlass klare und deutliche Regeln an die Hand gegeben haben. Wir haben die Härtefallkommission auf den Weg gebracht. Wir haben uns, Frau Kollegin Jahns, auf mehr Menschen eingestellt, die fliehen und zu uns kommen. Ich glaube, dass wir das ganz deutlich einbauen müssen und dass es daher richtig war, dass wir eine vierte Aufnahmeeinrichtung auf den Weg gebracht haben. Sie haben damals eine geschlossen. Ich finde es gut, wie es in Osnabrück gelaufen ist. Das muss man an anderen Stellen noch fortsetzen.
Meine Damen und Herren, wir müssen diesen Bereich weiterhin gemeinsam organisieren. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Kommunen in diesem Bereich von uns unterstützt werden. Das haben wir getan, indem wir die Willkommenskultur auch, was die Ausländerbehörden angeht, befördert haben. Wir haben es jetzt geschafft, beim Sozialministerium eine Beratungsstelle anzugliedern. Dabei geht es um große Probleme. Ich bin froh, dass das nicht irgendwo beim Innenministerium eingerichtet worden ist, sondern dass es zu
sammen mit den betroffenen Verbänden organisiert wird; denn ich glaube, dass diese Beratung so wesentlich besser fruchtet. Ich glaube, auch Wolfsburg kann davon profitieren. So kann man die dort vorhandene Situation bewältigen.
Was den Verfassungsschutz angeht, liegt ein Gesetzentwurf vor, der jetzt in die Beratung geht. Ich glaube, es ist ein guter Gesetzentwurf. Es ist auch gut gewesen, dass wir das, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist, mit aufarbeiten und in unsere Diskussion mit einbeziehen.
Ich habe nach den Äußerungen, nachdem der Gesetzentwurf eingebracht worden ist, die große Hoffnung gehabt, dass wir auf der Grundlage der unterschiedlichen Arbeitsergebnisse, auch der Ergebnisse der Arbeitsgruppe der CDU, hier zu einer guten Beratung kommen. Nach Ihrem heutigen Redebeitrag habe ich da wieder Zweifel. Aber vielleicht kriegen wir das mit dem Hören und dem Verstehen ja doch noch besser hin. Ich glaube, es ist klug, dass wir die Punkte mit einbeziehen, an denen es nach unseren Erfahrungen nicht gut gelaufen ist, sowohl in der großen Debatte auf Bundesebene als auch gerade bei unserem eigenen Verfassungsschutz.
Meine Damen und Herren, wir haben auch einen Akzent gesetzt, den Sie ganz verschwiegen haben. Wir haben nämlich zur Kenntnis zu nehmen, dass sich der Bund aus der Finanzierung des Katastrophenschutzes zunehmend zurückgezogen hat. Wir haben auch hier Danke zu sagen. Wir haben gerade in den vergangenen zehn Jahren immer wieder mit Hochwassern zu tun gehabt. Wir sagen allen Danke, die sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren. Wir haben hierfür
1 Million Euro draufgesattelt, damit es nicht immer nur warme Worte gibt. Wir legen gerade bei der Ausstattung für den Katastrophenschutz nach und unterstützen dort die einzelnen Organisationen. Aber wir müssen deutlich machen - das müssen wir als Sozialdemokraten auf unserer Schiene tun, aber vielleicht tun es auch die Christdemokraten auf ihrer Schiene -, dass es nicht sein kann, dass sich der Bund aus dieser Verantwortung davonmacht und aus der Finanzierung aussteigt.
Es ist gut, dass wir nachgelegt haben. Das ist ein wesentlicher Punkt, weil damit auch eine Anerkennung des Ehrenamtes verbunden ist.
Zum kommunalen Bereich kann ich nur sagen, dass wir dafür gesorgt haben, dass strukturschwache Kommunen weiterhin an Strukturfördermitteln teilhaben können. Wir sind mit eigenen Mitteln dabei, aber auch die kommunalen Spitzenverbände haben sich zu einer gemeinsamen Unterstützung bereit erklärt.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass es eine Einigung bei der Finanzierung der Inklusion gegeben hat. Wir nehmen uns für das nächste Jahr vor, dass wir die Bürgerbeteiligung und die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Kommunalverfassungsgesetz stärken wollen. Ich will Ihnen einmal ganz deutlich sagen: Wer sich hier hinstellt und die Titulierung von Oberbürgermeistern ständig als etwas Abwertendes begreift, der sollte sich einfach einmal fragen, wie denn sein kommunales Verständnis ist. Ich sage ganz deutlich: Es entlarvt Sie am meisten, wenn Sie meinen, dass man, wenn man hier im Landtag ist, darüber stehen kann. Ich bin froh, dass es einen Innenminister gibt, der Oberbürgermeister war, und dass es einen Ministerpräsidenten gibt, der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt war. Denn sie können hier Erfahrungen aus der kommunalen Ebene einbringen, die uns allen weiterhelfen und die vielleicht auch dazu beitragen, dass Ihr krudes Verständnis von Kommunalfreundlichkeit nicht weiter zum Tragen kommt.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz deutlich: Der Haushalt hat sicherlich nicht irgendwelche herausragenden Lichter. Aber ich glaube, in der Landespolitik einen Haushalt für den Bereich Inneres vorzulegen, der dafür Sorge trägt, dass es in der Entwicklung, gerade was Beförderungen angeht, was sich noch fortsetzt, so weitergeht, dass es eine Stärkung des gesamten Bereichs gibt, ist eine gute Entscheidung.
Wir sind auf dem richtigen Weg - auch mit den Projekten, die vor uns liegen. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Wir haben das in unseren Ansätzen ganz klar hinterlegt. Sie haben das, was Sie hier verbal gefordert haben, nämlich Aufstockung der Pauschalen für die Kommunen, mit keinem einzigen Haushaltsansatz hinterlegt. Das fordern Sie verbal, aber setzen es nicht um. Sie streichen bei der Polizei. Sie streichen im IT-Bereich herum, wobei Sie genau wissen, dass er von Ihnen an die Wand gefahren worden ist, und wir vor der Situation stehen, dass wir das jetzt wegräumen müssen.
Punkten. Wir werden gut zusammenarbeiten. Ich denke, wir haben einen guten Haushalt und sollten ihn auch so beschließen.
Vielen Dank, Herr Watermann. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Doris Schröder-Köpf, SPD-Fraktion. Bitte schön, Frau Schröder-Köpf!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau einem Monat, am 15. November, war eine islamfeindliche Kundgebung in Hannover unter dem Titel „Europa gegen den Terror des Islamismus“ der Anlass für einen der größten Polizeieinsätze in der Geschichte des Landes.
Dem unseligen Bündnis aus Rechtsradikalen und Hooligan-Schlägern stellte sich erfolgreich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis entgegen. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Hause, von SPD und Grünen, von FDP und CDU, haben teilgenommen. - Herzlichen Dank. Viele Menschen, auch und gerade muslimischen Glaubens, haben Ihren Einsatz dankbar und erleichtert zur Kenntnis genommen.
Sehr geehrte Damen und Herren, im zu Ende gehenden Jahr 2014 ist es in der gesamten Bundesrepublik zu erschreckend zahlreichen Kundgebungen wie in Hannover, Demonstrationen wie in Dresden oder Ausschreitungen wie im Extremfall in Köln gekommen, die eines zeigen: Rechtsextreme missbrauchen die Angst vor neosalafistischem Terror und haben inzwischen bedauerlicherweise ein breites Bündnis unterschiedlicher Gruppierungen geschmiedet.
Die Gebrauchsanleitung dazu kam bereits 2012 von der NPD. In der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme hieß es damals, man sei gut beraten, die „Ausländerfrage am Beispiel der Moslems zuzuspitzen“. Leider, muss man sagen, ist die Saat des Bösen an einigen Stellen offenbar aufgegangen. Mehr als 10 000 Menschen laufen inzwischen regelmäßig mit, wenn die Extremisten sie unter menschen- und demokratiefeindlichen Hassparolen dazu aufrufen.
Die islamfeindliche Agitation stützt sich dabei nach Erkenntnis von Wissenschaftlern und unserem Verfassungsschutz auf drei Eckpfeiler. Sie knüpft an bestehende Überfremdungsängste an, sie pauschaliert und setzt Islam und Muslime mit Gewalt und Islamismus gleich. Zudem ermöglichen islamfeindliche Kampagnen rechtsextremistischer Gruppierungen, ihren wahren, nämlich rassistischen und menschenfeindlichen, Charakter zu tarnen. Das Ziel dieser rechtsradikalen Bestrebungen ist es, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das Muslime kategorisch ausgrenzt, um am Ende Gewalt quasi legitimieren zu können. Mit verbalen Attacken fängt es an, warnt auch der neu gewählte Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, vor der Antiislambewegung, die sich z. B. Pegida nennt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich wiederhole es: Die Saat geht auf! - Nach einer Studie des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität, die Anfang des Monats von meiner Berliner Kollegin Aydan Özoğuz vorgestellt wurde, denkt mehr als ein Viertel der Deutschen ganz pauschal, Muslime seien „aggressiver als sie selber“. Fast 40 % denken - auch das ist ein Zitat -, wer ein Kopftuch trägt, könne nicht deutsch sein. Rund 70 % der Befragten schätzen die Zahl der in Deutschland lebenden Muslime um ein Vielfaches zu hoch ein - auf 20 % statt in Wirklichkeit auf etwa 5 % der Gesamtbevölkerung.
Uwe-Karsten Heye, früherer niedersächsischer Regierungssprecher und langjähriger Vorsitzender des renommierten Vereins „Gesicht zeigen!“, spricht in diesem Zusammenhang von „Angst ohne Ausländer“. Denn dort, wo etwa die wenigsten Muslime leben, sind die Vorbehalte am größten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, man könnte über so viel Ignoranz und Unwissen spotten, wären die Folgen nicht so erschreckend. Muslime werden in Deutschland allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit Zielscheiben islamfeindlicher Übergriffe.
Auch niedersächsische Muslime fühlen sich in ihren Lebensgewohnheiten eingeschränkt. Viele haben Angst.
Junge Frauen mit Kopftuch erzählen mir von Beleidigungen und Beschimpfungen, denen sie ausgesetzt sind. Anfang September zerplatzte ein Molotowcocktail vor einer Moschee in Oldenburg, im Oktober wurde ein Wildschweinkopf vor einer Moschee in Delmenhorst abgelegt. Im selben Monat brachten unbekannte Täter ihren Islamhass mit einer entstellten Puppe vor einer Moschee in Stadthagen zum Ausdruck. Es wurden viele Straftaten registriert, die im Zusammenhang mit einer pauschal islamfeindlichen oder feindseligen Haltung gegenüber Muslimen stehen. Die Dunkelziffer ist erheblich. Auch deshalb müssen wir einen Vorschlag meines Landtagskollegen Belit Onay ernsthaft diskutieren, ob der Kriminalstatistik nicht eine neue Kategorie hinzugefügt werden muss, unter der die Delikte dann präziser erfasst werden können.
Die aktuelle Hass- und Gewaltwelle trifft die Mitbürgerinnen und Mitbürger muslimischen Glaubens ausgerechnet in einem Jahr, in dem Erkenntnisse aus dem NSU-Prozess zu einer gewaltigen Erosion des Vertrauens geführt haben. Viele Muslime in Niedersachsen fühlen sich allein im eigenen Land, verlassen von den Institutionen des Staates und verdächtigt von Nachbarn und Kollegen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen also an zwei Enden tätig werden. Wir müssen über den Islam, die Weltreligion, aufklären und unsere Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Vertrauensbildung und Vertrauensförderung werden Metabotschaften des Staatsvertrages sein, den das Land Niedersachsen mit den muslimischen Religionsgemeinschaften DITIB und Schura sowie der Alevitischen Gemeinde Deutschlands verhandelt. Mit dem Vertrag sollen außerdem Zeichen des Respekts und der Akzeptanz gesetzt werden. Die Vertragsverhandlungen verlaufen konstruktiv und zielorientiert. Vertrauen, Achtung und Aufklärung sind auch Stichworte für die Zusammenarbeit des Landes mit den muslimischen Religionsgemeinschaften bei der Präventionsstelle gegen radikalen Salafismus.
In der vergangenen Woche hat Sozialministerin Cornelia Rundt gemeinsam mit DITIB und Schura, der Universität Osnabrück und Verbänden der Jugend- und Sozialarbeit den Trägerverein „beRATen“ gegründet. Die Präventionsstelle wird - da bin ich sicher - eine wichtige Anlaufstelle für Familien sein, die Angst haben, dass ihre Kinder unter dem Einfluss von Hasspredigern und Dschihadisten stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rot-Grün in Niedersachsen setzt auf Rat und Tat. Im neuen Haushalt wird deutlich, dass wir unser Land gut gegen Islamfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aufstellen: mit Aufklärungsangeboten in Kooperation mit dem Verfassungsschutz, Richtlinien zu Demokratie und Toleranz, Hilfe für Flüchtlinge. Wir setzen auf ein breites Bündnis gesellschaftlicher Gruppen.
Ich freue mich sehr darüber, dass der Landesverband des Bundesverbandes der Vertriebenen und ich in meinem Ehrenamt als Landesbeauftragte ein gemeinsames Positionspapier zum Flüchtlingsschutz unterzeichnen konnten. Wer könnte die Flüchtlinge von heute besser verstehen als die Niedersachsen, die selber Flucht oder Vertreibungen erlebt haben?
An dieser Stelle möchte ich mich auch herzlich beim Vorsitzenden des Landesverbandes, Herrn Oliver Dix, für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Sehr geehrte Damen und Herren, aus Niedersachsen gibt es aber auch andere ermutigende Zeichen. Es ist ermutigend, dass sich die Religionsgemeinschaften nicht gegeneinander haben ausspielen lassen. Die Yezidische Gemeinde Oldenburg hat sich solidarisch erklärt mit den von einer Schmähaktion betroffenen Moscheebesuchern in Delmenhorst. Der Vorsitzende der Schura Niedersachsen, Avni Altiner, hat sich vermittelnd in der Auseinandersetzung zwischen Yeziden und Muslimen in Celle engagiert. Ein Zeichen weit über Niedersachsen hinaus war die Freundschaftsgeste zwischen Michael Fürst, dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, und Yazid Shammout, dem Vorsitzenden der Palästinensischen Gemeinde auf dem Höhepunkt des Gaza-Konflikts.
Sehr geehrte Damen und Herren, zum Ende meiner Rede und am Ende dieses ereignisreichen und für viele Menschen so leidensreichen Jahres möchte ich betonen: Wir werden nicht zulassen, dass in Niedersachsen Menschen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder Hautfarbe verfolgt werden! Wir werden nicht nachlassen, dafür zu kämpfen, dass in Niedersachsen alle Menschen angstfrei zusammenleben können. Gemeinsam stark für Niedersachsen!
Dazu aus gegebenem Anlass ein Zitat des verstorbenen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht anlässlich der Ankunft der vietnamesischen Boatpeople in Langenhagen:
„Sie kommen vor allem in ein Land, und das möchte ich Ihnen heute sagen, in dem Sie keine Furcht zu haben brauchen“.