Meine Damen und Herren, all Ihr Handeln findet ohne - wie predigen Sie seit Jahren so schön? - einen „Dialog mit den Betroffenen“ statt. Wo war denn der Dialog mit den Eltern und den Förderschulen? - Ich kann es Ihnen ganz genau sagen: Der Dialog bestand bisher darin, dass die Ministerin fünf Monate lang - nämlich von dem Einreichen der Petition im Mai bis Anfang Oktober - für einen Termin nicht zu haben war und die Elterninitiative ignorierte.
Die anfängliche Dankbarkeit wich - das hat Herr Dürr vorhin ausgeführt - im Oktober und Anfang November dem blanken Entsetzen über den Schulgesetzentwurf. Von großer Enttäuschung und maßloser Wut - auch das hat Herr Dürr schon zitiert - war da die Rede. Da wurden offenkundig Hoffnungen suggeriert.
Meine Damen und Herren, erst fünf Monate lang ignorieren, dann ein paar Wochen vor dem Schulgesetzentwurf noch Hoffnung verbreiten und dann an den Eltern vorbei Ihr Ding durchziehen: So sieht der Dialog von Frauke Heiligenstadt aus!
Meine Damen und Herren der regierungstragenden Fraktionen, es ist kurz vor Weihnachten. Besinnen Sie sich auch hierüber und tun Sie endlich das, was Sie die ganze Zeit predigen: Schaffen Sie zunächst die Voraussetzungen für die inklusive Schule in Niedersachsen!
Machen Sie nicht den zweiten vor dem ersten Schritt! Machen Sie es daher gleich richtig! Lassen Sie niemanden zurück! Berücksichtigen Sie auf dem weiteren Weg diese Eingabe! Wir empfehlen Ihnen das eindringlich an dieser Stelle.
Vielen Dank, Herr Kollege Bock. - Zu Wort hat sich jetzt Christoph Bratmann von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Bratmann!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, bevor ich auf die Petition im Kern eingehe, ein paar Vorbemerkungen. Lieber Kollege Bock, dass Sie hier versuchen, dieses wirklich wichtige und schwierige Thema Inklusion parteipolitisch zu instrumentalisieren, ist nicht in Ordnung,
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Bitte, was? Unverschämt, was Sie unterstellen!)
zumal Sie der Ministerin fälschlicherweise unterstellt haben, sie habe die Initiative nicht empfangen. Die Ministerin hat die Initiative im September empfangen, und Vertreter der Opposition waren dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Wa- ren Sie dabei? Ich habe Sie nicht ge- sehen! Unverschämt! Sie waren doch gar nicht dabei!)
immer wieder das hohe Gut des Elternwillens vorgetragen und gesagt wird, den Elternwillen muss man immer berücksichtigen.
Und das sagen die Gleichen, die zwischen 2003 und 2008 die Errichtung von Integrierten Gesamtschulen verboten und damit massenhaft Eltern, Zehntausenden Eltern vor den Kopf gestoßen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Und aus Rache schaffen Sie die Förder- schule Sprache ab?)
Aber nun zur Petition: Die Petentin befürchtet - das ist natürlich ernst zu nehmen -, dass Kinder mit Sprachdefiziten an den Regelschulen nicht hinreichend gefördert werden können und dass das Erleben des Nichtkönnens weitere Auffälligkeiten im sozialen, emotionalen Bereich nach sich zieht.
Diese Befürchtung ist natürlich dann ernst zu nehmen, wenn man Schülerinnen und Schülern mit Sprachdefiziten an Regelschulen nicht gerecht werden kann. Wir arbeiten daran, dass Grundschulen so ausgestattet werden, dass man ihnen gerecht werden kann, meine Damen und Herren. Das ist nämlich im Zuge der Inklusion notwendig.
Es wird weiterhin kritisiert, dass die Wahlfreiheit der Schulform ausgehebelt wird, und der Erhalt der Förderschule Sprache wird in der Petition angestrebt.
Vorbehaltlich der Beschlussfassung im Parlament soll ab dem Schuljahr 2015/2016 keine Aufnahme mehr an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Sprache erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Doppelsystem aus Regelschulen und Förderschulen ist im deutschsprachigen Raum einmalig. Wir nehmen damit eine Sonderstellung ein. Das ist immer wieder Gegenstand von Debatten, die zum Teil auch ideologisch aufgeladen sind: Ist es im Zuge der Inklusion notwendig, alle Schulen inklusiv zu gestalten, die Förderschulen - im Volksmund noch besser als „Sonderschulen“ bekannt - abzuschaffen,
Die Landesregierung hat aus gutem Grund entschieden, einen wichtigen Teil der Förderschulen zu erhalten, hat aber auch entschieden - - - Da hat die heutige Opposition noch zu eigenen Regierungszeiten mitgestimmt. Wenn man in Protokollen des Kultusausschusses liest, dann weiß man, dass auch Politiker der Opposition, die heute immer noch Bildungspolitiker sind, für das Auslaufen der Förderschule Sprache votiert haben
Die Umsetzung der Inklusion, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist bei dieser Landesregierung - - -
Herr Kollege, eine Sekunde! - Meine Damen und Herren, das ist - ich weiß es - eine hoch emotionale Debatte. Wir vergeben uns aber nichts, wenn wir uns gegenseitig zuhören.
Alle Seiten haben Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben. Von der CDU ist das gerade geschehen, jetzt spricht die SPD, dann die anderen Fraktionen.
Ich bitte Sie jetzt einfach, dem Redner zuzuhören. Zwischenrufe können selbstverständlich sein. Aber wir müssen uns gegenseitig in dem respektieren, was wir sagen, auch wenn wir unterschiedliche Meinungen haben. - Bitte schön!
(Ulf Thiele [CDU]: Wir sind nicht unter- schiedlicher Meinung! Das sind Un- wahrheiten, die hier verbreitet werden!)
Die Umsetzung der Inklusion ist bei dieser Landesregierung gut aufgehoben. Das bedeutet - vorbehaltlich der Beschlussfassung in diesem Parlament -, dass für den Förderschwerpunkt Sprache die Weiterentwicklung bestehender Grundschulen mit angegliederten Sprachheilklassen mit einem pädagogischen Profil Sprache erfolgen soll und dass das behutsame Auslaufen der eigenständigen Förderschulen mit Schwerpunkt Sprache ab dem 1. August 2015 ab der ersten Klasse und mit dem Auslaufen des Sekundarbereichs I ab dem Schuljahr 2019/2020 erfolgen wird.
Diese Schulen können inklusive Grundschulen mit dem Profil Sprache werden. Das geschieht natürlich auch abgestimmt mit regionalen Inklusionskonzepten.
Abschließend: Hier gilt es natürlich, Bedenken, Ängste, Forderungen und Anregungen betroffener Eltern ernst zu nehmen und in den Prozess der Umsetzung der Inklusion mit einfließen zu lassen.