Protokoll der Sitzung vom 20.01.2015

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

noch dazu in einem Verfahren des Generalbundesanwaltes, sieht anders aus, meine Damen und Herren!

(Ulf Thiele [CDU]: Sie konnten das Wasser nicht halten! Das ist das Prob- lem! - Weitere Zurufe)

Einen Moment, Herr Minister! - Ich darf um etwas Ruhe bitten.

(Jens Nacke [CDU]: Sie wollten doch nur ins Fernsehen! Das ist doch al- les!)

Sie hören nicht zu.

(Anhaltende Unruhe)

Moment, bitte!

Sie hören nicht zu. Herr Nacke, wenn Sie gerne ins Fernsehen kommen, müssen Sie nicht anderen unterstellen, dass sie es nötig hätten. Bei aller Freundschaft!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, aktuell ermittelt das Landeskriminalamt Niedersachsen in 17 Verfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Ich füge noch einmal hinzu: Auch im Falle des Festgenommenen ging es nicht um aktuell in der Vorbereitung befindliche Anschläge, sondern um die Erfüllung des Straftatbestandes nach § 89 a bzw. b, nämlich im Ausland an Kampfhandlungen teilzunehmen bzw. sich auf diese vorbereiten zu lassen. Das ist der Straftatbestand, um den es ging.

Zur Prävention ist - da die Redezeit schon überzogen ist - alles gesagt. Die Projekte sind auf dem Weg. Sie sind initiiert. Der Verfassungsschutz klärt auf und berät nach wie vor in Niedersachsen. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, hier

eine übertriebene Sorge an den Tag zu legen. Die Sicherheitsbehörden, die Präventionsstellen, die Beratungsstellen leisten eine hervorragende Arbeit. Wir alle sollten wieder ein klein wenig die Temperatur herunterfahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es gibt den Antrag von Frau Kollegin Jahns auf zusätzliche Redezeit. Sie haben um knapp vier Minuten überzogen. - Frau Jahns, Sie erhalten für drei Minuten das Wort.

(Johanne Modder [SPD]: Dadurch wird es nicht besser! - Jens Nacke [CDU] - zur SPD -: Ihr habt zu viel ge- redet!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Pistorius, ich denke, das Thema ist ernst genug, und wir sind alle sehr betroffen sowohl über diese Ereignisse der letzten Wochen in Paris als auch über die notwendig gewordenen Verhaftungen in Wolfsburg.

Ich möchte Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass wir selbstverständlich nicht gefordert haben, dass Sie bei Ihrer Konferenz, die Sie um 16 Uhr abgehalten haben, Daten oder Informationen preisgeben, die letztendlich die Verhaftung verhindert hätten oder die für den Betroffenen eine Warnung hätten sein können. Unsere Intention ging dahin, dass Sie diese Pressekonferenz zu dem Zeitpunkt gar nicht hätten einberufen sollen. Dann wären Sie auch nicht in diese Schwierigkeiten gekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Renate Geuter [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)

Es hätte anschließend keine negativen Pressestatements z. B. von der FAZ gegeben, in denen man gesagt hat: Es gab in Berlin sehr positive Handlungserfolge, aber in Niedersachsen, in Wolfsburg, gab es doch eine erhebliche Erklärungsnot des Innenministers. - Deswegen meine ich, dass man mit solchen Äußerungen ein bisschen vorsichtiger sein sollte.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch noch einmal zu der Löschung der Datenspeicherungen etwas sagen. Wir haben, auf unsere Initiative hin, dafür gesorgt, dass diese Daten, die Sie soeben positiv als „nicht gelöscht“ bezeichnet haben, nicht gelöscht wurden. Es handelt sich nicht um Vorratsdatenspeicherungen. Ich denke, das sollte man nicht durcheinander bringen. Es waren Datenspeicherungen, die wir für sehr nötig halten. Wir sind sehr dankbar, dass der Verfassungsschutz und auch Sie es letztendlich begrüßt haben, dass diese Daten nicht gelöscht wurden.

Ich hoffe, dass wir hier in Niedersachsen bezüglich dieses schwierigen Sicherheitsthemas gemeinsam einen Weg finden, der uns alle wachsam sein lässt, der uns Maßnahmen ergreifen lässt, damit unsere Menschen, unsere Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sich sicher fühlen können.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Jahns. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich den Punkt a schließen kann.

Ich rufe auf

b) Der 228-Millionen-Euro-Brief: Lieferten Vertreter der CDU eine Begründung für die Klage gegen das Moratorium im AKW Unterweser? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2754

Das Wort hat Frau Kollegin Miriam Staudte. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! 228 Millionen Euro - das ist ungefähr die Summe, auf die der Atomkonzern E.ON das Land Niedersachsen und den Bund wegen des im Jahr 2011 verhängten Moratoriums verklagt.

Erst im April des vergangenen Jahres wurde diese Klage eingereicht. In der vergangenen Woche konnten wir in einem „Monitor“-Bericht erfahren, dass RWE seine Klage gegen das nach Fukushima verhängte dreimonatige Moratorium gegen das Abschalten des AKW Biblis B auf einen Brief des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier vom 13. Juni 2011 stützt.

Auch die anderen Atomkonzerne - jetzt wird es für Niedersachsen interessant -, also auch E.ON, begründen ihre Klagen mit diesem Brief.

Zur Erinnerung: Nachdem die erschütternden Bilder von Fukushima ab dem 11. März 2011 um die Welt gingen, stand Schwarz-Gelb insbesondere im Bund aufgrund der umstrittenen Laufzeitverlängerungen, die vorher verhängt worden waren, natürlich sehr unter Druck. Im Vorfeld der BadenWürttemberg-Wahl war das natürlich äußerst ungünstig. Man brauchte eine schnelle Kehrtwende.

So kam dieses dreimonatige Moratorium für die sieben ältesten AKWs zur Sicherheitsüberprüfung zustande. Für die Kameras: Allen voran Kanzlerin Merkel, die bisher unbeirrte Physikerin auf Atomkurs.

Doch ganz so überzeugt scheinen die maßgeblichen Akteure von dem Atomausstieg nicht gewesen zu sein. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier schrieb an RWE-Chef Großmann am 13. Juni, also zwei Tage vor dem Ablaufen des Moratoriums - ich zitiere -:

„Unter Hinweis auf das derzeit laufende Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Atomgesetzes“

- also der zweite Atomausstieg -

„gehe ich davon aus, dass Sie von Ihrem Recht, Biblis B nach dem Ablaufen am 18. Juni 2011 wieder anzufahren, im Hinblick auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den hessischen Behörden keinen Gebrauch machen. Sollte meine Einschätzung nicht den Tatsachen entsprechen und Sie ein Wiederanfahren von Biblis B in Erwägung ziehen, darf ich Sie vorsorglich darauf hinweisen, dass die hessische Atomaufsicht auch im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt... als übergeordnete Behörde dagegen vorgehen wird.“

(Unruhe - Filiz Polat [GRÜNE]: Hört, hört! - Glocke der Präsidentin)

Das hört sich für die nicht juristisch geübten Ohren erst einmal sehr couragiert und engagiert an. Aber Fakt ist, dass Bouffier mit dieser versteckten Drohung eine Begründung für die Klagen lieferte; denn das, was er angedroht hat, wäre letztendlich eine missbräuchliche Ausübung der Atomaufsicht gewesen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

In diesem Punkt könnte man noch sagen: Na ja, Stümperei, keine Ahnung, keine guten Berater.

Nun ist es aber so, dass bekannt wurde, dass dieses Schreiben quasi von RWE bestellt worden war. Sieben Tage zuvor hatte RWE-Chef Großmann extra aus den USA einen Vierzeiler geschrieben. Den möchte ich Ihnen kurz vortragen.

(Zurufe von der CDU und von der FDP - Unruhe)

Moment, bitte, Frau Kollegin Staudte! - Ich darf Sie um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal bitten. Das gilt für alle. Wir fahren erst fort, wenn Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. - Die Redezeit wurde angehalten, Frau Staudte, das wird Sie nicht beeinträchtigen. - Vielen Dank.

Ich zitiere aus dem Brief:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Herr Bouffier, der 15. Juni und damit der Tag, an dem wir Biblis B wieder anfahren könnten, rückt näher. Herr Minister Pofalla sagte mir zu, mir bis dorthin wieder einen schriftlichen Bescheid zu geben, dass Sie ein eventuelles Anfahren verhindern werden. Wann können wir mit diesem Schreiben rechnen? Grüße aus den USA, Jürgen Großmann.“

Das ist der Beleg dafür, dass es sich eben nicht um Stümperei oder Gedankenlosigkeit gehandelt hat, sondern um Vorsatz.

Ex-Kanzleramtsminister Roland Pofalla, Ex-Umweltminister Norbert Röttgen und der hessische Ministerpräsident standen nach allen Hinweisen im Austausch. Wissentlich wurde in Kauf genommen, dass Schadenersatzklagen - wir wissen, dass es jetzt insgesamt um fast eine Milliarde geht - für den Steuerzahler entstehen könnten.

Pofalla, Röttgen und Bouffier haben RWE also nicht die Stirn geboten, wie sie es der Öffentlichkeit weismachen wollten, sondern waren Erfüllungsgehilfen für die Begründung der Klagen.

Wer glaubt, dass Mutti nicht wusste, was ihre drei Buben da so treiben, der glaubt noch an den Weihnachtsmann.