Sie glauben doch nicht, dass sich auch nur ein junger Mensch deshalb für die Altenpflegeausbildung entscheidet, weil Sie eine Kammer einrichten?
Die Rahmenbedingungen sind nicht Gegenstand der Kammer. Kammern sollen eigentlich Berufspflichten und berufsorganisatorische Dinge regeln. Bei der Pflege, sowohl bei der Krankenpflege als auch bei der Altenpflege, ist das aber bundesgesetzlich geregelt. Diese Kammer kann dort überhaupt nichts regeln. Sie wird nur die Menschen mit 9 bis 10 Euro im Monat belasten. Dort werden 50 Menschen arbeiten. Die Kammer wird jährlich 4 bis 5 Millionen Euro an Kosten verursachen. So wird in der Pflege nichts erreicht!
Wissen Sie, wie man das, was Sie hier tun, nennt? - Professionelles Anscheinerwecken! Sie erreichen damit nichts Spürbares.
Fangen Sie an, substanziell etwas für die Pflege zu tun, und hören Sie auf, Ihre Showveranstaltungen zu machen! Nehmen Sie Abstand von einer Pflegekammer, die niemand will!
Meine Damen und Herren, ich gebe einen Hinweis zur Tagesordnung. Wir überziehen jetzt doch erheblich. Wir werden nach der Aktuellen Stunde - so ist es mit den Parlamentarischen Geschäftsführern abgesprochen - in die Mittagspause eintreten. Um 15 Uhr werden wir mit dem Tagesordnungspunkt 4 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes - weitermachen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bislang waren die Interessen des Pflegepersonals nicht ausreichend gebündelt. Die Stärkung der pflegerischen Selbstverwaltung ist ein Instrument, um den Berufsangehörigen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen und den Stellenwert der Pflegeberufe zu erhöhen.
Wir sind daher davon überzeugt, dass eine Pflegekammer mehr Sicherheit für Pflegekräfte und Pflegebedürftige schafft, eine starke Stimme für die Interessen ihrer Mitglieder ist, praxisnah Kompe
tenzen bündelt, Qualität und Fachexpertise gewährleistet, vor unsachgemäßer Pflege schützt, die Pflege aufwertet, Transparenz schafft und ein starkes Sprachrohr in der Politik ist.
„Mit der Novellierung des Heilberufegesetzes wird die Pflegekammer jetzt auf den Weg gebracht - auch ein Erfolg der Initiative der CDU-Fraktion“ - so die sozialpolitische Sprecherin Hedi Thelen nach dem einstimmigen Beschluss zur Einrichtung einer Pflegekammer in Rheinland-Pfalz am 17. Dezember 2014.
- Ja, ich kenne das. Die Situation der Pflege ist zwischenzeitlich dramatisch. Eine Kampagne jagt die nächste, aktuell „Pflege am Boden“.
In einem sind sich alle Akteure einig, nämlich in der Analyse: beängstigender Fachkräftemangel, geringe Wertschätzung, schlechte Bezahlung. - Wenn es allerdings darum geht, dass die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen auf Augenhöhe beteiligt wird, sind sich die gleichen Akteure immer noch einig. Sie sitzen außerhalb des Verhandlungstisches. Sie werden nicht gehört.
Dann finde ich es in der Tat auch sehr bemerkenswert, wenn vergangene Woche Unternehmerverbände, bpa und Gewerkschaften gleichermaßen gegen eine Pflegekammer schießen und die Wohlfahrtsverbände und Pflegekassen sich dem anschließen. - Übrigens: Das war in RheinlandPfalz genauso.
Wenn Sie einmal genauer hinsehen, meine Damen und Herren, stellen Sie fest: Auf der Seite derer, die dort schießen, sitzen bei dem Thema ausschließlich die Arbeitgeber bzw. die Kostenträger oder die Tarifvertragsparteien.
Es sitzen also genau die Akteure dort am Tisch, deren originäre Aufgabe es ist und wäre und in den letzten 20 Jahren auch war, diese absolut miesen Arbeitsbedingungen in der Pflege deutlich
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Die Gewerkschaften vertreten nicht die Arbeitnehmer? Ist das die Aussage?)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur, damit ich es richtig verstehe, weil das gerade neu für mich ist: Ein Sozialdemokrat sagt im Niedersächsischen Landtag, dass die deutschen Gewerkschaften nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten. Habe ich Sie an der Stelle richtig verstanden?
Ich habe gerade gesagt, dass dort Akteure gegen gleichberechtigte Teilhabe von Pflegekräften demonstrieren, deren eigene originäre Aufgaben darin bestehen, im Rahmen der Tarifhoheit für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Das haben sie bisher nicht gemacht. Das sollen sie bitte einmal tun, bevor sie anderen die Gleichberechtigung absprechen. Das habe ich gesagt, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, die Einigkeit der Anbieter endet genau an der Grenze der Verbandsinteressen. Das kann man übrigens auch beim TV Soziales nachvollziehen. Einzig die Diakonie und
ver.di haben bisher einen gemeinsamen Tarifvertrag auf den Weg gebracht. Ich frage mich: Wo bleiben eigentlich die anderen Verbände bei diesem Thema, die auch hier immer Unterstützung und Solidarität eingefordert haben?
Die Pflegekräfte sind jedenfalls diesen Umgang mit ihnen seit nunmehr über 30 Jahren leid. Sie sind deshalb der festen Überzeugung, dass sie ihre berufsständischen Angelegenheiten besser selbst in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts regeln können.
- Das wird überall dort so gesehen, wo die Initiativen auf den Weg gebracht werden. Wenn ich mich richtig erinnere, Herr Kollege Hilbers, ist das bis auf Hamburg überall der Fall.
Die neue Landesregierung hat einen „Arbeitskreis Dialog Pflegekammer“ eingerichtet und diverse regionale Veranstaltungen gemacht. Sie hat das Ergebnis der Befragung der Vorgängerregierung ernst genommen, wo sich 67 % der Pflegekräfte für die Einrichtung einer Kammer ausgesprochen haben.
Mehr Basisdemokratie kann man doch nicht machen! Sie können sich doch nicht hinterher darüber aufregen, dass Sie ein anderes Ergebnis bekommen haben, als Ihnen lieb gewesen wäre, meine Damen und Herren!