Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Ich halte an meinem Vorschlag fest, den ich im Übrigen im Mai letzten Jahres schon gemacht habe, die Integration in die Steuertarife vorzusehen und bei dieser Gelegenheit die kalte Progression mit anzugehen. Dass das im Ergebnis natürlich - mathematisch korrekt - eine Steuersenkung und keine Steuererhöhung ist, ist hier ausgeführt worden. Das verbleibende Volumen würde dann nach dem Grundgesetz auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt, in etwa nach dem gleichen Schema, wie es zurzeit auch verteilt wird. Das SoliAufkommen ging im letzten Jahr etwa zu 50 % in den Osten, an Bundesländer, und 50 % hat der Bund kassiert.

Neben der Bundeskanzlerin darf ich auf Wolfgang Schäuble verweisen, der gemeinsam mit Olaf Scholz die gleiche Idee als Lösungsmodell für den Länderfinanzausgleich skizziert hat.

Nachdem Herr Heere die Finanzminister der Länder zitiert hat, möchte ich mit den ostdeutschen CDU-Ministerpräsidenten beginnen. Herr Hilbers, für Sie eine kleine Zitatensammlung:

Reiner Haseloff, CDU, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt:

„Mit den Einnahmen könnten strukturschwache Regionen in Ost und West gefördert werden. Zudem könnte er zur Tilgung der Altschulden genutzt werden.“

Ich kann Ihnen die Quellen jeweils nennen, wenn Sie das möchten.

Stanislaw Tillich, CDU, Ministerpräsident von Sachsen:

„Das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag wird auch nach 2019 gebraucht. Darin besteht auch Einigkeit zwischen den Regierungschefs der Länder.“

Nächstes Zitat, jetzt von einem westdeutschen Ministerpräsidenten, Herr Hilbers: Volker Bouffier

aus Hessen - immerhin einem Land, das gegen den Länderfinanzausgleich klagt -:

„Wir brauchen das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag, wenn Bund, Länder und Gemeinden auch weiterhin ihre Aufgaben angemessen erfüllen wollen. Ich kann nicht erkennen, wie wir künftig in der Lage sein sollten, 20 Milliarden Euro pro Jahr einzusparen.“

Und Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin des Saarlandes:

„Vom Aufkommen des Solidaritätszuschlages sollen künftig Bund und Länder jeweils zur Hälfte profitieren.“

Auch Markus Söder - aber das wurde schon zitiert - hat sich dafür ausgesprochen.

Meine Damen und Herren von der CDU - ich wende mich jetzt an die Seite des Hauses, die vorhin bei den Ausführungen von Herrn Grascha zu meiner Verwunderung noch Beifall gespendet hat -, überall da, wo die Union in der Verantwortung steht - im Bund wie in den Ländern -, ist sie der gleichen Auffassung wie die hiesige Landesregierung und die Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ronald Schminke [SPD]: Hört, hört!)

Nur hier in Niedersachsen gibt es das seltsame Konstrukt einer Koalitionsopposition SchwarzGelb.

Meine Damen und Herren von der CDU, ist es Ihnen nicht peinlich, dass Sie sich hier gegen Ihre gesamten Verantwortungsträger stellen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Peinlich ist, dass Sie unser Finanzmi- nister sind, ehrlich gesagt!)

Ich appelliere an Sie: Vertreten Sie die Interessen des Landes, und stimmen Sie mit den Koalitionsfraktionen gegen den Antrag der FDP!

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Es ist doch nicht peinlich, wenn man sich an sein Wort hält! Es ist peinlich, wenn man es bricht!)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich stelle fest, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir treten daher in die Abstimmung ein.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/2463 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

(Johanne Modder [SPD]: Oh, oh! - Christian Grascha [FDP]: Das war knapp! - Heiterkeit)

Damit sind Sie der Ausschussempfehlung gefolgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratung: Volksfestkultur in Niedersachsen bewahren - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2003 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/2702 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 17/2776

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Der gemeinsame Änderungsantrag aller vier Fraktionen hat ebenfalls eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung zum Ziel. Meine Damen und Herren, Sie kennen das Prozedere, das nachher bei der Abstimmung stattfindet.

Aber zunächst treten wir in die Beratung ein. Für die antragstellende Fraktion hat das Wort die Abgeordnete Sylvia Bruns. Bitte, Frau Kollegin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die alten Fahrgeschäfte gehören zu unseren Volksfesten wie Zuckerwatte und Mandeln. Ich glaube, jeder hat hierzu Bilder im Kopf. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich Anfang der 70er auf dem Schützenfest Hannover im Kinderkarussell gesessen habe. Genau in dem

Karussell sitzen jetzt auch meine Kinder - zuerst meine Tochter, dann mein Sohn.

Das Ganze ist ein sehr emotionales und soziokulturelles Element, das es zu bewahren gilt - nicht nur das Schützenfest Hannover, sondern vor allen Dingen die kleinen Volksfeste, die das, worüber ich gleich spreche, besonders trifft.

(Beifall bei der FDP)

Um es etwas flapsig zu sagen: Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie ist man über das Ziel hinausgeschossen und hat den Bestandsschutz für alte Fahrgeschäfte, wie in der EU-Richtlinie geplant, nicht mit aufgenommen. Die neue Norm greift also weiter als geplant.

Die FDP hat das Problem erkannt. Ich bin sehr froh, dass die anderen Fraktionen das dann auch erkannt haben, dass sich das Haus in der Sache einig ist und dass wir einen gemeinsamen Änderungsantrag dazu vorlegen können.

Die Sicherheit steht für uns weiterhin ganz vorne. Das gilt vor allen Dingen für die Schausteller. Alle Anlagen müssen und werden weiterhin auf ihre Sicherheit hin überprüft.

Besonders gut gefällt mir an dem Änderungsantrag, dass wir eine bundeseinheitliche Regelung finden werden - weil wir Niedersachsen nicht die Einzigen sind, die das Problem haben - und dass der geplante Normenwechsel keinen Einfluss auf den Anlagenbestand hat.

Ich möchte mich bei allen Fraktionen ganz besonders für ihre Mitarbeit bedanken. So muss Politik funktionieren: Problem erkannt - Problem gelöst.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Marco Brunotte. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegin Bruns hat es schon gesagt: Niedersachsen hat eine große Tradition an Volksfesten, auf die wir alle stolz sind. Dazu gehören das Schützenfest in Hannover seit 1468, der Kramermarkt in Oldenburg, der Stoppelmarkt in

Vechta und ganz viele kleine Feste in unseren Städten und Dörfern.

Vor allem die großen Volksfeste sind durch die Silhouette der Fahrgeschäfte geprägt. Bei Riesenrädern, Achterbahnen und Ähnlichem gilt: Je schneller und je abgefahrener, desto besser!

Allerdings: Bei dem, was den Geschwindigkeitsrausch auf den Volksfesten bewirkt und was die Menschen in Schlangen anstehen lässt, handelt es sich um Fliegende Bauten. Solche Fahrgeschäfte, die für jeden Jahrmarkt aufs Neue aufgebaut und abgebaut werden, unterliegen besonderen Anforderungen an die Sicherheit. Hier wirken besondere Fliehkräfte, die Fahrgeschäfte werden von vielen Nutzerinnen und Nutzer genutzt, und es gibt einen ständigen Auf- und Abbau. All das führt dazu, dass strenge Kriterien an die bauliche Sicherheit zu stellen sind und eben auch an die Betriebserlaubnis, die durch den TÜV jeweils mit erteilt wird.

Bei der Umstellung der deutschen DIN 4112 auf die europäische DIN EN 131814 ist im Bereich des Bestandsschutzes eine Veränderung herbeigeführt worden, die die Bauaufsicht der Länder zum Handeln veranlasst hat. Dieses Handeln hat bei den Schaustellern und ihren Verbänden für große Probleme gesorgt. Nach Aussagen des Deutschen Schaustellerbundes sind ungefähr 1 000 Geschäfte betroffen, und bei 500 gibt es besondere Probleme. Es geht auf der einen Seite um Prüfkosten und auf der anderen Seite um Kosten für eventuelle Umbauten. Und das, obwohl diese Fahrgeschäfte zum Teil seit Jahrzehnten genutzt werden. Diese Fahrgeschäfte sind häufig ein wesentlicher Bestandteil des Betriebsvermögens der Familien, und sie sichern ihren Lebensunterhalt.

In der Musterklage eines Schaustellers, unterstützt von den Schaustellerverbänden, die das Verwaltungsgericht Hannover im Oktober 2014 verhandelt hat, ist es zu einem Urteil gekommen, das diesen Bestandsschutz wiederherstellt und die Notwendigkeit einer permanenten zusätzlichen Genehmigung durch den TÜV verneint. Ich verweise auf die sehr umfassende Urteilsbegründung und will nur den Kernsatz zitieren, den die Kammer auch der Öffentlichkeit mitgeteilt hat: Sie hat keine Erkenntnisse gewonnen, dass strengere Vorgaben zu einer Reduktion von Gefahren führt. - Aus diesem Grund konnten wir uns dieses Themas auch parlamentarisch annehmen.