Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Da kann ich mit Ihnen sogar noch besser reden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es hat sich zu Wort gemeldet Volker Bajus, Bündnis 90/Die Grünen. Herr Abgeordneter Bajus!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hocker hat es zwar bekannt, aber ich denke, man darf es durchaus wiederholen: Der vorliegende Antrag ist nicht mehr und nicht weniger als ein Relikt, ein Überbleibsel aus dem letzten Europawahlkampf der FDP, in dem diese ja wie auch heute wieder keine Gelegenheit ausgelassen hat, um den Mythos vom Bürokratenmonster Brüssel zu spinnen, das sich angeblich in jeden Kleinkram einmischen würde.

Nun ja, der vermeintliche Wahlkampfschlager hat sich nun als Ladenhüter entpuppt. Warum Sie diesen Antrag von Ihrer Resterampe jetzt hier im Landtag noch einmal aufwärmen müssen, bleibt Ihr Geheimnis; denn Argumente - das haben wir gerade gehört - gab es wieder einmal nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, da hat Herr Brammer schon recht. Worum geht es bei der Ökodesignrichtlinie? - Natürlich geht es darum, Energie zu sparen, mehr Effizienz zu schaffen und für Produkte Mindesteffizienzwerte festzulegen. Energiefresser, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, verschwinden auf diese Weise schrittweise vom Markt. Dabei schafft das EU-Energielabel Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher, und der Einsatz energiesparender Geräte spart bares Geld. Das ist durchaus im Sinne der Verbraucher.

Die seitens der FDP monierte Verbannung ineffizienter Staubsauger z. B. würde für die privaten EUHaushalte jährlich um 3,8 Milliarden Euro geringere Stromkosten mit sich bringen. Und man könnte auf das Betriebsrisiko - vom Stromverbrauch her gerechnet - von zwei AKWs in ganz Europa verzichten. Dass Sie das nicht wollen, wissen wir. Wir wissen ja, für welche Lobby Sie hier am Ende sitzen.

Natürlich ist die Einsparung bei jedem einzelnen Gerät klein, aber Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist, und die Deutsche Energie-Agentur prognostiziert, dass dank der Ökodesignrichtlinie ab 2020 jährlich 700 TWh Energie eingespart werden können. Das wäre mehr, als in ganz Deutschland an Strom verbraucht wird.

Die Ökodesignrichtlinie ist daher ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der europäischen Klimaschutzziele. Die Steigerung der Energieeffizienz ist zudem aktive Industriepolitik. Sie erhöht den Innovationsdruck auf die Unternehmen, die somit bei der Entwicklung effizienter Geräte im internationalen Wettbewerb ganz vorne mitspielen.

Dieses Instrument wird nicht zuletzt deshalb ausdrücklich von der Industrie unterstützt, weil neue Effizienzvorgaben im Dialog mit Herstellern und Verbraucherschützern entwickelt werden. So hält z. B. erstaunlicherweise der Fachverband Hausgeräte im Zentralverband der Elektroindustrie die neuen Regelungen für Kaffeemaschinen für „extrem sinnvoll“, und das nicht aus geschmacklichen Gründen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Hört, hört!)

Sie dagegen, meine Damen und Herren von der FDP, behaupten, die Richtlinie sorge ohne erkennbaren Gewinn für mehr EU-Verdrossenheit und gefährde dadurch das Projekt Europa.

(Beifall bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Genau!)

In Wahrheit - das zeigen Sie hier einmal mehr mit Ihrem Verhalten - sind Sie es, die mit Ihrer populistischen Propaganda und unsachlichen Anträgen wie diesem die Verdrossenheit fördern.

(Widerspruch bei der FDP)

Sie arbeiten mit politischem Kalkül daran. Europa scheint Ihnen inzwischen egal geworden zu sein. Das ist peinlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Seit diesem Jahr gelten nun neue Produktstandards für Staubsauger, netzfähige Elektrogeräte und Kaffeemaschinen.

(Glocke des Präsidenten)

Der Aufschrei von Industrie und Öffentlichkeit blieb aus.

Herr Bajus, ich darf Sie kurz unterbrechen! - Die Zwischenfrage wird zurückgezogen, es folgt eine Kurzintervention. Darauf können Sie sich einstellen.

Sie dürfen auch gerne fragen.

Bitte schön!

Eine Umfrage der dena zeigt, dass die drei großen deutschen Staubsaugerhersteller keinerlei Probleme haben, die Vorgaben zu erfüllen. 1 600 W darf ein Sauger noch verbrauchen. Die meisten Modelle liegen inzwischen unterhalb von 1 000 W, ohne Einbußen bei der Saugkraft.

(Ulf Thiele [CDU]: Darum geht es doch gar nicht!)

Fazit: Die Ökodesignrichtlinie verringert den Energieverbrauch und schützt das Klima. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sparen bares Geld. Die Industrie begrüßt die Anreize und entwickelt ihre Produkte weiter.

Dieses Instrument, meine Damen und Herren, ist ein europäischer Erfolg. Wir können zusammenfassen: Sie hilft, Strom und Energie zu sparen. Das ist gut für die Umwelt und für das Budget unserer Verbraucherinnen und Verbraucher, und die Unternehmen haben kein Problem. Wer da noch einmal von der Regelungswut der EU spricht, disqualifiziert sich selbst. Das müssen Sie mit sich ausmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zu Ihrem Beitrag liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor. Die erste kommt vom Kollegen Dr. Gero Hocker, die zweite von Ulf Thiele, und dann können Sie gerne antworten.

Verehrter Herr Präsident! Herr Kollege Bajus, ich habe großes Verständnis dafür, dass bei einer solchen Diskussion die Emotionen ein bisschen

hochkochen. Ich selbst bin ja auch dafür bekannt, manchmal ein besonders scharfes Wort zu führen.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass ich die Begrifflichkeit „populistische Propaganda“ bei diesem Thema Ökodesignrichtlinie für fehl am Platz halte. Es wird zu Recht kritisiert, wenn von anderen zurzeit das Wort „Lügenpresse“ in den Mund genommen wird. Ich finde, dass „populistische Propaganda“ hier weit über das Ziel hinausschießt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist in- haltliche Kapitulation!)

Es gibt noch eine zweite Kurzintervention. Ulf Thiele, CDU-Fraktion.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Wir haben ja durchaus eine differenzierte Position zum FDPAntrag. Das hat aber andere Gründe.

Ich will an dieser Stelle eines deutlich machen: Ich bin, ehrlich gesagt, fast schockiert über den Verlauf dieser Debatte, weil hier sowohl SPD als auch Grüne deutlich machen, dass sie im Kern immer noch nicht verstanden haben, worum es geht.

Der Ruf der Europäischen Union in der Bevölkerung leidet inzwischen massiv darunter, dass immer und immer wieder der Eindruck entsteht, dass sich die EU in Dinge einmischt, die zum Teil den privaten Bereich der Menschen betreffen und die unter dem Aspekt der Subsidiarität auf europäischer Ebene überhaupt nichts zu suchen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich finde es, mit Verlaub, sehr klug und richtig, dass Jean-Claude Juncker das Motto ausgegeben hat, dass sich die Europäische Union in Zukunft auf die großen Themen beschränken wird, im Zweifel die Kaffeemaschine national oder möglicherweise auch mit einer DIN-Norm regeln lässt und sich ansonsten aus solchen Dingen heraushält.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Nur, weil die Herren alle keinen Kaffee ko- chen!)

Herr Bajus, Sie wollen gerne antworten.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hocker, ich weiß ja, dass Sie nicht so empfindlich sind, aber diesen Schuh müssen Sie sich schon anziehen.

Sie selbst benutzen Ausdrücke wie „Bürokratiemonster Brüssel“. Das haben Sie heute hier wiederholt getan. Wer diesen Jargon benutzt, darf sich nicht wundern, wenn er sich in dieser Ecke wiederfindet, denn er ist dort längst angelangt. Das ist das, was Sie produzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Übrigen haben wir gerade wieder einmal kein einziges Argument von Ihnen gehört. Da müssen Sie sich auch nicht wundern, wenn wir sagen, dass Sie inhaltlich längst eine Kapitulationserklärung abgegeben haben.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das ist ja unerträglich!)