Gemäß der Geschäftsordnung kommt zunächst die Einbringungsrede zum Gesetzentwurf der Landesregierung, und danach folgt die Einbringungsrede zum Entschließungsantrag der CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute die Freude, dem Niedersächsischen Landtag den Gesetzentwurf für eine Novellierung des Schulgesetzes vorzustellen.
Bevor ich auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfes eingehe, möchte ich an dieser Stelle gerne ausdrücklich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Ressort und auch allen anderen beteiligten Ressorts für die Erarbeitung dieses Gesetzeswerkes ganz herzlich danken. Das war eine sehr umfangreiche und sehr intensive Arbeit.
Ich möchte auch allen danken, die sich am bisherigen Beteiligungsverfahren durch kritische und konstruktive Beiträge zu Wort gemeldet haben und so den Gesetzentwurf aktiv mitgestaltet haben.
Die Einbringung dieses Gesetzentwurfes ist mir auch deshalb eine Freude, weil für die rot-grüne Landesregierung die nachhaltige Erhöhung und Entwicklung der Bildungschancen für alle Schüle
Genau dieses Anliegen und dieses Ziel werden mit den in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen verfolgt.
Die Niedersächsische Landesregierung bringt den Entwurf für ein Gesetz in den Landtag ein, das die Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler erhöht,
Erstens, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir kehren zum 13-jährigen Bildungsgang beim Abitur zurück.
Das schwarz-gelbe Turboabitur hat sich als kompletter Fehlschuss der Vorgängerregierung und als ein sehr schwer wiegender Fehler in den vergangenen zehn Jahren schwarz-gelber Regierungspolitik erwiesen.
Wir dagegen geben unseren Schülerinnen und Schülern wieder mehr Lernzeit sowie mehr Raum für Kreativität, für Individualität und für eine gründliche und sehr fundierte Vorbereitung auf Studium oder Berufseinstieg.
Wir kommen damit im Übrigen auch einer Forderung nach, die Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, selbst der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, auf den Sie sich ja allzu gern berufen, in seinen 20 Wahrheiten über die Schule in Deutsch
„Die in manchen deutschen Ländern reichlich verkorkste Einführung des achtjährigen Gymnasiums beweist, dass bei solcher Beschleunigung viel auf der Strecke bleibt: neben der Persönlichkeitsbildung auch Schul- und Freizeitkultur.“
Nur ganz nebenbei, liebe CDU-Fraktion, Herr Kraus hat sich öffentlich gegen die, so wie er es nennt, Atomisierung des Gymnasiums in G 8 und G 9 und damit gegen Ihr CDU-Modell ausgesprochen.
Zweitens. Mit dem Gesetzentwurf stärken wir den Ganztag. Mit der Zukunftsoffensive Bildung und der schulgesetzlichen Verankerung des Ganztags schaffen wir mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit für unsere Schülerinnen und Schüler. Und wir haben bei diesem bedeutsamen Thema endlich für Rechtssicherheit und damit für Ruhe an den Schulen gesorgt. Meine Damen und Herren der Opposition, Sie haben den Ganztag als Lightvariante auf den Markt geworfen. Sie haben in Ihrer Regierungszeit die Schulen mit einer eklatanten Unterfinanzierung alleingelassen.
Sie haben es - im wahrsten Sinne des Wortes - hilflos zugelassen, dass der Staatsanwalt zu Zeiten von Kultusminister Althusmann in den Schulen ein- und ausgegangen ist. Das, meine Damen und Herren, ist bis heute ein unfassbarer und in Deutschland einzigartiger Skandal in der Bildungspolitik.
Drittens. Wir bauen einen nicht kindgerechten Leistungsdruck im Primarbereich ab. Die Ausübung von Leistungsdruck in dieser frühen Lebensphase und die viel zu frühe Festlegung auf eine Schullaufbahn sind aus erziehungswissenschaftlicher Sicht eine deutliche Fehlentwicklung.
Wir schaffen daher die Schullaufbahnempfehlung am Ende der Klasse 4 und ihre rechtliche Konsequenz am Ende der Klasse 6 ab und ersetzen sie durch zwei auf den individuellen Bildungsgang
wonach Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlich sozialisierten Gesellschaftsgruppen frühzeitig getrennt werden sollen. Das ist leistungsfeindlich, das ist ungerecht, und das ist im hohen Maße unsozial, meine Damen und Herren.
Das ist im Übrigen auch, wie uns die Studien der letzten Jahre aufzeigen, ein Beitrag zur Manifestierung der Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozialen Status, meine Damen und Herren.
(Ulf Thiele [CDU]: Ich dachte, Sie wol- len Ihr Gesetz vorstellen! Sie halten aber eine Oppositionsrede! Ich weiß noch nicht, was drinsteht! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Viertens. Wir führen neue Formen jahrgangsübergreifenden Unterrichts in der Grundschule ein. Damit gehen wir auf die Bedürfnisse von motivierten und wissbegierigen Kindern ein und schöpfen so ihre Potenziale aus. Zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e. V. hat nicht umsonst in ihrer Stellungnahme diese Regelung und die verbesserten Fördermöglichkeiten ausdrücklich begrüßt.
Fünftens. Wir führen eine schüler- und einzelfallbezogene Überprüfung bei Nichtversetzungs- und Überweisungsentscheidungen ein. So stärken wir die pädagogische Kompetenz der Schulen, indem wir den Einzelfall einer pädagogischen Gesamtüberprüfung unterziehen. Dies tun wir, um die Bildungschancen jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin zu erhöhen.
Sechstens, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir unterziehen die Überweisungsentscheidung aus Gründen des Kindeswohls oder zum Drittschutz einer regelmäßigen Überprüfung. Wir wollen kein Kind durchs Raster fallen lassen, sondern wir schauen uns die Bildungsbiografie jedes Kindes im Sinne seiner Bildungschancen ganz genau und vor allen Dingen regelmäßig an, meine Damen und Herren.
Siebtens. Wir führen die Gesamtschule als ersetzende Schulform auf gesetzlicher Ebene ein. Wir beenden die jahrelange, gegen den breiten Willen der Elternschaft von der Vorgängerregierung betriebene gesetzliche Diskriminierung einer erfolgreichen Schulform und setzen verstärkt auf gemeinsames Lernen.
Kein Schulträger, meine Damen und Herren, wird gezwungen, eine Gesamtschule vorzuhalten. Wir schaffen auch keine Schulform ab.