Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Für die Landesregierung wird erwartungsgemäß der Landwirtschaftsminister antworten. Herr Meyer, bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die drei an die Landesregierung gerichteten Fragen gern im Zusammenhang.
Einleitend möchte ich Ihnen mitteilen, dass vorgestern im Kabinett entschieden wurde, die Zuständigkeit für die behördliche Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzeptes der 16. Arzneimittelgesetznovelle, d. h. der §§ 58 a bis d des Gesetzes, dem LAVES - dem Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - zu übertragen.
Sie fragen besorgt, welche Konsequenzen die bis vorgestern noch nicht erfolgte endgültige Zuweisung der Zuständigkeit für die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung hat. Hier kann ich Sie ebenfalls beruhigen: Die neuen Aufgaben nach den §§ 58 a bis d wurden dem LAVES per Erlass bereits am 24. März 2014, d. h. sogar vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 1. April 2014, vorläufig übertragen.
Andernfalls - das möchte ich hier noch einmal deutlich betonen - wären diese neuen Aufgaben aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechtslage nicht in die Zuständigkeit der kommunalen Behörden, sondern in diejenige von vier Staatlichen Gewerbeaufsichtsämtern gefallen. Das bedeutet, dass es sich von vornherein um eine Landesaufgabe gehandelt hat.
Aufgrund der vorläufigen Zuständigkeitsübertragung auf das LAVES werden die derzeit zu erfüllenden behördlichen Aufgaben bereits wahrgenommen, nämlich die Sammlung der Mitteilungen über die Haltung von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten zu Mastzwecken sowie über die Antibiotikaanwendung bei diesen Tieren.
Dies geschieht alles über die zentrale, bundesweite Tierarzneimitteldatenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere, abgekürzt: TAM-HIT-Datenbank. Als regionale Anlaufstelle dieser bundesweiten TAM-HIT-Datenbank für die Tierhalterinnen und Tierhalter in Niedersachsen wurden des Weiteren der vit - also der Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w. V. -, Verden, beauftragt.
Die recht arbeitsaufwendigen amtlichen Aufgaben gemäß § 58 d Arzneimittelgesetz, nämlich die anstehende Überprüfung von Maßnahmeplänen der Tierhalterinnen und Tierhalter mit einem Spitzenverbrauch an Antibiotika sowie eine sich daraus möglicherweise ergebende Kontrolle und Beratung der Betriebe vor Ort werden erst am 1. August 2015 starten. Die Fristen des Arzneimittelgesetzes sehen vor, dass die Betriebe mit einem hohen Antibiotikaverbrauch bis zum 31. Juli dieses Jahres Zeit haben, zusammen mit ihrem Tierarzt Maßnahmenpläne zu erarbeiten und dann beim LAVES einzureichen. Wir sind also komplett im Zeitplan.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist nach meiner Kenntnis das einzige Land, das 25 zusätzliche Stellen für eine zügige und effektive Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzeptes bereitstellt. Die Notwendigkeit ergibt sich - was allgemein bekannt ist - daraus, dass Niedersachsen
vom Antibiotikaeinsatz in der Tiermast besonders betroffen wird. Dies wird deutlich, wenn Sie sich vor Augen führen, dass der Großteil der bundesweit an Tierärzte abgegebenen Antibiotika an Tierarztpraxen in Postleitzahlbereichen von Niedersachsen fließt.
Doch die Landesregierung, meine Damen und Herren, setzt zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes nicht nur auf Beratung der betroffenen Tierhalterinnen und Tierhalter bei den Kontrollen der Betriebe vor Ort, sondern auch auf andere Beratungsmöglichkeiten. So wurde landesseitig die Einrichtung einer Online-Informationsplattform durch das Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland e. V. und dem Landkreis Cloppenburg finanziell erheblich unterstützt. Auf diese Weise sollen Informationen über relevante Maßnahmen zur Einhaltung und Verbesserung der Tiergesundheit einschließlich des Tierschutzes bei landwirtschaftlichen Nutztieren zur Verfügung gestellt werden.
Zur erfolgreichen Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzeptes und damit zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sind Kontrollen in allen Regionen Niedersachsens mit landeseinheitlichen objektiven Standards unerlässlich. Zur Meinungsfindung, welche Lösung die beste ist, waren viele verschiedene Überlegungen notwendig, wirtschaftlich wie fachlicher Natur. Zudem galt es, alle Meinungen dialogorientiert anzuhören - wozu auch die Verbandsanhörung diente -, um anschließend eine Gewichtung der unterschiedlichen vorgebrachten Argumente vorzunehmen.
Sie werden verstehen, dass diese Entscheidungsfindung Zeit in Anspruch nahm, um die administrative Umsetzung der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes zum Erfolg zu führen und sie eben nicht scheitern zu lassen wie von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, behauptet.
Die Auffassung der Landesregierung ist, dass die effektivste und bestmögliche Umsetzung des Antibiotika-Minimierungskonzeptes nur durch eine Vernetzung tierarzneimittelrechtlicher Kontrollen von Tierhalterinnen und Tierhaltern mit den Kontrollen von tierärztlichen Hausapotheken, also dieses vollständigen Stoffstromes, für die das LAVES bereits zuständig ist, mit hierauf spezialisierten Fachkräften und Kontrolleuren und Kontrolleurinnen gelingt. Nur so kann der Weg der Antibiotika vom Bezug beim Pharmaunternehmen durch Tierärztinnen und Tierärzte bis zur Verabreichung an das Nutztier bei den Tierhalterinnen und Tierhal
tern plausibel nachvollzogen werden. Also Kontrolle der Kette vom Pharmaunternehmen über den Tierarzt bis zum Stall in einer Hand. Da die Möglichkeit der Vernetzung von Kontrollen von besonderer Bedeutung ist, wurde diese von der Landesregierung bei ihrer Entscheidungsfindung auch besonders stark gewichtet.
Aufgrund der hohen Anzahl der Betriebe in Niedersachsen und der hohen Antibiotikaabgabe an Tierärzte in den Postleitzahlbereichen Niedersachsens ist auch mit einer hohen Zahl von zu kontrollierenden Maßnahmenplänen und Betrieben zu rechnen. Dies ist derzeit nicht durch alle kommunalen Behörden leistbar, die hierfür teilweise nicht die notwendigen Personalressourcen zur Verfügung haben. Für eine effektive Aufgabenwahrnehmung, die auch dem Ziel des Koalitionsvertrages entspricht, wäre mit deutlich höheren Mehrkosten als beim einheitlichen Landeskonzept mit spezialisierten Fachkräften zu rechnen.
Stichwort Konnexität. Außerdem wäre eine weitgehend haushaltsneutrale Gegenfinanzierung, etwa durch Gebühren, bei Verlagerung auf die Kommunalbehörden so nicht gewährleistet, sondern es wäre mit einer dauerhaften Aufstockung des kommunalen Finanzausgleichs für diese neue Pflichtaufgabe zu rechnen.
Ich weise darauf hin, dass wir während der Beratungen zum Landeshaushalt schon darüber diskutiert haben und dass ein Änderungsantrag der CDU zum Landeshaushalt, die 25 Stellen beim LAVES vollständig zu streichen und die Aufgabe den Kommunen zu übertragen, vom Landtag abgelehnt wurde. Wir folgen damit also einer Entscheidung des Landtags. Von beiden Regierungsfraktionen wurden die Anstrengungen der Landesregierung inklusive der geplanten 25 Stellen zur Aufgabenwahrnehmung bei der Antibiotikaminimierung gelobt.
Es sei mir die Anmerkung erlaubt, dass die CDU mit ihrem Änderungsantrag übrigens für die Kommunen keine Aufstockung des kommunalen Finanzausgleichs für die doch sehr anspruchsvolle Aufgabenwahrnehmung einschließlich der Kontrolle der sehr hohen Zahl von Erzeugerbetrieben eingeplant hatte. Entweder wollen Sie das neue Gesetz nicht wirksam umsetzen, oder Sie wollen die Kommunen auf den Kosten für die umfangreichen Aufgaben sitzen lassen, die ihnen im Rahmen der Konnexität zugewiesen werden.
Mit der niedersächsischen Entscheidung sind wir mit Ländern in vergleichbaren Strukturen wie in Niedersachsen, bei denen Landesbehörden für die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken zuständig sind, im Einklang. In MecklenburgVorpommern oder Schleswig-Holstein sind ebenfalls einheitliche Landesämter für die vollständige Umsetzung der neuen Maßnahmen gemäß § 58 a bis 58 d der 16. AMG-Novelle zuständig.
Meine Damen und Herren, um eine wirksame Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes zu erreichen, hält die Landesregierung daher aus den vorgenannten Gründen eine Zuweisung der Zuständigkeiten für die § 58 a bis 58 d von den Gewerbeaufsichtsämtern an das LAVES für richtig - womit ich auch den letzten Punkt Ihrer Dringlichen Anfrage beantwortet habe.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung der Dringlichen Anfrage. - Wir kommen jetzt zu den Zusatzfragen. Mir liegen auch schon Wortmeldungen vor. Als Erstes stellt Herr Hermann Grupe für die FDP-Fraktion seine Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Hannoversche Allgemeine Zeitung über den vorgestrigen Kabinettsbeschluss berichtet und ausgeführt hat:
„Zuvor hatten die Kommunen gefordert, die Kontrollen den Landkreisen zu überlassen, deren Kreisveterinärämter ohnehin für den Tierschutz in den Ställen zuständig sind. Auch Innenminister Pistorius (SPD) hatte diese Position in der gestrigen Kabinettssitzung noch einmal wiederholt.“,
frage ich die Landesregierung - und bemerke nur kurz: Schade, dass der Innenminister in diesem Hause kein Stimmrecht hat; denn dann wäre die Abstimmung ja anders ausgefallen -:
Wie steht der Innenminister zur der Forderung, die umstrittene Entscheidung des Landwirtschaftsministers zu evaluieren?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat war und bin ich anderer Auffassung. Wir haben darüber im Kabinett eine offene Diskussion geführt. Das Kabinett hat dann entsprechend entschieden. Und wie es sich für ein gutes Entscheidungsgremium gehört, wird die Entscheidung, die getroffen wurde, dann von allen Beteiligten respektiert, und dazu zählt auch der Innenminister. An meiner Fachauffassung hat sich allerdings nichts geändert.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt aus der CDU-Fraktion. Herr Kollege Dammann-Tamke!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister, Sie haben in der Beantwortung darauf hingewiesen, dass sich Niedersachsen mit der zentralen Lösung in guter Gesellschaft mit Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein befinde. Fakt ist, Ihr grüner Amtskollege im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen hat sich ausdrücklich für die dezentrale Lösung, also die Ansiedlung der Zuständigkeit bei den Veterinärämtern entschieden. In Nordrhein-Westfalen finden unter Federführung der Veterinärämter seit September/Oktober Informationsveranstaltungen für die Tierhalter statt, um sie auf ihre Rechte und Pflichten im Hinblick auf das Meldewesen hinzuweisen. Welche Überlegungen haben die Landesregierung dazu bewogen, auf solche Informationsveranstaltungen für Tierhalter in Niedersachsen zu verzichten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Landesamt für Verbraucherschutz - da können Sie auf die Homepage schauen - hat einen ganz umfangreichen Fragen- und Antwortenkatalog zur Information der Umsetzung der Antibiotika - - -
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Die wissen selbst noch nicht, dass sie die zuständige Behörde sind! Das steht heute noch da drauf!)
Herr Dammann-Tamke, wir hatten das doch schon eben unter dem Vorsitz von Herrn Busemann. Lassen Sie das bitte mit den Kommentaren bei der Antwort.
Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass wir sie vorläufig dazu beauftragt haben. Deshalb ist das LAVES auch vollumfänglich seinen Informationspflichten nachgekommen. In den landwirtschaftlichen Magazinen habe ich auch mit Interesse gelesen, dass diese selbstverständlich von einer Zuständigkeit des LAVES ausgehen. Auch auf die umfangreichen Informationen des Landesamtes für Verbraucherschutz, wie die Meldungen zu erfolgen haben, wie man es unbürokratisch macht, habe ich hingewiesen. Ebenso sind sie bei der Informationsplattform des Agrar- und Ernährungsforums eng eingebunden.
Ihre Vorbemerkung mit dem Vergleich mit Nordrhein-Westfalen hinkt eben, weil NordrheinWestfalen bislang eben nicht die Zuständigkeit für die tierärztlichen Hausapotheken hatte. Dort ist es kommunalisiert. Sie wissen auch, dass mein grüner Kollege gerade eine Zuständigkeitsverordnung erarbeitet, um diese Aufgabe auf das Land zu übertragen. Von daher ist es in vergleichbaren Fällen, bei denen schon die Zuständigkeiten der tierärztlichen Hausapotheken auf Landesebene liegt, wie in Schleswig-Holstein und MecklenburgVorpommern - letzteres bei einer Großen Koalition -, so, dass man sich richtigerweise dazu entschieden hat, das möglichst einheitlich zu gestalten. Denn wir haben überregional tätige Betriebe, und wir haben damit eine laufende Kette.
Wenn Sie das Beispiel Nordrhein-Westfalen anführen, dann sollten Sie auch so ehrlich sein zu erwähnen, dass es dort einen Landtagsbeschluss
gibt, der sich in der Umsetzung durch die dortige Landesregierung befindet, um die Kontrolle über alle Großbetriebe, auch im Lebensmittelbereich, auf das Land zu übertragen. Das haben wir in Niedersachsen nicht vor. Wir wollen den Kommunen keine Zuständigkeiten wegnehmen. Aus den Ihnen bekannten Gründen haben wir uns aber gegen eine Kommunalisierung entschieden.
Vielen Dank, Herr Minister. - Herr DammannTamke, jetzt haben Sie das Wort zu Ihrer zweiten Zusatzfrage. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben uns darauf hingewiesen, dass in Niedersachsen, wie man in Norddeutschland so schön sagt, alles in Butter ist, also alles im Zeitplan ist. Uns liegen Schreiben der für den Landkreis Coesfeld in NRW zuständigen Veterinärbehörde und des Landeslabors Schleswig-Holstein vor. In diesen beiden Schreiben - im Fall von Coesfeld datierend vom 8. Januar 2015 - werden die Tierhalter darauf hingewiesen, dass sie ihrer Meldepflicht bisher nicht nachgekommen seien.
Ich frage die Landesregierung: Gibt es in Niedersachsen schon Schreiben der zuständigen Behörde im Hinblick auf nicht erfülltes Meldewesen?