Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders an der Ems zeigt sich die Notwendigkeit, die ökologischen, die sozialen und die ökonomischen Belange miteinander in Einklang zu bringen. Hier wird in besonderer Weise deutlich, welche Herausforderungen dies im Konkreten mit sich bringt. Das heißt konkret, dass es gelingen muss, das Bedürfnis, Planungssicherheit insbesondere für die Meyer Werft, aber auch für andere an der Ems Wirtschaftende zu erreichen und damit auch die Arbeitsplätze dort dauerhaft zu sichern, mit dem Ziel, den zugegebenermaßen ökologisch schlechten Zustand der Ems zu verbessern, in Einklang zu bringen.

Der Masterplan ist nach unserer Auffassung hierfür ein richtiger und geeigneter Weg. Er ist auch - so meine ich persönlich - im Ergebnis ausgewogen und geht auf die dortigen Belange hinreichend ein.

Es ist aber auch klar - die Kollegin Piel hat es gerade angesprochen -, dass dies nur ein Zwischenergebnis ist. Heute ist nicht der Zeitpunkt, zu sagen, die Probleme an der Ems seien gelöst, sondern es zeigt sich schon im Hinblick auf den zeitlichen Horizont, dass uns dies die nächsten Jahre intensiv weiterbeschäftigen wird. Der Weg ist noch sehr weit, und die wirklichen Probleme werden erst im Konkreten zutage treten.

Deshalb, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wird es darauf ankommen, dass Sie den Prozess in der Retrospektive genau analysieren und nachvollziehen, wie es zu dieser Konfliktsituation am Ende gekommen ist. Ich habe kein abschließendes Urteil hierüber, aber ich denke, es ist lohnenswert, sich das noch einmal genau anzuschauen. Ich will schon daran erinnern, dass wir im Juli des vergangenen Jahres hier schon einmal darüber gesprochen haben, dass, wie dies Frau Modder gerade angesprochen hat, im Landkreis Leer, was das Ausmaß der Natura-2000-Flächen angeht, eine besondere Konfliktsituation im Verhältnis zur Landwirtschaft offensichtlich ist.

Ich meine, dass noch einiges zu tun sein wird, um sich das Vertrauen der Betroffenen in dem Prozess immer wieder neu zu verdienen und um dort gemeinsam Wege finden zu können. Denn es muss klar sein, dass das am Ende nur gemeinsam zum Erfolg gebracht werden wird. Ich wünsche mir, dass man dazu noch einmal einen Blick zurückwirft, um zu gucken, wo vielleicht an der einen oder anderen Stelle eine Einbindung frühzeitiger, besser und umfassender hätte erfolgen können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt - Unterrichtung zum Thema „Masterplan Ems“ - nicht vor, sodass ich diesen Punkt als erledigt betrachten kann.

Wir setzen die Beratungen in der Tagesordnung fort mit

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir vier Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie der Tagesordnung entnehmen können.

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten und auch bei der Landesregierung als bekannt voraus.

Ich eröffne die Besprechung zu Punkt

a) Grüne Ideologie statt Vernunft? - Antibiotika in der Human- und Tiermedizin richtig einsetzen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/3147

Wer möchte den Aufschlag machen? - Herr Kollege Grupe, ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die Rache aus dem Stall“ hat die Zeit in einem vielbeachteten Hauptartikel getitelt. Richtig ist: Antibiotikaresistenzen sind eine zunehmende Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Tier. Für unsere Fraktion ist das ein äußerst wichtiges, ein Megathema. Der EU-Kommissar Tonio Borg sprach von 25 000 Toten pro Jahr. Es gibt Zahlen von 15 000 oder 40 000 Toten durch Antibiotikaresistenzen. Von 15 Milliarden Euro an jährlichen Gesundheitskosten ist die Rede. Meine Damen und Herren, das ist ein Thema, dem man sich dringend widmen muss.

(Beifall bei der FDP)

Die zunehmende Entwicklung multiresistenter

Keime muss mit größter Entschlossenheit in einer bereichsübergreifenden Strategie von Veterinär- und Humanmedizinern bekämpft werden. Der Einsatz von Antibiotika in der Nutztier- und Haustierhaltung muss dabei selbstverständlich genauso kritisch hinterfragt werden wie der Einsatz von antibiotischen Medikamenten in der Humanmedizin. Ich will hier ganz offen sagen: In der ferneren Vergangenheit wurde in der Landwirtschaft in teilweise unverantwortlicher Weise, mindestens aber in leichtfertiger Weise mit Antibiotika umgegangen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Inwiefern?)

In früheren Zeiten wurden sie teilweise als Mastverstärker eingesetzt. Das wollen wir überhaupt nicht beschönigen. Das geht überhaupt nicht! Hier ist eine völlige Umjustierung längst geschehen.

Ich sage aber ganz deutlich: Einseitig fachlich falsche Schuldzuweisungen an die Landwirtschaft in der heutigen Zeit, meine Damen und Herren, gefährden die Gesundheit und das Leben von Menschen, da dadurch die wahren Ursachen und Zusammenhänge, wie sie sich in der Gemengelage heute darstellen, eher verschleiert werden.

(Beifall bei der FDP)

Nach Umfragen sind heute mehr als 50 % der Bevölkerung der Meinung, dass die Hauptproblematik von MRSA-Resistenzen und -Infektionen in der Landwirtschaft liegt.

(Unruhe)

Herr Kollege, einen kleinen Moment, bitte! - Es ist sehr viel Unruhe und Bewegung im Plenarsaal. So sollte es nicht sein. Wir sollten uns alle darauf einstellen, dem Redner entsprechend zuzuhören. Also: Wer etwas anderes zu verhandeln hat, der kann gerne in die Cafeteria oder nach draußen gehen. Der Rest bleibt hier und folgt dem Redner.

Herr Grupe, bitte sehr!

Das ist selbstverständlich vollständig falsch und Ergebnis einer verständlicherweise emotional aufgeladenen, aber leider teilweise auch polemischen und ideologischen Debatte. Gerade wenn es um Schuldzuweisungen an die Landwirtschaft geht, steht unser Landwirtschaftsminister oder der für die Landwirtschaft zuständige Minister leider immer wieder an der Spitze.

Die Tatsachen sehen anders aus. Das RobertKoch-Institut hat klargestellt, dass z. B. in den Jahren 2010 bis 2013 lediglich 2 % der Fälle von MRSA-Nachweisen aus Blutkulturen, die auf die sogenannte LA-MRSA, also Livestock associated MRSA, zurückzuführen sind, aus dem Bereich der Landwirtschaft kommen. Wie hoch der Anteil auch immer ist, meine Damen und Herren - ich bin kein Experte auf dem Gebiet -, ob es 2 %, 3 %, 5 % sind oder eine andere Prozentzahl ist: Die Landwirtschaft muss hier sehr intensiv mitarbeiten und die Verantwortung für ihren Bereich in vollem Umfang übernehmen. Es geht aber nicht an, dass eine Gesamtverantwortung auf die Landwirtschaft abgeschoben wird und die anderen Bereiche, die viel höhere Anteile an der Problematik haben, außen vor bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist wichtig und wird gleichwohl selten angesprochen, dass darin die Rolle der Haustiere entsprechend mit einzubeziehen ist. Einer Studie der Freien Universität Berlin zufolge ist der Mutationsdruck bei Haustieren wesentlich höher als bei Nutztieren. Das lässt sich auch leicht erklären, da der Kontakt zwischen dem Menschen und Haustieren dann, wenn diese in der Wohnung gehalten werden, natürlich viel höher ist. Wir kuscheln selten mit unseren Schweinen auf dem Spaltenboden.

(Heiterkeit bei der FDP)

Natürlich ist der Zeitraum, in dem man ein Haustier hält und in dem sich Resistenzen herausbilden können, wesentlich länger.

Meine Damen und Herren, die bei Weitem größte Bedeutung - das dürfte Allgemeinwissen sein - liegt unzweifelhaft in der Übertragung von MRSA in Krankenhäusern. Es geht uns im Endeffekt darum, dass Menschen nicht durch multiresistente Keime geschädigt werden. In einem Gesamtkonzept muss es darum gehen, die Menschen zu schützen. Deswegen ist dieser Bereich natürlich der mit Abstand wichtigste, in dem Fortschritte erzielt werden sollten.

Die landwirtschaftliche Tierhaltung muss darin mit einbezogen sein. Ich sage hier aber auch ganz deutlich: Moderne, technologisch fortschrittliche Ställe mit einem vorbildlichen Stallklima sind die beste Gewähr gegen Krankheiten und gegen die Notwendigkeit des Einsatzes von antibiotischen Medikamenten. In allererster Linie müssen aber die Menschen selber mit Antibiotika vorsichtiger

und verantwortungsbewusster umgehen. Nicht jede Grippe muss gleich mit Antibiotika behandelt werden.

Meine Damen und Herren, um die weitere Ausbreitung multiresistenter Keime zu vermeiden, ist es notwendig, übergreifend zu handeln - bei Nutztieren, Haustieren und beim Menschen, wie ich dargestellt habe. Hierfür müssen Tierärzte und Humanmediziner an einen Tisch. Die Erforschung von neuen Antibiotikawirkstoffen und Alternativen zur antibiotischen Therapie müssen vorangetrieben werden. Es müssen vor allem Maßnahmen in der Humanmedizin gefördert werden, die den Eintrag von MRSA-Infektionen in Krankenhäuser vermeiden und somit MRSA-Infektionen beim Menschen verhindern.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. Die Sache mit dem Spaltenboden müssen Sie im Laufe des Tages noch ein bisschen näher erklären!

Meine Damen und Herren, es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Hans-Joachim Janßen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie den ersten Halbsatz Ihrer Aktuellen Stunde mit einem Fragezeichen versehen, meine Damen und Herren von der FDP: Es ist eine Unverschämtheit, was Sie hier präsentieren!

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE] - Jörg Bode [FDP]: Bitte?)

Das ist ein Schlag ins Gesicht der über 1 Million Menschen, die sich nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene jährlich mit multiresistenten Keimen infizieren. Bei bis zu 40 000 Patientinnen und Patienten jährlich wird diese Infektion als wesentliche Todesursache gesehen. Ist das grüne Ideologie? - Nein, meine Damen und Herren, das ist die traurige Realität. Das sollten auch Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Natürlich ist der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung nicht die einzige Ursache. Auch in der Humanmedizin ist der Einsatz deutlich zu hoch. Und dass es in einer Reihe von Krankenhäusern deutli

che Hygienemängel gibt, wird auch niemand ernsthaft bestreiten. Aber auch daran arbeitet diese Landesregierung.

(Unruhe bei der FDP)

- Hören Sie von der FDP doch mal zu!

Das wissen Sie auch ganz genau, nämlich aus einer Antwort auf Ihre Anfrage. Die Antwort ist Ihnen am 1. März zugestellt worden. Insofern ist Ihnen bekannt, dass auch in diesem Bereich etwas getan wird.