Protokoll der Sitzung vom 19.03.2015

Ich bin nicht der Überzeugung, dass der Wolf der große böse Wolf ist, als der er manchmal beschrieben wird, und ich glaube auch nicht, dass er reihenweise Kinder im Waldkindergarten anfallen wird. Ich glaube, das ist auch gar nicht das Thema. Das Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Nutztierhalter in Niedersachsen.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Richtig!)

Flächendeckend, von der Küste über den Solling bis zum Harz, werden in Niedersachsen Nutztiere gehalten. Ich spreche von den Schafen auf den Deichen. Ich spreche von der Firma Masterrind in meinem eigenen Wahlkreis mit vielen Hundert angeschlossenen Betrieben, die niedersachsenweit viele Tausend Zuchtbullen hält. Ich spreche von den Schwarzbunten in Ostfriesland.

Meine Damen und Herren, egal ob Schaf, Ziege, Rind oder was auch immer: Wenn eine Herde einen Wolf sieht, dann verfällt sie in panisches Fluchtverhalten.

(Zuruf von der SPD: Das haben Sie bei Wildschweinen auch! - Volker Ba- jus [GRÜNE]: Was folgt jetzt daraus?)

Da können Sie Zäune bauen, da können Sie Gatter bauen, da können Sie machen, was Sie wollen: Ein tonnenschweres Angusrind, Herr Kollege Bajus, rennt durch alles durch.

(Volker Bajus [GRÜNE]: Was folgt da- raus? - Weitere Zurufe von der SPD und von den Grünen)

Sie können die Zäune auch einzementieren und machen, was Sie wollen: Da gibt es kein Halten mehr.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Volker Bajus [GRÜNE]: Butter bei die Fische! Was folgt daraus? - Weitere Zurufe von der SPD und von den Grünen)

Meine Damen und Herren, mit dieser Situation müssen Sie sich auseinandersetzen! Wenn Sie diese Gefahr, die für die Nutztierhalter in Niedersachsen flächendeckend besteht, ernst nehmen würden, würde der Minister nicht sagen: Dann sorgt doch einfach privatwirtschaftlich vor.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sie wollen nicht die Aufnahme ins Jagdrecht, Sie wollen die Ausrottung!)

Herr Minister, das Problem ist, dass die Versicherer - ich komme aus der Branche - gar keine Pro

dukte haben, um diese neue Gefahrensituation mit den Risiken, die daraus entstehen, tatsächlich abdecken zu können. Deswegen ist Ihre Forderung, privatwirtschaftlich Vorsorge zu betreiben, nicht sinnvoll.

Herr Kollege, Frau Menge möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Gerne. Frau Menge immer!

(Heiterkeit und Zurufe)

Aber mit der Antwort ist dann auch die Redezeit beendet.

Sehr geehrter Herr Hocker, der von Ihnen zitierte Herr Faß in Dörverden sagt auf die Frage, ob die Wölfe so gefährlich seien und wie man ihnen begegnen müsste:

„Aber es ist so unwahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto - und selbstverständlich sind die Tiere, das halte ich in so einem Fall für die einzige Lösung, nicht abzuschießen. Da hilft es den Angehörigen nicht, wenn man ihnen weiter Angst macht.“

Wie passt das denn?

(Björn Thümler [CDU]: Jede Woche ein Sechser im Lotto! - Volker Bajus [GRÜNE]: Ein guter Mann, Herr Dr. Siemer, nicht wahr? - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, wir kommen bald zur Mittagspause. Wir haben jetzt noch zwei Redner, und wir können denen auch noch genauso zuhören wie allen anderen auch, bei aller Emotionalität hier in der zweiten Reihe. - Ich könnte das auch namentlich benennen, aber „zweite Reihe“ reicht.

Bitte schön!

Die besonders guten Schüler saßen sowieso immer in der letzten Reihe, Herr Präsident.

Frau Kollegin, ich antworte gerne auf die Frage. Ich habe vor etwa sechs Wochen im Wolfcenter

gemeinsam mit Frank Faß eine Veranstaltung machen können, wozu wir eine ganze Reihe von Nutztierhaltern aus Niedersachsen eingeladen haben. Dabei war u. a. die Firma Masterrind aus Verden, darunter waren Pferdezüchter aus meinem Heimatwahlkreis Verden, es hat Schafszüchter dort gegeben, es hat Ziegenzüchter dabei gegeben. Wir alle - übrigens mit Frank Faß, dem Experten für die Migration des Wolfes nach Niedersachsen, an unserer Seite - waren uns einig, dass der Wolf Teil des Jagdrechts werden muss.

Ich prophezeie Ihnen schon jetzt, dass in einem, vielleicht in zwei Jahren die Haltung, die wir im letzten Plenum in unserem Gesetzentwurf formuliert haben, zur Mehrheitsmeinung in diesem Landtag werden wird, weil Sie dieses Problems anders nicht Herr werden.

(Zuruf von Volker Bajus [GRÜNE])

Ich mag den Wolf, Herr Kollege Bajus, aber da er keine Fressfeinde hat und weil er so anpassungsfähig ist, wird er sich in Niedersachsen exponentiell verbreiten. An dieser Stelle müssen wir frühzeitig Vorsorge treffen, um die Verbreitung in Bahnen zu lenken und um sie zu kanalisieren. Sonst werden wir dieses Problems nicht Herr werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen, weil die Frage beantwortet worden ist.

Herr Präsident, ich komme mit einer Ankündigung zum Schluss.

Nachdem wir haben wahrnehmen durften, welche Vorstellungen das Umweltministerium hat, um dieses Problems Herr zu werden, kündige ich schon jetzt an, dass ich in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses eine Anhörung der Landesregierung beantragen werde,

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das heißt „Unterrichtung“!)

von der wir gerne erfahren möchten, wie Sie sich das im Einzelnen vorstellt und wie genau die Vergrämung des Wolfes ablaufen soll. Ich hoffe nicht, dass wir dann die Antwort hören, sehr verehrter Herr Minister, dass die Wölfe entnommen werden,

in eine Zelle gesteckt werden und dann mit Gummigeschossen beschossen werden.

Herr Kollege, die Antwort kommt vielleicht gleich, weil sich der Minister noch zu Wort gemeldet hat.

So wird die Vergrämung aber nicht funktionieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Zuvor gibt es eine Kurzintervention: Der Kollege Nacke hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hocker, auch mit Blick auf die Zwischenfrage der Kollegin Menge möchte ich ausdrücklich bestätigen, was für ein herausragender Experte Frank Faß in der Frage der Wölfe ist.

Der Gemeindeverband Wiefelstede der CDU Ammerland hat am vergangenen Mittwoch eine Veranstaltung abgehalten. Sie war schon von den Anmeldezahlen her vollständig überlaufen, sodass wir am nächsten Montag im Gemeindeverband Bad Zwischenahn eine weitere Veranstaltung machen, in der Frank Faß den Hauptvortrag hält. Ich kann jedem hier im Hause nur dringend raten, eine solche Veranstaltung einmal zu besuchen und sich von ihm klar informieren zu lassen. Sie finden mittlerweile landesweit statt.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Solche Veranstaltungen machen wir seit vier Jahren!)

Wir haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrter Herr Minister Wenzel, an dieser Stelle ein echtes, nachdrückliches Problem. Der Wolf ist nämlich in den Gebieten, in denen die Weidetierhaltung intensiv betrieben wird, nämlich im Grünlandgürtel, der im Ammerland anfängt - wo jetzt vielleicht der erste Wolf durchstreift; er ist dort noch nicht gesichtet worden -, ein richtiges Problem. Was machen wir mit den vielen Weidetieren, die in den Gebieten an der Küste und im küstennahen Grünlandstreifen gehalten werden? - Darauf müssen Sie eine Antwort geben; denn in diesen Gebieten ist es fast nicht mehr möglich, mit vernünftigen Zäunen tatsächlich einen Schutz der kompletten Weidegebiete herzustellen.

Diese Landesregierung, dieser Landwirtschaftsminister rühmt sich dessen, dass insbesondere Weidemilchprojekte in den Molkereien gefahren werden. Gleichzeitig gibt es ein Riesenproblem, die Weidehaltung tatsächlich durchzuführen, wenn die Herden durch Wölfe verschreckt oder sogar angegangen werden. Wenn die ersten Kühe angegriffen werden, weil sich dort möglicherweise ein Rudel angesiedelt hat, dann werden Sie dieses Problems nicht mehr Herr. Darauf müssen Sie jetzt eine Antwort geben, Herr Minister!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Wo ist der Bezug zu Herrn Hocker?)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Das war eine Kurzintervention. Wollen Sie antworten, Herr Dr. Hocker? - Danke schön.

Jetzt hat sich der Kollege Hans-Joachim Janßen, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal finde ich es sehr begrüßenswert, dass sich jetzt auch die CDU dieses Problems intensiv annimmt.

(Widerspruch bei der CDU und Zurufe von der CDU: Oh!)