Am 13. Februar 2014 wurde der Staatsanwaltschaft Hannover aus Pressemeldungen bekannt, dass der damalige Innenminister Friedrich den SPD-Vorsitzenden Gabriel bereits im Oktober 2013 über mögliche Ermittlungen gegen Herrn Edathy informiert habe, woraufhin im Anschluss mehrere SPD-Spitzenpolitiker den höchstvertraulichen Sachverhalt erfahren haben sollen. Deswegen ist am 19. Februar 2014 ein Ermittlungsverfahren unter dem Aktenzeichen 1141 UJs 14464/14 eingeleitet worden, das ebenfalls den Verdacht der Verletzung von Dienstgeheimnissen zum Gegenstand hat. Dieses Verfahren richtet sich gegen
potenzielle dritte Tippgeber und wird von der Staatsanwaltschaft Lüneburg bearbeitet. Das dortige Aktenzeichen lautet 5101 Js 34094/14. Die Ermittlungen dauern an.
Aus Anlass der gegen Sebastian Edathy geführten Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Hannover am 14. Februar 2014 im Rahmen der Landespressekonferenz die anwesenden Medienvertreter über den Gegenstand des Verfahrens und den Stand der Ermittlungen unterrichtet. Deswegen ist es zu Strafanzeigen gekommen, in denen der Vorwurf der Verletzung des Dienstgeheimnisses durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Hannover erhoben worden ist. Die Staatsanwaltschaft Bückeburg, der die Prüfung dieses Vorwurfs übertragen worden ist, hat das dort unter dem Aktenzeichen 409 Js 1919/14 geführte Verfahren am 12. August 2014 ebenfalls nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht hat die Staatsanwaltschaft Hannover unter dem Aktenzeichen 1101 UJs 37769/14 eingeleitet, als Teile des Abschlussberichts des Landeskriminalamts Niedersachsen aus dem Ursprungsverfahren gegen Sebastian Edathy bekannt wurden. Hierbei handelt es sich um ein immer noch laufendes Ermittlungsverfahren.
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg führte in der Folgezeit unter dem Aktenzeichen 5101 UJs 14337/14 ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Geheimnisverrats. Dieses Verfahren geht auf eine Strafanzeige des Verteidigers zurück, der den Vorwurf erhebt, einem Journalisten des Berliner Kuriers sei ein Vorgang der Staatsanwaltschaft Hannover, der ein Akteneinsichtsgesuch des Verteidigers in die Akten des Verfahrens 3714 Js 9585/14 enthalte, zugänglich gemacht worden. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch Korrespondenz mit der Bundestagsverwaltung geführt. Nachdem aus einem Schreiben der Bundestagsverwaltung vom 4. April 2014 in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitiert worden sein soll, wurde auch insoweit ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Aktenzeichen lautet 5101 UJs 14341/14. Die Ermittlungen dauern noch an.
Nachdem verschiedene Medien in jüngster Vergangenheit berichtet hatten, ihnen würden die Akten des Verfahrens gegen Sebastian Edathy komplett vorliegen, und darüber hinaus vertrauliche Informationen aus den Akten - sogar einzelne
Aktenbestandteile - veröffentlicht worden waren, wurden weitere Verfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht eingeleitet. Auch insoweit dauern die Ermittlungen noch an.
Meine Damen und Herren, soweit zunächst ein Überblick über die laufenden Ermittlungen wegen Geheimnisverrats im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Sebastian Edathy. Wir können darauf vertrauen, dass die niedersächsische Justiz auch weiterhin konsequent
und ohne Ansehen der Person allen Verdachtsfällen nachgehen wird. Die Ergebnisse der noch laufenden Ermittlungsverfahren müssen wir allerdings mit der gebotenen Geduld abwarten.
Das Strafverfahren wegen des Verkaufs von Examensleistungen gegen den Richter L. ist inzwischen in erster Instanz abgeschlossen.
Das Landgericht Lüneburg hat den Richter und ehemaligen Referatsleiter im Landesjustizprüfungsamt am 26. Februar 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Dem Urteil liegen sechs Fälle der Verletzung von Dienstgeheimnissen und sechs Fälle der Bestechlichkeit zugrunde. In vier Fällen der Bestechlichkeit erfolgte die Verurteilung tateinheitlich mit versuchter Nötigung, in einem dieser Fälle tateinheitlich mit der Verletzung von Dienstgeheimnissen. Daneben hat die Kammer den Verfall von Wertersatz in Höhe von 5 000 Euro angeordnet und den Haftbefehl aufrechterhalten. Dieses Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.
Die Aufarbeitung des Vorfalls zeigt, dass wir in Niedersachsen eine leistungsstarke und unabhängige Justiz haben.
Kandidaten in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung zum ersten Mal Unregelmäßigkeiten auf, die den Verdacht eines Sicherheitsvorfalls im Landesjustizprüfungsamt begründeten.
Daraufhin hat mein Haus den Sachverhalt umfassend geprüft und am 11. April 2013 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Verden erstattet. Das aufgrund dieser Strafanzeige des Niedersächsischen Justizministeriums eingeleitete Ermittlungsverfahren ist am 24. Oktober 2013 durch die Staatsanwaltschaft Verden eingestellt worden.
Die auffälligen Notensteigerungen bei diesem Kandidaten konnten damals nicht aufgeklärt werden; insbesondere gab es keinerlei Hinweise darauf, dass sie auf die Bestechlichkeit eines Mitarbeiters des Landesjustizprüfungsamts zurückzuführen waren. In der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Verden vom 24. Oktober 2013 heißt es: Die durchgeführten Ermittlungen haben keine Hinweise darauf ergeben, dass der Beschuldigte über einen Mitarbeiter des LJPA vorab Kenntnis von den Prüfungsaufgaben erlangt hat.
Dieser Einstellung lag der Abschlussbericht des Landeskriminalamts vom 30. Juli 2013 zugrunde. Dort heißt es ebenfalls: Die durchgeführten Ermittlungen haben den Verdacht, der Beschuldigte habe Prüfungsunterlagen von Mitarbeitern des LJPA erhalten und dafür eine Gegenleistung erbracht, nicht bestätigt. - Ein Hinweis auf eine Manipulation durch den jetzt verurteilten abgeordneten Richter L. lag nicht vor.
Den Anstoß für die konkreten Ermittlungen gegen den Richter L. gab im Januar 2014 eine Referendarin. Wir haben die Hinweise darauf unverzüglich der Staatsanwaltschaft in Verden zur Kenntnis gebracht.
hatte die europaweite Fahndung schon nach wenigen Tagen Erfolg. Die italienische Polizei hat den Beschuldigten in Mailand festgenommen. Er wurde zunächst in Italien verurteilt und anschließend nach Deutschland verbracht. Dort wurde er dem zuständigen Ermittlungsrichter zur Verkündung des Haftbefehls vorgeführt. Seitdem befindet er sich in Haft.
Ermittlungsverfahren nur zwei Monate gedauert. Auch die Hauptverhandlung war in gut zwei Monaten beendet. Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte haben in diesem Verfahren konsequent, schnell und sorgfältig gearbeitet.
Ich komme nun zu den umfangreichen Maßnahmen, die wir bereits im März 2013 im Landesjustizprüfungsamt veranlasst haben.
Parallel zu dem Ermittlungsverfahren wurde der ITSicherheitsbeauftragte für die niedersächsische Justiz unmittelbar nach Bekanntwerden dieses ersten Sicherheitsvorfalls im April 2013 mit einer gutachtlichen Expertise zur Verbesserung der Sicherheitsstrukturen beauftragt.
Im Ergebnis wurde ein Sicherheitskonzept vorgelegt und zügig umgesetzt. Dieses Sicherheitskonzept umfasst sowohl technische als auch organisatorische Veränderungen. Ich nenne Ihnen einige Beispiele.
Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Zugang zu Prüfungsaufgaben und Lösungshinweisen haben, ist auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt worden.
Die sensiblen Daten sind jetzt verschlüsselt, auch USB-Sticks sind verschlüsselt, und die Mitarbeiter sind mit sicheren Notebooks für die Arbeit zu Hause ausgestattet worden.
Regelungen zur Vervielfältigung und Lagerung von Klausuren sind eingeführt, die sowohl das Landesjustizprüfungsamt selbst betreffen als auch alle anderen Standorte, an denen Klausuren geschrieben werden.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Entschuldi- gung, Frau Ministerin! - Editha Lor- berg [CDU]: Das ist doch kein Kasper- theater hier! - Jens Nacke [CDU]: Und das finden Sie witzig?)
Weitere Einzelheiten des Konzepts kann ich Ihnen leider aus Gründen der Sicherheit an dieser Stelle nicht nennen.
Es ist selbstverständlich notwendig, im Landesjustizprüfungsamt fortlaufend an der Verbesserung der Sicherheitsstandards zu arbeiten, und das geschieht auch, und zwar mit Nachdruck.
Zusätzlich zur Einführung des Sicherheitskonzepts im Landesjustizprüfungsamt haben wir noch weitere Maßnahme ergriffen.
Aufgrund der von der Staatsanwaltschaft Verden mitgeteilten Ermittlungsergebnisse wurden die Landesjustizprüfungsämter aller Bundesländer über den bestehenden Verdacht unterrichtet.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe habe ich den Austausch der Klausuren für den Anfang April 2014 begonnenen Durchgang der Zweiten Juristischen Staatsprüfung veranlasst. So konnte ausgeschlossen werden, dass Prüfungstexte durch das Verhalten des Verurteilten einzelnen Kandidatinnen oder Kandidaten des laufenden Examensdurchgangs bekannt waren. Alle Klausuren des zeitlich folgenden Durchgangs der Ersten Juristischen Staatsprüfung wurden ebenfalls vorsorglich ausgetauscht.
Zudem habe ich noch Ende März 2014 beschlossen, sämtliche Prüfungsleistungen zum Zweiten Juristischen Staatsexamen, die seit September 2011 abgelegt wurden, umfassend überprüfen zu lassen. Mit dieser Überprüfung haben wir sofort begonnen und von April bis Dezember 2014 sämtliche Prüfungsleistungen des Zweiten Juristischen Staatsexamens seit September 2011 kontrolliert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Maßnahme hat wesentlich dazu beigetragen, das Prüfungswesen für unseren juristischen Nachwuchs in Niedersachsen wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken und das Vertrauen in das Landesjustizprüfungsamt und in die niedersächsischen Absolventinnen und Absolventen zu bestätigen.
Mehr als 200 Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Beamtinnen und Beamte aus ganz Niedersachsen haben sich als Sonderprüferinnen und Sonderprüfer engagiert. Sie haben die Klausuren mit ganz unterschiedlichem Zeitbudget neben ihren regulären dienstlichen Verpflichtungen überprüft. Alle Sonderprüferinnen und Sonderprüfer haben sich auf einen
Aufruf des Justizministeriums hin freiwillig bei uns gemeldet. In einem gewaltigen Kraftakt beispielloser Solidarität haben sie die Klausuren neben ihren regulären dienstlichen Verpflichtungen überprüft. Die Tätigkeit der Sonderprüferinnen und Sonderprüfer wurde nicht monetär vergütet, weil es dafür - leider, muss ich sagen - keine Rechtsgrundlage gibt. Von den Sonderprüfern habe ich aber häufig die Antwort bekommen: „Das ist Ehrensache.“ Dieses großartige Engagement verdient höchsten Respekt und den Dank der Landesregierung.