Sie hat zwei Dinge gesagt. Sie hat gesagt, wir müssen wegkommen vom Asylsystem hin zum Zuwanderungssystem. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wir brauchen beides. Wir brauchen sowohl das Asylsystem für die Menschen, die in ihren Heimatländern von Verfolgung bedroht sind, als auch das Zuwanderungsrecht, damit man eine Kombination erreichen kann.
Der Wechsel - das haben Sie richtig gesagt - aus dem Asylsystem in das Zuwanderungssystem muss möglich sein.
Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag, zu der Forderung, die Kommunen zu entlasten. Wir haben zu den Kommunen bereits viel ausgeführt und haben von den kommunalen Spitzenverbänden in den letzten Wochen immer wieder zu hören bekommen, dass sie sich von der Landesregierung alleine gelassen fühlen. Diese Landesregierung kann nicht immer nur nach dem Bund rufen, sondern sie muss selbst etwas tun.
Der Bund hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, um das Aufenthaltsrecht zu verbessern. Es werden - auch für das Land - klare Kriterien zur Verbesserung und Veränderung der Aufenthaltsbeendigung aufgelegt. Der Bund gibt 1 Milliarde für 2015 und 2016. Der Bund hat 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich eingestellt, um die Aufgaben in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Landesbehörden zu erledigen.
Meine Damen und Herren, Sie sagen immer nur, die Erstaufnahmeeinrichtungsplätze reichen nicht aus - und schieben die Asylbewerber dann zu den Kommunen, die mit diesem Problem letztendlich allein gelassen werden. Das allein reicht aber nicht aus. Damit lassen wir Sie nicht durchkommen.
Frau Kollegin Polat, Sie haben behauptet, wenn wir uns hier nicht bewegen, wird Deutschland nicht mehr als Zuwanderungsland gewählt. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Zahlen, die uns bisher vorliegen - ob zu den Asylbewerbern oder zu den Zuwanderern -, sprechen eine ganz andere Sprache: Deutschland ist beliebt - weil wir uns für diese Menschen einsetzen, weil es hier ein enormes ehrenamtliches Engagement gibt und weil unser Staat dafür sehr viele Leistungen erbringt.
Deutschland war 2013 das Asylbewerberland Nummer eins. Wir haben 126 000 Asylbewerber aufgenommen. Danach kommt Frankreich mit 66 000. Daran sehen Sie, dass wir im internationalen Vergleich doppelt so viel an Leistungen erbringen wie jeder andere Staat. Ich meine, es ist doch auch einmal Anerkennung wert, dass Deutschland hier sehr viel tut und sich für diese Menschen offen zeigt.
Aber es geht natürlich nicht, dass ein Land immer nur nach dem Bund ruft. Nein, es muss sich auch selbst einbringen. Ich will einige Beispiele dafür nennen, wie sich das Land einbringen könnte: Es muss sich z. B. dafür einsetzen, die Kosten in der Höhe zu erstatten, wie es die Kommunen im Innenausschuss vorgetragen haben. Die 120 Millionen Euro, die von den Kommunen gefordert werden, müssen endlich vom Land gezahlt werden.
Meine Damen und Herren, in der Landeshauptstadt Hannover muss ein Nachtragshaushalt über 64 Millionen Euro aufgestellt werden. Im Landkreis Emsland sind es 10 Millionen Euro, in Cloppenburg knapp 4 Millionen Euro. Wolfsburg hat für etwa 17 Millionen Euro drei zusätzliche Einrichtungen geschaffen. Ich frage Sie: Wo bleibt denn hier das Land? Es kann doch nicht sein, dass die Kommunen auf der Strecke bleiben, dass sie Bäder schließen und Turnhallen zur Unterbringung zur Verfügung stellen müssen, während das Land sagt: Ja, also wir können dafür nichts tun, wir haben dafür kein Geld!
Wir müssen konsequent weiter darauf hinwirken, dass die Verfahren bei den Asylbewerbern bzw. Flüchtlingen aus dem Kosovo, zügig bearbeitet werden, damit diese Menschen hier keine längere Aufenthaltszeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen haben und möglichst schnell zurückgeführt werden können. Die Zahlen, die wir in der Antwort zu den Rückführungen bekommen haben, sind doch bezeichnend: Sie haben 2013 677 Menschen nicht rückgeführt, weil sie nicht angetroffen worden sind. - Meine Damen und Herren, Sie würden den Kommunen schon helfen, wenn Sie hier konsequent arbeiten würden.
Durch die Stornokosten sind dem Land Ausgaben von fast 240 000 Euro entstanden. Auch dieses Geld hätte den Kommunen vor Ort schon geholfen.
Nach den Prognosen werden in diesem Jahr 350 000 Asylbewerber nach Deutschland kommen. Auf Niedersachsen würden nach dem Königsteiner Schlüssel etwa 30 000 entfallen. Das bedeutet 300 Millionen Euro zusätzlich! Und das sollen die Kommunen tragen? Das kann einfach nicht sein. Nein, hier muss sich das Land einbringen. Das Land muss aktiv werden und vor allen Dingen die Kommunen unterstützen. Denn die Kommunen sind nicht in der Lage, dieses Geld aufzubringen, obwohl sie sich sehr wohl bemühen und vor Ort sehr viel Engagement entwickelt haben.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, Sie werden sich an den Kommunen ein Beispiel nehmen.
Vielen Dank, Frau Jahns. - Jetzt hat sich von der FDP-Fraktion Jan-Christoph Oetjen gemeldet. Bitte schön, Herr Oetjen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja schon mehrfach über Zuwanderung und über die Situation diskutiert, die in den Kommunen durch die Flüchtlingsaufnahme besteht. Diese Diskussion führen wir auch nicht erst seit diesem Plenarabschnitt, sondern schon seit Monaten.
Verehrte Frau Kollegin Tiemann, ich bin, ehrlich gesagt, etwas erschrocken. Nachdem wir im Land Niedersachsen im Prinzip seit Anfang 2014 sehr heftig diskutieren und sich die Kommunen sehr stark darüber beklagen, dass sie kaum noch Unterbringungsmöglichkeiten finden, legen Sie heute zwar endlich einen Antrag vor - sprechen darin aber nicht die finanzielle Belastung in den Kommunen an. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht in Ordnung. Sie lassen die Kommunen weiter im Stich und mit den Problemen alleine.
Und schreiben Sie bitte nicht in der Überschrift „Kommunen entlasten“, wenn Sie gar keine eigenen Vorschläge haben, sondern es so machen wie
der Herr Innenminister, der sagt: Wir wollen über das neue Aufnahmegesetz verhandeln, und dann gucken wir mal; ich kann Ihnen zwar noch keine genauen Vorschläge machen, versichere Ihnen aber, dass bei den zukünftigen Gesprächen kein Thema ausgespart wird.
Das zeigt doch, dass Sie mit den Kommunen noch gar nicht verhandeln, sondern dass Sie sich erst einmal Gedanken über Ihre eigenen Vorstellungen machen müssen. Sehr geehrter Herr Minister, sagen Sie doch klar, dass Sie mit den Kommunen noch nicht verhandeln! Sagen Sie doch klar, dass Sie seitens der Landesregierung noch keine klaren Vorstellungen haben! Seit Monaten halten Sie die Kommunen, den Landtag und die Öffentlichkeit hin und legen keine eigenen klaren Vorschläge dafür vor, wie Sie die Entlastung der Kommunen tatsächlich bewerkstelligen wollen. Das ist nicht in Ordnung, sehr geehrter Herr Minister!
Einwanderung zukunftsfähig gestalten. - Das wollen wir auch, und deswegen hat die FDP-Fraktion ja einen sehr umfangreichen Antrag vorgelegt, der detailliert aufzeigt, wie wir Einwanderung und ein Einwanderungsgesetz neben dem Asylsystem darstellen können. Einer der Kernpunkte ist, dass wir Zuwanderung in Ausbildung wollen, weil uns junge Leute fehlen, die in die Ausbildung gehen. Diese Zuwanderung in Ausbildung müssen wir ermöglichen.
Aber wir müssen eben auch den Systemwechsel vom Asylsystem in das Zuwanderungssystem gestalten. Ich finde es gut, verehrte Frau Kollegin Jahns, dass die Unionsfraktion das mitträgt; denn das ist ein zentraler Punkt in einem zukünftigen Einwanderungssystem - dass wir den Systemwechsel aus dem Asylsystem in das Zuwanderungssystem hinbekommen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss personell besser ausgestattet werden. - Darin sind wir uns alle einig.
Die Verfahren müssen schneller durchgeführt werden. - Auch das ist nun wirklich nichts Neues, Frau Kollegin Tiemann.
Sie fordern, dass die Kommunen strukturell entlastet werden. - Dazu sage ich hier ganz klar: Wir müssen die Kommunen bei den Gesundheitskosten entlasten. Die Möglichkeit dazu war beim
Flüchtlingsgipfel auf Bundesebene gegeben. Aber auch diese Möglichkeit haben Sie, sehr geehrter Herr Minister Pistorius, verstreichen lassen. Sie haben gesagt: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach - wir nehmen zweimal 500 Millionen Euro; damit ist ja auch schon ein bisschen geholfen. - Aber strukturell wird dadurch nichts verbessert!
Ansonsten gibt es keinen einzigen konkreten Vorschlag von Rot und Grün, wie das Land die Kommunen entlasten kann.