Die rote und die grüne Fraktion in Niedersachsen fordern gegenüber dem Bund analog ein modernes, transparentes Einwanderungsgesetz. Besonders begrüßenswert finde ich - das hat die Kollegin Frau Schröder-Köpf gesagt -, dass die Landesregierung eine wirklich sehr gute Bundesratsinitiative aus Rheinland-Pfalz unterstützt. Auch die sollten wir in die Beratungen zu unseren Anträgen einfließen lassen, weil darin viele Aspekte enthalten sind, die sich im FDP-Antrag und auch in unserem Antrag, den wir nachher diskutieren, wiederfinden.
Meine Damen und Herren, ich kann am Schluss der Beratung feststellen, dass es hier in der ersten Beratung große Einmütigkeit gab. Das hat Herrn Innenminister Pistorius wohl veranlasst, auf seinen Redebeitrag zu verzichten, und damit die Überziehung der Redezeiten auszugleichen.
Meine Damen und Herren, es gab Anregungen, was die Mitberatungen angeht. Frau Lorberg sprach von einer großen Bandbreite. Frau Lorberg, das können wir nicht beschließen. Aber der federführende Innenausschuss hat jederzeit das Recht - - -
Der federführende Innenausschuss hat jederzeit das Recht, alle Ausschüsse mit Teilmitberatungen zu betrauen. Ich stelle jetzt hoffentlich das Einver
nehmen des Hauses fest, dass die Liste der Mitberatungen um den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - wie seitens der Antragsteller beantragt - ergänzt wird. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.
Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport tätig werden, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das nach der Geschäftsordnung so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Einwanderung zukunftsfähig gestalten - Kommunen entlasten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3124
Zur Einbringung erteile ich Frau Kollegin Petra Tiemann, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle sind uns in diesem Haus einig: Wer aus seiner Heimat vor Krieg, Bürgerkrieg und Verfolgung fliehen muss, hat einen Anspruch auf Schutz und Unterstützung. So haben es die Debatten in den letzten Monaten und in den letzten Tagen zu diesem Thema jedenfalls gezeigt.
Unser Land, meine Damen und Herren, und unsere Kommunen sind gefordert, im Rahmen ihrer Zuständigkeit für eine gute Integration zu sorgen. Die Kommunen in diesem Bundesland sind mehr als sehr engagiert, und viele Mitbürgerinnen und Mitbürger betätigen sich ehrenamtlich in außerordentlichem Maße. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür gebührt diesen Menschen unser Dank.
Flüchtlingspolitik ist jedoch eine nationale, eine gesamtstaatliche Aufgabe. Daher fordern wir in unserem Antrag den Bund auf, seinen Anteil an
der Aufgabenerledigung zu erbringen. Dazu bedarf es nach unserer Ansicht dreier Dinge: erstens endlich eine geregelte Zuwanderung durch ein modernes Einwanderungsgesetz, zweitens eine strukturelle Entlastung der Kommunen, drittens eine bedarfsgerechte personelle Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, damit die Anträge schnell und sachgerecht erledigt werden können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Unsere Landesregierung unternimmt alle möglichen Anstrengungen, um jedem einzelnen Menschen, der in unserem Bundesland Schutz sucht, gerecht zu werden. Das mag die eine Seite des Hohen Hauses anders sehen als die andere. Wir haben aber in vielen Punkten Veränderungen vorgenommen. Ein wichtiger Punkt ist beispielsweise die Erhöhung der Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen. Nur zur Erinnerung - der Herr Minister hat es vorhin ausgeführt -: Von 1 5000 Plätzen ausgehend, besteht jetzt eine Kapazität von 3 700 Plätzen. Das sind zwar immer noch zu wenige. Aber es wird unter Hochdruck nach weiteren Orten gesucht.
Für den Einsatz vor allen Dingen auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses sind wir sehr dankbar, und wir bitten darum, Herr Minister, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesen Dank auszurichten.
Wir sind fest davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir eine moderne, offene, transparente Regelung zur Einwanderung brauchen. Das haben auch die Wortbeiträge zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt sehr deutlich gezeigt. Aber diese Regeln muss der Bund festlegen. Bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, ist man sich, auch wenn Frau Lorberg das eben anders darstellte, auf Bundesebene anscheinend noch nicht einig darüber, wie diese aussehen sollen.
Viele Menschen versuchen, über das Asylverfahren zu uns zu kommen und sich hier ein neues Leben aufzubauen. Für diese Menschen ist aber das Asylverfahren der falsche Weg. Die entsprechenden Anträge füllen zusätzlich die Schreibtische der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter des Bundesamtes. Aber eine Aussicht auf Erfolg
haben diese Anträge oft nicht. Daher brauchen wir einen Systemwechselweg vom Asylsystem hin zu einem Einwanderungssystem.
Dabei müssen wir im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, endlich dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Menschen in unserem Bundesland die Möglichkeit bekommen müssen, in ihrem Beruf zu arbeiten. Deshalb lautet eine der zentralen Forderungen, die strikte Erteilungssperre zumindest zu lockern. Zurzeit ist es nämlich nicht möglich, bei einem erfolglos gebliebenen Asylverfahren einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung zu erteilen, auch wenn alle inhaltlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Das darf uns natürlich nicht davon entlasten, ein besonderes Augenmerk auf die Menschen zu richten, die unseres Schutzes bedürfen. Wir dürfen den Fachkräftemangel nicht in irgendeiner Form gegen die Menschen ausspielen, die in unserem Land als Flüchtlinge Schutz suchen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen eine offene Gesellschaft, die den Flüchtlingen nicht nur eine sichere Bleibe gewährt, sondern eine echte Zukunftsperspektive bietet. Denn eines ist klar: Es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt, sondern darauf, wie er sich in diese Gesellschaft einbringen möchte.
Ein weiterer, an dieser Stelle oft diskutierter Punkt ist die Entlastung der Kommunen. Auch der Bund muss hier seiner Aufgabe nachkommen. Über die Situation in den Kommunen herrscht weitestgehend Einigkeit. Der Bund stellte für die Jahre 2015 und 2016 jeweils 500 Millionen Euro in Aussicht. Wichtiger wäre aber der Einstieg in eine strukturelle Entlastung der Kommunen, z. B. durch die Übernahme der Krankenkosten. Das würde unsere Kommunen richtig entlasten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein schon oft - auch in diesem Hause - diskutierter Befreiungsschlag wäre in meinen Augen die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Das würde unsere Kommunen real entlasten.
Die Kostenübernahme könnte dann nach dem SGB oder über die gesetzliche Krankenversicherung erfolgen. Damit würden unsere Kommunen entlastet, und der Bund würde die Verantwortung für die Aufnahme der Flüchtlinge übernehmen.
Eine entscheidende Schnittstelle - auf sie hat unser Minister heute Morgen noch einmal hingewiesen - ist die Bearbeitung der Anträge durch das BAMF. Zurzeit wird der Flaschenhals eng und enger bzw. die Bearbeitungszeit lang und länger. Der Bund hat in diesem Bereich 650 neue Stellen geschaffen. Positiv muss man zur Kenntnis geben, dass die Stellen, die für 2014 avisiert wurden, auch besetzt sind. Trotzdem dauert es noch so lange.
Entscheidend ist für unsere Kommunen, dass die Flüchtlinge in großer Zahl auf sie verteilt werden, bevor sie einen Antrag beim BAMF gestellt haben. Dieses Verfahren belastet unsere Kommunen durch Reiseaufwand und andere Kosten zusätzlich. Das ist nicht mehr hinnehmbar. Wir können noch so viele Plätze in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen vorhalten, diese Schnittstelle bleibt eine entscheidende.
Meine sehr verehrten Damen und Herren auch von der CDU, ich kann Sie nur herzlich einladen, sich zu diesem Antrag positiv zu verhalten. Wir, die rotgrüne Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, sind für eine offene Gesellschaft, die den Flüchtlingen in unserem Bundesland eine sichere Bleibe gewährt und eine echte Zukunftsperspektive bietet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern und heute schon sehr viel über Einwanderung, Zuwanderung, Asylfragen, Asylbegehren und Flüchtlinge gesprochen. Hieran wird deutlich, wie wichtig dieses Thema gesellschaftspolitisch, aber auch hier im Landtag ist und dass sich alle Fraktionen intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und sich für die Menschen einsetzen. Auch wir als CDU möchten an dieser Stelle den ehrenamtlich Engagierten ganz herzlich danken, die sich in Niedersachsen in aufopfernder
Weise für die Flüchtlinge und für die Asylbewerber einsetzen. Ich denke, das wird von allen so gesehen.
Die Themen Einwanderung und Zuwanderung - das ist auch von meiner Kollegin Editha Lorberg schon deutlich gesagt worden - sind für die CDU wichtig. Es gibt viele Chancen, und es gibt viele Möglichkeiten, dafür gemeinsam etwas auf den Weg zu bringen. Ich hoffe, dass wir auch in Niedersachsen einen Teil dazu beitragen. Aber selbstverständlich ist das Bundessache.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich darf Sie daran erinnern, dass auch Sie auf Bundesebene Verantwortung tragen. Sie sind dort in der Großen Koalition. Von daher ist es ganz wichtig, dass Sie sich auch dort entsprechend einbringen.
Einwanderung und Zuwanderung bringen Chancen. Aber es ist nicht so, Frau Kollegin Tiemann, dass Sie sich hier hinstellen und sagen können, das Asylrecht müsse abgeschafft werden.