Protokoll der Sitzung vom 04.06.2015

Man könnte also meinen, dass eigentlich alles klar ist. Wir haben gute Voraussetzungen. Am Ende steht aber der Bundesverkehrswegeplan, in dessen Systematik der Bewertung das, was wir vorhaben und da hinein muss, nicht hineinpasst. Das wird unsere gemeinsame Aufgabe sein. Deswegen bin ich Ihnen für diesen gemeinsamen Beschluss sehr dankbar; denn damit machen wir deutlich, dass solche Veränderungen vorgenommen werden müssen. Hier stellt sich eine Systemfrage danach, welchen zusätzlichen verkehrsinfrastrukturellen Nutzen wir über die Wasserstraße organisieren können und wie es uns gelingen kann, das Wasserstraßennetz weiter auszubauen.

Es gibt wirklich gute Erfolge nach 50-jähriger Ausbauphase: der Mittellandkanal und der Ausbau des Stichkanals Salzgitter, der bis zum Jahr 2020 abgeschlossen sein wird.

Mal ehrlich: Der gemeinsame Beschluss, den der Landtag hier auch zum Ausbau des Stichkanals Salzgitter gefasst hat, war ein weiterer positiver Schub, mit dem dafür gesorgt worden ist, dass wir eine Chance haben, genau mit diesem Projekt weiter voranzukommen.

Ferner der Stichkanal nach Hildesheim, die Schleuse Minden mit der Mittelweser, der Dortmund-Ems-Kanal, an dem fünf kleine Schleusen ausgebaut werden. Das ist sozusagen ein Baustein beim gesamten Ausbau des Binnenwasser

straßennetzes, damit in Zukunft nicht nur mehr Güter transportiert, sondern gerade auch mehr Güter auf den Wasserstraßen transportiert werden können. Aber genau dort stellt das Schiffshebewerk im gesamten norddeutschen Wasserstraßennetz ein oft nicht zu überwindendes Hindernis gerade für die Großmotorgüterschiffe und die übergroßen Motorgüterschiffe dar.

Es muss uns also gelingen, genau dieses Projekt in den aktuellen Bundesverkehrswegeplan hineinzubringen. Wenn wir es nicht schaffen, werden wir in 10 bis 15 Jahren bei der nächsten Fortschreibung wieder keine Chance haben und haben wir übrigens auch die Zeit vertan, den Transport von Gütern auf die Seewege, auf die Binnenwasserstraßen zu verlagern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb ist das der richtige Weg: Jetzt in den vordringlichen Bedarf, jetzt in den Bundesverkehrswegeplan, jetzt deutlich machen, dass es für Niedersachsen unverzichtbar ist - übrigens mit einem weiteren Vorteil: Wenn uns dies angesichts des zunehmenden Trends hin zu den großen Schiffen gelingt, dann haben wir auch eine Chance, das Projekt in den Bereich des Transeuropäischen Netzes aufzunehmen und eine zusätzliche Förderung zu generieren. Immerhin würden daraus 50 % der Planungskosten und 40 % der Baukosten mitfinanziert. Also ein zusätzliches Signal an den Bund: Jetzt müssen wir die richtige Entscheidung treffen!

Dann darf es aber auch nicht dazu kommen, dass als Argument immer wieder die fehlende Planungskapazität der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung angeführt wird. Das ist im Moment das Argument. Ich glaube, wir dürfen sagen: Sowohl die Freie und Hansestadt Hamburg als auch das Land Niedersachsen werden mit allen ihren Möglichkeiten versuchen, das zu unterstützen. Am Ende darf der Ausbau nicht an der Planung scheitern.

Ein letzter Punkt, der, glaube ich, ganz entscheidend und wichtig ist: Am Ende ist es nicht nur die Freie und Hansestadt Hamburg, es ist nicht das Land Niedersachsen, es sind nicht nur die Kammern und die Wirtschaftsverbände in Niedersachsen und in Hamburg, sondern es sind auch die Umweltverbände, die genau dieses Bestreben nach einem Neubau der Schleuse und nach einer sofortigen Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan unterstützen. Das ist ein wichtiges Sig

nal, das wir jetzt hoffentlich gemeinsam und geschlossen an den Bund senden können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch Ihnen danke, Herr Minister. - Ich stelle fest, dass es keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt gibt.

Die Fraktionen waren sich bereits im Ältestenrat darüber einig - die Kollegin Glosemeyer hat es hier eben auch noch einmal in ihrer Rede beantragt -, dass über den Antrag sofort abgestimmt werden sollte. Ich bin trotzdem gehalten - der guten Ordnung halber, da es sich ja um ein Minderheitenrecht handelt -, zu fragen, ob Ausschussüberweisung beantragt wird. Stellt jemand diesen Antrag? - Das ist nicht der Fall.

Insofern können wir jetzt über den Antrag abstimmen. Wer den gemeinsamen Antrag aller Fraktionen in der Drucksache 17/3553 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann haben Sie diesen Beschluss einstimmig gefasst.

Vielen Dank.

(Beifall)

Vereinbarungsgemäß rufen wir heute zum Abschluss auch noch auf den

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Sprachkurse für Flüchtlinge und Geduldete öffnen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3543

Zur Einbringung hat sich der Abgeordnete Dr. Christos Pantazis, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In und aus den Krisenregionen der Welt fliehen die Menschen vor Verfolgung, Gewalt und Terror. Der Bürgerkrieg in Syrien und weitere ungelöste Konflikte haben die Zahl der Flüchtlinge weltweit nach oben schnellen lassen. Deutschland ist dabei weltweit das Land mit den meisten Asylanträgen. Die Zahl der Menschen, die

in Deutschland Schutz suchen, steigt. Nach einem Tiefstand von etwa 28 000 Anträgen auf Asyl im Jahr 2008 wurden im vergangenen Jahr über 200 000 Anträge erfasst, mit ansteigender Tendenz.

Zweifellos stellt diese Entwicklung eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft und unser Land dar. Diesen Menschen zu helfen und Zuflucht - sprich: eine neue Heimat - zu bieten, begreifen wir daher als Verpflichtung unseres Grundgesetzes, aber vielmehr noch als ein Gebot der Nächstenliebe. Wir stehen daher für eine Politik des Willkommens, in der Bund, Länder und Kommunen zusammenwirken und jeweils ihren Beitrag zum Gelingen einer solchen Politik leisten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der rotgrünen Koalitionsvereinbarung haben wir uns darauf verständigt, uns im Sinne dieser Willkommenskultur für ein weltoffenes Niedersachsen einzusetzen und Vielfalt und Teilhabe zu stärken. Als elementaren Bestandteil dieses migrationspolitischen Ansatzes wollen wir den in der Gesellschaft mit falschen Voraussetzungen und Annahmen verbundenen Begriff „Integration“ durch den gesellschaftspolitischen Anspruch auf Teilhabe ersetzen - und zwar in jeglicher Hinsicht: sowohl sozial, kulturell als auch politisch.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein unverzichtbares Medium für die Teilhabe von Vertriebenen und Flüchtlingen am gesellschaftlichen Leben in unserem Land stellt das Erlernen der deutschen Sprache dar; denn ohne diese ist die Partizipation, also Teilhabe, praktisch erschwert oder gar nicht möglich.

Da eine Politik des Willkommens in Anbetracht der von mir bereits beschriebenen aktuell großen Herausforderungen nur möglich ist, wenn wir diese als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen, sind alle politischen Ebenen gefordert, ihren entsprechenden Beitrag zu leisten. Das schließt neben den Kommunen und dem Land selbstverständlich auch den Bund als den originären Gesetzgeber ausdrücklich mit ein.

Insbesondere unsere Kommunen und die vielen Ehrenamtlichen vor Ort leisten bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen bereits einen großen Beitrag, der von unschätzbarem Wert ist und für den wir Respekt und Anerkennung zollen. Um die damit verbundenen finanziellen Belastungen der Kommunen weiter abzufedern,

wird das Land - wir haben das ja gestern besprochen - die jährlichen Kostenabgeltungen nach dem Aufnahmegesetz und den bereits hälftig mitfinanzierten Soforthilfebetrag des Bundes aus eigenen Mitteln in 2015 um weitere 40 Millionen Euro durch einen Nachtragshaushalt ergänzen und in den Folgejahren fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Neben diversen migrationspolitischen Maßnahmen - angefangen von der Flüchtlingssozialarbeit in der Fläche bis hin zu den landesweiten Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe - bietet das Land mit den Wegweiserkursen eine erste Orientierung in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen an und ermöglicht dadurch einen grundlegenden Einstieg in die Sprachförderung von Vertriebenen und Flüchtlingen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ferner stellen Maßnahmen wie die Vervierfachung der Sprachlernklassen über einen kurzen Zeitraum und auch die Schwerpunktsetzung der im Februar abgehaltenen Flüchtlingskonferenz hinsichtlich der sprachlichen Förderung bereits jetzt wichtige Schritte hin zu einer teilhabeorientierten Politik dar.

Die wichtigste und auch effektivste Maßnahme bestünde zweifelsohne in einer Öffnung der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angebotenen Integrationskurse, zu denen auch Sprachkurse für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete gehören. Allerdings müssen wir zur Kenntnis nehmen: Von Bundesseite aus haben Flüchtlinge und Geduldete im Gegensatz z. B. zu Vertriebenen derzeit keinen rechtlichen Anspruch auf Integrations- und Sprachkurse. Ohne die nötigen finanziellen Möglichkeiten sind sie allerdings mehr oder weniger von Teilhabe ausgeschlossen. Im Erwerbsleben beispielsweise spielen Integrationskurse eine zentrale Rolle. So stellt das B1Sprachniveau für eine betriebliche Ausbildung oder für Erwerbstätigkeit in der Regel eine zwingende Voraussetzung dar.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, weil ihnen der Zugang zu diesen Kursen vom Bundesinnenministerium trotz Bundesratsinitiative weiterhin verwehrt wird, fordern wir die Landesregierung in diesem hier vorliegenden Entschließungsantrag auf, im Sinne einer gesamtstaatlich-teilhabeorientierten Politik ihren Einsatz auf Bundesebene für eine Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende und Geduldete sowie für die Sicherstellung der

Kinderbetreuung während der Kursteilnahme und die Erstattung der Fahrkosten fortzusetzen

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und sich ferner auf Bundesebene für eine Aufstockung der finanziellen Mittel zur Durchführung der berufsbezogenen Deutschkurse einzusetzen.

(Filiz Polat [GRÜNE] - zur CDU und zur FDP -: Die Sie gekürzt haben!)

- Ja, genau!

Es ist schlichtweg ein Skandal, dass Migrantinnen und Migranten bestraft werden können, wenn sie an einem Integrationskurs nicht teilnehmen, während Asylsuchende und Geduldete ausgeschlossen bleiben. Es darf keine Willkommenskultur erster und zweiter Klasse geben! Es bleibt dabei: Alle müssen teilhaben können!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Filiz Polat [GRÜNE]: Von Anfang an!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in dem insgesamt zwölf Punkte umfassenden Forderungskatalog fordern wir, dass sich die Arbeitsagenturen auch der Flüchtlinge und Geduldeten annehmen sollen und in Bezug auf die Arbeitsmarktöffnung ab dem dritten Monat auch Sprachfördermaßnahmen in die Arbeitsmarktinstrumente für diesen Personenkreis integrieren.

Ferner soll im Rahmen der Bestandsaufnahme im Bereich der Erwachsenenbildung auch geprüft werden, ob Nachsteuerungsbedarf bei den Förderschwerpunkten besteht. Allen Flüchtlingen im Rahmen von Resettlement- und Ad-hoc-Aufnahmen wollen wir den vollen Zugang zu Integrationskursen und berufsbezogener Sprachförderung ermöglichen. Mit dieser Forderung ist es unser erklärter Wille, dem Beschluss der 9. Konferenz der für die Integration zuständigen Ministerinnen und Minister vom März 2014 Nachdruck zu verleihen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich denke, dass wir uns über das Ziel der sprachlichen Teilhabe in unserem Land sicherlich grundsätzlich einig sein sollten. Ich bitte Sie daher herzlich um Zustimmung zu unserem hier vorliegenden Antrag zur Öffnung von Sprachkur

sen für Flüchtlinge und Geduldete. Ich freue mich auf die Ausschussberatung.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Pantazis. - Das Wort hat jetzt Herr Kollege Jörg Hillmer, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Millionen Menschen sind in diesen Tagen von Verfolgung und Krieg bedroht. Hunderttausende Flüchtlinge haben Zuflucht in Deutschland gesucht, und wir gewähren diese Zuflucht gerne.