In der ersten Stufe der Datenerhebung, die am 1. Juli letzten Jahres begonnen hat und noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres läuft, werden die niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber gebeten, uns Daten zu Vergabeverfahren zu liefern. Das ist ein kluger Weg, der gut funktioniert. Ich bin mir sicher, dass das nicht zu viele Daten sind.
Wir haben eine große Herausforderung: Wir wollen nicht nur wissen, welches Entgelt für die Auftragsausführung gefordert wurde, sondern auch, ob die Vergaben mittelstandsfreundlich waren. Das ist doch unser gemeinsames Ansinnen: Erreichen wir damit Mittelstandsfreundlichkeit, ein großes Ziel des Gesetzes? Dazu gehört natürlich auch: Wurden Kontrollen durchgeführt und am Ende Verstöße sanktioniert?
Ich glaube nicht, dass diese Fragen - wie oft vermutet wird - eine stundenlange Befassung erfordern. Wer sich die Fragen ansieht, wird feststellen, dass die erforderliche Zeit in der Stufe 1 eher im einstelligen Minutenbereich liegt und nicht Stunden benötigt werden.
Die Konzeption und Programmierung der Stufe 2 ist im Wesentlichen abgeschlossen. Sie kann am 1. Juli 2015 beginnen. Da geht es vor allen Dingen um die Sicht der Auftraggeber und Auftragnehmer mit dem Ziel, zukünftig für eine anwenderfreundliche Ausgestaltung zu sorgen und Verbesserungsmöglichkeiten, wo es sie gibt, umzusetzen. Ich glaube, das ist ganz normal und sollte unser gemeinsames Ziel sein. Im Wesentlichen sollen sieben Fragen zum Vollzug des Gesetzes an Auftraggeber und Auftragnehmer gerichtet werden.
Wie in den Vorlauf zur Datenerhebung der Stufe 1 sind die Interessenverbände auch in den Vorlauf zur Stufe 2 frühzeitig eingebunden worden, um den Prozess der konzeptionellen Gestaltung entsprechend zu formulieren. Alle an der Vergabe
öffentlicher Aufträge beteiligten Akteure wurden gehört. Ihre Stellungnahmen wurden bei der Erstellung der Fragebögen einbezogen. Die Verbände haben die kurze und prägnante Ausgestaltung der Fragebögen begrüßt. Inhaltliche Änderungswünsche bestanden - bis auf Formulierungsanpassungen; die gehören, glaube ich, dazu - nicht.
Ich glaube, es ist klar: Eine Evaluation ohne Datenerhebung ist keine Evaluation. So ehrlich muss man sein. Die Datenerhebung führt - unabhängig davon, wie sie ausgestaltet ist - zu zeitlichen Belastungen für die Beteiligten. Aber genau die haben wir vorher im Konsens mit allen Beteiligten gering zu halten versucht. Ich glaube, die gute Beteiligung aller im Vorfeld an der Erstellung der Evaluationsfragebögen zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Unabhängig davon ist den weiteren Entwicklungen der Rechtsetzung und der Rechtsprechung Rechnung zu tragen. Selbstverständlich werden parallel zum Evaluationsverfahren Anpassungen an die Bundesmindestlohngesetzgebung, aber auch an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprüft, entsprechend eingebracht und umgesetzt.
Gestern hat das Kabinett die Aktenvorlage, die von Ihnen gefordert wurde, besprochen. Ich glaube, dass wir da auf einem gemeinsamen guten Weg sind.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, den guten Weg, auf dem wir angeblich gemeinsam sein sollen, kann ich nicht erkennen. Es ist in der Tat so: Was Sie am Anfang Ihrer Rede gesagt haben, was Frau Westphely hier gesagt hat und teilweise auch das, was der Kollege Schminke gesagt hat, nämlich dass wir fairen Wettbewerb wollen, dass wir gerade kleine und mittlere Unternehmen fördern und - „bevorzugen“ will ich jetzt nicht sagen, aber zumindest: - in eine gute Position beim Werben um öffentliche Aufträge bringen wollen, das würden wir alle gemeinsam sofort unterschreiben.
Das Problem an der Sache ist, dass Sie alle das hier sagen, aber im Gesetz exakt das Gegenteil beschlossen haben. Das ist das Problem. Da müssen wir handeln. Das müssen wir tatsächlich ändern, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ihre Aussage, dass Sie sich gerade um kleine und mittlere Unternehmen kümmern wollen, wird von diesen eher als Drohung empfunden und löst dort Angstzustände aus.
Sie haben durchaus die Gelegenheit gehabt, zu hören, was diejenigen zu dem Gesetz sagen, die Sie besonders in den Fokus nehmen, stützen und stärken wollen.
Der Verband der Familienunternehmer - kleine und mittlere Unternehmen, genau die Zielgruppe, die Sie eben erwähnt haben - sagt, Ihre Aussagen diesbezüglich hätten „nahezu humoristische Züge“. In der Stellungnahme, die die Betroffenen, die Sie gerade bevorzugen und fördern wollen, im Anhörungsverfahren abgegeben haben, heißt es weiter: Kleine und mittlere Unternehmen geraten durch hohe Zugangshürden ins Hintertreffen und werden sogar ausgeschlossen. - Ein Zitat aus dem Anhörungsverfahren. Und weiter: Das Vergaberecht schließt Unternehmen systematisch aus und ist wirtschaftsfeindlich.
Ein anderes Zitat: Der Schutz von kleinen und mittleren Unternehmen wird unter Rot-Grün zur Leerformel.
Ein weiteres Zitat aus dem Anhörungsverfahren: Der Gesetzentwurf benachteiligt kleine und mittlere Unternehmen insbesondere aus der Region.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen in den Vordergrund stellen, dass der Handwerker vor Ort einen Auftrag bekommt. Aber genau das Gegenteil haben Sie mit diesem Gesetz gemacht. Da müssen wir nicht weiter evaluieren.
Da müssen wir tatsächlich ändern, damit wieder Wettbewerb herrscht, damit die kleinen und mittleren Unternehmen vor Ort die Chance haben, Aufträge zu bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das vorherige Gesetz hatte das Ziel, öffentliche Vergaben fair zu gestalten.
Natürlich kann man in jedes Gesetz schreiben, dass wir eine Eine-Welt-Politik machen wollen, dass wir uns um die ganze Welt kümmern wollen.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Was ist denn daran falsch? - Weitere Zurufe von der SPD)
Weiter stelle ich einmal die Frage, warum dies gerade bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ins Gesetz aufgenommen wird, während es im Handeln des Wirtschaftsministers, wenn es um andere Dinge geht - wenn es um Kooperationen mit China und ähnliche Dinge geht -, null Einfluss auf das aktuelle Tagesgeschäft hat. Da ignorieren Sie Ihren eigenen Koalitionsvertrag. Aber wenn es gegen Handwerker vor Ort geht, dann hauen Sie mit der großen Keule zu. Das ist schlicht und ergreifend nicht richtig. Das wollen wir gemeinsam mit der CDU hier ändern.
Herr Kollege Schminke, wenn Sie eine Anhörung machen und solche Hinweise bekommen, dann sollten Sie wirklich ernsthaft darüber nachdenken. Es gibt durchaus Aussagen, die einem Sorgen machen müssen. In der Anhörung zu Ihrem von Ihnen selbst hochgelobten Gesetz wurde gesagt - Zitat -: Das Gesetz fördert durch die Komplexität der Vergaberegeln Korruption und Günstlingswirtschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will jetzt nicht die FIFA erwähnen. Aber dass Sie ein Gesetz machen, dass Korruption fördert, das sollte Ihnen doch wohl zu denken geben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Gesetz, das dem Schutz des Mittelstands dient und dafür sorgt, dass Menschen nach Tarif bezahlt werden, auch nur ansatzweise in einen solchen Zusammenhang zu bringen, finde ich unverantwortlich und unverschämt.
Herr Bode, ich habe Ihre Wortmeldung gesehen. Ich nehme sie auch gerne entgegen, ohne dass Sie sie schriftlich abgeben müssen. Aber Sie können erst nach Herrn Bley reden. Ich darf Ihnen schon einmal ankündigen, dass Sie dafür aufgrund der Redezeitregelung eine Minute haben werden.
Herr Kollege Bley hat noch einmal das Wort für eine Restredezeit. Angesichts des Überziehens durch die Landesregierung haben Sie, wie im Präsidium verabredet und sich aus der Geschäftsordnung ergebend, eine Gesamtredezeit von drei Minuten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Lies hat eben gesagt, das Landesvergabegesetz soll zur Stärkung des Mittelstandes und des Handwerks beitragen. Ich sage, eine Stärkung des Mittelstandes und des Handwerks sieht anders aus. Das geschieht nicht durch ein solches Gesetz.
Die hohe Bürokratiebelastung, die es schon gab und die nun noch ausgeweitet wurde, ist nicht von der Hand zu weisen. Der EuGH hat bestätigt, dass die Inländerdiskriminierung zulässig ist: Ein polnischer Unternehmer muss sich nicht daran halten, die niedersächsischen Unternehmer schon. - Aber wenn Sie so wollen, ist das eine Stärkung des Handwerks und Mittelstands.
Herr Lies, alle Blätter in dem Ordner betreffen das Landesvergabegesetz. Sie bzw. jemand in Ihrem Hause hat sich die Mühe gemacht, diese Auswertung durchzuführen. Es ist lobenswert, dass man sich damit ernsthaft beschäftigt hat.