Protokoll der Sitzung vom 04.06.2015

Herr Lies, alle Blätter in dem Ordner betreffen das Landesvergabegesetz. Sie bzw. jemand in Ihrem Hause hat sich die Mühe gemacht, diese Auswertung durchzuführen. Es ist lobenswert, dass man sich damit ernsthaft beschäftigt hat.

Sie haben gesagt, Sie sind der Meinung, der Brief sollte zur Klarstellung dienen. Ich bin der Meinung, Klarstellung ist etwas anderes. Zur Klarstellung gehört diese Tabelle.

(Der Redner zeigt eine Unterlage)

Sie haben am 17. Dezember die Landesvereinigung der Handwerkskammern angeschrieben. Das ist auch Ihr gutes Recht - im Dialog zu stehen. Die Landesvereinigung der Handwerkskammern hat am 12. Januar geantwortet. Darin heißt es u. a.:

„Herr Präsident Bley hat den Teil der Tariftreue im Gesetz bestätigt. Aber seine Kritik bezieht sich auf die mit dem Gesetzesvorhaben für kleine Unternehmen verbundene zusätzliche Bürokratie. Auch die von Ihnen beigefügte Auswertung zeigt, dass zwölf Formulare zumindest relevante Inhalte des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes enthalten. Darüber hinaus beziehen sich sechs weitere Formblätter teilweise auf das Gesetzeswerk. Insofern ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz die ohnehin schon erheblichen Bürokratielasten noch weiter erhöht hat.“

So viel zum Stichwort „Dialog“. Aber vielleicht sind Sie ja einsichtig und sagen, dass die Regierungsfraktionen bei dem nächsten Gesetz zumindest teilweise auf die Ziele und Wünsche der Wirtschaft eingehen werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Herr Kollege Bode, Sie haben jetzt noch einmal das Wort. Ihnen stehen zwei Minuten zur Verfügung. Bitte!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister Lies, was Sie hier gerade gesagt haben, zeigt noch einmal eindeutig, dass Sie keine Ahnung davon haben, was im Mittelstand, im Handwerk bei

der Vergabe von öffentlichen Aufträgen tatsächlich los ist.

(Widerspruch bei der SPD)

Das Vergabegesetz, das Sie hier mit Mehrheit beschlossen haben, führt dazu, dass der Handwerker vor Ort schlicht und ergreifend gar kein Interesse mehr daran hat, sich um öffentliche Aufträge zu bewerben.

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist das! Natürlich!)

Wenn niemand mehr kommt, dann hat man ja wohl die höchste Eingangshürde aufgebaut, die man überhaupt aufbauen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und wenn wir einmal nachfragen, Herr Minister Lies, ob sich die Landesregierung eigentlich an das eigene Gesetz hält - es geht um die Delegationsreise des Ministerpräsidenten -, dann sagen Sie uns ein halbes Jahr lang, dass Sie die Unterlagen nicht herausgeben. Was haben Sie eigentlich zu verbergen? - Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen verlangen Sie viel mehr bürokratische Unterlagen - von Handwerksbetrieben, die viel weniger Personal haben als Sie in Ihrem Ministerium.

(Christian Dürr [FDP]: Sie halten sich selbst nicht dran! Natürlich!)

Da ist doch irgendwas faul. Das stinkt doch zum Himmel, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der FDP)

Um es noch einmal zu sagen: Nicht ich habe behauptet, dass Ihr Gesetz Mittelstand ausschließt und ein Günstlings-Begünstigungsgesetz ist. Nein, das war der Mittelstand, das waren kleine Unternehmen, das waren Familienunternehmen. Die haben Angst vor Ihren Regelungen, weil diese sie im Mark treffen.

(Christian Dürr [FDP]: So ist das! Sehr richtig!)

Wir müssen eingreifen und das ändern. Der Mittelstand braucht dringend ein anderes Vergabegesetz, damit öffentliche Aufträge auch wieder vor Ort vergeben werden können und nicht Billigarbeitnehmer aus dem Ausland kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Auch die SPDFraktion möchte ihre Restredezeit und die Kompensation der Redezeitüberschreitung durch die Landesregierung in Anspruch nehmen. Das sind insgesamt drei Minuten. Herr Kollege Schminke hat das Wort. Bitte!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier muss einmal klargestellt werden, wie die Lage gewesen ist, bevor wir an die Regierung gekommen sind. Wir haben dann ein Landesvergabegesetz auf den Weg gebracht, welches den Namen verdient.

(Zuruf von Jörg Bode [FDP])

- Herr Bode, ich will Ihnen einmal sagen, was gewesen ist. Ich habe das in eigener Praxis erlebt.

(Jörg Bode [FDP]: Handwerker am Ort konnten damals Aufträge kriegen!)

Damals haben Bauunternehmer auf der Straße gestanden und protestiert. „Tatort Baustelle“ hieß das. Die sind auf die Straße gegangen, weil sie keine Aufträge bekamen und weil immer nur die Billigsten - das waren meist welche, die ihre Leute nicht korrekt bezahlt haben - die Aufträge bekommen haben.

(Jörg Bode [FDP]: Nein, niemals! Das stimmt nicht! Immer der Preiswertes- te!)

Das war die Realität.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Was soll der Quatsch, Herr Schminke? Ein solcher Quatsch!)

Deswegen haben wir Wert darauf gelegt, einen fairen Wettbewerb zu organisieren.

(Zuruf von der FDP: Keine Ahnung!)

Wir gehen sogar noch weiter, indem wir soziale Standards und Umweltstandards einbeziehen.

(Jörg Bode [FDP]: Sie vernichten in Deutschland Arbeitsplätze im Hand- werk!)

Diese Weiterentwicklung ist äußerst richtig. Sie wird von den Unternehmen auch begrüßt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Bode [FDP]: Welcher Handwerksbetrieb hat das Gesetz be- grüßt? - Zuruf von der FDP: Für Sie ist Wirtschaft doch nur die Großin- dustrie!)

Und noch etwas: Sie haben vorhin in Ihrer Rede ausgeführt, dass Sie einen ganzen Gesetzentwurf erarbeitet auf den Weg gebracht haben. Ich sage Ihnen: Wenn der Gesetz würde, dann wäre das ein noch größerer Rückschritt. Das wäre ein Rückschritt noch hinter das, was wir damals hatten. Aber genau das wollen wir nicht mehr. Das sorgt für Sodom und Gomorrha.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Bode [FDP]: Weil Ihnen das Handwerk egal ist! - Chris- tian Dürr [FDP]: Wie kann man so ge- gen den Mittelstand sein? Wie kann man einen solchen Hass auf den Mit- telstand haben?)

Solche Verhältnisse sind wir leid.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der FPD - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

In Richtung der Kollegen von der CDU möchte ich hier sagen: Es war ein Riesenfortschritt, dass die CDU den Mindestlohn nun auch anerkannt hat. An der Stelle gibt es ein Stück Gemeinsamkeit.

(Jörg Bode [FDP]: Im Baugewerbe gibt es doch schon ewig Mindestlohn!)

Mit der FDP hat man diese Gemeinsamkeit schon nicht mehr. Sie sind also völlig isoliert, Herr Bode und Herr Grascha. Deshalb sage ich Ihnen: Sie können tun, was Sie wollen. Bitte verkünden Sie lauthals das weiter, was Sie hier sprechen.

(Jörg Bode [FDP]: Ja, das machen wir sogar gerne!)

Dann rücken nämlich die Unternehmen von Ihnen ab. Dann wird auch der letzte noch von Ihnen abrücken.

(Christian Dürr [FDP]: Im Gegenteil!)

So etwas will keiner. Diese Zustände wollen wir nicht haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Großlobbyist ist der!)

Die direkte Diskussion zwischen Ihrer Fraktion, Herr Bode, und Herrn Schminke war nicht förderlich.