Wir glauben, dass es eine vernünftige und richtige Herangehensweise ist, zunächst einmal die verschiedenen Klassen von Antibiotika - wenn ich das als Laie so beschreiben darf - zu definieren, was im Moment nicht der Fall ist, mit dem Ergebnis, dass die Antibiotika sozusagen quer durch die beiden Disziplinen Veterinärmedizin und Humanmedizin eingesetzt werden. Wie der Kollege Janßen richtig und umfassend ausgeführt hat, halten wir es für richtig, hier zu den entsprechenden Klassifizierungen zu kommen.
Wir hoffen sehr, dass wir darüber gemeinsam im Fachausschuss eine Diskussion führen können. Ich glaube, auch die FDP-Fraktion hat noch Anträge zum Thema Antibiotika im Verfahren. Es sind vielleicht etwas andere Baustellen an dieser Stelle. Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man entweder zu Teilkomplexen oder zu der gesamten Problematik im Ausschuss eine Anhörung durchführen kann, um sachlich an dieses Problem heranzugehen. Ich will auf eines einfach hinweisen,
weil es hier nur um diesen Teilaspekt geht: Bei den 2 bis 3 %, die wir in der Landwirtschaft haben, gibt es durchaus - ich glaube, das darf man sagen - einen erkennbaren Zusammenhang: Je höher die Viehdichte ist, desto höher ist auch der Anteil der nutztierhaltungsassoziierten Keime. - Ich rede wieder nicht über die anderen Geschichten. - Jedenfalls kann man erkennbar eine Spitze im Postleitzahlenbereich 49 sehen.
Das möchte ich erst einmal als Hinweis geben. Alles Weitere würde ich gerne mit Ihnen gemeinsam im Fachausschuss diskutieren, damit wir hier vielleicht zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Die Zeit drängt jedenfalls. Das ist insgesamt ein großes Problem. Das ist auch parteiübergreifend so zu behandeln.
Vielen Dank, Herr Kollege Siebels. - Für die Fraktion der CDU Herr Kollege Helmut DammannTamke, bitte! - Mit fast so viel Redezeit, wie sie Herr Siebels gehabt hätte.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Siebels, vielen Dank für Ihren in der Tat sachlichen und ausgewogenen Redebeitrag. Ich habe den Eindruck, dieser Antrag entstammt nicht der Feder der SPD-Fraktion. Deshalb muss ich leider diese sachliche Ebene jetzt ein wenig verlassen.
Fragen wir uns einmal: Ist dieser Antrag wirklich nötig, den Einsatz von Reserveantibiotika einzuschränken? - Dazu sage ich Ihnen ausdrücklich: Dieser Antrag ist so überflüssig wie ein Kropf.
Als Kronzeugen möchte ich hier den niedersächsischen Landwirtschaftsminister, den von uns allseits geschätzten Christian Meyer, anführen.
Denn Christian Meyer hat in seiner Pressemitteilung vom 20. März 2015 nach der Agrarministerkonferenz verkündet - Herr Präsident, ich zitiere -:
Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer ist hoch erfreut über den heute (Freitag) getroffenen einstimmigen Beschluss der Agrarministerkonferenz … in Bad Homburg zum Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung. ‚Jetzt ist klar: Bestimmte Stoffgruppen sollten der Humanmedizin vorbehalten bleiben. Es darf nicht sein, dass hochgefährliche resistente Keime im Tierstall entstehen und deshalb Menschen gesundheitlich gefährdet werden‘, sagte Meyer. ‚Diese Entscheidung bedeutet auch Rückhalt und Rückenwind für die von Niedersachsen auf den Weg gebrachte Antibiotika-Minimierungsstrategie, binnen fünf Jahren den Einsatz von Antibiotika in Tierställen um die Hälfte zu reduzieren.‘“
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von der SPD, haben Sie kein Vertrauen mehr in Ihren Landwirtschaftsminister? Haben Sie kein Vertrauen in einstimmige Beschlüsse der Agrarministerkonferenz? Woher dieses Misstrauen? Oder ist es etwa Ihr Zweifel am mangelnden Wahrheitsgehalt solcher Pressemitteilungen aus dem Landwirtschaftsministerium?
Gestern noch hat uns der Landwirtschaftsminister im Rahmen der Behandlung der Dringlichen Anfrage erklärt, dass es keine Initiative Niedersachsens gebe, die zu Gebühren bei den Landwirten geführt habe.
Also, was denn nun? - Hat Niedersachsen die Antibiotika-Minimierungsstrategie angeschoben, ja oder nein? - Wenn er sagt, Niedersachsen hat sie angeschoben, dann soll er sich bitte auch zu den Gebühren, die das LAVES für die Kontrollen erhebt, bekennen und uns hier nicht - siehe gestern - im Rahmen der Dringlichen Anfrage Halbwahrheiten erzählen.
Aber ich komme zu dem eigentlichen Thema zurück, nämlich zu dem Thema Reserveantibiotiaka. Ihr Kollege aus Schleswig-Holstein hat genau zu derselben Agrarministerkonferenz, zu genau demselben Beschluss folgende Pressemitteilung von sich gegeben. Ich zitiere:
„Die Agrarminister forderten den Bund auf, in einem Jahr eine differenzierte Liste mit jenen Stoffen vorzulegen, die in der Veterinärmedizin nur eingeschränkt angewendet werden sollten. Diese Liste kann Grundlage werden,“
Das klingt offensichtlich ganz anders. Deshalb ist Ihr Misstrauen, weshalb Sie jetzt doch diesen Antrag stellen müssen, in der Hinsicht vielleicht doch begründet. Aber ich nenne es einmal, um hier diplomatisch-parlamentarisch korrekt zu bleiben: Dieser Minister arbeitet mit einem Mangel an Präzision in seinen öffentlichen Äußerungen. Deshalb darf er sich auch nicht wundern, wenn heute Tausende von Landwirten auf die Straße gehen.
Noch ein Punkt, an dem ich Ihren Minister und seine Glaubwürdigkeit ein wenig in ein anderes Licht rücken möchte: Gestern lasen wir in der HAZ im Rahmen eines Interviews - das eher ein Streitgespräch zwischen zwei Landwirten und dem Minister war -, dass der Minister erklärt hat, dass die One-Health-Strategie so, wie sie die Bundesregierung vorgebracht habe, wie sie in den Niederlanden sehr erfolgreich umgesetzt worden sei, der richtige Weg sei, um sich dem Thema Antibiotikaresistenzen zu nähern.
Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD - wohlgemerkt, ich glaube, er kommt mehr aus der Feder der Kollegen -, greift nichts, aber auch gar nichts in Form einer One-Health-Strategie auf.
Wir haben seitens unserer Fraktion im Juli eine umfassende Anhörung durchgeführt. Diese Anhörung hat eindeutig ergeben, dass, wer auch immer Erfolge beim Thema Antibiotikaresistenzen erzielen möchte, sich in einer ganzheitlichen Strategie, im Rahmen einer One-Health-Strategie, diesem Thema annähern muss. Diese One-Health-Stra
tegie heißt: Wir müssen die Humanmedizin betrachten, wir müssen die Veterinärmedizin betrachten, wir müssen Forschung und Lehre betrachten, wir müssen Hygiene-Managementpläne aufstellen - allen voran in unseren Kliniken -, wir müssen einen Lehrstuhl nach Niedersachsen zurückbekommen, der das Fach Hygiene lehrt, und wir müssen natürlich auch den Bereich der Nutztierhaltung angehen.
Apropos der Bereich Nutztierhaltung: Jetzt wird es ja richtig spaßig. Kommen wir nämlich zu Ihrem letzten Spiegelstrich. Dort fordern Sie doch tatsächlich ein, dass hier Managementpläne im Rahmen einer Sanierungsstrategie aufgestellt werden müssen. - Eine gute Forderung! Das kann ich unterschreiben.
Nur, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der SPD - ich appelliere hier vor allen Dingen an die SPD -: Wie wollen wir das denn in der Fläche des Landes Niedersachsen gewährleisten, wenn Sie gleichzeitig der Institution, die in der Lage ist, eine unabhängige Beratung sicherzustellen, nämlich der Kammer, die solide finanzielle Grundlage entziehen wollen? - Da sind Sie absolut unglaubwürdig.
Ich kann Ihnen versichern: Wir sind bereit, uns dem Thema Antibiotika-Minimierungsstrategie und nachhaltige Sicherheit im Zusammenhang mit Gesundheitsprävention für Mensch und Tier zu nähern. Wir werden dies allerdings in Form einer One-Health-Strategie tun. Deshalb werden wir einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen. Ich habe aus den Worten des verehrten, geschätzten Kollegen Siebels entnommen, wie er sich hier eingelassen hat, dass zumindest die SPD-Fraktion dem sehr aufgeschlossen gegenüber ist. Ich würde mich freuen, wenn wir hier zusammenkämen.
Fakt ist: Ein einseitiges Bauer-Bashing, wie es hier mit diesem Antrag vorgenommen wird, wird dazu führen, dass die Herrschaften, die da draußen demonstriert haben, wiederkommen werden.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt hat für die Landesregierung Herr Landwirtschaftsminister Meyer das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dammann-Tamke, Sie haben ja richtig zitiert, dass wir auf der Agrarministerkonferenz eine sehr sachliche Debatte hatten und einen einstimmigen Beschluss über alle Parteigrenzen hinweg gefasst haben, dass wir die Bundesregierung aufgefordert haben, genau das zu tun, was in dem Antrag steht, nämlich nach diesen drei Kriterien einen ganzheitlichen Ansatz vorzusehen. Aber wir haben eben vom Bund noch keine Liste, welche Antibiotika der Humanmedizin vorzubehalten sind, welche nur unter hohen Auflagen vorzusehen sind und welche weiterhin in der Tierhaltung nach medizinischer Indikation uneingeschränkt verwendet werden können.
Von daher ist der Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen sehr zu begrüßen, dass wir uns in Niedersachsen mit diesem sehr wichtigen Thema auseinandersetzen.
Ich meine, wenn man sich allein die Überschrift des Antrags anschaut, dann sieht man, dass wir natürlich den One-Health-Ansatz verfolgen, dass wir nämlich Humanmedizin und Tiermedizin zusammen denken. Da braucht man nur zu zitieren: „Zum Gesundheitsschutz der Menschen - Reserveantibiotika bleiben der Humanmedizin vorbehalten“. Es geht nämlich genau darum, die Zusammenhänge, die wir haben, ganzheitlich zu betrachten. Deswegen ist auch diese Unterscheidung, die Sie immer wieder anführen - landwirtschaftliche Keime und Humankeime -, nicht mehr zutreffend und nicht mehr sachgemäß. Vielmehr ist es so, dass diese Resistenzen wandern, dass es in diesen Bereichen Wechselwirkungen gibt. Deshalb haben wir einen großen gesellschaftlichen Konsens - so wie auch in den Niederlanden und in der Bundesrepublik -, dass wir gemeinsam Anstrengungen unternehmen müssen, dass sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin der Verbrauch von Antibiotika zu reduzieren ist - zielgerichtet, vernünftig und auf das notwendige Maß.
Wir können dabei sehen, dass die niedersächsische Antibiotikastrategie schon sehr wirkt - übrigens auch die Beratung, die wir gemacht haben. Die Förderung der Beratung aus Landesmitteln ist, wie Sie wissen, an den Landkreis Cloppenburg gegangen, der zusammen mit dem Agrar- und Ernährungsforum eine bundesweit einmalige Datenbank macht, sodass unsere Landwirte zusätz
Wir haben in den Jahren 2011 bis 2014 einen Rückgang von 1 706 t auf jetzt noch 1 238 t Antibiotika in Tierarztpraxen, also 27 % weniger. Das ist sehr erfreulich und zeigt auch das Bewusstsein unserer Landwirte.
Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass der Einsatz bestimmter Antibiotika - sogenannter Reserveantibiotika - in dem gleichen Zeitraum um 50 % gestiegen ist. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns im Ausschuss damit sachlich auseinandersetzen. Denn es geht um die Gesundheit von Mensch und Tier, um den Schutz der Umwelt. Deshalb freue ich mich, dass zumindest drei Beiträge der Fraktionen sehr sachlich waren. Ich hoffe, dass wir da zu einem ähnlichen Konsens kommen, wie ich ihn im Kreise der Agrarministerkollegen auf Bundesebene bzw. mit den anderen Bundesländern habe.