Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Jetzt stellen wir fest, dass diese Intention einerseits durch Untertauchen unterlaufen wird. Und wir stellen fest, dass die Zahl derer, die kurz hier sind, im Verhältnis zu denen zunimmt, die lange hier sind. Also sagen wir: Wer kurz hier ist, kann erstens nur wenig Integrationsleistung erbracht haben. Zweitens hat er weniger Angelegenheiten zu regeln. Also ist es zumutbar - gerade bei Alleinreisenden, die also keine Kinder in der Schule haben oder sonst etwas -, auf eine Ankündigung zu verzichten. Das ist die Überlegung.

Wir werden jetzt mit den Spitzenverbänden reden. Ich glaube nicht, dass das am Ende die Kernfrage sein wird, weil es am Ende darum geht, dass wir eine klare Konstruktion auf die Reihe bekommen. Da bin ich relativ zuversichtlich.

Herr Minister, Sie müssen noch eine Entscheidung treffen: Lassen Sie auch noch eine Zwischenfrage von Herrn Angermann zu?

Aber sehr gerne!

Bitte, Herr Angermann!

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie auch meine Frage noch beantworten wollen.

In den Diskussionen im Land wird u. a. auch die Befürchtung geäußert, dass angesichts des drohenden Winters möglicherweise ein Abschiebestopp erfolgen könnte. Gibt es in Ihrem Hause dahin gehend Überlegungen?

Nein.

Noch irgendwelche Nachfragen?

Nein, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu Nachfragen vor. Vielen Dank für Ihren Beitrag und die Beantwortung der Fragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Kollege Nacke hat nach dem Beitrag der Landesregierung um zusätzliche Redezeit gebeten. Aufgrund Ihrer Restredezeit und des geringen Überziehens der Redezeit der Landesregierung erteile ich Ihnen insgesamt drei Minuten, Herr Kollege Nacke.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gerne noch auf einige Punkte eingehen, die in der Aussprache gesagt worden sind.

Zum einen, Herr Lynack, glaube ich, dass Sie sich keinen Gefallen tun, wenn Sie die Situation falsch darstellen. Sie haben gerade dargestellt, dass es Gründe gebe, warum eine Abschiebung nicht funktionieren kann. Sie haben aber einfach weggelassen, dass über 500 Personen untergetaucht sind, nachdem die Abschiebung angekündigt wurde.

Dann unterstellen Sie, dass das Schreiben der kommunalen Spitzenverbände, in dem auf diese Situation hingewiesen wird, nur von den Präsidien verfasst worden ist. Das ist nicht in Ordnung! Wenn einem eine Botschaft nicht gefällt, kann man sich doch nicht damit retten, dass man den Boten diskreditiert. Ich lese Ihnen einmal aus dem Schreiben vor. Dort heißt es - gerichtet an den Innenminister -:

„Sie haben im Rahmen des letzten Spitzengesprächs am 24.07.2015 Gesprächsbereitschaft hinsichtlich einer Veränderung der Erlasslage des Landes signalisiert.“

Das ist wahrscheinlich mit den Präsidien geführt worden. - Weiter heißt es:

„Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Mitglieder gebeten, unter Berücksichtigung zwischenzeitlich gesammelter Erfahrungen mit dem sogenannten Rückführungserlass und zur Belehrungspflicht der Härtefallkommission Stellung zu nehmen.“

Sie unterstellen den Kommunen, dass dieser Satz gelogen ist, dass er nicht die Wahrheit ist. Darüber sollten Sie auf jeden Fall noch einmal nachdenken.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dann hat Herr Onay davon gesprochen - das ist immer wieder dieselbe Leier -, dass man keine Nacht-und-Nebel-Aktion will. Natürlich, die will niemand.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ach?)

Aber wenn die Flüge nur ab Nordrhein-Westfalen oder Hessen und nicht ab Hannover gehen und man deshalb so früh losfahren muss, um diese Flüge zu erreichen, dann ist das doch ein Problem, dass Sie an dieser Stelle lösen müssen. Das muss der Innenminister lösen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Dann haben Sie gesagt, die Ankündigung der Abschiebung ist ein Riesenbruch. Herr Pistorius, ich will auf das eingehen, was Sie gerade gesagt haben. Sie knüpfen doch an den falschen Zeitpunkt an, Herr Minister. Sie sagen, wenn die nur 18 Monate hier gewesen sind, können sie sich noch nicht richtig integriert haben. Aber Sie müssen doch an den Zeitpunkt der Entscheidung über das Asylverfahren anknüpfen.

Denn wenn ein Asylverfahren durchgeführt und zu einem Abschluss gebracht wird und die Botschaft dann lautet: „Du kannst in Deutschland kein Asyl bekommen“, dann ist das doch gleichzeitig die Ankündigung: Du kann nicht hier bleiben.

Wenn man dann einen Zeitraum bis zu einer freiwilligen Ausreise festlegt, ist doch genug Zeit gegeben, um die Angelegenheiten zu klären. Und wenn man danach zurückgeführt wird, ist es doch nicht notwendig, das noch einmal gesondert anzukündigen. Das ist nur notwendig - und auf die Fälle können wir uns gerne einigen -, wenn zwischen der Entscheidung über das Asylverfahren und der tatsächlichen Vornahme einer Rückführung ein großer Zeitraum liegt - von mir aus die 18 Monate ab Entscheidung über das Asylverfahren. Ansonsten machen Sie sich vom BAMF abhängig.

Sagen Sie doch bitte einmal etwas zu BadenWürttemberg! Ich habe Ihnen deutlich gesagt: Lassen Sie uns das als Grundlage nehmen, was in Baden-Württemberg möglich ist, was der grüne Ministerpräsident Kretschmann möglich macht!

(Zustimmung bei der CDU)

Aber dazu sagen Sie von den Grünen und auch Sie von der SPD nichts, weil Sie wissen, dass Sie darauf keine vernünftige Antwort geben können.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich will noch eine letzte Bemerkung machen und ein Zitat bringen, weil es dabei um die Familien geht.

Die kommunalen Spitzenverbände schreiben auf Seite 5 zu den Familien:

„Als problematisch erweisen sich die Ausführungen des Erlasses für den Fall, dass nicht alle Mitglieder einer Familie angetroffen werden. Generell sollten volljährige Kinder als Einzelfall betrachtet werden. Ferner erscheint es überprüfungsbedürftig, ob bei minderjährigen Kindern jede eingeleitete Maßnahme grundsätzlich abzubrechen ist, auch wenn sie nur von einem Elternteil getrennt werden. Aus der Praxis wird berichtet, dass oftmals ein untergetauchter Elternteil die Rückführung des gesamten Familienverbandes verhindert.“

Wissen Sie, was das bedeutet, Herr Onay? - Die können zwar alleine hierherkommen, aber wenn einer weg ist, dürfen sie mit der Familie nicht zurückfahren. Das ist doch nicht in Ordnung! Kein Kind soll von seinen Eltern getrennt werden. Aber

wenn ein Elternteil mitfährt, ist das für minderjährige Kinder ausreichend. Das sagen die Kommunen, und das muss doch wohl auch richtig sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir schließen damit die erste Beratung zu diesem Antrag ab und kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Ausschuss für Inneres und Sport mit diesem Antrag zu befassen. Wer so entscheiden will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist nach der Geschäftsordnung mit ausreichend Stimmen beschlossen.

Ich rufe dann auf den

Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in Niedersachsen! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4366

Wir kommen zur Einbringung. Als Erster hat für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Marco Brunotte das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist die Wohnungsmarktpolitik in Niedersachsen sowohl für die jeweilige Landesregierung als auch für das Parlament eine einfache Angelegenheit. Man schaut sich im jährlichen Bericht der NBank die Expertise für das gesamte Land an und trifft sich mit der Konzertierten Aktion für Bauen und Wohnen. Man hat eigentlich die gesamte Handlungsanleitung vorliegen, man hat eine Entscheidungsbasis, und man hat eine Perspektive, die in der aktuell vorgelegten Wohnungsmarktbeobachtung für Niedersachsen bis ins Jahr 2035 geht. Das sind eigentlich optimale Voraussetzungen - egal, wer regiert -; denn man müsste meinen, dass Politik, wenn sie denn nicht beratungsresistent ist, immer in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Wenn man sich die Situation in Niedersachsen ansieht - vor ein paar Wochen wurde uns die aktuelle Wohnungsmarktbeobachtung der NBank vor

gelegt: „Generationengerechtes Wohnen in Niedersachsen - Perspektive 2035“ -, dann lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren, von 2003 bis 2013, wahrscheinlich etwas mehr hätte passieren müssen.

Aktuell hat Niedersachsen 93 400 Wohnungen in Belegrechten, davon allein ein Viertel in Hannover. Wir müssen feststellen: Seit dem Jahr 2010 haben wir 5 000 Wohnungen aus der Bindung verloren. Seit Ende der 1990er-Jahre sind mehr als 30 000 Wohnungen aus der Bindung verloren gegangen. Gleichzeitig gibt es bei aktuell 3,8 Millionen Haushalten in Niedersachsen bis zum Jahr 2022 eine prognostizierte Erhöhung dieser Zahl um 100 000. Dabei ist das Thema, das den Vormittag hier im Parlament bestimmt hat, noch gar nicht berücksichtigt. Wie sich die Flüchtlingszahlen und die zunehmende Integration darstellen werden, ist in weiten Teilen noch unbekannt. Die NBank konstatiert aber einen Neubaubedarf von knapp 282 000 Wohnungen für Niedersachsen bis 2035.

Das alleine macht mehr als deutlich: Wir haben es mit einer zunehmend angespannten Wohnungsmarktsituation in diesem Land zu tun.

Was hat die Landesregierung seit 2013 gemacht?

(Jens Nacke [CDU]: Das wissen wir auch nicht!)

- Ich kann mir vorstellen, Herr Nacke, dass Sie das nicht wissen. Wer zehn Jahre lang Wohnungsmarktpolitik nicht verstanden hat, der versteht auch als Opposition nicht, was die Landesregierung macht.