Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

- Davon rede ich doch gar nicht.

(Editha Lorberg [CDU]: Sie reden sich heraus! - Weitere Zurufe von der CDU)

Es geht um die Frage des Umgangs mit getroffenen Verabredungen.

Lassen Sie mich noch etwas sagen, da Sie die Erstaufnahmeeinrichtungen ansprechen. Herr Thümler hat es gesagt: Flüchtlinge bis zu sechs Monate in den Einrichtungen zu belassen - das steht im Gesetz; aber Sie sollten die Begründung lesen. In der Begründung heißt es - weil der Bund gegenüber der überzeugenden Argumente der Landesinnenminister aller Couleur ein Einsehen hatte - ausdrücklich, dass sich daraus keine Verpflichtung für die Länder ableitet, sie so lange darin zu lassen, solange die Kapazitäten so sind, wie sie sind. Man musste dem Bund aber erst erklären, dass unsere Kapazitäten so ausgereizt sind, dass wir überhaupt keine Chance haben, die Menschen darin zu lassen, zumal der Bund dann auch noch gesagt hat: Das gilt nicht nur für die aus den sicheren Herkunftsstaaten, sondern auch für die Asylfolgeantragsteller. - Das war auch nicht Gegenstand des Gipfels.

(Christian Dürr [FDP]: Das haben Sie doch am 24. September vereinbart!)

- Nein, das war nicht Gegenstand des Gipfels. Sie sollten die Vereinbarung lesen.

(Christian Dürr [FDP]: Die Frage, dass Sie keine Kapazitäten haben? Natür- lich! Das ist doch lächerlich! - Gegen- rufe von der SPD)

Wenn ich Ihnen sage, dass die Erstaufnahmeeinrichtungen heute schon überlastet sind, dann wäre es doch töricht, Menschen darin zu lassen und den Druck auf die Kommunen weiter zu erhöhen, weil die anderen dann schneller heraus müssen. Das alles ist Praxis, meine Damen und Herren. Da hatte der Bund ein Einsehen, Sie offenbar nicht.

(Christian Dürr [FDP]: Da gibt es doch gar keinen Unterschied! Das ist doch lächerlich, was Sie sagen!)

Lassen Sie uns die Beratungen des Bundestagsinnenausschusses heute Nachmittag abwar

ten. Ich bin sicher, dass es einen guten Kompromiss geben wird, und ich bin zuversichtlich, dass es im Bundesrat eine breite Mehrheit in dieser Frage geben wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Kollege Nacke zur Geschäftsordnung gemeldet. Herr Kollege Nacke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Björn Thümler, hat vorhin in seinem Redebeitrag gesagt, dass wir heute sofort abstimmen wollen, und Herr Kollege Dürr hat noch einmal erläutert, dass alles andere ja gar keinen Sinn ergibt und dass, wenn der Bundesrat am Freitag seine Entscheidung trifft, diese dann in die Ausschüsse verwiesen wird.

Herr Kollege Watermann hat indes dagegengehalten und gesagt, dass derzeit noch nicht klar sei, worüber es genau abzustimmen gelte, und dass es seiner Fraktion deswegen nicht möglich sei, über diesen Antrag jetzt sofort abzustimmen.

Darauf will ich sehr gerne eingehen, Herr Kollege Watermann. Deswegen beantrage ich namens der CDU-Fraktion, die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt heute nicht durchzuführen, sondern morgen im Anschluss an die auf der Tagesordnung stehenden Punkte über diesen Antrag abzustimmen. Denn dann dürfte feststehen - ich kann mir nicht vorstellen, dass die Landesregierung es auch morgen Nachmittag noch nicht weiß -, was diese Landesregierung einen Tag später zu tun gedenkt.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Herr Tonne spricht auch zur Geschäftsordnung.

(Christian Dürr [FDP]: Was spricht dagegen? - Ulf Thiele [CDU]: Wenn Sie jetzt formal argumentieren, ma- chen Sie sich lächerlich!)

Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es macht keinen Sinn, die Abstimmung zu verschieben, da wir auch morgen Mittag nach wie vor Verhandlungen haben werden. Der Bundesrat entscheidet am Freitag. Sie sollten eigentlich auch noch wissen, bis wann die entscheidenden Verhandlungen laufen, bis wir bei einem Ergebnis sind, das auch tragfähig ist. Deswegen brauchen wir die Abstimmung nicht zu verschieben.

Zu der Frage ob es sinnvoll oder unsinnig ist, einen Tagesordnungspunkt im November zu behandeln: Wir haben den Antrag nicht gestellt. Das ist Ihr Entschließungsantrag.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Peinlich!)

Herr Dürr zur Geschäftsordnung und dann Herr Thümler auch noch einmal zur Geschäftsordnung. - Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Tonne, um es ganz deutlich zu sagen: Das war mindestens neben der Sache.

Erstens. Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages wird beschließen, und danach ist die Sache sehr klar, weil danach das Plenum des Deutschen Bundestages beschließt. Natürlich wird es am Donnerstagabend Gespräche in Berlin geben, und zwar über die Frage, welche grünen Landesregierungen bereit sind. Aber genau das wollen wir doch heute hier diskutieren. Genau darum geht es doch. Genau das ist der Punkt. Wenn der Deutsche Bundestag über dieses Gesetzespaket entschieden hat, ist klar, was auf dem Tisch liegt. Nichts anderes ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

Zweitens will ich noch einmal ganz deutlich sagen, was wir in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben: Die Menschen in Deutschland haben in den letzten Wochen und Monaten geliefert, mit einer fantastischen Willkommenskultur. Es ist jetzt an der Politik, zu liefern, und diese Entscheidung können wir sehr wohl morgen treffen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Thümler, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tonne, das ist Flucht aus der Verantwortung, nichts anderes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sage Ihnen auch, warum das Flucht vor der Verantwortung ist. - Ganz einfach: Es ist in der Gesprächsrunde mit der Kanzlerin und auch in anderen Gesprächsrunden, die danach stattgefunden haben, vereinbart worden, dass Bundesrat und Bundestag eine gemeinsam abgestimmte Position einnehmen. Das heißt, dass der Innenausschuss des Bundestags, der gerade jetzt tagt, eine abschließende Endberatung über diesen Antrag, der morgen im Bundestag zur Verabschiedung steht, durchführen wird - abgesprochen in den Koalitionsfraktionen, zwischen CDU/CSU und SPD.

Der Bundesrat seinerseits hat zugesagt, dass er die Bundestagsdrucksache, die auch in dem Antrag genannt ist, als seine Vorlage nehmen wird und über den gleichen Text eine Abstimmung herbeiführen wird, sodass alle Verhandlungen, die bis heute nicht abschließend geführt worden sind, morgen, nach der Entscheidung, keine Rolle mehr spielen, weil der Bundesrat eben zugesagt hat, die Bundestagsdrucksache zu unterstützen.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Das macht auch Sinn, damit die Verfassungsorgane Bundestag und Bundesrat eine einheitliche Beschlussfassung herbeiführen. Der Bundesrat kann nichts anderes beschließen als das, was der Bundestag als Gesetz verabschiedet hat, meine Damen und Herren. Das ist in diesem Land Verfassungsrealität. Und dementsprechend müssen Sie sich Ihrer Verantwortung stellen - wenn nicht heute, dann morgen. Die Chance geben wir Ihnen. Aber ziehen Sie sich nicht aus dieser Verantwortung! Die Menschen in Niedersachsen haben ein Anrecht darauf zu wissen, was Sie wollen, meine Damen und Herren. Stehen Sie zu der Verantwortung! Das ist Ihre Pflicht.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Grant Hendrik Tonne [SPD])

Meine Damen und Herren, ebenfalls zur Geschäftsordnung hat Kollege Limburg das Wort. Bitte schön!

(Reinhold Hilbers [CDU]: Die sind in Wahrheit nicht handlungsfähig! Das ist die Ursache!)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vorwurf, Rot-Grün in Niedersachsen stehle sich aus irgendeiner Verantwortung, wird auch durch vielmaliges Wiederholen nicht wahr. Der Herr Innenminister und auch die Kollegin Polat und der Kollege Watermann haben die zahlreichen Maßnahmen, die Rot-Grün gerade im Bereich der Flüchtlingspolitik seit der Regierungsübernahme 2013 auf den Weg gebracht haben, dargestellt. Ihr Vorwurf der Verantwortungslosigkeit geht völlig ins Leere, Herr Kollege Thümler.

Aber richtig ist etwas anderes: Richtig ist - auch das hat der Innenminister dargestellt -, dass sich die Union, und zwar überwiegend im Bund, aber teilweise auch in den Ländern, aus der Verantwortung stiehlt. Es war der CDU-Bundesinnenminister, der offenkundig diesen Beschluss des Gipfels missbraucht hat, um irgendwelche Gesetzesverschärfungen, die vermutlich schon monatelang in der Schublade lagen, endlich herauszuholen, um endlich sozusagen einen ganzen Katalog weit über das hinaus, was besprochen wurde, vorzulegen. Das führt dazu,

(Christian Grascha [FDP]: Sie verren- nen sich in Verschwörungstheorien!)

dass wir die vertrackte Situation haben, vor der wir jetzt stehen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU)

Zum Zweiten will die Union hier im Landtag mit Unterstützung der FDP allen Ernstes zu einem Zeitpunkt, zu dem noch Gespräche laufen - morgen werden die Abstimmungen im Bundestag laufen -, zu dem auch noch nicht entschieden ist, ob es z. B. noch eine Anrufung des Vermittlungsausschusses etc. geben muss,

(Christian Grascha [FDP]: Deswegen können wir doch morgen Mittag dar- über abstimmen!)

einen Blankoscheck ausstellen, weil Sie sagen, das, was unser Bundesinnenminister macht, das ist so gut, egal, was am Ende drin steht: Wir stim

men zu. - Das ist keine verantwortungsbewusste Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt die Reden gehört.

Wir kommen damit zur ersten Abstimmung.

Nach § 80 unserer Geschäftsordnung lasse ich über den Antrag von Herrn Nacke abstimmen, bei dem es um die Vertagung dieses Tagesordnungspunktes auf morgen geht. Wer diesem Antrag des Kollegen Nacke zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen.