Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

Sie haben in der ersten Beratung deutlich gemacht und das eben auch unterstrichen, Rot-Grün will die Gleichmacherei beim Fleisch beenden, Sie wollen analog zum Eierbereich jetzt auch für den Fleischbereich eine Kennzeichnung einführen. Und das wird gestützt durch eine Studie der Europäischen Kommission, die Sie erwähnt haben.

Ich will der Vollständigkeit halber sagen, dass danach 90 % der Verbraucher Interesse an einer Herkunftskennzeichnung für Fleisch haben, das als Zutat verwendet wird. Eine wesentlich wichtigere Rolle, meine Damen und Herren, bei der Kaufentscheidung spielt laut dieser Studie jedoch der Preis. Schon bei Preisaufschlägen von weniger als 10 % sinkt demnach die Zahlungsbereitschaft für Qualität - jetzt hören Sie gut zu! - um 60 bis 80 %.

Insgesamt zeigt sich jedoch, dass bei vielen Verbrauchern nach dem Preis sowohl die Produkt- und Prozessqualität als auch der tatsächliche Herkunftsort eine Rolle für die Kaufentscheidung spielen. Denn das wollen die Verbraucher wissen: Woher kommt mein Produkt? Ist es lückenlos nachweisbar?

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele And- retta übernimmt den Vorsitz)

In Ihrem Entschließungsantrag findet sich davon nach meiner Auffassung wenig wieder. Herr Oesterhelweg hat das ja angesprochen. Sie bleiben unkonkret. Sie wollen die Ziffernkennzeichnung 1 : 1 vom Ei auf das Fleisch übertragen. „0“ ist Bio und damit strahlend weiß und gut. Der Rest mit „1“ gleich Weideauslauf und „2“ gleich 30 % mehr Platz ist dann die abgestufte Grauzone, und „3“ ist konventionell und tiefschwarz.

„Das sind unsere Vorschläge“, hat Herr Minister Meyer in der ersten Debatte gesagt. Weiter hat er gesagt:

„Aber eine Größenangabe ist richtig. … Ich finde, dass es auch eine wichtige Information ist, ob es sich um einen bäuerlichen Kleinbetrieb handelt, ob das Ei aus einem fahrbaren Hühnermobil oder aus einem festen Stall kommt. Das sollte man draufschreiben.“

Ja, warum tun Sie es dann nicht? Warum schlagen Sie das nicht vor? Warum verweigern Sie die Kennzeichnung zur Herkunft der Produkte?

Ich nenne hier noch einmal den Vorschlag 5xD beim Schweinefleisch: geboren in Deutschland, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet in Deutschland. - Das sind die Kriterien, die der Verbraucher wissen will.

Sowohl beim Thema Bestandsgröße als auch bei der Herkunftsfrage weichen Sie der Frage der Kennzeichnung aus. Sie setzen sich hier dem Verdacht aus, lediglich diskriminieren zu wollen, Herr Strümpel. Ich finde, Transparenz gilt für alle.

Meine Damen und Herren, das Bioei aus dem Betrieb mit fünf Einheiten à 3 000 Hühnern entspricht weniger der Verbraucherforderung nach nachhaltiger Erzeugung als das konventionelle Ei aus dem Hühnermobil.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Nicht nur die Stallgröße, auch die Herkunft ist für den Verbraucher äußerst wichtig. Denn er nimmt an, dass ein konventionelles deutsches Produkt ein geringeres Risiko birgt als z. B. ein importiertes Bioprodukt. Bei „0“, „1“, „2“, „3“ wird er hier auf die falsche Fährte geführt, meine Damen und Herren.

Echte Wahlfreiheit kann es für mündige Verbraucher nur geben, wenn die nötigen Informationen leicht zugänglich sind. Bei der Umsetzung von Forderungen nach einer verbesserten Transparenz wird es entscheidend sein, eine Balance zwischen den Interessen der Verbraucher, der Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsbeteiligten und dem Bestreben der Verwaltung nach praxistauglichen und kostengünstigen Lösungen zu finden. Eine enorme Bedeutung kommt dabei der Ausgestaltung der Regeln zu. Und zu den Regeln gehört, dass man keine verfälschten Bilder verwendet.

(Heiner Schönecke [CDU]: Oh!)

Die Kennzeichnungsvorgaben dürfen nicht zu wesentlich erhöhten Preisen führen; sie müssen zu wirklicher Transparenz und dürfen nicht zu Diskriminierung führen.

(Zustimmung bei der CDU)

Zudem muss auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet werden.

Deshalb fordern wir, einen umsetzbaren Lösungsvorschlag für die transparente und einheitliche Produktkennzeichnung für Lebensmittel tierischen Ursprungs zu erarbeiten, die dem Verbraucher eine realistische Beurteilung der Prozessqualitäten und insbesondere der Haltungsformen ermöglicht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir fordern, dafür einzutreten, dass die Haltungsform der Hühner auch dann gekennzeichnet wird, wenn Eier als Zutat eingesetzt werden. Ich denke, da sind wir uns einig. Und wir fordern, darauf hinzuwirken, dass die Umsetzung der Kennzeichnung auch wirklich EU-weit erfolgt.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wichtig!)

Herr Strümpel, Ihr Lieblingsprojekt, das Weidemilchprogramm, sehen wir allerdings kritisch. Die Kuh auf der Weide entspricht der Vorstellung des Verbrauchers. Aber Vorsicht, meine Damen und Herren! Dieses Bild darf nicht mit mehr Tierschutz und mehr Umweltfreundlichkeit gleichgesetzt werden. Wir dürfen auch keine Milch zweiter Klasse schaffen. Denn die Kuh, die bei großer Hitze im klimatisierten Stall zwischen Massagebürste und Duscheinrichtung hin- und herpendeln kann, ohne von Stechfliegen und Mücken belästigt zu werden, ist doch womöglich viel besser dran als die im Matsch watende Weidekuh. Wer hat schon auf dem Schirm, dass die meisten Almkühe im Winter in enger Anbindehaltung im fensterlosen Altgebäude dahinvegetieren müssen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot und Grün, anders als bei dem Thema „Lebensmittelverschwendung eindämmen“ haben Sie hier keinen gemeinsamen Weg mit uns gesucht. Im Beratungsverfahren haben die Mehrheitsfraktionen von SPD und Grünen deutlich gemacht, dass sie CDU und FDP für die Beratung ihres Antrages nicht brauchen. Auf unsere Anregung, Ihnen einen Änderungsvorschlag zu unterbreiten, haben Sie ablehnend reagiert. Sie haben uns unterstellt, dass wir auf Zeit spielen wollen, und dabei vergessen,

dass es die von Ihnen getragene Landesregierung war, die sich jüngst in Bückeburg wegen eben dieses Tatbestands eine derbe Klatsche abgeholt hat.

(Zustimmung bei der CDU - Glocke der Präsidentin)

Das zeigt uns, dass es hier um Ideologie und weniger um Inhalte und Verbraucherschutz geht.

Letzter Satz, Frau Präsidentin. - Wenn Sie wirklich etwas in Berlin bewirken wollten, hätten Sie sich um unsere Zustimmung bemüht. Sie wollen Ihrer Klientel ein Zeichen geben; das können Sie gerne tun. Wenn Sie etwas in der Sache tun wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Deneke-Jöhrens. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Staudte. Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Deneke-Jöhrens, es stimmt ja, dass wir in den Beratungen eigentlich gar nicht so weit auseinander waren. Deswegen finde ich es ein bisschen schade, dass sich die Debatte wieder auf die üblichen Vorwürfe zuspitzt: Ihr seid ideologisch - nein, ihr!

Es wäre schön gewesen, wenn wir gemeinsam hätten festhalten können, wo die Gemeinsamkeiten liegen. Ich lade Sie immer noch ein, unserem Antrag, der sehr umfassend ist, einfach zuzustimmen.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen, die Sie in der Debatte immer wieder angesprochen haben, z. B. die Hühnermobile. Ja, die gab es damals bei der Einführung des Stempels noch nicht, aber die Eier bekommen doch trotzdem die Kennzeichnung 1, weil es Freilandeier sind. Insofern kann man wirklich nicht von einer großartigen Diskriminierung sprechen. Dass sie nicht die Kennzeichnung 0 bekommen, weil das Futter nicht bio ist, hat absolut seine Berechtigung, weil es nun einmal Verbraucherinnen und Verbraucher gibt, die sehr wohl großen Wert darauf legen, dass auch die Futtermittel ökologisch erzeugt sind.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Auch wenn der Bioweizen aus der Ukraine kommt und nicht aus der Region? Das ist ja hoch interessant!)

- Auf dem Eierstempel erkennt man sehr wohl die Herkunft.

Ich möchte aber noch einmal auf die 5xD-Kennzeichnung eingehen. Ich glaube, es ist richtig, dass wir Ihre Forderung, diese Kennzeichnung einzuführen, ablehnen. Denn die 5xD-Kennzeichnung trägt mehr dazu bei, zu verwirren, als dazu, aufzuklären. Sie suggeriert quasi, dass vom Beginn bis zum Ende des Produktionsprozesses alles in Deutschland, also mehr oder weniger regional, hergestellt worden ist. Aber auch hier ist ein wichtiger Punkt, dass das Futter - die Sojaprodukte - importiert und nur in Deutschland gemischt worden sein kann. Das wird durch diese Kennzeichnung verschleiert. Deswegen ist es richtig, das nicht aufzunehmen.

Auch dass Sie die Landesregierung auffordern, konstruktiv an der Entwicklung eines Vorschlags zur Herkunftsbezeichnung von Fleisch in verarbeiteten Produkten mitzuarbeiten, ist überhaupt nicht zielführend. Wir dagegen loben unsere Landesregierung natürlich dafür, dass sie das in den letzten Monaten schon getan hat. Wir alle wissen ja auch, dass das nur funktionieren kann, wenn die Bundesländer - eigentlich müsste das sogar EU-weit passieren - zusammenarbeiten und eine wirklich transparente, einheitliche Kennzeichnung erfolgt.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Frau Kollegin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gemurmel ist wirklich sehr laut geworden. Ich darf Sie noch einmal um Ruhe bitten. Wenn Sie dringende Gespräche zu führen haben, können Sie das gerne außerhalb des Plenarsaals tun. - Bitte!

Vielen Dank. - Ich möchte auch noch einmal auf den Aspekt Weidemilchprogramm eingehen, den wir in unserem Antrag aufgenommen haben. Ich glaube schon, dass das gekennzeichnet werden muss. Nicht umsonst haben auch das Landvolk, der BDM, Slow Food, die Umweltverbände, die Molkereiwirtschaft die Weidemilchcharta, die der Landwirtschaftsminister auf den Weg gebracht hat, unterschrieben. Dass Sie da auch noch ein Haar in der Suppe finden wollen, finde ich etwas übertrieben. Sie könnten auch einmal sagen, dass das eine gute Initiative ist, die dazu beiträgt, den

Milchpreis zu stabilisieren. Wir haben doch ein großes Problem mit dem Preisverfall. Insofern ist das ein sehr fortschrittliches Projekt.

Die einzelnen Punkte unseres Antrags kennen Sie. Für diejenigen, die bei den Beratungen nicht dabei waren: Es geht um die Kennzeichnung des Frischfleisches und insbesondere auch der Convenience-Produkte - Stichwort „Lasagne“. Ich glaube, es ist richtig, dass wir einen umfassenden Antrag zu dem Thema eingebracht haben. Ich würde mich immer noch freuen, wenn Sie zustimmen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Frank Oesterhelweg [CDU]: Wir uns auch bei unserem Antrag!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es gibt den Wunsch zu einer Kurzintervention auf Ihren Redebeitrag. Herr Kollege Deneke-Jöhrens, CDU-Fraktion, bitte!

Frau Staudte, Sie haben zwei Dinge angesprochen, auf die ich eingehen möchte.

Wir hätten gerne mit Ihnen einen gemeinsamen Antrag gemacht, so wie wir es zum Thema Lebensmittelverschwendung auch gemacht haben. Dass das nicht geklappt hat, hat nicht zuletzt auch an Ihnen gelegen. Sie haben das in der ersten Beratung im Ausschuss zurückgewiesen; Sie haben keinen Wert auf ein gemeinsames Papier gelegt.

Später haben Sie Ihre Meinung korrigiert, aber wir sind dann nicht mehr zusammengekommen. Aber Sie haben recht: In einigen Punkten stimmen wir überein, vor allem darin, dass wir Transparenz schaffen und die Bedingungen verbessern wollen.

Ich denke, Sie haben mich falsch verstanden: Ich denke, Weidehaltung ist in Ordnung, und das Weidemilchprogramm hat seine Berechtigung. Aber eine moderne Stallhaltung ist ebenso in Ordnung. Auch sie hat eine Berechtigung.

Ich wollte deutlich machen, dass man in diesem Fall nicht Kategorien wie „gut“ und „böse“ schaffen sollte. Man muss vielmehr klarmachen, dass auch eine moderne Stallhaltung gut ist. Und wenn wir den Tierschutz ins Spiel bringen: Es ist eben nicht so, dass Weidehaltung besser ist. Das ist ein Vermarktungsinstrument. Dafür ist es gut. Wenn die Landwirte dafür einen ordentlichen Preis erzielen, ist das in Ordnung. Da sind wir sicherlich einer