Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

(Johanne Modder [SPD]: Ja! Genauso war das! Das ist die Wahrheit und nichts anderes! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Eben nicht!)

Wir haben, seitdem wir regieren, gemeinsam mit Ihnen darauf hingewiesen, dass Menschen im Mittelmeer sterben. Es gibt keine legalen Einreisemöglichkeiten. Wir haben immer gemeinsam ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Syrerinnen und Syrer gefordert und dass dieses Programm aufgestockt wird, sodass die Menschen nicht ertrinken, sondern gesteuert und legal einreisen können - im Familienverbund, nicht als allein reisende Männer, sondern auch als Familienverbünde, und auch Minderheiten.

Was hat die Bundesregierung gemacht? - Sie hat ignoriert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erinnere an die Katastrophe vor Lampedusa in 2013. - Nichts ist passiert!

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch falsch! Das ist doch die Unwahrheit, die Sie da behaupten! Das ist doch die Unwahrheit! Da hat doch der Bund etwas getan! Sie haben doch nichts getan! Reden Sie doch keinen Unsinn hier! - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Betroffenheitsbekundungen der Mitgliedstaaten, alle sind nach Lampedusa gefahren und haben vor den Särgen gestanden und die Toten betrauert

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

und gesagt: Wir werden etwas machen!

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch die Unwahrheit, die Sie da erzählen! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜ- NE]: Nein, das ist die Wahrheit, Herr Thümler! - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit! Das müsst ihr euch schon mal anhören! - Weitere Zwi- schenrufe - Anhaltende Unruhe)

Alles, was kam - - -

(Anhaltende Unruhe)

Kollegin Polat, jetzt unterbrechen Sie kurz! - Wir sind mitten in der Debatte. Sie können hier noch alles vortragen, aber machen Sie es nicht ausschließlich mit lautstarken Zwischenrufen. Die Kollegin Polat darf ihre Rede jetzt in Ruhe zu Ende führen. Das tut sie, wenn hier im Hause wirklich keine Zwischenrufe mehr in dem Umfang stattfinden.

(Björn Thümler [CDU]: Unfassbar!)

Die Toten in den Särgen wurden betrauert - Maßnahmen sind nicht erfolgt.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

Keine legalen Einreisemöglichkeiten, keine Nachverhandlungen zu Dublin. Es wurde nicht mit den Mitgliedstaaten darüber gesprochen, Staaten wie Ungarn, Italien und Griechenland zu entlasten. Das ist erst dieses und letztes Jahr in der Diskussion über Hotspots erfolgt.

Der Innenminister hat, als Dublin ausgesetzt wurde, als die humanitäre Katastrophe eingetreten ist, weil sich die Menschen auf den Weg gemacht haben und im Schlamm an den Grenzen von ungarischen Polizisten oder Journalisten getreten wurden, zu Recht gesagt: Da kann Europa nicht zugucken, wir lassen sie rein. - Nun gut, dann standen wir im September vor der Herausforde

rung, Tausende an einem Wochenende aufzunehmen.

(Björn Thümler [CDU]: Sie? - Bayern!)

Bis dato hatte der Innenminister gegenüber der Bundesverteidigungsministerin immer gesagt: Wir haben super 1-a-Kasernen! Öffnen Sie doch bitte die Tore! - Erst im September kam die Anordnung an die Landeskommandos, die Kasernen zu öffnen.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! - Gegenruf von Anja Piel [GRÜNE]: Was ist denn daran falsch? - Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch!)

Wir sind erst seit September im Notbetrieb - - -

(Björn Thümler [CDU]: Weil Sie da aufgewacht sind! Das ist doch die Wahrheit! Reden Sie doch nicht solch einen Unsinn! - Unruhe)

Stopp! Wir unterbrechen wieder!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das macht Sie nervös, Herr Thümler, nicht wahr? - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Das war schon seit Dezember letzten Jahres, Herr Limburg! - Anja Piel [GRÜNE]: Unglaublich! - Björn Thüm- ler [CDU]: Sie können doch hier nicht solch einen Unsinn erzählen! - Weite- re Zurufe - Unruhe)

Frau Kollegin, die Uhr ist angehalten. Es geht nicht zulasten Ihrer Redezeit. Wenn im Hause Ruhe ist, können Sie weiterreden, im Moment nicht.

Gut. Wir sind jetzt - - -

Warten Sie, warten Sie! Sie bekommen von mir das Kommando, weil das dann auch das Startzeichen dafür ist, dass die Uhr weiterläuft. - Jetzt dürfen Sie fortsetzen.

Gut. - Die Geschichte interpretiert ja jeder anders. Das ist unsere Interpretation der Geschichte.

(Zurufe von der CDU)

Auf jeden Fall sind wir seit drei Monaten im Katastrophenbetrieb. Jeder weiß, dass Nothilfemaß

nahmen kostspielig und auf Dauer nicht einzuhalten sind. Natürlich brauchen wir dann Maßnahmen, die sozusagen nachhaltig und auch sinnvoll sind.

Wir als Grüne haben immer gesagt: Ein Gesetzgebungspaket, das mit „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ überschrieben ist, aber keine einzige Maßnahme enthält, die die Asylverfahren beschleunigt,

(Björn Thümler [CDU]: Das stimmt doch nicht! Das ist doch die Unwahr- heit! Das ist falsch! So ein Mumpitz!)

suggeriert den Menschen irgendetwas, trägt aber nicht zur verantwortungsbewussten Flüchtlingspolitik in diesem Land und Europa bei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Bevor wir über Transitzonen, Einreisezentren etc. sprechen - der Innenminister hat es gesagt -: Wenn ein Mensch einen Asylantrag stellen will und ein halbes Jahr darauf warten muss, um überhaupt einen Asylantrag zu stellen, und das BAMF behauptet, dass es Anträge von Syrern jetzt innerhalb von fünf Monaten bearbeite, dann ist das - plus sechs Monate - auch wieder über ein Jahr, meine Damen und Herren.

Wollen Sie die Personen, die aus vermeintlich sicheren Herkunftsstaaten kommen und dann einen Ablehnungsbescheid bekommen, anderthalb Jahre in Erstaufnahmeeinrichtungen kasernieren, meine Damen und Herren?

(Editha Lorberg [CDU]: Eben nicht! Sie haben es noch nicht verstanden!)

Wir haben immer gesagt: Schnelle Entscheidungen, damit die Leute, über deren Anträge positiv entschieden wird, schnell integriert werden, und die Leute, die einen ablehnenden Bescheid bekommen, Klarheit haben.

(Christian Dürr [FDP]: Welche Klarheit denn? Welche Klarheit in der Konse- quenz? Sprechen Sie das hier endlich einmal aus!)

Denn es gibt nichts Unwürdigeres, als Menschen über Jahre in Kettenduldungen zu halten und ihnen nicht eine klare Entscheidung zukommen zu lassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Unfass- bar! Heuchelei ist das, was Sie hier betreiben!)

- Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen!

Frau Kollegin Polat, jetzt halten wir die Uhr wieder an!

Und dann noch einen - - -

Wir halten die Uhr an, weil ich Sie jetzt erst einmal zwischendurch frage, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele zulassen würden.

Nein, nicht Herr Thiele!

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Nein, der Herr Thiele ist ja schon notorisch mit Zwischenfragen! Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann: Das tun Sie nicht. - Ich bitte noch einmal alle Kol- leginnen und Kollegen, die permanenten Zwi- schenrufe und das Kommentieren der Rede zu unterlassen. (Mustafa Erkan [SPD]: Immer die Gleichen!)

Ein Zwischenruf ist eine kurze Bemerkung. Aber ich lasse es nicht durchgehen, parallel im Plenum Reden an die Rednerin hier vorne zu halten. Sie wissen, dass Sie - aus allen Fraktionen - die Möglichkeit haben, kurz zu intervenieren, wenn Sie mit den Inhalten nicht einverstanden sind, um das Gesagte aus Ihrer Sicht richtigzustellen. Das ist das Instrument für einen ruhigen parlamentarischen Beratungsablauf. Ich bitte Sie also, keine parallelen Reden zu halten und nicht zu kommentieren. Der Zwischenruf ist die Würze des Parlaments. Das andere stört.