Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Zurufe: Doch, Herr Dürr!)

- Herr Dürr, Entschuldigung. Das ist nicht schriftlich erfasst. Deswegen hatte ich gehofft, wir könnten zur Abstimmung kommen. - Herr Dürr, Sie haben die angekündigten anderthalb Minuten. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der verständlicherweise emotionalen Debatte will ich noch einmal kurz - auch für die Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen - daran erinnern, worüber wir hier abstimmen.

Der Landtag soll begrüßen, dass die Landesregierung im Dialog mit Bund, Ländern und Parteien das Standortauswahlgesetz mit erarbeitet hat - wir loben ausdrücklich die Arbeit von Stephan Weil und Stefan Wenzel in Berlin -, dass die Landesregierung einer ergebnisoffenen Suche unter Einbeziehung des Standortes Gorleben zugestimmt hat und - selbstverständlich auch - dass es eine Möglichkeit geben soll, die Castoren woanders als in dem Transportbehälterlager in Gorleben zu lagern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich mir die Redebeiträge von Frau Staudte und Herrn Bosse vor Augen führe, wird mir klar, dass wir von CDU und FDP heute nicht auf die Mehrheit von Rot-Grün bauen können. Das habe ich verstanden.

Aber, Frau Kollegin Modder, weil es sich heute um eine sehr wichtige Entscheidung für dieses Haus handelt, möchte ich Sie um eines bitten. In dem Antrag steht ja nichts anderes, als dass bestätigt werden soll, was der Ministerpräsident vor einem Monat in seiner Regierungserklärung vorgetragen hat. Deshalb, Frau Modder, möchte ich Sie also bitten, dass Sie dem Abgeordneten Stephan Weil die Möglichkeit einräumen, hier heute frei und nach eigener Entscheidung abzustimmen. Dann, meine Damen und Herren, haben wir nämlich 69 Stimmen für diesen Antrag!

Herzlichen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Alle Restredezeiten sind vollständig aufgebraucht, die Kurzinterventionen und die Erwiderungen sind abgearbeitet.

Die Fraktion der FDP hat, wie Sie vernommen haben, die sofortige Abstimmung gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung beantragt und somit keine Ausschussüberweisung zu beschließen. Ich weise darauf hin, dass das Haus gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 das Recht hat, die zweite Beratung nach der Ausschussberatung durchzuführen, sofern 30 Abgeordnete das möchten.

Deswegen lasse ich zunächst darüber abstimmen, wer die Ausschussüberweisung wünscht. Den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind deutlich mehr als 30 Abgeordnete. Das ist die Mehrheit des Hauses. Deswegen wird es keine sofortige Abstimmung geben.

Ich lasse jetzt abschließend über die Empfehlung des Ältestenrats abstimmen, diesen Antrag zur federführenden und ausschließlichen Beratung dem Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich unterbreche die heutige Sitzung bis 15.30 Uhr. Das ist der vom Ältestenrat festgelegte Termin für den Beginn der

Nachmittagssitzung. Ich wünsche Ihnen guten Appetit.

(Unterbrechung der Sitzung von 14.02 Uhr bis 15.31 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 20: 3. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 17/175 - unstrittige und strittige Eingaben - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/205 - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/207

Wir behandeln zunächst die unstrittigen Eingaben und treten dazu auch gleich in die Abstimmung ein.

Ich rufe also zunächst die Eingaben aus der 3. Eingabenübersicht in der Drucksache 17/175 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Das sind alle Eingaben dieser Drucksache, mit Ausnahme der laufenden Nummern 31 und 66.

Wer den Beschlussempfehlungen in der Drucksache 17/175 mit Ausnahme der laufenden Nummern 31 und 66 seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich rufe nun die Eingaben aus der 3. Eingabenübersicht in der Drucksache 17/175 auf, zu denen Änderungsanträge vorliegen. Bei den Änderungsanträgen handelt es sich um die Drucksachen 17/205 und 17/207.

Ich beginne mit der Eingabe 00040/04/17. Das ist die laufende Nr. 31. Da geht es um versetzungsrechtliche Themen. Für die CDU hat sich Frau Bertholdes-Sandrock gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Ich spreche zu der Petition 00040/04/17. Der Petent begehrt, die niedersächsischen Schulreformen zu verhindern, und fordert expressis verbis, dass das Sitzenbleiben beibehalten wird. Seine Begründung ist, dass Eltern nicht unbedingt qualifiziert genug seien, rechtzeitig Leis

tungsdefizite ihrer Kinder zu erkennen und sie dann zu einer eventuell freiwilligen Wiederholung zu animieren.

In der Tat, meine Damen und Herren, wäre das Abschaffen des Sitzenbleibens eine automatische Versetzungsgarantie. So wurde es uns im Übrigen neulich in einer Anhörung von einem Schülersprecher gesagt. Denn eines ist doch klar: Wo nicht sitzengeblieben werden kann, wird natürlich versetzt. Was sonst? Halb sitzengeblieben gibt es nicht. Eine automatische Versetzungsgarantie aber würde verhindern, dass Schüler durch eigene Anstrengung ihre Defizite vielleicht doch noch rechtzeitig verringern können.

Ganz in diesem Sinne - daran möchte ich auch so manchen aus diesem Hause erinnern - hat der sogenannte blaue Brief, in dem seitens der Schule das Sitzenbleiben als mögliche Maßnahme angekündigt wird, in der Vergangenheit schon wahre Wunder gewirkt. Wir meinen, dass im Falle umfangreicher dauerhafter Leistungsrückstände - es handelt sich immer um mehrere Fächer; die dann eben auch nicht ausgeglichen werden können - die Wiederholung einer Klasse sinnvoll ist. Eine Ansammlung von Leistungsrückständen würde unter Umständen später zu einem bösen Erwachen führen - spätestens beim Eintritt in den Beruf oder in das Studium.

Wir wollen in der Schule Leistung nicht nur wertschätzen und fördern, sondern wir wollen sie auch beurteilen. Dazu gehört eben - sozusagen als Ultima Ratio - das Sitzenbleiben. Wir meinen, das muss trotz individueller Förderung und des Ausbaus der individuellen Förderung als pädagogisches Instrument erhalten bleiben. Wenn wir uns Umfragen anschauen, sehen wir, dass die Mehrzahl der Schüler, die sitzengeblieben sind, dies durchaus nicht als ungerechtfertigt empfunden hat. Die neue Klasse ist in jedem Fall ein Neustart. Da können Defizite abgebaut werden, und da kann auch das Selbstwertgefühl stabilisiert werden.

Wir möchten, dass das Sitzenbleiben - das ist uns ganz wichtig - als Chance zur Konsolidierung der individuellen Leistung wie auch der Persönlichkeit begriffen wird. Insofern soll es dazu beitragen, letzten Endes ein Stein zu sein auf dem Wege, die Stabilisierung des Bildungsweges jedes Schülers zu garantieren. Deswegen plädieren wir für „Berücksichtigung“.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Frau Bertholdes-Sandrock. - Zur selben Eingabe spricht für die SPD-Fraktion der Kollege Uwe Strümpel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Neuling bin ich schon erstaunt, dass über diese Eingabe noch einmal im Plenum beraten werden soll.

Die eigentliche Absicht des Petenten ist es übrigens, Schulreformen in Niedersachsen zu verhindern. Dazu fordert er den Bundestag auf. Das Sitzenbleiben ist nur ein Beispiel.

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist dezidiert Ih- re Schulreform!)

- Nein. - Ich lasse mich nicht irritieren, von Herrn Thiele sowieso nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde schon, dass man hätte erwarten können, dass der Petent die Zuständigkeiten kennt. Laut Grundgesetz ist die Bildungspolitik Sache der Länder. Wir haben die Kultushoheit und können hier richtig gestalten. Darauf sind wir stolz.

Egal wer regiert, Reformen gehören zur Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich. Deshalb werden sie auch permanent praktiziert; jede Landesregierung hat das getan. Reformdebatten wird es immer geben. Leider werden sie selten im Konsens aller Parteien geführt. Dazu müsste Herr Thiele in puncto Gesamtschule auch erst noch etwas dazulernen.

Ich nenne folgende Beispiele für Reformen: Einführung von Horten und Krippen, Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien, Umstellung auf das Zentralabitur, Ausbau der Ganztagsschulen, Zügigkeit von Gesamtschulen und Oberschulen. Bereits Veränderungen der Stundentafel in den curricularen Vorgaben sind Reformen.

Die Möglichkeit, Reformen durchzuführen, wird und kann sich die Landesregierung nicht nehmen lassen. Das gilt auch für die sie tragenden Fraktionen. Dann würden wir übrigens auch unserem verfassungsmäßig verankerten Auftrag nicht gerecht.

Mein Eindruck ist, dass der Petent vermeintlich die Ruhe im Bildungssystem sucht. Dafür nennt er in der Begründung ein einziges Beispiel: das Sit

zenbleiben. Dies ist übrigens sehr oberflächlich und wenig abgesichert.

Aber wie gesagt: Sein Hauptanliegen ist es, Bildungsreformen zu verhindern. Und da sind wir entsprechend unserer Verfassung für „Sach- und Rechtslage“.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Alles andere, meine Damen und Herren, wäre ein Eigentor. Ich bin sicher, dass das auch CDU und FDP wissen. Wären sie noch in der Regierungsverantwortung, würden sie auch für „Sach- und Rechtlage“ entscheiden. Stellen Sie sich einmal vor, die Petition wäre früher gestellt worden und als Beispiel wäre genannt worden, dass die Oberschule nicht eingeführt werden sollte. Dann hätten Sie mit Sicherheit für „Sach- und Rechtslage“ plädiert.

Für mich ist sonnenklar - ich habe in meinem Alter ja schon einiges erlebt -: CDU und FDP verfolgen mit dem Votum „Berücksichtigung“ bzw. „Erwägung“ nur ein einziges Ziel, nämlich das, sinnvolle Bildungsreformen in Niedersachsen zu unterlaufen und möglichst zu verhindern. Aber das machen wir nicht mit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wurden schließlich - das habe ich in allen meinen Diskussionen gespürt - für eine bessere Bildungspolitik gewählt, und diesem Auftrag werden wir uns stellen; da können Sie ganz sicher sein.

Es bleibt bei „Sach- und Rechtslage“. Sie hätten früher nicht anders entschieden.