Protokoll der Sitzung vom 13.11.2015

Den hat aber die Kanzlerin ausgelöst, indem sie die Grenzen geöffnet und Dublin ausgesetzt hat.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! Erzählen Sie doch keine Märchen!)

Dem tragen wir jetzt Rechnung, alle gemeinsam, vor Ort in den Kommunen.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch ein Märchen, was Sie da erzählen! Sie wissen, warum sie das getan hat!)

Wir müssen jetzt über Maßnahmen sprechen. Wir dürfen aber nicht einfach wieder auf Abschottung setzen, sondern müssen sinnvolle Maßnahmen einführen.

(Björn Thümler [CDU]: Wollten Sie, dass die Flüchtlinge in Ungarn umge- bracht werden? Sagen Sie einmal et- was dazu!)

Wir müssen für schnelle Verfahren beim BAMF sorgen und dürfen das BAMF nicht dadurch überfordern, dass wir den Familiennachzug einschränken und Dublin-Rückführungen wieder einführen. Denn das würde nicht helfen, sondern nur zu weiterem Chaos führen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Unerhört ist das!)

Vielen Dank, Frau Polat. - Jetzt hat sich der Innenminister zu Wort gemeldet. Herr Minister Pistorius, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der CDU, der Antrag, den Sie hier stellen, verwundert mich, ehrlich gesagt, ein wenig. Sie fordern, die Landesregierung möge den Mitgliedern des Landtags und der Öffentlichkeit mindestens einmal monatlich die relevanten Zahlen zur Flüchtlingssituation zur Verfügung stellen.

Das kann man so interpretieren - so tue ich es einmal -, dass Sie weniger Informationen haben möchten als bisher. Denn faktisch informieren wir in praktisch jeder Innenausschusssitzung; so wurde es mir jedenfalls gesagt.

(Björn Thümler [CDU]: Eben! So wur- de es Ihnen gesagt!)

Von daher weiß ich jetzt nicht, warum Sie nur noch monatlich informiert werden wollen.

Tatsache ist: Wir informieren bereits! Wir machen das intensiv. Wir berichten regelmäßig im Plenum, insbesondere im Innenausschuss, und zwar immer wieder über die aktuelle Flüchtlingssituation.

Ich rufe exemplarisch - nur exemplarisch! - ein paar Beispiele in Erinnerung: In der 56. Ausschusssitzung am 28. Mai hat mein Haus über das Flüchtlingskonzept der Landesregierung unterrichtet, darunter auch über die Zahl der Anträge, über die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen, über die aktuellen Belegungszahlen und über vieles mehr. Die diesbezügliche Aussprache wurde in der 58. Sitzung des Innenausschusses am 25. Juni fortgesetzt. Nach der Sommerpause wurde der Innenausschuss in seiner 64. Sitzung am 1. Oktober erneut unterrichtet, außerdem zuletzt am 22. Oktober im Rahmen seiner dann 68. Sitzung.

Ich selbst habe Ihnen zudem zuletzt in der Plenarsitzung am 15. Oktober und in der 70. Ausschusssitzung am 5. November umfangreich die Situation geschildert, einschließlich der Angaben zur Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge, zur Anzahl der Plätze in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes und zur Zahl der Förderanträge auf Unterstützung bei freiwilligen Ausreisen.

Auch in dieser Plenarwoche stand das Thema Flüchtlinge an jedem Sitzungstag auf der Tagesordnung.

Wenn es dann noch ein Defizit an Informationen gibt, dann liegt es vielleicht auch daran, dass die Informationspflicht zwar erbracht, aber - wie soll ich es ausdrücken? - die Notwendigkeit, aus Informationen auch Erkenntnisse zu gewinnen, nicht bei jedem entsprechend stark ausgeprägt ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Minister, Frau Pieper möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, jetzt nicht.

Nein. - Bitte schön!

Dass wir alle diese Informationen geben, ist kein Zufall. Denn ich halte es - um es sehr deutlich zu sagen - für absolut selbstverständlich und notwendig, das Hohe Haus selbst, aber auch alle Ausschüsse, die das wünschen, über die Entwicklung der Flüchtlingssituation regelmäßig und umfassend zu unterrichten und die notwenigen Informationen zu geben. Das ist mir als Landesinnenminister wichtig. Denn nur dann können wir über die gleichen Dinge reden und uns besser über das streiten, was den einen oder anderen Weg angeht.

(Jens Nacke [CDU]: Warum haben Sie gestern die Hälfte weggelassen?)

Daneben wird auch die Öffentlichkeit regelmäßig und umfassend informiert. Die Mitarbeiter meines Hauses beantworten regelmäßig und umfassend alle Anfragen der Presse und der Medien. Auch hieran ist mir persönlich keine Kritik bekannt, dass dies nicht im ausreichenden Maße erfolge.

Wir informieren auch die Anwohnerinnen und Anwohner der Liegenschaften, die wir zu Notunterkünften umfunktionieren, im Rahmen von Versammlungen. Das ist es, was die Bürgerinnen und Bürger interessiert und was sie zu Recht erwarten.

Herr Minister, ich frage jetzt ganz allgemein. Es liegen zwei Bitten auf Zwischenfragen vor, von

Herrn Dr. Birkner und Frau Pieper. Gestatten Sie diese? - Vielleicht können Sie das generell sagen.

Ich möchte es abkürzen: keine Zwischenfragen.

Keine Fragen, okay.

Im Übrigen informieren wir bei der Einrichtung einer Notunterkunft auch die innenpolitischen Sprecher und die örtlichen Abgeordneten über den Bearbeitungsstand und die Kapazität der Einrichtung.

(Widerspruch bei der CDU)

Von daher sage ich: Wir informieren bereits umfassend, und wir werden das weiterhin aus Überzeugung tun. Natürlich bin ich auch gerne bereit, Ihnen das an dieser Stelle noch einmal darzulegen. Mir liegen die Zahlen vor. Auf jede einzelne Frage können wir Ihnen tagesaktuell antworten. Aber dann müsste ich meine Redezeit überschreiten.

Meine Damen und Herren, wenn Sie den dringenden Wunsch haben, noch mehr informiert zu werden, dann sagen Sie das bitte! Herr Ahlers als Innenausschussvorsitzender tut das. Er hat gesagt, er hätte gerne regelmäßig Informationen über die Flüchtlingszahlen und die Sicherheitslage. Wir haben ihm zugesagt, dass wir das herstellen. Wozu es dann eines Plenarantrags bedarf, meine Damen und Herren, wird auf ewig Ihr Geheimnis bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir informieren, und wir werden keine Informationen schuldig bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt hat sich Ulf Thiele von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank. Zunächst einmal, Herr Innenminister der Hinweis - Frau Pieper durfte ja leider keine

Zwischenfrage stellen -: Die örtlichen Abgeordneten sind aus dem Verteiler herausgenommen worden. Wenn Sie diese Informationspflicht wieder aufbauen wollen, sind wir Ihnen natürlich sehr dankbar. Es hat durchaus einen Grund, dass wir hier Anträge dazu stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben heute nicht auf den Antrag der CDUFraktion Bezug genommen. Dafür haben Sie gestern wieder sehr ausschweifend - so wie Frau Polat heute - vor allem Vorwürfe gegenüber dem Bund erhoben, anstatt konstruktiv mitzuarbeiten.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Ich habe Or- densschwestern zitiert!)

An der Stelle möchte ich Ihnen von dieser Stelle aus eines sagen, Herr Innenminister: Jeder kehre vor seiner Tür!

(Zustimmung bei der CDU)

Denn seit Wochen, meine Damen und Herren, haben wir in Niedersachsen die Situation, dass das Land nicht mehr in der Lage ist, ankommende Flüchtlinge in landeseigenen Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen. Von menschenwürdiger Unterbringung, Herr Innenminister, reden wir hier schon seit Monaten nicht mehr.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

In der Konsequenz zwingt der Innenminister die Kommunen seit mehreren Wochen dazu, die Flüchtlinge anstelle des Landes unregistriert aufzunehmen. Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, hat heute in der Nordwest-Zeitung die Dinge dazu auf den Punkt gebracht:

„Ja, das Land hat kapituliert, ausreichend Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die Ministerialverwaltung ist der Aufgabe nicht gewachsen. Die machen ordentliche Arbeit, aber die Menge überflutet sie.“

Das ist der Eindruck, den Sie mit Ihrem Ministerium inzwischen in den Kommunen hinterlassen: Das Land hat kapituliert!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Minister Boris Pistorius)