Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Vielen Dank auch für Ihre durchaus kritischen Worte. Ich fürchte aber, das, was Sie eben gesagt haben, dass es eben nicht zu einem Kampf gegen die Automobilindustrie kommen soll, wird so nicht stattfinden. Denn genau das wird eintreten, und deswegen ist die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses keine gute Nachricht für das Land Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, das ist auch keine gute Nachricht für Sie. Sie haben hier im Oktober erklärt, Sie wollten die Vorgänge um den Abgasskandal lückenlos aufklären, also vollumfänglich. Offensichtlich ist diese Botschaft in Brüssel nicht angekommen. Dort sieht man das offensichtlich anders. Dort ist man entweder der Meinung, dass Sie dazu nicht in der Lage sind, oder man nimmt Sie als Ministerpräsidenten nicht wahr.

(Zustimmung bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Mal ganz vorsichtig!)

Meine Damen und Herren, dass es ausgerechnet zwei niedersächsische Abgeordnete gewesen sind, hat uns, was die Person von Frau Harms angeht, nicht gewundert. Bei Herrn Groote, in dessen Wahlkreis sich das wichtige Werk in Emden befindet, war es schon ein bisschen merkwürdig, dass er sich an die Spitze derer gestellt hat, die diesen unnötigen Untersuchungsausschuss gefordert haben.

Die Betreiber dieses Untersuchungsausschusses wollen staatliche Verhältnisse offenlegen. Ich kann Ihnen eines sagen: Wer so redet, der zündelt mit hoch explosiven Stoffen, der landet unweigerlich irgendwann beim VW-Gesetz, und eben das müssen wir verhindern.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Deswegen sage ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, mit aller Vorsicht: Wachen Sie endlich auf! Treten Sie in die Reihe Ihrer Vorgänger! Kämpfen Sie bitte auch in Brüssel für dieses Unternehmen, das für unser Land so wichtig ist!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Vielen Dank, Herr Toepffer. - Jetzt hat sich der Kollege Gerd Ludwig Will zu Wort gemeldet. Herr Will, bitte schön, auch vier Minuten, wenn Sie möchten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war so typisch: erst einmal skandalisieren und anschließend hier über Parlamentsrechte räsonieren.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wo ist denn da der Skandal?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau der falsche Schritt, den Sie hier in dieser Frage gehen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich ordentlich darum bemüht hätten, das Mandat zu lesen und zu verstehen, dann wüssten Sie auch, dass es rein um die Untersuchung staatlichen Handelns geht. Es geht um die Frage: Ist ein Mandat vollzogen worden, als die Euro-5-Abgasnorm und die Euro-6-Abgasnorm

2006 eingeführt und umgesetzt wurden und es 2014 erste Hinweise gab?

Es ist die Frage: Wie hat die Kommission gehandelt?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wie hat der Kommissar gehandelt?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Hat seine Verwaltung das entsprechend operativ aufgegriffen, oder hat sie nichts gemacht? Und das geht dann weiter bis zu Herrn Dobrindt. Was hat er veranlasst? Und was hat das Kraftfahrtbundesamt veranlasst, um diese Dinge nachzuvollziehen? - Nichts ist passiert.

Aber einerseits das Haus anzustecken, und andererseits „Haltet den Dieb!“ zu schreien, ist wenig zielführend. Dabei wird natürlich auch deutlich: Damit kann man auch noch versuchen, die hiesige Landesregierung mit Dreck zu bewerfen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das tut doch keiner!)

Das ist nicht zielführend, hilft dem Unternehmen nicht, hilft aber auch der Aufklärung überhaupt nicht. Da sind andere gefordert.

Herr Kollege Will, Herr Thiele möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Erlauben Sie das?

Nein, ich will jetzt meine Ausführungen fortsetzen.

(Zuruf von der CDU: Ich glaube, das war eine Wortmeldung!)

Bitte schön, Sie haben weiter das Wort.

Dann kann er sich ja zu Wort melden.

Der entscheidende Punkt ist: Brüssel ist am Zug, und auch die Bundesregierung ist am Zug.

(Christian Dürr [FDP]: Die Landesre- gierung ist nicht am Zug?)

Dann werden wir sehen, welche Defizite beim Regierungshandeln entstanden sind. VW spielt da nur den Hintergrund. Es geht um Regierungshandeln. Das steht im Vordergrund.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Und in Niedersachsen? - Gegenruf von Gerd Ludwig Will [SPD]: Sie haben es immer noch nicht kapiert!)

Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Meine Damen und Herren, es ist um eine Unterrichtung gebeten worden. Die Unterrichtung ist vollzogen. Jetzt führen wir darüber eine Aussprache, wie wir es vereinbart haben. Der Minister hat außerdem angeboten, wenn ich das richtig verstanden habe, in den Ausschuss zu kommen, wenn weitere Informationen vorliegen.

Jetzt hat sich der Kollege Bode von der FDPFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Bode! Und dann Frau Westphely von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Bitte schön, Herr Bode!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass es richtig ist, wie es von Herrn Will und auch von Minister Lies gesagt worden ist, dass von dem Mandatstext selbst, der im Europäischen Parlament beschlossen worden ist, nicht auf einen Angriff auf Volkswagen oder auf die Automobilindustrie in Gänze geschlossen werden kann.

(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Sie sind überraschend sachlich!)

Zumindest die englische Version des Mandatstextes beinhaltet das Wort „Volkswagen“ noch nicht einmal. Lediglich in der Begründung wird natürlich auf Volkswagen, auf den Vorgang und auf die Anzeige hingewiesen, weil das der Anlass dafür ist, zu prüfen, ob ein Behördenversagen vorliegt oder ob es auch Einflussnahmen auf Behörden gegeben hat, die dazu geführt haben, dass betrügerische Tätigkeiten stattfinden konnten.

Genau da liegt jetzt allerdings auch die Aufgabe: Man muss darauf hinwirken, dass dies in der Umsetzung des Mandats der ausschließliche Kernbereich ist; denn das Europäische Parlament hat nicht die Aufgabe, ein Volkswagen-Bashing oder gar ein Automobilindustrie-Bashing zu betreiben und Arbeitsplätze in ganz Europa zu gefährden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Darauf müssen wir sehr großen Wert legen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es besteht auch die Frage, wie man eigentlich verhindern kann, dass aus der Geschichte tatsächlich ein Angriff auf die Automobilindustrie in Gänze wird. Ich glaube, da ist es wichtig, dass Vertrauen wiederhergestellt wird.

Aber viele interne Zirkel, die aufklären, wirken aus meiner Sicht nicht vertrauensbildend. Die Aufklärung durch die Staatsanwaltschaft, die Aufarbeitung eines Skandals um Betrugsvorgänge durch eine neutrale dritte Instanz, ist, glaube ich, ganz wesentlich, aber auch die Tatsache, dass Behörden nicht den Anschein erwecken, durch Industrielobbyisten oder wen auch immer jemanden besonders zu begünstigen und bei ihm andere Regeln anwenden zu lassen als bei jedem anderen Dritten.

Das ist der Punkt, Herr Ministerpräsident - Sie haben es heute im Stern gesagt -: Sie wollen, dass die Behörden intensiv ermitteln und dass Volkswagen wie jedes andere Unternehmen auch behandelt wird. - Ja, wenn das denn so ist - das wäre auch unsere Forderung -, dann folgt daraus der Auftrag, auch in Niedersachsen dafür zu sorgen, dass es keine Diskussion darüber gibt, dass aufgrund der Doppelfunktion, die hierbei natürlich besteht, etwas schief läuft, dass auch Anfragen offen und ehrlich beantwortet werden und dass wir nicht zum Staatsgerichtshof gehen müssen, bloß weil wir wissen wollten, welche der Passagen, die Sie im Landtag vortragen, von Volkswagen geschrieben worden sind und welche Ihr eigenes geistiges Eigentum und Werk waren.

Das ist nicht vertrauensbildend, und da sollten auch Sie sich an die eigene Nase fassen: Vertrauen ist nämlich nur durch absolute Transparenz auch auf der Behördenseite wieder herstellbar. Sie ist für die Arbeitsplätze zwingend erforderlich.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Jetzt hat Maaret Westphely von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorwurf, der hier von Herrn Toepffer erhoben worden ist, dass einzelne niedersächsische Abgeordnete zum Schaden des VW-Konzerns einen Untersuchungsausschuss

einrichteten, ist absurd und widersinnig. Wir stellen uns ganz klar gegen diesen Vorwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Untersuchungsausschuss hat erstens eine deutliche Mehrheit vieler Fraktionen gefunden, auch der Liberalen, wie wir gerade gehört haben. Zweitens wird sich der Untersuchungsausschuss nicht einzelne Unternehmen vornehmen, er schaut nicht auf die Fehler, die in einzelnen Unternehmen gemacht worden sind. Das ist die Aufgabe der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Vielmehr prüft er, ob der europäischen Gesetzgebung ausreichend gefolgt wird und ob die Aufsichtsmechanismen auf europäischer und auf nationaler Ebene ausreichend sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)