Dirk Toepffer
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion steht hinter dem VW-Konzern und seinen Beschäftigten, hinter der Beteiligung des Landes Niedersachsen an diesem Unternehmen und natürlich auch zum VW-Gesetz.
So weit zu den Selbstverständlichkeiten. - Keineswegs selbstverständlich ist das, was wir in den letzten drei Jahren mit dem VW-Konzern und seinem Management erlebt haben. Ob Dieselgate, die Entlassung von Leiharbeitern, die Berufung von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern und deren Vergütung oder aber der üppig honorierte Kurzauftritt einer früheren SPD-Politikerin, die sich um Integrität und Recht bemühen sollte und dabei gnadenlos gescheitert ist - es gab vieles zu hinterfragen; zu Recht, wie ich meine.
Schaden, liebe Frau Modder, verursacht nämlich nicht, wer kritisch nachfragt. Schaden verursacht derjenige, von dem man glaubt, dass er zu einer auch kritischen Betrachtung des Unternehmens nicht fähig ist. Wir werden dem VW-Konzern und seinen Beschäftigten nur helfen können, wenn uns die Öffentlichkeit glaubt, dass wir zu einer objektiven Betrachtung in der Lage sind.
Dieser Glaube an die Objektivität der Landespolitik hat in den vergangenen Monaten Schaden genommen. Ich will offen einräumen: Der Schaden hätte bereits viel früher eintreten können. Mögliche Interessenkonflikte - das haben Sie zu Recht gesagt - einzelner Mitglieder dieser Landesregierung bei der Ausübung ihrer Aufsichtsratsfunktion im VW-Konzern sind nämlich kein spezielles Merkmal dieser Landesregierung. Sie waren eine Herausforderung für jede Landesregierung. Aber zu ei
nem echten Problem sind diese Interessenkonflikte erst jetzt geworden.
Es ist eben ein Unterschied, ob man sich beispielsweise als Landesregierung zu einer Beteiligung des VW-Konzerns an Suzuki äußert oder ob man sich mit den verantwortlichen Managern zu einer gemeinsamen Linie im größten Betrugsskandal der Automobilgeschichte abstimmt, insbesondere dann, wenn man diese Abstimmung mit Personen vornimmt, die selbst Gegenstand einer strafrechtlichen Verfolgung werden.
- Frau Modder, richtig problematisch wird es, wenn diesbezüglich eine Staatsanwaltschaft tätig wird, die man als Landesregierung selbst beaufsichtigen soll. Das ist eben ein Problem.
Herr Ministerpräsident, ich möchte nicht im Einzelnen thematisieren, wie Sie in der Krise agiert haben. Ich möchte auch nicht darüber diskutieren, ob die aus unserer Sicht festzustellenden Missgriffe insgesamt einen Rücktritt erforderlich gemacht hätten. Das muss an anderer Stelle geschehen. Diskutieren wir lieber über die Zukunft.
Da stelle ich leider fest: Bei der Frage, wie die wichtige Landesbeteiligung von VW zu steuern ist, trennen uns Welten. Nach meinem Eindruck haben Sie überhaupt nichts dazugelernt. Kein Eingeständnis, dass die personellen Ressourcen in der Landesregierung völlig unzureichend sind. Kein Eingeständnis, dass es völlig inakzeptabel ist, wenn die Landesregierung in einer solchen Krise von Anwälten beraten wird, die VW beauftragt und bezahlt hat. Nicht einmal das Eingeständnis, dass es überhaupt einen Interessenkonflikt geben kann.
In der aktuellen Ausgabe des Spiegel werden Sie interviewt, Herr Ministerpräsident, und reagieren auf die richtige Feststellung, dass die Funktionen von Aufsichtsrat und Ministerpräsident nicht immer kompatibel sind, ohne jede Einschränkung mit folgenden Worten -Zitat -: Das sehe ich anders. - Herr Ministerpräsident, diese Äußerung ist grotesk und geradezu lächerlich.
Wer hier mit uns wieder und wieder erlebt, wie Sie die dem Parlament geschuldeten Informationen mit Hinweis auf aktienrechtliche Verschwiegenheitspflichten verweigert haben, kann angesichts einer solchen Haltung nur mit dem Kopf schütteln.
Natürlich sind die Funktionen von Aufsichtsrat und Ministerpräsident nicht immer kompatibel. Das kann man doch nicht ernsthaft bestreiten. Wir jedenfalls haben erkannt: Die Steuerung der zwischen uns völlig unstreitigen Landesbeteiligung muss künftig anders geregelt werden.
Wir sollten endlich darüber reden, wie das geschehen kann. Die Ankündigung unseres Spitzenkandidaten Bernd Althusmann, künftig nur noch ein Aufsichtsratsmandat durch die Landesregierung zu besetzen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
In einem zweiten Schritt müssen wir darüber nachdenken, wie sich die Landesregierung wieder die Unabhängigkeit verschaffen kann, die man braucht, um die Landesbeteiligung glaubwürdig zu kontrollieren.
Schließlich sollten wir über eine Art Corporate Governance nachdenken, indem wir den Ordnungsrahmen festlegen, in dem die künftige Kooperation zwischen Landesregierung und VWKonzern festgelegt werden muss. Sie, Herr Ministerpräsident, sollten sich endlich dieser Diskussion stellen und nicht weiter beleidigt in der Ecke sitzen.
Indem Sie sich weiter dunklen Verschwörungstheorien hingeben - wir haben es eben wieder gehört -, kämpfen Sie um Ihr eigenes politisches Überleben. Mit Verantwortung für VW und seine Beschäftigten hat das leider gar nichts zu tun.
Deshalb: Verlassen Sie endlich Ihre Schmollecke, und stellen Sie sich der Diskussion um die Zukunft!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Heere, Sie haben am vergangenen Freitag - wir reden hier ja viel über Spekulieren - in einer Pressemitteilung Ihrer Fraktion explizit behauptet, dass es sich bei den mittlerweile festgestellten und eingeräumten Vergabeverstößen um fahrlässige Fehler handelt. So steht das da ausdrücklich drin.
- Sie nicken. Gut.
Mittlerweile wissen wir ja auch, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt und die Dinge offensichtlich anders sieht. Offensichtlich hält es man es dort wohl für möglich, dass es sich um vorsätzliche Verstöße handelt; denn sonst müsste man nicht ermitteln.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Woher haben Sie die Erkenntnis, dass es fahrlässige Verstöße sind? Und wollen Sie diese Behauptung angesichts der Ermittlungen weiterhin aufrechterhalten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn ich angesichts der Ausschussempfehlung ahne, dass dieser Antrag hier nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, möchte ich doch das eine oder andere zu seiner Entstehungsgeschichte beitragen.
Dieser Antrag ist aus der tiefen Sorge um die Handlungsfähigkeit der Niedersächsischen Landesregierung geboren worden.
- Herr Will, wir haben wirklich den Fehler gemacht, Aussagen von Teilen dieser Landesregierung ernst zu nehmen. Herr Lies betont ja zu Recht immer wieder: A 20 und A 39 sind wichtige Verkehrsverbindungen, die wir in Niedersachsen geplant haben und die auch gebaut werden müssen. - Herr Minister, da befinden Sie sich vollkommen auf der richtigen Linie. Auch wir als CDU sind der Meinung: Diese Straßen müssen in Niedersachsen unbedingt gebaut werden.
So waren wir in tiefer Sorge, als wir im März von kleineren Meinungsverschiedenheiten im Bundesrat gehört haben. Wer die Begriffe „Wenzel“, „Bundesrat“ und „Autobahn“ googelt, der gelangt in der Tat zu besorgniserregenden Überschriften: „RotGrün streitet über Autobahnausbau“ - so der NDR. „Weil greift in Streit ein - rot-grüner Regierungskrach um Autobahn“ - so die NOZ. „Ministerstreit um Autobahn“ - so im Neuen Deutschland; die gibt es auch noch.
- Unglaublich!
Ich gebe allen eine Chance - auch diesem Minister. Den wollten wir unterstützen. So haben wir gesagt: Wir nehmen ihn vor Herrn Wenzel in Schutz! - Dann aber kamen Sie, Herr Limburg, und haben uns in der ersten Beratung erklärt: Das ist alles nicht so gewesen. Riesige Meinungsverschiedenheiten? - Es gab gar keinen Krach! - Sie haben einen wunderbaren Satz formuliert. Ich habe mir die Protokolle über die erste Beratung noch einmal durchgelesen. Dieser Satz ist einmalig. Sie sprechen dort über die Grundlagen des Handelns der Landesregierung im Bundesrat. Der betreffende Satz lautet:
„Grundlage für die Entscheidungen sind die rechtlichen und gesetzlichen Grundlagen, der Koalitionsvertrag und natürlich politische Entscheidungen der Ressorts und der Landesregierung als Ganzes.“
Der Satz ist so gut, dass er irgendwann mit Sicherheit Eingang in ein juristisches Lehrbuch finden wird. Davon bin ich überzeugt.
Die juristischen Lehrbücher haben aber nur ein Problem: Sie sind manchmal in ihrer Aussage nicht so fürchterlich klar. So auch dieser Satz. Deswegen hat Herr Will dann versucht, ihn zu präzisieren, und hat gesagt: Schaut doch mal in die Koalitionsvereinbarung hinein! - Dann haben Sie gesagt: Wenn wir da hineinschauen, würde dort stehen - so zitiere ich Sie -, dass die wichtigen Fernstraßenverkehrsmaßnahmen in Niedersachsen alle weitergeplant, weiter auf den Weg gebracht und selbstverständlich nach Planung auch gebaut werden.
Sie sagen also: Weitergeplant, auf den Weg gebracht und auch gebaut werden. - Herr Will, genau da liegt der Hase im Pfeffer. Ich habe noch einmal in die Koalitionsvereinbarung hineingeschaut; denn ich erinnerte mich nicht, das so gesehen zu haben. Tatsächlich steht darin Folgendes - ich zitiere das, damit wir uns nicht darüber streiten -: Unter diesen Maßgaben werden die Planungen zur A 20 und A 39 mit eingeschränktem Mitteleinsatz weitergeführt, um klare Aussagen des Bundes zur Gesamtfinanzierung und zum Untersuchungszeitraum zu erhalten. - Von Bauen keine Spur! Das ist die Wahrheit, Herr Will.
In Ihrer Koalitionsvereinbarung steht vieles. Aber was dort nicht geschrieben steht, ist, dass die A 20 und A 39 irgendwann tatsächlich gebaut werden. Das ist das, was wir kritisieren, meine Damen und Herren. Denn wir wollen, dass diese Autobahnen gebaut werden.
Herr Will, das ist genau der Aufreger bei uns. Man kann in einer Koalition mal unterschiedlicher Meinung sein, auch bei wichtigen Punkten. Das kenne ich noch vom Mindestlohn und der FDP.
Der Unterschied ist: Wir haben immer ganz deutlich gesagt: Ja, hier gibt es eine Meinungsverschiedenheit; die werden wir nicht lösen. - Was Sie machen, ist: Sie werfen Nebelkerzen und versuchen den Eindruck zu erwecken, dass es gar keine Meinungsverschiedenheiten gibt und diese Straßen gebaut werden. - Das, meine Damen und Herren, ist eine Art von Volksverdummung, die man sich verbieten muss.
Wir diskutieren hier über Politikverdrossenheit, und Sie tragen mit Ihrer Eierei dazu bei.
Nun hat sich auch noch der Ministerpräsident in die Debatte eingeschaltet. Herr Weil kam dann auf das Podium und sagte, dieser Antrag sei der Versuch, Rot und Grün auseinanderzudividieren. - Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dies war überhaupt nicht das Ziel unseres Antrags.
Das Ziel unseres Antrags war es, Sie zu klaren und verlässlichen Aussagen zu bewegen. Denn Auseinanderdividieren müssen wir Rot und Grün ja schon lange nicht mehr, weil Sie das ja selber auch im eigenen Interesse machen.
Sie werden mit Sicherheit ebenso wie ich die Berichterstattung zum Landesparteitag der Grünen gelesen haben. In der NWZ vom 12. Juni 2017 war zu lesen: „Grüne grenzen sich von SPD ab“. Wie kann man uns dann sagen, dass wir Sie auseinanderdividieren?
Nun ist es natürlich wenig elegant, sich selbst zu zitieren. Ich kann es mir aber nicht verkneifen, zu sagen, dass ich diese - - -
- Ja, gut. Ich habe diese Profilierungskampagne der Grünen in der ersten Beratung dieses Antrags vorhergesagt. Das war auch ganz einfach; denn damals waren die Grünen in den Umfragewerten bundesweit über Wochen hinweg bereits bei 7 % gelandet. Dann ist der Abstand zu 5 % nicht mehr weit. Es war klar, dass Panik ausbrechen würde.
Frau Piel, dass Sie auf dem Landesparteitag die Frage gestellt haben: „Braucht man uns noch?“, hat mich nicht verwundert. Ich bin nur zu höflich, um diese Frage zu beantworten. Aber eines will ich tun.
Bei der ersten Beratung habe ich Ihnen einen Tipp gegeben, was Sie tun sollten, damit Sie nicht unter die 5 % geraten, und habe Ihnen empfohlen, sich einen Heilsbringer à la Martin Schulz zu suchen. Von dieser Empfehlung nehme ich jetzt Abstand.
- Nehmen Sie es einfach einmal an, Frau Piel. Es gibt ja für Sie auch eine gute Nachricht - und leider auch eine schlechte Nachricht. Liebe Frau Piel, die gute Nachricht ist: Seit der ersten Beratung haben Sie es jetzt geschafft, bundesweit bei Forsa wieder von 7 auf 8 % zu steigen. Die für Sie schlechte Nachricht ist: Seit Mai auch landesweit bei 8 %. - Wenn Sie mich fragen - da bin ich ganz ehrlich -: Das ist auch gut so!
Herr Kollege Limburg, wir beide sind ja Juristen. Ich weiß auch, dass Sie im Staatsrecht durchaus bewandert sind. Die Transparenzfunktion eines Parlaments ist Ihnen sicherlich bekannt.
Für alle, die es nicht wissen: Die Transparenzfunktion eines Parlaments besagt, dass hier Debatten geführt werden, um insbesondere der Öffentlichkeit transparent zu machen, worin sich Parteien unterscheiden und welche Positionen diese Parteien und ihre Fraktionen vertreten, damit die Wähler in einer Demokratie ihre Wahlentscheidungen danach ausrichten können.
Das ist die Transparenzfunktion eines Parlaments. Um sie erfüllen zu können, Herr Kollege Limburg, bedarf es einer gewissen Offenheit und Ehrlichkeit. So frage ich Sie jetzt ganz offen - sagen Sie es doch bitte einfach einmal -: Sollen, wenn denn das Geld da ist, die Planung vorliegt und Sie es entscheiden können, die A 39 und A 20 im Hinblick auf das, was bei Ihrem Landesparteitag jetzt am Wochenende besprochen worden ist, gebaut werden oder nicht gebaut werden? - Antworten Sie bitte nicht wieder, das eine sei die Partei und das andere sei die Fraktion! Denn das haben die Bürger in diesem Lande wirklich nicht verdient. Sie haben ein Recht darauf, dass hier endlich einmal klare Worte gesprochen werden.
Vielen Dank, Herr Minister. - Nachdem Herr Limburg eben, vor ca. 60 Minuten, in aller Deutlichkeit erklärt hat, dass mit Ihrem grünen Koalitionspartner A 39 und A 20 nicht gebaut werden, stellen Sie sich 60 Minuten später hierhin und sagen wortwörtlich: Und sie werden gebaut, im nächsten Jahr! - Sagen Sie mir bitte: Mit welcher politischen Mehrheit?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben hier viel Positives vorgetragen, zu dem Sie aber aus unserer Sicht - das will ich zusammenfassend sagen - nicht erkennbar beigetragen haben.
Diese Regierungserklärung war vor allem eines: Sie war der Versuch abzulenken - abzulenken von den unglaublichen Vorwürfen, die im Zusammenhang mit Vergabeverfahren gegen das engste Umfeld des Ministers und damit auch gegen den Minister selbst erhoben werden.
- Liebe Frau Modder, ich kann es Ihnen nicht ersparen. Das werden Sie sich jetzt noch 27 Minuten lang anhören müssen.
Herr Minister, ich habe gehört, einige in Ihrer Fraktion halten diese Regierungserklärung für mutig. Wir hingegen fragen uns: Für wie schlicht halten Sie Parlament und Öffentlichkeit, dass Sie glauben, man würde Ihnen bei diesem Trick auf den Leim gehen?
Die Taktik ist so simpel wie durchschaubar: „Seht her, was ich alles Gutes vollbracht habe - da kommt es doch auf ein paar Mauscheleien im Ministerbüro nicht an.“
Herr Minister, das funktioniert nicht! Stattdessen haben Sie mit dieser Regierungserklärung zu diesem Zeitpunkt die Generaldebatte über Ihre Person und das, was Sie bisher geleistet haben, eröffnet - eine Debatte, die wir gern führen wollen.
Beginnen wir historisch, betrachten wir den Abgeordneten Olaf Lies und die zurückliegende 16. Wahlperiode! Das war die Zeit, in der Sie die Ansprüche formuliert haben, an denen wir Sie heute messen wollen. Wir erinnern uns an die Debatten über die Einführung eines Mindestlohns. Wir erinnern uns an Ihren Kampf für Arbeitsplätze an der deutschen Nordseeküste
und Ihre Versprechungen gegenüber den Beschäftigten der Nordseewerke. Und wir erinnern uns daran, dass Sie mit Missständen in der niedersächsischen Fleischwirtschaft endgültig aufräumen wollten.
Das war Ihre Agenda beim Amtsantritt 2013 und wird von Frau Modder ja auch gerade bestätigt.
Und was haben Sie daraus gemacht?
Über den Mindestlohn wurde zwischenzeitlich in Berlin entschieden. Was in Niedersachsen blieb, war ein Vergabegesetz, das nun überflüssigerweise den Mindestlohn bei öffentlichen Ausschreibungen regelt, das darüber hinaus die niedersächsische Wirtschaft mit einer unglaublichen zusätzlichen Bürokratie belastet und das außerhalb der Bürokratie keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen hat.
Herr Minister, ebenso bescheiden war Ihr Einsatz für die Leiharbeiter in der niedersächsischen Fleischwirtschaft. Hier ist erst jetzt wirklich Abhilfe geschaffen worden, und zwar wieder in Berlin mit einem Gesetz, das die Generalunternehmerhaftung für Löhne in den Schlachtbetrieben einführt.
Sie, Herr Minister, haben nicht zu diesem Gesetz beigetragen. Ich zitiere die Süddeutsche Zeitung vom 1. Juni 2017:
„So bemerkenswert wie der Inhalt ist an diesem Gesetz aber auch sein Entstehen. Denn es ist das Ergebnis eines vertraulichen Zirkels von Abgeordneten um den UnionsPolitiker Schiewerling.“
Sie, Herr Minister, waren nicht Teil dieses Zirkels. Man hat das Problem auch so gelöst - ganz ohne Ihren Einsatz.
Und wirklich drastisch fällt die Bewertung Ihres Einsatzes für die Beschäftigten der Nordseewerke
aus. Bei Übernahme der Regierungsgeschäfte im Jahr 2013 gab es noch 750 Beschäftigte, deren Arbeitsplätze Sie retten wollten. Zwei Jahre später waren es noch 188. Im Herbst 2015 wurden dann ganze 51 Mitarbeiter beim Nachfolgeunternehmen beschäftigt. 110 Mitarbeiter wechselten zu einer Transfergesellschaft, die Ende Februar 2016 den Betrieb einstellte. - 51 Gerettete von 750, Herr Minister, das ist Ihre Bilanz!
Das ist insgesamt die traurige Bilanz Ihrer zentralen Versprechen zu Beginn der Amtsgeschäfte.
Aber auch, wenn wir Ihre Versprechen hinter uns lassen: Bei anderen Themen wird die Bilanz auch nicht besser. Schauen wir auf Ihr Agieren im Fall Homann. Die Homann-Manager wollten einfach nicht mehr mit Ihnen reden. Das führte dann zu Berichten wie dem in der NOZ vom 27. April 2017:
„Minister Olaf Lies sieht sich von MüllerManager Heiner Kamps düpiert.“
Herr Minister, statt sich beleidigt in die Ecke zu stellen, sollten Sie darüber nachdenken, warum man Sie offensichtlich für so unwichtig hält, dass man auf Gespräche mit Ihnen verzichten kann.
Für dieses Phänomen will ich Ihnen ein weiteres Beispiel nennen.
Da machen Sie sich vor wenigen Tagen mit Teilen Ihrer Fraktion und der Landespresse auf den Weg, um den JadeWeserPort zu besuchen,
einem Hafen, von dem Sie regelmäßig behaupten - eben auch wieder -, dass Sie sich für seine Auslastung weltweit erfolgreich eingesetzt haben.
Nun sollte man doch meinen, dass dieser Einsatz von dem Betreiber des Hafens, der Firma Eurogate, honoriert wird. Aber was passiert stattdessen? - Ich zitiere die NWZ vom 10. Juni 2017:
„Kaum tauchten die Parlamentarier mit fünf niedersächsischen Journalisten auf, sorgten
Mitarbeiter des Hafenbetreibers Eurogate für einen Eklat. Mit rüden Worten wurden alle Korrespondenten aus dem Konferenzraum geworfen, in dem die Abgeordneten aktuelle Informationen erhalten sollten.“
Unglaublich! - Es wird aber noch schlimmer. Ich zitiere weiter:
„Wie peinlich. Denn Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), dessen Ministerium Aufsicht über Eurogate führt, solidarisierte sich sofort mit den Journalisten - und ging ebenfalls.“
Das ist nun wirklich peinlich, und zwar deshalb, weil wir erwartet hatten, dass dieser Minister statt zu flüchten zum Telefon greift und in einem persönlichen Gespräch mit irgendwelchen Verantwortlichen von Eurogate dafür sorgt, dass das Gespräch mit den Journalisten natürlich stattfinden kann.
Aber vermutlich wussten Sie nicht einmal, wen Sie überhaupt anrufen sollten.
Man kann diesen Vorgang als Kleinigkeit abtun. Aber daran wird so wunderbar deutlich, woran es dem Minister fehlt. Wenn es nicht einmal gelingt, mit Managern zu reden, die den Minister auf zahlreichen Delegationsreisen begleitet haben, deren Unternehmen diesem Minister - nach seinen Aussagen - so viel zu verdanken haben, wenn selbst
da der Einfluss bei absolut Null ist, wie wollen Sie denn in Niedersachsen überhaupt noch etwas durchsetzen?
Herr Minister, ähnliche Erlebnisse hatten wir ja auch immer wieder beim Thema VW. So waren wir beispielsweise fassungslos, als die Deutsche Presse-Agentur während einer Plenarsitzung - vom Minister unbemerkt - den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen im Konzern verkündet hat. Und wir waren erst recht fassungslos, dass es dem Minister bis zum Schluss des Sitzungstages nicht gelungen ist, irgendeine Führungskraft des Konzerns zu erreichen, um den Wahrheitsgehalt dieser Meldung zu überprüfen.
Später hat es uns aber nicht mehr überrascht, dass Sie auf das weitere Geschehen infolge von Dieselgate überhaupt keinen erkennbaren Einfluss genommen haben. Vielleicht wollten Sie das auch gar nicht. Stattdessen haben Sie widerspruchslos zugelassen, dass eine VW-Managerin und Parteifreundin nach zwölf Monaten Tätigkeit mit mehr als 12 Millionen Euro entlohnt wird. Spätestens da haben Sie Ihre Unschuld als selbsternannter Arbeiterführer verloren.
Herr Minister, wer mit dem Anspruch angetreten ist, sich für einen fairen Umgang mit Beschäftigten einzusetzen, der darf auch nicht zulassen, dass über den Verlust eines Arbeitsplatzes im Losverfahren entschieden wird.
Man muss wahrlich kein Freund der Glücksspielwirtschaft sein, um eines zu erkennen: Es ist zynisch und zutiefst unmoralisch, wenn Tausende Beschäftigte in dieser Branche darauf hoffen müssen, dass ihnen das Losglück hold ist, damit sie ihren Arbeitsplatz behalten können.
Unabhängig von der juristischen Beurteilung: Über menschliche Schicksale darf niemals das Los entscheiden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs Folgendes anmerken: In meinem folgenden Redebeitrag - ich rede über Verkehr und Grüne - darf Frau Menge nicht fehlen. Die Kollegin wird in einer kleinen kritischen Bemerkung Eingang finden. Da sie heute nicht da ist, wünsche ich der Kollegin Menge an dieser Stelle alles Gute, eine gute Genesung. Ich schätze sie durchaus als kämpferische Kollegin.
Nun zum vorliegenden Antrag: Er befasst sich mit drei Hauptakteuren. Der eine Akteur ist der, der Straßen bauen will, der andere Akteur ist der, der Straßenbau verhindern will, und schließlich gibt es den, der zwischen den Fronten steht oder sitzt.
Der, der die Straßen bauen will, ist unser Wirtschaftsminister Olaf Lies. Die Zeiten, sein Vorhaben zu verwirklichen, sind günstig. Der Grund dafür ist der aktuelle Bundesverkehrswegeplan. Das hat Olaf Lies auch selbst bemerkt. In einer Pressemitteilung seines Hauses vom 3. August 2016 hat er wie folgt erkannt:
„Unser Bundesland profitiert im Vergleich zum letzten Bundesverkehrswegeplan überproportional. … Wir können mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein.“
Die Aussage ist bemerkenswert, lieber Kollege Will, schon deshalb, weil diese Landesregierung niemals müde wird, auf beinahe jedem Politikfeld die mangelnde Unterstützung des Bundes zu beklagen. Wann immer Sie die Dinge nicht voranbringen, ist der Bund schuld, Berlin soll es richten. - Wir sind es leid, das zu hören.
Bei den Fernstraßen ist es jetzt endlich einmal geschehen. Da gibt es das Zugeständnis, dass man in Berlin sehr wohl bemüht ist, Niedersachsens Infrastruktur voranzubringen. Dafür noch einmal herzlichen Dank an die Bundesregierung!
- Herr Schminke, es wird Sie nicht überraschen, dass mich überhaupt nicht interessiert, dass Sie das anders sehen.
Die Unterstützung des Bundes ist auch dringend geboten, weil wir in Niedersachsen seit Jahren für bedeutende Infrastrukturvorhaben kämpfen. Ich nenne beispielhaft die A 20, die A 39 und die E 233. Diese Projekte sind nun endlich dank eines unionsgeführten Bundesministeriums im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. So stellt der Landeswirtschaftsminister in einer Pressemitteilung zu Recht zum aktuellen Bundesverkehrswegeplan fest:
„Der Plan enthält sehr wichtige Weichenstellungen für die Zukunft unseres Landes.“
In einem Artikel in der Celler Presse vom 16. März 2016 - ebenfalls zum Bundesverkehrswegeplan - wird Minister Lies mit den Worten zitiert:
„Jetzt ist der Norden dran.“
Leider hat sich Herr Minister Lies an dieser Stelle zu früh gefreut. Denn nun kommt der ins Spiel, der den Bau von Fernstraßen verhindern will oder den Bau von Fernstraßen verhindern muss. So genau weiß man das nicht bei unserem Umweltminister. Sicher ist jedoch: Für viele grüne Landespolitiker ist die Verhinderung des Ausbaus von Fernstraßen ein Herzensanliegen - leider. So wird die Kollegin Menge in diesem Hause nicht müde, die CDU und auch die FDP regelmäßig als „Betonpartei“ zu beschimpfen. Die Kollegin ist da zumindest immer sehr offen und ehrlich. Aber da endet auch die Anerkennung.
Ich bleibe dabei: Unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung des Fernstraßenausbaus - im
Flächenland Niedersachsen ist Ihre grüne Verkehrspolitik, liebe Frau Piel, lebensfremd, zynisch und menschenfeindlich.
Vor wenigen Tagen sind die neuesten Zahlen der Arbeitsagentur Niedersachsen/Bremen zum Pendelverhalten unserer Arbeitnehmer veröffentlicht worden. Danach ist die Zahl der Menschen, die in Niedersachsen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz pendeln, zwischen 2011 und 2016 auf jetzt 34 % gewachsen. Jeder Dritte muss Morgen für Morgen teils über mehr als 100 km zu seinem Arbeitsplatz fahren und das meist mit dem eigenen Kraftfahrzeug oder in einer Fahrgemeinschaft.
- Nein, die machen das nicht gerne, aber die müssen es. Es ist ja das Zynische, dass Sie den Menschen unterstellen, dass sie es gerne machen.
Die würden vielleicht auch gerne mit dem Fahrrad fahren.
Die Zahl derjenigen, die auf die Bahn ausweichen können, ist leider überschaubar. Das sieht man am Beispiel Wolfsburg. 77 500 Beschäftigte pendeln täglich in diese Stadt. 3 000 wohnen in Hannover. Sie können zwar die ICE-Verbindung zwischen beiden Städten nutzen. Zehntausende quälen sich aber Tag für Tag, von Norden kommend, über die B 4 nach Süden.
Andere kämpfen sich im Westen unseres Landes über die völlig verstopfte E 233. Wer das einmal mitgemacht hat, weiß: Zum Teil geschieht das unter Einsatz ihres Lebens. Das sind nicht unbedingt Ihre grünen Wähler. Aber das sind hart arbeitende Menschen in diesem Lande.
Anders als Frau Menge oder Frau Piel, die den Bundesverkehrswegeplan in der jetzigen Form als „vorgestrig“ bezeichnet hat, haben Sie, Herr Wenzel, noch nicht erklärt, ob Ihnen diese nicht zu Ihrer Kernklientel gehörenden Menschen ebenfalls gleichgültig sind.
Was Ihnen aber natürlich nicht gleichgültig ist, ist die kommende Bundestagswahl - und hier insbesondere das Abschneiden der Grünen. Wir erinnern uns: 2013 war das Ergebnis für Ihre Partei nicht so berauschend. 8,5 % - das nannten Spit
zenpolitiker der Grünen „bitter enttäuschend“. Eine herbe Niederlage wurde eingeräumt. Da wird man jetzt natürlich nervös, wenn man Woche um Woche bundespolitisch weiter absackt, bei Forsa seit Mitte März stabil auf gerade noch einmal 7 %. Ohne einen grünen Heilsbringer à la Martin Schulz starten Sie in die bundespolitische Katastrophe.
Das, lieber Herr Wenzel, ist der Grund, weshalb Sie nun eine Art grüne Profilierungskampagne starten. Deswegen beispielsweise diese unsägliche Regierungserklärung von Mittwochmorgen und das wehmütige Erinnern an die guten alten Zeiten der Antiatombewegung. Back to the Roots - das ist jetzt bei Ihnen angesagt.
Deswegen auch dieses vermeintliche Husarenstück im Bundesrat. Da war der Bundesverkehrswegeplan vor wenigen Wochen noch einmal Thema, um darüber zu beraten, wie man verhindern kann, dass die privilegierten Vorhaben des Plans auf dem Rechtsweg doch noch zu Fall gebracht werden können. Dazu wollte man den Rechtsweg gegen die Realisierung dieser Vorhaben verkürzen. Das ist ein Verfahren, das sich bereits bei den Verkehrsprojekten zur Deutschen Einheit bewährt hat. Das ist ein Ansinnen im Interesse aller, die seit Jahrzehnten auf die betreffenden Straßen warten - ein Ansinnen im Interesse des Landes Niedersachsen und damit - so sollte man denken - auch im Interesse unserer Landesregierung.
„Jetzt kommt der Norden!“, so Olaf Lies. Und dann passiert Folgendes: Stefan Wenzel tritt auf die Bremse, und zwar kräftig.
In einem völlig unabgestimmten Alleingang beantragt dieser Minister im Umweltausschuss des Bundesrates, die für unser Land so wichtigen Fernstraßenprojekte von der Beschleunigung auszunehmen. Das ist ein Schlag in das Gesicht seines Kabinettskollegen - brutal und offensichtlich ohne jede Warnung. Ein in der Geschichte des Bundesrates ziemlich einmaliger Vorgang, der sich so bitte niemals wiederholen sollte!
Der, der das verhindern könnte, ist der Ministerpräsident dieses Landes. Das ist der dritte Akteur bei diesem Antrag. Herr Ministerpräsident, Aufgabe der von Ihnen geführten Staatskanzlei ist die Ressortkoordinierung. Die Geschäftsordnung der Landesregierung enthält sogar eine entsprechende Bestimmung, in der geregelt ist, wie bei Meinungs
verschiedenheiten innerhalb der Landesregierung zu verfahren ist.
Herr Ministerpräsident, es ist schlimm genug, dass Ihr Koalitionspartner offen gegen die Interessen des Landes und ebenso offen gegen die Politik Ihrer Landesregierung agiert. Aber noch viel schlimmer ist, dass Sie das so unbekümmert zulassen.
Wir haben uns in diesem Haus daran gewöhnt, dass es in der Staatskanzlei und in der Vertretung des Landes beim Bundesrat drunter und drüber geht. Wir erinnern uns an das unsägliche Abstimmungsverhalten des Landes, als es darum ging, Verbrennungsmotoren in der EU bis 2030 gänzlich zu verbieten. Und wir erinnern uns daran, wie Sie völlig unberührt in Kauf genommen haben, dass Tausende von Verbrauchern verunsichert wurden, weil sie überlegen mussten, ob es überhaupt noch Sinn hat, ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor für einen längeren Zeitraum anzuschaffen. Und das im Automobilland Niedersachsen! Das war selbst dem grünen Ministerpräsidenten Kretschmann zu viel.
Sie, Herr Ministerpräsident, sollten allmählich dafür Sorge tragen, dass Ordnung in diese Regierung und ihr Handeln kommt. Die Sorge Ihres Koalitionspartners ist verständlich. Unverständlich bleibt, dass das ganze Land unter der Nervosität Ihres Koalitionspartners leiden muss. Daher fordern wir Sie auf: Rügen auch Sie öffentlich den unerträglichen Alleingang Ihres Ministers im Interesse aller, die auf neue Infrastruktur in Niedersachsen warten!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Will, Sie haben mich offensichtlich nicht verstanden. Ich habe den Wirtschaftsminister des Landes Niedersachsen ausdrücklich dafür gelobt - und ich will es noch einmal tun -, dass er die richtigen Projekte angemeldet und dafür gesorgt hat, dass diese Projekte im Bundesverkehrswegeplan enthalten sind. Wogegen wir uns wenden, ist, dass der Umweltminister dem Wirtschaftsminister jetzt in die Parade fährt und all diese Mühen kaputt macht, sodass die Arbeit umsonst war. Das ist das Problem!
Ich will Ihnen sagen, was uns Sorgen macht: Sie ziehen durch die Lande und werben bundesweit für eine rot-rot-grüne Koalition in Berlin. Und wissen Sie, was die vorhat? - Das hat Frau Piel in der Zeitung gesagt, das kann man nachlesen:
„Anja Piel, Fraktionsvorsitzende: ,Es mag sein, dass trotz aller Kritik der Entwurf des Bundesverkehrswegeplans großkoalitionär beschlossen wird.ʼ Doch dem nächsten Re
gierungswechsel in Berlin könne dieser ,vorgestrigeʼ Plan nicht standhalten.“
Und dann werden genau die Projekte aufgezählt, die den Menschen wichtig sind: die A 20, die A 39 und die E 233.
Was Sie hier machen, ist Volksverdummung, nichts anderes! Sie fahren durchs Land und erzählen den Menschen, die Straßen würden gebaut, aber heimlich arbeiten Sie daran, dass in Berlin alles wieder gekippt und dieses ganze Vorhaben beerdigt wird. Sagen Sie den Menschen doch endlich die Wahrheit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Modder, vieles von dem, was Sie gesagt haben, kann man unterstreichen. Aus Sicht der CDU will ich aber an dieser Stelle dreierlei sagen.
Erstens. Wir unterstützen die Bemühungen des DGB, Deutschland noch ein Stück gerechter zu machen.
Zweitens. In Deutschland herrscht bereits heute ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit.
Drittens. Mit Martin Schulz wird es in Deutschland nicht gerechter werden.
Ad eins: Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ist pure DNA der CDU.
- Herr Tanke, Ihre Geschichtsvergessenheit überrascht mich. Es war Ludwig Erhard, der gesagt hat, wie es geht. „Wohlstand für alle“ - das war keine leere Phrase, sondern ein politisches Programm. Wir wollen soziale Gerechtigkeit nicht nur aus christlicher Überzeugung oder sozialem Empfinden. Wir wollen soziale Gerechtigkeit auch deshalb, weil soziale Marktwirtschaft nur dann funktioniert, wenn alle wissen, dass sich ihr Einsatz lohnt und sie an den Erfolgen dieser Wirtschaftsordnung teilhaben können.
Das, lieber Herr Tanke, weiß auch unsere Wirtschaft. Erfolgreiche Unternehmen verdienen nicht, obwohl sie gute Löhne zahlen. Erfolgreiche Unternehmen verdienen, weil sie gute Löhne zahlen.
Ad zwei: Auch wenn wir ständig an der Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsordnung arbeiten, wissen wir, in puncto soziale Gerechtigkeit muss sich Deutschland nicht verstecken. Um unseren Wohlstand beneidet uns die Welt. In der Regel sind unsere Reichen nicht reicher als anderswo, aber in der Regel sind die, die nicht zu den Reichen zählen, keineswegs arm. Sie haben weniger
als die anderen, und so definieren wir in unserem Land ja auch den Armutsbegriff. Arm sind eben nicht die, die sich bestimmte Dinge nicht leisten können. Arm sind die, die weniger als 60 % des mittleren Einkommens aller anderen haben. Würden wir alle Einkommen verdoppeln, bliebe die Zahl der Armen nach dieser Statistik unverändert.
Dieses Verständnis von Armut mutet angesichts wirklicher Armut in weiten Teilen der Welt seltsam an.
Dies ist auch der Grund dafür, dass sich immer mehr wirkliche Arme auf den Weg machen, um dieses Land unter Einsatz ihres Lebens zu erreichen.
Ja, es gibt noch Ungerechtigkeiten in Deutschland. Frau Modder, da haben Sie recht. Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern ist ein Beispiel.
Aber: „Nein“ zu all denen, die behaupten, in unserem Land herrsche keine soziale Gerechtigkeit, und „nein“ zu all denen, die versuchen, soziales Unrecht flächendeckend herbeizureden.
Es war der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, der am 1. Mai 2016 gewarnt hat. Er hat gewarnt, dass die soziale Spaltung den Gegnern der Demokratie nutze.
Ich sage Ihnen: Soziale Spaltung ist nicht nur Folge eines materiellen Ungleichgewichts. Sozial spalten tut auch derjenige, der den Menschen wider besseres Wissen suggeriert, dass sie zu den Benachteiligten einer Gesellschaft gehören, und der diese vermeintlich Benachteiligten gegen die vermeintlich Bevorzugten in Stellung bringt.
Das ist der Gedanke, der mich zu Ihrem Kanzlerkandidaten der SPD führt. Sie haben den Antrag zur Aktuellen Stunde gestellt.
Wissen Sie, wer wie Martin Schulz ständig eine angebliche soziale Unwucht der Gesellschaft beklagt, wer diese vermeintliche Unwucht zum bestimmenden Faktor seiner Politik macht, der spaltet diese Gesellschaft.
Frau Modder, das System - das ist ja derzeit Mode - gibt den Menschen das Gefühl von Benachteiligung und verspricht ihnen dann, diese Benachteiligung zu bekämpfen. So gewinnt man derzeit leider weltweit Wahlen. Mit seriöser Politik hat das wenig zu tun.
Ich frage Sie: Wie glaubwürdig ist denn ein Politiker, der in seinem Job so viel Geld verdient hat wie kein anderer seiner Kaste,
der als Parlamentspräsident ein üppiges steuerfreies Sitzungsgeld - selbst an Heiligabend! - von jährlich 111 000 Euro kassiert hat,
wenn er überzogene Managergehälter geißelt?
Wie glaubwürdig ist denn ein Politiker, der weitere Rentengeschenke verspricht, aber den Menschen verschweigt, dass sie diese Geschenke mit immer höheren Rentenbeiträgen selbst finanzieren müssen?
Und wie glaubwürdig ist ein Politiker, der die vermeintliche Armut beklagt, aber Steuersenkungen kategorisch ausschließt?
Meine Damen und Herren, der DGB muss weiter um soziale Gerechtigkeit kämpfen; das ist seine Aufgabe. Aber er sollte wissen, mit wem er diese Gerechtigkeit tatsächlich erreichen kann.
Dieses Land hat natürlich seine Probleme, aber es gibt keinen Grund, dieses Land und seine Gesellschaft schlechtzureden - auch dann nicht, wenn man unbedingt Kanzler dieses Landes werden will.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Will, man reibt sich verwundert die Augen und fragt sich, warum die SPD-Fraktion gerade dieses Thema zur Aktuellen Stunde angemeldet hat.
Das Thema ist in der Tat wichtig. Nun mag man sich fragen, warum etwas für jemanden wichtig ist. Ich kann Ihnen sagen, was für uns wichtig ist. Für uns sind die betroffenen Menschen, deren Zukunft und deren Arbeitsplätze wichtig. Das ist das, was uns umtreibt.
Bei Ihnen hingegen kommt man ein wenig ins Grübeln. Ich habe lange nachgedacht und weiß jetzt, dass Ihnen Folgendes wichtig ist: Sie wollen Schaden abwenden. Sie wollen den Schaden begrenzen - Schaden, den diese Landesregierung verursacht hat! Das ist Ihr Motiv.
Weshalb ist Ihnen dieser Schaden entstanden? - Herr Will, die Menschen sind nicht so einfältig, wie Sie glauben. Ein besonderes Beispiel, wie einfältig Menschen aus Ihrer Sicht offenbar sind, hat Herr Lies am 2. Februar dieses Jahres geliefert. Da kamen 300 streikende Beschäftigte der Straßenmeistereien nach Hannover, um hier die Pläne der Bundesregierung für eine Bundesautobahngesellschaft zu diskutieren, und Herr Lies stellte sich hin und sagte: Diese Pläne sind alle Blödsinn!
Ich kann nur sagen: Das, Herr Lies, hätte Ihnen ein wenig früher einfallen müssen.
Es waren doch Sie und diese Landesregierung, die diese Menschen verkauft haben.
Sie haben sich auf den Tauschhandel eingelassen, der da lautet: „Geld gegen die Abgabe von Kompetenzen“ oder anders gesagt: „Straßenbauverwaltung gegen Finanzausgleich“. So ist es doch gewesen.
Und das auch noch gegen eine eindeutige Entschließung des Niedersächsischen Landtags!
Meine Damen und Herren, und das Schlimme ist: Es war sogar noch ein schlechter Tausch.
Die Beschäftigten sind geradezu verramscht worden. Kaum ein Bundesland ist bei der Neuordnung der Länderfinanzen schlechter behandelt worden
als unser Bundesland, und der Preis war auch noch zu niedrig.
Nun könnte man sagen, dass das irgendwie durchgerutscht sei. Aber das Schlimme ist: Sie haben es gewusst. Deswegen gibt es diese wunderbare kleine Protokollnotiz.
Darin wird gesagt: Eigentlich sind wir dagegen; das ist gar nicht so gut. - Aber, Herr Ministerpräsident, Ihnen fehlte der Mut, Ihre Stimme im Bundesrat zu erheben, die Interessen der Betroffenen deutlich zu vertreten und dagegenzustimmen.
Und weil Sie das alles wissen, Herr Will, beginnen Sie nun kleine Ablenkungsmanöver.
Das ging los im November 2016, als Sie erstmalig gegen die Privatisierung der Fernstraßen gewettert haben. Mein Kollege Bley hat damals schon zu Recht darauf hingewiesen, dass das überhaupt nicht diskutiert wird.
Ihr Plan ist durchsichtig. Sie suggerieren, dass etwas viel Schlimmeres im Raum steht, und deswegen sei die Missachtung des Landtagsbeschlusses in der jetzigen Form nicht so schlimm, daher könne man die Sorgen der Menschen ein wenig zurückstellen. - Das ist unredlich!
Denn natürlich ist die Sorge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berechtigt. Da muss man endlich ehrlich sein.
Herr Will, Sie haben recht: Die niedersächsische Straßenbauverwaltung hat in der Vergangenheit eine super Arbeit gemacht. Das war leider nicht in allen anderen Bundesländern so, insbesondere nicht in Bundesländern, die von der SPD regiert werden.
Aber unsere Mitarbeiter haben einen super Job gemacht, und deswegen verdienen sie mehr als Ihre Lippenbekenntnisse.
Bieten Sie ihnen konkret Ersatzarbeitsplätze im Landesdienst! Verhandeln Sie Standortgarantien mit Berlin! Werden Sie doch endlich einmal konkret! Das ist Ihre Verpflichtung.
Meine Damen und Herren von SPD und Grünen, Sie haben die Beschäftigten verkauft. Tun Sie jetzt wenigstens, was möglich ist, um Personalübergänge sozial zu gestalten! Hören Sie auf, eine Entwicklung zu bejammern, die Sie selbst zu verantworten haben!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einige Worte zur Geschichte dieses Antrags sagen. Dieser Antrag ist in einer Zeit geboren, in der man in den Zeitungen vieles über Flüchtlingszahlen gelesen hat. Ich zitiere den Tagesspiegel vom 20. Januar 2016:
„Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil rechnet für 2016 mit mehr als 2 Millionen Flüchtlingen in Deutschland …“
Wie vieles, was diese Landesregierung prognostiziert hat, ist auch das nicht eingetreten. Aber es sind schon einige gekommen. Wir gehen davon aus, dass auch weiterhin Flüchtlinge zu uns kommen werden.
Nun haben wir damals gesessen und gerechnet: 2 Millionen Flüchtlinge für Deutschland, 200 000 Flüchtlinge für Niedersachsen. Als wir im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung über das Landes-Raumordnungsprogramm gesprochen haben, haben wir uns gefragt: Welche Folgen hat dieser Bevölkerungszuwachs für die Landesraumordnung?
Dem lagen folgende Überlegungen zugrunde: Wenn Hunderttausende Menschen nach Niedersachsen kommen, dann muss man sich die Frage stellen: Wo werden sie leben? - Irgendwo müssen sie ja hin. Leben sie in den Städten? Leben sie auf dem flachen Land? Leben sie im Norden, im Süden?
Wenn man weiß, wo sie künftig leben werden, muss man sich die Frage stellen, ob man möglicherweise die Landesraumordnung den veränderten Prognosen über die Bevölkerungsentwicklung anpassen muss. Das war die simple Frage, mit der es losging.
Die Antworten der Landesregierung waren dann für uns doch überraschend. Zunächst wurde gesagt: Wir können überhaupt keine Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung für die Landesraumordnung erkennen. - Bei weiterem Nachfragen wurde dann gesagt: Im Übrigen gehen Flüchtlinge dorthin, wo sie hinwollen. - Wie soll man das eigentlich steuern und beeinflussen? Wenn man es nicht steuern und nicht beeinflussen kann, dann muss man auch nicht im Rahmen der Landesraumordnung darauf eingehen.
Das ist der Ansatzpunkt dieses Antrages. Meine Damen und Herren, wir glauben, dass man Flüchtlingsbewegungen sehr wohl beeinflussen und steuern kann. Wir glauben auch, dass man Flüchtlingsbewegungen beeinflussen und steuern muss. Ich will Ihnen dafür ein praktisches Beispiel nennen, damit man es wirklich versteht.
Wir hatten vor einigen Monaten den Vorschlag des Oberbürgermeisters von Goslar, der gesagt hat: In meiner Stadt gibt es extrem viele leerstehende Häuser und Wohnungen. Ich will mehr Flüchtlinge
in meiner Stadt haben. - Ich muss ganz ehrlich sagen, ich empfand diesen Vorschlag damals als zu kurz gesprungen, weil ich mich gefragt habe: Was nützt es, wenn die Flüchtlinge nach Goslar kommen? Da sitzen sie dann in den Wohnungen, aber ihnen fehlen Arbeitsplätze, und sie fühlen sich dort eigentlich nicht wohl, nicht zu Hause und können nicht integriert werden.
Aber anders wird ein Schuh daraus, wenn man weiß, dass in derselben Stadt Arbeitsplätze frei sind.
- Im Bereich des Fremdenverkehrsgewerbes, weil Bedienungen in Hotels und in der Gastronomie gesucht werden. Ja, auch dort sind Arbeitsplätze frei.
Insofern stellt sich die Frage: Was kann man jetzt tun, um das alles zueinander zu bringen? - Ich will die Frage vom Beispiel Goslar loslösen, liebe Frau Emmerich-Kopatsch, weil Sie da aufgrund persönlicher Befindlichkeiten - so habe ich den Eindruck - irgendwie persönlich betroffen sind. Wenn es in Niedersachsen Städte gibt, die sagen: „Ja, wir haben Wohnraum, wir haben Arbeitsplätze, wir könnten Menschen und Fachkräfte gebrauchen!“, dann muss man doch versuchen, das zusammenzubringen.
Da macht man dann Folgendes und sagt: Ja, hier ist der Wohnraum. Wir geben den Eigentümern der Häuser die Möglichkeit, sie ein bisschen zu sanieren. Wir legen Sprachkurse genau in diese Kommunen. Wir sehen zu, dass die Leute dort eine Berufsausbildung in den Berufen erhalten, die gebraucht werden. So schafft man eine Win-WinSituation, mit der man allen hilft.
Deswegen ist dieser Antrag entwickelt worden. Er nennt sechs Instrumente, mit denen man an dieser Entwicklung arbeiten kann. Da gibt es zum einen die Generalklausel, die besagt: Wir müssen bestimmte Regionen attraktiver machen. Darüber, wie man es machen kann, muss man diskutieren.
Ich gebe zu, es gibt viele Punkte zum Bereich Wohnraum. Dieser Antrag ist vielleicht ein bisschen wohnraumlastig. Es stellt sich auch die Frage: Muss man das Landes-Raumordnungsprogramm möglicherweise anpassen, wenn man feststellt, dass eine bestimmte Anzahl von Menschen in einem bestimmten Raum angesiedelt wird, dass
es dort mehr werden und wir möglicherweise Infrastruktur oder so etwas anpassen müssen? - Das sind die Dinge, die zu diskutieren sind.
Im Ausschuss gab es dann eine interessante Anhörung. Ich habe festgestellt: Es gab eigentlich nur einen einzigen Anzuhörenden, nämlich den Vertreter des Leibniz-Forums für Raumwissenschaften, der sich überwiegend kritisch geäußert hat, weil er der Meinung war, dass man Flüchtlinge in der Fläche nicht integrieren kann. Es gab aber auch andere. Ich zitiere:
„Wir halten den Antrag deshalb für einen guten Beitrag zu einer sehr wichtigen Debatte, weil er die Schaffung von notwendigen Rahmenbedingungen bei der Integration von geflüchteten Menschen in den Fokus nimmt.“
Das war der Deutsche Gewerkschaftsbund.
- Ja, im Detail hat er auch etwas anderes gesagt. In der Überschrift aber heißt es zunächst einmal: Es ist gut.
Der Flüchtlingsrat fand den Antrag - ich zitiere - „als Idee und Ansatz in manchen Teilen bemerkenswert“.
Der Bürgermeister von Schladen-Werla erklärte:
„Uns Bürgermeister plagt zurzeit die fehlende Vorgabe und Einflussnahme des Landes bei ganzheitlichen, umfassenden Integrationskonzepten.“
Frau Emmerich-Kopatsch, so war das. Alle haben gesagt: Das ist ein guter und richtiger Antrag. - Alle haben gesagt: Über einzelne Punkte muss noch geredet werden. - Aber alle haben gesagt: Das ist die richtige Richtung.
Wir haben dann in der Tat auf eine Diskussion gehofft, weil auch Kritisches benannt worden ist, keine Frage. Aber statt mit uns darüber zu diskutieren, was man vielleicht verändern und verbessern könnte - wir haben gesagt: wir reden über alles -, kamen vom Kollegen Schmidt ausschließlich Nachfragen zum Landes-Raumordnungsprogramm. Was ich am peinlichsten fand: Von den Vertreterinnen der Grünen kam zu diesem Antrag nichts. Keine einzige Nachfrage, kein Wort! Eine Diskussion war nicht erwünscht. Es bestand
schlichtes Desinteresse daran, was wir mit den Menschen, die zu uns kommen, langfristig machen wollen. Wie wir sie integrieren wollen, hat die Grünen schlichtweg nicht interessiert.
Das ist deswegen so schade und auch wirklich peinlich, weil man eines feststellen muss: Mit diesem Antrag, der zum Ziel hatte, zu klären, wie Niedersachsen von diesem Zuzug von Menschen künftig profitieren kann, hätten wir ein positives Signal nach draußen senden können. Wir würden nicht nur reden über Sozialbetrug, Safia S. und Gefährder, sondern wir hätten hier die Möglichkeit, das Thema Flüchtlingsbewegung positiv zu besetzen. Das haben Sie von Rot-Grün aber nicht gewollt.
Vielen Dank.
Ich bin mir - - - Nein, keine Kritik am Präsidium! Ich sage nichts.