Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will abschließend sagen: Die Menschen vor Ort sind weiter bereit, sich zu engagieren und Flüchtlingen zu helfen. Auf der kommunalen Ebene wird alles dafür getan, dass den Flüchtlingen Unterkunft gewährt wird und dass dort Sprachkurse gegeben werden, wo das Land Versäumnisse aufweist und selber keine Sprachkurse anbietet. Das alles wird

im eigenen Rahmen irgendwie versucht darzustellen. Aber Sie stellen die Kraft der Gemeinden, der vielen Kirchengemeinden und der vielen Ehrenamtlichen auf eine sehr harte Probe. Deswegen sage ich Ihnen noch einmal: Sie sind in der Verantwortung dafür, den Flüchtlingen zu helfen. Leisten Sie das, was Sie leisten können! Sorgen Sie dafür, dass es mehr Sprachlernklassen gibt! Sorgen Sie dafür, dass es Sprachkurse gibt! Sorgen Sie dafür, dass es mehr Unterkünfte gibt, damit die Kommunen nicht unter dieser Last zusammenbrechen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Oetjen. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Tonne das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Oetjen, wir haben gerade wieder einen Redebeitrag von Ihnen erlebt, der die Zuständigkeiten der unterschiedlichen Ebenen bunt miteinander vermischt und sie nicht klar voneinander getrennt hat.

Ich stimme Ihnen ja zu, dass die Flüchtlingswelle von ihrem Umfang und ihrem Tempo her eine wirkliche Herausforderung darstellt, unter der die Kommunen in der Tat ächzen. Aber alle anderen politischen Ebenen tun das auch. Gerade Ehrenamtliche und Rettungsdienste leisten seit Wochen und Monaten eine hervorragende Arbeit. Das ist doch unbestritten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gleichwohl: Ministerpräsident Stephan Weil hat sich in den vergangenen Tagen sehr deutlich dazu geäußert, was auf Bundesebene passieren muss.

(Ulf Thiele [CDU]: Nullkommanull! Nichts hat er gemacht! Worthülsen!)

Sie wissen, Herr Oetjen - das hat man Ihrem Beitrag angemerkt -, dass er mit seinen Äußerungen recht hat, und ich finde, das hätten Sie in dieser Aktuellen Stunde auch einmal einräumen können.

Die Entscheidungskompetenzen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme liegen auf der Bundesebene. Sie liegen bei der Bundesregierung, und sie liegen bei Frau Bundeskanzlerin Merkel. Sie liegen nicht bei der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Detlef Tanke [SPD]: So ist das! - Ulf Thiele [CDU]: Soll ich Ihnen mal was sagen? Macht doch einfach mal euren Job! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Der Bund regelt die Flüchtlingsströme - nicht das Land. Der Bund verhandelt in Europa - nicht das Land.

Was wir uns angesichts dieser Umstände keinen Tag länger leisten können, ist der Totalausfall von Bundesinnenminister de Maizière.

(Beifall bei der SPD)

Was unser Land nicht braucht, ist eine Kanzlerin, die zwar immer wieder betont, dass man es schaffen werde, bis heute aber jede Antwort schuldig geblieben ist, wie man das schaffen soll. Herr Oetjen, ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich in Ihrer Rede zu Frau Merkel positionieren.

Meine Damen und Herren, die entscheidende Stelle zur zügigen Bewältigung der zu uns kommenden Flüchtlinge ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dort muss professionell, schnell und strukturiert gearbeitet werden. Ich glaube schon, dass auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAMF ächzen. Aber das Tempo der Bearbeitung der Asylanträge ist nach wie vor nicht ausreichend. Wir brauchen dringend eine weitere personelle Verstärkung. Sie kommt nicht an. Dafür steht der Bundesinnenminister in der Verantwortung.

Auf europäischer Ebene erleben wir ein sehr unterschiedliches Engagement der europäischen Staaten, um es einmal freundlich auszudrücken. Das geht hin bis zur Totalverweigerung. Das ist nicht nur eine Schande für den europäischen Gedanken, sondern die Bundeskanzlerin muss auch endlich die Frage beantworten, wie lange sie dem tatenlos zusehen möchte.

(Petra Tiemann [SPD]: Richtig!)

Aus Frau Merkels „Wir schaffen das!“ ist doch schon lange ein „Ihr schafft das schon!“ in alle anderen Richtungen geworden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund hat Ministerpräsident Weil völlig zu Recht in klaren Worten von der Bundeskanzlerin gefordert, zu handeln und ihren Teil dazu beizutragen, dass der Staat die Lage im Griff hat.

Frau Merkel steht in der Verantwortung, eine europäische Lösung herbeizuführen - auch und insbesondere aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit und ihres Auftretens im Rahmen der Bankenkrise.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heiner Schönecke [CDU]: Was ist eigentlich mit Ihrem Herrn Steinmeier?)

Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, tragen allerdings nicht dafür Sorge, dass diese von mir angesprochenen Punkte in irgendeiner Form geändert werden. Das hat auch der Redebeitrag von Herrn Oetjen gezeigt. Sie ändern an dem skizzierten Rahmen auf Bundesebene schlicht nichts.

(Christian Grascha [FDP]: Dafür ist ja auch Ihre Regierung zuständig! - Jörg Hillmer [CDU]: Wie sieht denn die Ini- tiative Ihrer Landesregierung aus?)

Und im Übrigen, Herr Oetjen, war Ihre Kritik angesichts der Anstrengungen des Landes Niedersachsen unangemessen. Ich verweise auf die massiven Aufstockungen, die wir in den vergangenen Monaten in den Bereichen Sprachförderung, Bildung, Ausbildung, Arbeitsmarkt, Wohnungsbau und Auf- und Ausbau von Plätzen im Rahmen der Erstaufnahme vorgenommen haben.

Niedersachsen ist auf einem sehr guten Weg und tut das Seine, um der Flüchtlingswelle Herr zu werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Das glauben Sie doch selbst nicht! - Christian Dürr [FDP]: Was tut denn die Landesregierung?)

Dazu gehört auch das Bündnis „Niedersachsen packt an!“. Herr Thümler, ich freue mich, dass Sie dem Bündnis beigetreten sind. Wie ich gestern gesehen habe, waren Sie sogar „Unterstützer des Tages“.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Thümler hat in seiner Kernaussage die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen zur Bewältigung dieser Herausforderung betont. Darin stimme ich Ihnen ausdrücklich zu, Herr Thümler.

(Jörg Hillmer [CDU]: Herr Weil aber nicht! - Ulf Thiele [CDU]: Können Sie das Ihrem Ministerpräsidenten noch einmal sagen?)

Gerade vor diesem Hintergrund erwartet meine Fraktion allerdings von Ihnen, dass Sie die unfassbaren Verlautbarungen Ihres Stellvertreters, im Zweifelsfall auch von einer Schusswaffe Gebrauch machen zu können, einfangen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist an Ihnen, diese unerträglichen Ausfälle zurückzunehmen und das an diesem Pult hier vorne klarzumachen. Treten Sie an dieses Pult! Erklären Sie sich für die CDU!

(Glocke der Präsidentin)

In unserem Land gibt es unverrückbare Werte: Freiheit, Solidarität, Respekt, Toleranz, gleiche Rechte und eine, wie sich jetzt auch zeigt, Riesenmenge an Mitmenschlichkeit. Gefährden Sie das nicht durch den Totalausfall Ihres Stellvertreters! Kehren Sie zu dem zurück, was Sie selbst gesagt haben: gemeinsam die Herausforderungen meistern!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Tonne. - Nun hat für die CDUFraktion Herr Fraktionsvorsitzender Thümler das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenige Tage nach dem Bundesparteitag der SPD stand der Vorsitzende der Bundestagsfraktion dem Spiegel Rede und Antwort und gab seiner Partei einen klugen Ratschlag mit auf den Weg: „Die SPD darf nicht versuchen, gleichzeitig Regierung und Opposition zu sein.“ Seitdem sind erst weniger als vier Wochen vergangen, aber der Satz von Thomas Oppermann ist längst Schall und Rauch.

Heute Morgen sagte Thomas Oppermann im Morgenmagazin von ARD und ZDF den Satz: „Ich glaube, wir sollten jetzt nicht über einen Plan B schwadronieren, sondern Plan A umsetzen.“ Recht hat er, meine Damen und Herren, recht hat er!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Gu- ter Mann!)

Aber was erleben wir? - Stephan Weil und Alexander Dobrindt im Gleichschritt! Mein Gott, wie erbärmlich ist das denn bloß?

(Christian Dürr [FDP]: Was für ein Traumpaar! - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie kann man sich denn so weit runterlassen, meine Damen und Herren! Es ist unbeschreiblich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Reden Sie Ihre eigene Bundestagsfraktion an, oder an wen adressieren Sie Ihre Worte gerade?)

- Warten Sie mal ab!