Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Mindestlohn soll unangemessen niedrige Löhne verhindern. Das ist ein gutes Ziel. Wir alle haben sicherlich die Zielsetzung, dass sich Arbeit lohnen soll und dass Arbeit eine hohe Entlohnung haben soll.
Deswegen möchte ich versuchen, die Besonderheiten der Landwirtschaft darzulegen. Wir haben es mit unseren bäuerlichen Familien zu tun. Wir haben es nicht mit irgendwelchen Personalabteilungen in Betrieben zu tun, die mit der Bürokratie, die mit dem Mindestlohn verbunden ist, konfrontiert
sind, sondern mit unseren Bauernfamilien, die das abwickeln müssen. Deswegen ist es, wenn es um die Entlohnung von Arbeit geht, ganz wichtig, sich anzugucken, wie sich die Situation für die Arbeitgeber darstellt, die ja diese bürokratischen Leistungen erbringen müssen.
Wir haben dazu eine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Ich will Ihnen nur ein Beispiel anführen: Ein Ackerbaubetrieb mit etwa 60 ha, also ein nach heutigen Maßstäben kleinerer Betrieb, hat zwischen 2003 und 2013 eine durchschnittliche Entlohnung von 5,66 Euro für seine Arbeit gehabt - der hoch qualifizierte Betriebsleiter mit seiner Familie. Wenn Sie jetzt diesen Betrieben zusätzliche Lasten auferlegen - angefangen von Kontrollen über die Dokumentation bis hin zu den Leistungen, die für das Mindestlohngesetz erbracht werden müssen -, dann ergeben sich zusätzliche Arbeitsstunden. Das belastet diese Familien, und der Lohn für ihre Arbeit wird weiter reduziert.
Deswegen stimme ich dem Kollegen Calderone ausdrücklich zu, der gefordert hat, dass unsere Betriebe gerade in der heutigen Zeit Unterstützung und keine zusätzlichen Belastungen durch die Politik brauchen.
Der Kollege Schminke meint, wir wollten das alles einkassieren und es ginge uns nur darum, dass wir die 8,55 Euro nicht zahlen wollten. Darum geht es nicht, Herr Kollege. Es geht darum, dass in vielfältiger Weise immer mehr Anforderungen an die Betriebe gestellt werden, die Arbeitszeit binden und die zusätzliche Kosten bedeuten. Ich bin fest überzeugt, dass ein Gewerkschafter ein hartes Arbeitsleben führt. Aber dass ich heute aus Ihrem Munde Ausführungen dazu höre, wie die harte Realität auf den Höfen aussieht, ist sicherlich ein ganz besonderes Highlight des heutigen Tages. Führen Sie sich einmal vor Augen, was unsere Landwirtsfamilien in den Betrieben leisten! Das sind ganz andere Arbeitszeiten, die teilweise, gerade im Bereich der Viehhaltung, eher im Bereich des Doppelten liegen. Ich meine, das müsste jedem klar sein. Wenn wir diesen Betrieben zusätzlich Aufgaben auflasten, für die sie nicht entlohnt werden und die zusätzlichen Aufwand bedeuten, dann sinkt die Arbeitseffizienz weiter.
Im Hinblick auf das Bemühen, Arbeit zu entlohnen, muss es in dem Antrag doch darum gehen, die Bürokratie so schlank und so einfach wie möglich zu halten. Es will niemand etwas einkassieren oder wieder aushebeln oder was auch immer dort hin
eininterpretiert werden kann. Wir wollen es schlank und einfach halten, um diese Menschen, die zum Teil als hoch qualifizierte Betriebsleiter ein geringeres Entgelt haben als die einfachsten Aushilfskräfte, nicht noch zusätzlich zu belasten. Darum geht es.
Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Es spricht jetzt für die Landesregierung der Wirtschaftsminister, Herr Olaf Lies. Bitte!
(Hermann Grupe [FDP]: Das ist der Landwirtschaftsminister der Herzen! - Heiterkeit bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Oh!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion über den Mindestlohn erregt nun schon seit vielen Jahren die Gemüter. Während ursprünglich über das Ob und danach über die Höhe des Mindestlohns diskutiert wurde, ist am Ende die Debatte über die damit einhergehenden Dokumentationspflichten geführt worden. Darin reiht sich natürlich auch diese Forderung nach praktikablen Lösungen ein.
In dem Antrag und in der Diskussion wird vergessen, dass die Bundesregierung - allen voran Bundesministerin Andrea Nahles - genau daran ein großes Interesse hat, praktikable, anwendbare Lösungen zu finden, die aber die Interessen der Beschäftigten nicht außer Acht lassen. Gerade für die Landwirtschaft war das z. B. die Aufzeichnungspflicht für die mitarbeitenden Familienangehörigen. Am Beginn war genau diese Aufzeichnungspflicht noch ein Teil der Regelung. Andrea Nahles hat sich des Themas angenommen und hat genau diese Aufzeichnungspflicht herausgenommen. Das ist, glaube ich, ein kluger und vernünftiger Weg.
Das zeigt, dass die Bundesregierung - allen vorweg Andrea Nahles - sehr sorgfältig und sehr genau abwägend überlegt, welche Regelung praktikabel ist und bestehen muss und welche nicht.
Die bestehenden Dokumentationspflichten - das muss man dazusagen - sind aber einfach notwendig, um nachvollziehbar zu machen, ob der Mindestlohn gezahlt wurde. Denn woran soll man das sonst festmachen, wenn man die Arbeitsstunden
Außerdem - das ist, glaube ich, für die Debatte ganz entscheidend - basieren die wesentlichen, die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und den Gartenbau betreffenden Dokumentationspflichten nicht auf dem Mindestlohngesetz, sondern auf dem für diese Branchen geltenden Mindestlohn nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Das ist nämlich der Weg gewesen: Die Landwirtschaft hat mit der sozialpartnerschaftlichen Seite vereinbart, dass es bei ihr den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde nicht gibt, sondern man hat sich tariflich verständigt; im Moment ist man dort bei 8 Euro, und das steigt an. Nach diesem Entsendegesetz ergibt sich die Aufzeichnungspflicht. Das wusste auch die Landwirtschaft schon, als sie gemeinsam mit dem Sozialpartner genau diesen Weg vereinbart hat. Insofern wundere ich mich, dass jetzt Kritik an etwas aufkommt, was man von vornherein gemeinsam so vereinbart hat.
Meine Damen und Herren, oft wird über die Frage gesprochen, welcher Aufwand für die Aufzeichnungen zu betreiben ist. Das wissen auch wir: Es gibt keine klare Regelung, wie man aufzeichnet. Klar ist: Der Beginn der Arbeitszeit, ihr Ende, der Beginn und das Ende der Pausenzeiten müssen erfasst werden, z. B. handschriftlich, also kein großer Aufwand. Das sind Dinge, die man leisten kann. Sie stellen, ehrlich gesagt, auch zeitlich keinen großen Aufwand dar.
Es geht also nicht um einen enormen Verwaltungsaufwand. Ich glaube vielmehr, das ist leistbar. - Außerdem: Wie wollen Sie anders kontrollieren, wer wann wie lange gearbeitet hat?
Auch das muss man dazu sagen: Das wird immer mit dem Mindestlohn in Verbindung gebracht. Das sind aber Regelungen aus dem Arbeitszeitrecht. Wir stellen einfach fest, dass mit der Einführung des Mindestlohns das Arbeitszeitrecht in seiner geltenden Form einfach angewandt wird, während es vorher natürlich auch existiert hat und in der Regel sicherlich auch angewandt worden ist, aber vielleicht nicht in jedem Fall.
- Das formulieren Sie so. Ich würde eher sagen: Man hat es umgangen, wo es denn möglich war und wo die Erfassung nicht explizit gefordert war.
Jetzt sind wir aber an einer anderen Stelle: Wir wenden dieses Arbeitszeitrecht genau an. Man muss einfach sagen - seien wir einmal ehrlich -: Die Kontrolle ist auch notwendig, damit sich alle daran halten und damit es auch einen fairen Wettbewerb gibt. Was spricht denn dafür, dass der eine, der seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weniger zahlt, weil es nicht kontrolliert werden kann, am Ende einen Vorteil gegenüber denen hat, die einen fairen Mindestlohn zahlen? Ich glaube, auch da gibt es eine klare Regelung.
Außerdem hat die Dokumentationspflicht auch dafür gesorgt - was ja völlig in Ordnung ist -, dass die Aufrechnung von Kost und Logis jetzt nachvollziehbar monetär dargestellt werden muss. Man kann also nicht nur einfach sagen: Er hat hier Kost und Logis. - Vielmehr muss erkennbar werden, wie das dargestellt und abgerechnet worden ist.
Deswegen halte ich das für einen vernünftigen Weg. Wir sollten die Debatte über die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht beenden. Ich glaube, dass es immer dort kluge Lösungen gegeben hat, wo es notwendig war - Stichwort: mitarbeitende Familienangehörige in der Landwirtschaft.
Wir sollten dafür sorgen, dass wir uns nicht nur um diejenigen kümmern, die ihre Rechte selbst in Anspruch nehmen und dafür sorgen können, sondern auch um diejenigen, die unter Bedingungen arbeiten, unter denen sie wohl kaum in der Lage sind, Dinge einzufordern, die ihnen zustehen, wenn wir das nicht gesetzlich ein Stück weit überwachen. Das sollte unser Anspruch an gute Arbeit in unserem Land sein.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/3827 ablehnen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu einem Tagesordnungspunkt, auf dessen Titel wir uns stark konzentrieren müssen - Herr Dr. Siemer, Sie werden das gleich als Erster machen -:
Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratung: Rücknahme des Anwendungserlasses vom 2. Juli 2012 zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/3760 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/4670 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/4608
Wir kommen jetzt zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Dr. Stephan Siemer. Bitte schön, Herr Siemer! Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist der Titel so sperrig, dass ich ihn zu Beginn meiner Rede nicht wiederholen werde. Wir haben es mit einem steuerpolitischen Feinschmeckerthema zu tun, so wie Kalbsbäckchen für Fleischesser
oder vielleicht ein Auberginen-Zucchini-Auflauf mit Ziegenkäse - danke, Herr Schremmer - für Vegetarier eine Delikatesse sind.
Einige von uns sind ja gestern Abend bei der LAGS gewesen. Dort gab es ein veganes Abendessen. Ich kann die Tomatenbutter nur ganz herzlich empfehlen.
Wir reden hier über ein Feinschmeckerthema; denn es geht um eine Steuermehrbelastung in einem für Niedersachsen ganz besonders wichtigen Wirtschaftszweig, nämlich der Tourismusbranche. Diese Steuermehrbelastung könnte Reisen zukünftig teurer machen und zu einer Mehrbelastung von Tourismusunternehmen von 1,5 Milliarden Euro führen.
Ich möchte auf die Bedeutung des Tourismus in Niedersachsen hinweisen. Mein Landtagskollege Axel Miesner als tourismuspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion wird ja nicht müde, diese Fakten zu erwähnen: Etwa 300 000 Menschen arbeiten in Niedersachsen direkt oder indirekt für den Tourismus. Wir haben über 30 Millionen gewerbliche Übernachtungen. In Niedersachsen finden sich mit die schönsten Urlaubslandschaften in Deutschland: der Harz, die Lüneburger Heide, das Weserbergland, die Nordseeküste, die Ostfriesischen Inseln und viele mehr.