Protokoll der Sitzung vom 21.01.2016

projekte ja auch da, dass wir genau diese Fragen klären.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der SPD: Wir schaffen das!)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Wir haben nun die Situation, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen - bis auf die Wortmeldung des Kollegen Limburg, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Herr Limburg!

Vielen Dank, Frau Präsidentin, auch für den freundlichen Hinweis. - Meine Damen und Herren! Der von der SPD und von den Grünen vorgelegte Entschließungsantrag schlägt in der Tat einen neuen Weg zur Repräsentanz der dritten Gewalt, der Justiz, in unserem Land vor. Nicht nur in Niedersachsen, sondern in vielen Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland stellt sich die Herausforderung, wie wir mit dem demografischen Wandel, insbesondere mit der Ausdünnung vieler - längst nicht aller - ländlicher Gebiete, umgehen. Diese Herausforderung betrifft - das haben meine Kollegin Wahlmann und auch Kollege Dr. Genthe sehr richtig beschrieben - natürlich auch die Justiz.

Ich möchte das Richtige, das gesagt worden ist, nicht wiederholen, was z. B. die Schwierigkeiten der Anreisen zu Fachgerichtsbarkeiten betrifft. Es geht mir darum, zu bekräftigen, dass wir mit diesem Modellprojekt in der Tat das Prinzip umsetzen: Wenn aus guten Gründen Bürgerinnen und Bürger nicht in der Lage sind, zur Justiz zu kommen, dann muss eben die Justiz zur Bürgerin oder zum Bürger kommen. Das wollen wir mit diesem Modellprojekt umsetzen. Ich glaube, das ist ein sehr zielführender und zukunftsweisender Weg, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und von Gerald Heere [GRÜNE])

Wir haben in diesem Hohen Haus zu Recht häufig über die Region Südniedersachsen, die von diesem Phänomen des demografischen Wandels, von den Schwierigkeiten in der Fläche sehr stark betroffen ist, gesprochen. Ich finde es sehr schade, dass der Südniedersachsen-Beauftragte der CDU, Herr Schünemann, gerade nicht im Saal ist, obwohl es doch auch um den Landkreis geht, in dem er wohnt.

Wir meinen, dass es richtig und angemessen ist, in dieser Region und im Bereich der Sozialgerichte mit dem Modellprojekt anzufangen. Der Entschließungsantrag beinhaltet ausdrücklich aber auch die Bitte an die Landesregierung, zu prüfen, ob man nicht auch in anderen dünn besiedelten Regionen und vielleicht auch im Bereich anderer Fachgerichtsbarkeiten die Einrichtung solcher Modelle prüfen kann, weil wir auch da - wenn auch in anderer Form, in abgeschwächter Form - teilweise ähnliche Probleme haben. Wenn sich dieses Projekt bewährt, kann es sowohl für andere Fachgerichtsbarkeiten als auch für andere Regionen und, ich glaube, auch für andere Bundesländer in Deutschland beispielhaft und vorbildhaft werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Auch ich möchte mich ausdrücklich dem Dank an die Richterinnen und Richter und auch an die anderen Justizangestellten in der Justizverwaltung anschließen, die bereits jetzt Flexibilität in Form von auswärtigen Gerichtstagen ermöglichen. Ich bin sicher, dass es mit den Beschäftigten in der Justiz, mit den Richterinnen und Richtern zusammen gelingen wird, diesem Modellprojekt zu einem Erfolg zu verhelfen.

Ich möchte mich ausdrücklich auch beim Justizministerium für die sehr konstruktive Begleitung der Beratung dieses Antrags bedanken. Ich bin sicher, dass wir damit einen neuen, innovativen und guten Weg gehen, um den Herausforderungen der Justiz in den Jahren 2016 und 2017 sowie darüber hinaus gerecht zu werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat nun Herr Winkelmann, CDU-Fraktion. Bitte, Herr Winkelmann!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wahlmann, das, was Sie gesagt haben, kann ich in technischer Hinsicht inhaltlich nur voll und ganz unterstützen. Ich will deswegen davon nichts wiederholen.

Dennoch möchte ich eine Ihrer Anmerkungen aufgreifen. Sie sprachen davon, dass jetzt mit dieser Initiative ein fairer Zugang zur Justiz für alle gewährleistet werden soll. Ich verstehe die gegen

wärtige Lage so, dass wir selbstverständlich bereits einen fairen Zugang zu der Justiz in Niedersachsen haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie wollen ihn vielleicht intensivieren. Aber wir haben hier in Niedersachsen eine hervorragende Justiz, die Vergleiche jeglicher Art nicht scheuen muss.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Lieber Kollege Limburg, auch Sie kriegen Lob: Ich möchte mich ausdrücklich dem Dank anschließen, den Sie in Richtung der Richterinnen und Richter ausgesprochen haben, die bereits jetzt durch Flexibilität zeigen, dass man mit auswärtigen Gerichtstagen den Interessen der Rechtsuchenden im Land gerecht werden kann. Das wiederum belegt dann auch, dass Sie an anderer Stelle Widerspruch verdienen, nämlich da, wo Sie suggerieren wollen, dieser Antrag würde jetzt etwas völlig Neues zustande bringen, das sei jetzt der große Wurf in der niedersächsischen Justizpolitik. - So ist es nicht!

Ich möchte aus der Begründung der Urfassung dieses Entschließungsantrags zitieren. Darin heißt es nämlich:

„Das Sozialgericht Hildesheim hält derzeit unregelmäßig auswärtige Sitzungstage am Gerichtsstandort Göttingen ab. Die Frequenz beruht dabei auf dem persönlichen Engagement einzelner Richterinnen und Richter.“

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Das hat Frau Wahlmann doch vorgetra- gen!)

- Aber inhaltlich, was den Sinngehalt angeht, unvollständig, Frau Kollegin!

(Lachen bei der SPD)

Denn Sie müssen eines wissen: Sie können keiner niedersächsischen Richterin, keinem niedersächsischen Richter ihr Engagement absprechen.

(Zustimmung bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Das hat sie doch nicht getan! - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Ist das hier eine Märchenstunde! - Un- ruhe - Glocke der Präsidentin)

Zur Bürgernähe, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, gehört nicht nur, dass der räumliche

Zugang zu Gerichten für die Verhandlungstage erleichtert wird, sondern dazu gehört auch, dass die Verfahren zeitnah abgeschlossen werden. Das setzt voraus, dass Richterinnen und Richter auch die Kapazitäten haben, um der extrem hohen Belastung im beruflichen Alltag entsprechen zu können.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir dürfen die Richter also nicht durch etwas vermeintlich Neues vor Probleme in ihrem dienstlichen Alltag stellen.

In der Stellungnahme zu diesem Antrag hat der Präsident des Landgerichts Göttingen auf die Schwierigkeiten hingewiesen, das zweite, bisher noch nicht praktizierte Element umzusetzen, nämlich die Aufrechterhaltung von Rechtsantragsstellen. Dabei, meine lieben Vorredner, haben Sie übersehen, dass wir in Deutschland Sozialverbände haben, die Rechtsuchende vor den Sozialgerichten dadurch helfen, dass sie Klagen formulieren, und dass wir eine Anwaltschaft haben, die im Rahmen von Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe flächendeckend für die Rechtsuchenden zur Verfügung stehen. Auch das ist ein funktionierendes System. Man braucht also hier nicht den Anschein zu erwecken, als bedürfe es dieses Antrages, um eine neue Qualität des Rechtsschutzes im Sozialbereich herzustellen.

(Zustimmung bei der CDU)

Bürgernähe hat in der heutigen Zeit eine ganz große Bedeutung. Bürgernähe - ich wiederhole mich bewusst - hat nicht nur mit räumlicher Erreichbarkeit der Justiz zu tun, sondern auch damit, dass die Bürger erkennen können: Das ist meine Justiz, um die es hier geht.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Da kann ich Ihnen nur sagen: Bislang hat sich die Justizministerin mit einem Krisenmanagement in vielen Details befassen müssen und wenig Innovatives gebracht.

Sie können dieses Projekt gerne durchführen. Wir enthalten uns im Ergebnis. Wir wollten in den aktuellen Antrag einbringen, dass nach einem Jahr evaluiert werden muss. Aber vergessen Sie bitte nicht, was in Niedersachsen vor allem auch erforderlich ist: Wir brauchen eine Stärkung der Staatsanwaltschaften. Wir brauchen eine zeitnahe Aburteilung von Straftätern, gleichgültig, wer sie wo im Lande begeht.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen eine Verstärkung der Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats. Das alles kann nur im Rahmen eines begrenzten Haushaltsbudgets erreicht werden. Die personellen Kapazitäten, die Finanzmittel, die in Niedersachsen für den Sektor Justiz zur Verfügung stehen, müssen zielorientiert und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Die richtige Stelle ist in diesem Zusammenhang nicht zwingend Südniedersachsen.

Und: Die größten Defizite, denen wir uns politisch verantwortlich widmen müssen, liegen nicht im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit, sondern ergeben sich daraus, dass unser Rechtsstaat in der Lage sein muss, so zu funktionieren, dass die Bürger sagen: Jawohl, das ist unsere Justiz, unsere Staatsanwaltschaft! Die funktionieren! Unsere Verwaltungsgerichte werden mit den Herausforderungen, die sich aus der Migrantensituation ergeben, schnell fertig!

Frau Ministerin, wir brauchen also Außenstellen der Verwaltungsgerichte in den Aufnahmelagern, wir brauchen innovative Justizpolitik, und zwar an den unterschiedlichsten Stellen. Deswegen bitte ich Sie, Ihre Schwerpunkte in der kommenden Zeit richtig zu setzen. Sie haben durch eine unzureichende Politik bislang wenig erreicht. Ein Staatssekretär hat bereits das Handtuch geschmissen.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Anja Piel [GRÜNE]: Un- glaublich! Wirklich! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir haben ein neues Jahr. Blicken wir nach vorne! Aber blicken wir bitte nicht nur im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit -

Einen Moment bitte, Herr Kollege!

- und nicht nur im Bereich Südniedersachsen nach vorne.

Einen Moment, Herr Kollege! Ihre Redezeit wird angehalten. Das ist kein Problem. Gegen diese Lautstärke müssen Sie nicht anreden. - Ich bitte daher noch einmal um Ruhe im Plenarsaal!

(Johanne Modder [SPD]: Ruhe bei dem, was er da sagt?)

- Das betrifft alle Fraktionen!

Bitte, Herr Kollege!

Mein abschließender Satz lautet: In Niedersachsen leistet die Justiz mit Staatsanwälten und Richtern in den unterschiedlichsten Ressorts hervorragende Arbeit. Was Niedersachsen braucht, ist eine bessere Justizpolitik, die bei dem, was sie tut, und bei der Art und Weise, wie sie die finanziellen und persönlichen Mittel ihres Ressorts einsetzt, die richtigen Schwerpunkte setzt. Dazu fordere ich Sie ausdrücklich auf. Denken Sie bitte weiter darüber nach!