Warum sage ich das? - Ich sage das, weil Flüchtlinge, wenn sie zu uns kommen, einen Rechtsanspruch auf einen Integrationskursus haben. Bis sie den haben, vergehen oft ein bis zwei Jahre. Aber auch dann wird dieser Anspruch nicht unbedingt erfüllt.
Ich frage Sie: Warum gibt es eigentlich nicht für alle, die bei uns sind und zu uns kommen, von Anfang an Kurse? - Sie, meine Damen und Herren von der CDU, werden erwidern: Es gibt viele Menschen, die keine Bleibeperspektive haben. Die müssen erst von denjenigen unterschieden werden, die hier bleiben.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen einmal etwas - ich bin Frau Modder für ihre Ausführungen zu den Schwierigkeiten beim BAMF sehr dankbar -: Im Moment haben alle Menschen, die zu uns kommen, eine Bleibeperspektive von mindestens einem Jahr, die meisten länger, weil die Fälle beim BAMF so lange dauern. Das ist die Realität, mit der wir uns im Moment befassen.
Darum lohnt es sich, ihnen allen die Möglichkeit zu geben, sich in dem Land, in dem sie sich nun einmal vorübergehend befinden, zu orientieren und zu integrieren. Ob das für immer ist oder nur für einen begrenzten Zeitraum, ist in dieser Hinsicht völlig egal.
Meine Damen und Herren, wenn Sie das von mir nicht hören wollen und sich lieber nebenher unterhalten, dann darf ich Professor Michael Hüther zitieren. Das ist der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Das ist keine Grünennahe Einrichtung, sondern eine sehr parteiferne. Er sagte im letzten Jahr in der Süddeutschen: Obligatorische Deutschkurse für alle kosten zwar Geld.
„Doch das wäre gut angelegt: für jene, die bleiben dürfen und bessere Integrationschancen erhalten, und selbst für jene, die abgeschoben werden, weil auch sie deutsche Sprachkenntnisse mit in ihre Heimat nehmen.“
Es ist Aufgabe des Bundes, Integrationskurse zu ermöglichen. Aber wenn der Bund nicht liefert, dann geht Niedersachsen in die Pflicht, und das nicht, um den Bund zu entlasten, sondern um der Flüchtlinge willen.
Ich bin sehr froh, dass unsere Ministerin Gabriele Heinen-Kljajić in Niedersachsen gemeinsam mit der Erwachsenenbildung und den Hochschulen Sprachförderangebote auf den Weg gebracht hat,
Das ist ein Erfolgsmodell in Niedersachsen und könnte es auch für Deutschland werden. Wir haben bereits im letzten Jahr etwa 700 Kurse angeboten. Damit werden voraussichtlich 13 500 Flüchtlinge einen Sprachkurs absolviert haben.
Auch das für hoch qualifizierte Flüchtlinge zugeschnittene Angebot zur Aufnahme an den Hochschulen wird gut angenommen.
Wir haben weiter ein Programm für Lehramtsstudierende aufgelegt, die im Rahmen des Studiums später für die Sprachförderung junger Flüchtlinge eingesetzt werden können. Auch das wird gut genutzt.
Das Wissenschaftsministerium legt seine Förderschwerpunkte in diesem Jahr auf die Vermittlung von Sprachgrundkenntnissen in der Erwachsenenbildung, Sprachkurse, Studienvorbereitung und die Erweiterung des Studienkollegs um 200 zusätzliche Plätze.
Meine Damen und Herren, wenn Berlin es nicht hinbekommt, Kurse einzurichten, dann sollte uns die Bundesregierung besser das Geld dafür zur Verfügung stellen.
Herr Hilbers, Sie brauchen an dieser Stelle gar nicht tief Luft zu holen; denn wir wollen gar kein neues Geld. Wir wollen nur das Geld aus Berlin hierher bekommen, damit wir diese Aufgaben auch weiter ausführen können.
- Herr Hilbers, wir haben zumindest Ideen, was zu tun ist, damit sich die Menschen schnell integrieren können und damit aus einer Flüchtlingskrise Migrationschancen werden. Geben wir doch den Geflüchteten die Chance, hier etwas für Ihre Zukunft zu tun. Die Ideen sind schon umgesetzt worden. Es gibt genügend Leute an den Universitäten, die das tun.
Ich garantiere Ihnen: Dafür braucht es auch nicht die Androhung von Strafen, sondern faire und leicht zugängliche Angebote, die wir bereits geschaffen haben.
Packen Sie mit uns an! Stehen Sie sich nicht selbst im Weg! Erleben Sie doch das, was ehrenamtliche Helferinnen und Helfer schon lange wissen! Unsere neuen Nachbarn wollen sehr gerne mit uns reden, wenn wir sie die Sprache lernen lassen.
Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal daran erinnern, dass der Geräuschpegel heruntergefahren wird. Die jeweilige Rednerin oder der jeweilige Redner mögen nicht durch Zwischenrufe - was auch immer - gestört werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will es einmal so sagen: Jetzt schlägt es 13, nämlich in der Hinsicht, dass der 13. März naht. Dann sind Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Dieser Umstand ist in der aktuellen Debatte nicht ganz unwichtig. Denn seitdem dieser Tag immer näher rückt, vergeht kein Tag, an dem uns die neue Frontfrau für Integration der CDU
nicht einen neuen Plan präsentiert und tagtäglich Schlagzeilen generieren will, um von der inneren Zerrissenheit der Union, der CSU und der CDU, abzulenken, um mit einem rein bundespolitischen Thema Wahlkampf zu machen.
Nun hat die CDU mit ihrer Frontfrau das Thema Integration für sich entdeckt. Seit November, also schon im Vorfeld des CDU-Bundesparteitags, überhäuft sie uns mit Vorschlägen und Pressemitteilungen zu diesem Themenfeld. Unter dem Deckmantel einer neuen Leitkulturdebatte fordert sie die Integrationspflicht für vermeintlich integrationsunwillige Flüchtlinge und die Anerkennung des Existenzrechts Israels.
Gleichzeitig soll ein Vertrag geschlossen werden, in dem der Vorrang der deutschen Gesetze vor der Scharia eingefordert wird. Das Burkaverbot wird noch einmal angesprochen, nochmals pressetechnisch bespielt.
Außerdem darf es keine Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen geben. Das ist ein Thema, für das sich die CDU offensichtlich die letzten Jahre sehr stark eingesetzt hat. Es werden Pläne präsentiert wie zum Beispiel der Plan A2 und dergleichen.
Immer wieder wird die Sanktionskeule geschwungen. Da ist die Rede von der Kürzung von Sozialleistungen für, wie gesagt, vermeintlich integrationsunwillige Flüchtlinge.
Alles das kulminiert aktuell in dem Integrationspapier „Fördern und Fordern“, das der Bundesvorstand jetzt verabschiedet und präsentiert hat. Diese Losung ist nicht neu, weil sie schließlich auch schon in dem Integrationspapier der SPD vom Dezember 2015 zu finden war. Aber bei Ihnen ist es folgendermaßen: Bei Ihnen liegt das Gewicht eindeutig auf der Losung „Fordern und Sanktionen“.
Sie wollen da eindeutig durchgreifen, ganz abgesehen davon, dass der latente Vorwurf der CDU in dem Papier völlig haltlos ist; denn die Leute, die sich hier aufhalten, die zu uns geflüchtet sind, sind in der Regel integrationswillig. Sie wollen die deutsche Sprache lernen. Sie wollen sich einfinden. Es ist eine Mär zu erzählen, dass es in dieser Hinsicht integrationsunwillige Flüchtlinge gibt.
Und nicht nur das. Neben der Sanktionskeule, die ständig geschwungen wird, wurde in der ursprünglichen Fassung Ihres Papiers auch die Aussetzung des Mindestlohns für Flüchtlinge angesprochen. Ich erinnere daran - Frau Modder hatte das vorhin schon erwähnt -: Frau Klöckner hat dann ziemlich selbstbewusst und in einer provozierenden Äußerung voreilig gegenüber der Presse geäußert, die SPD werde diesem Vorschlag selbstverständlich zustimmen; denn es gebe ja einen sozialdemokratischen Dreisprung. Am Tag darauf wurde das Papier präsentiert, und der Mindestlohn ist nicht mehr enthalten. Wir in Braunschweig sagen: Da ist ein Löwe gesprungen und als Bettvorleger gelandet, wenn ich ganz ehrlich bin. Und das ist gut so.
Unbestritten ist: Ging es im letzten Jahr zunächst um die schlichte Unterberingung der zu uns Kommenden, muss es nun um Integration derselben gehen. Dazu haben wir - das habe ich vorhin auch schon gesagt - ein Papier vorgelegt, den sogenannten Dreyer-Plan, wie wir ihn nennen, und konkrete Vorschläge gemacht; denn wir brauchen nach den Asylpaketen endlich auch ein Integrationspaket I unter dem Motto, und zwar ehrlich gemeint: fördern und fordern und nicht nur fordern und Sanktionen beschließen.
Bildung, Arbeit, Wohnen und öffentliche Sicherheit müssen für alle Menschen garantiert werden. Jetzt müssen die Entscheidungen getroffen werden, diesen Integrationsplan für die nächsten zehn Jahre zu beschließen. Das ist eine Staatsaufgabe, aber dagegen verweigern Sie sich. Sie weigern sich - auch im Vorfeld der Landtagswahlen -, die Wahrheit zu sagen: Denn wer A sagt, muss auch B sagen können. Wer A sagt, also sich im Sinne der Integrationspflicht äußert, der muss auch sagen, wie er das organisieren will, wie er Integrationskurse organisieren und vor allem finanzieren will.
Ich möchte gerne zum Schluss kommen. Jeden Tag weitere, härtere Forderungen zu stellen und Sanktionen gegen vermeintlich integrationsunwillige Flüchtlinge zu fordern bzw. immer wieder zu postulieren, ist Gift für unser gesellschaftliches Klima