- Das finde ich auch; da hat er absolut recht. Genau deshalb kehren wir heute zu einer Praxis zurück, die seit 1996, seit Einführung der Direktwahl in Niedersachsen, erfolgreich und ohne jede Beanstandung praktiziert wurde.
Zugleich beenden wir damit ein kurzes Intermezzo - sagen wir: einen Betriebsunfall - im Kommunalwahlrecht, das insbesondere die CDU vor den letzten Kommunalwahlen vorangetrieben hatte, nicht aus sachlicher Überzeugung, wie man vermuten muss, sondern aus rein parteitaktischem Kalkül.
Sie hatten zuvor in einigen Ihrer Hochburgen ein paar Bürgermeisterwahlen verloren. Deshalb wurde die Stichwahl abgeschafft. Sie wollten die Latte für Ihre Kandidatinnen und Kandidaten ein wenig tiefer legen.
Ab heute müssen Sie sich wieder um sportlicheres Personal bemühen, das auch die Hürde der Stichwahl nimmt. Das ist jetzt eben so.
Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetz ermöglicht die rot-grüne Mehrheit dieses Hauses eine breitere Partizipation insbesondere kleinerer Parteien. Wir stärken die dann gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die gewählten Landrätinnen und Landräte. Deshalb ist dies heute ein guter Tag für die kommunale Demokratie in Niedersachsen.
Zugleich setzt die rot-grüne Koalition schon nach wenigen Monaten eines ihrer Wahlversprechen in die Tat um. Die Bewerberinnen und Bewerber, die Räte und Kreistage und natürlich auch die Verantwortlichen in den politischen Parteien und Initiativen brauchen Planungssicherheit, und sie bekommen jetzt Planungssicherheit.
Die kommunale Familie kann sich auf uns verlassen. Rot-Grün hält Wort. So sieht die neue Kommunalfreundlichkeit in Niedersachsen aus.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf die Beratungen eingehen. Selbstverständlich hat es auch zu diesem Gesetzentwurf eine Anhörung gegeben. Sie war allerdings nicht sehr spannend. Denn so massiv seinerzeit die schwarzgelbe Landesregierung für die Abschaffung der Stichwahl kritisiert wurde, so breit war jetzt die Zustimmung. Zusammenfassend kann man sagen: Die Wiedereinführung der Stichwahl wird allenthalben begrüßt. - Wann hat man das schon einmal bei einem Gesetzentwurf!
(Christian Dürr [FDP] betritt den Ple- narsaal - Abgeordnete aller Fraktio- nen sowie Mitglieder der Landesregie- rung beglückwünschen ihn)
Deshalb freut uns besonders, dass auch die FDP, die jetzt gerade anderweitig beschäftigt ist - ich hoffe, auch ich kann gratulieren; ich kann nur vermuten, worum es geht -,
Zugleich macht aber das konstruktive Verhalten der FDP in dieser Frage deutlich, wie isoliert die CDU hier steht. Sie wollten 2011 die Spielregeln zu Ihren Gunsten verändern. Das war reines Machtkalkül. Das fällt Ihnen jetzt relativ schnell auf die Füße.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss allen Beteiligten dafür danken, dass hier eine gleichermaßen zügige wie qualitätvolle Beratung möglich wurde: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ministerium, insbesondere dem Innenminister - er ist auch anderweitig beschäftigt -,
dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, den kommunalen Spitzenverbänden, den Institutionen und den Experten, die sich engagiert und konstruktiv an der Anhörung beteiligt haben.
Jetzt, am Ende der Beratungen, steht fest: Den 30-%-Bürgermeister wird es in Niedersachsen nicht wieder geben. Mit der Wiedereinführung der Stichwahl schaffen wir klare Verhältnisse in unseren Rathäusern und Kreishäusern. Ein erster Schritt zur Stärkung der Demokratie in unseren Kommunen ist damit getan. Weitere werden folgen.
Vielen Dank, Herr Kollege Krogmann. - Damit das ganze Haus an der Freude beteiligt ist, die sich in der Mitte des Saales abzeichnet: Der Kollege Dürr ist Vater geworden und lässt sich jetzt gerade gratulieren.
Herr Krogmann, nehmen Sie es nicht übel. Aber die ganze Aufmerksamkeit galt Ihnen jetzt einmal nicht,
(Jens Nacke [CDU]: Das ist wie bei den Grünen im Oldenburger Stadtrat! Da ist auch nicht die ganze Aufmerk- samkeit bei Herrn Krogmann!)
sondern, wie wir gerade erfahren haben, einem kleinen Sohn: Jonas. Wunderbar! Das kann so weitergehen, Herr Dürr.
Ich rufe jetzt die nächste Rednerin auf: die Kollegin Angelika Jahns von der CDU-Fraktion. Sie haben das Wort, Frau Jahns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus der grünen und der roten Fraktion, Sie haben einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Stichwahl vorgelegt. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen: Einen Gesetzentwurf, der handwerklich so schlecht vorbereitet war, habe ich in den 15 Jahren, die ich diesem Landtag angehöre, noch nicht erlebt.
Ich will das begründen. Das beste Beispiel dafür, dass dieser Gesetzentwurf eine einzige Katastrophe war - - - Man muss sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Es geht um ein recht kleines, ein kurzes Gesetz mit - immerhin, das muss man schon einmal sagen - drei Artikeln. Artikel 2 ist eine Übergangsregelung, und Artikel 3 regelt das Inkrafttreten. Das heißt, im Grunde genommen gibt es nur einen einzigen Artikel, der irgendwelche Vorschriften enthält.
(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Nein, Frau Kollegin! Alle drei Artikel enthal- ten Vorschriften! Ansonsten bräuchte man sie nicht!)
Selbst das haben Sie so schlecht vorbereitet, dass der Vertreter des Vereins „Mehr Demokratie“ bei der Anhörung gesagt hat: Dieses Gesetz ist so schlecht, dass es nicht einmal das Zerreißen wert ist.
Wenn man nicht einmal solch ein kurzes Gesetz richtig hinkriegt, dann ist man einfach unfähig, so etwas vorzulegen. Ich kann Ihnen auch an dieser Stelle nur sagen: Regieren ist für Sie einfach eine Nummer zu groß!
Aber kommen wir zu den Regelungen, die Sie mit diesem Gesetzentwurf eigentlich vorgehabt haben! Es war ja - rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln - ein ständiges Hin und Her. Sie wussten nicht, was Sie mit den einzelnen Regeln machen sollten. Das musste erst in der Anhörung dargestellt werden, die Sie eigentlich verhindern wollten.
Ich muss darauf zurückkommen, dass Sie gar keine Anhörung haben wollten, weil Sie meinten, das wäre alles überflüssig. Aber in der Anhörung - von der Sie, lieber Kollege Krogmann, eben gesagt haben: Das war recht langweilig; die Anhörung hätten wir eigentlich vielleicht gar nicht gebraucht - ist sehr deutlich geworden, dass es sehr wichtig war, sie durchzuführen. Denn es ist zwar auf der einen Seite richtig, dass die kommunalen Spitzenverbände die Wiedereinführung der Stichwahl begrüßen; aber es gab auf der anderen Seite erhebliche Kritikpunkte, auf die ich noch einmal eingehen möchte.
Sie haben in Artikel 1 geregelt: Die Stichwahl hat am zweiten Sonntag nach der Wahl stattzufinden; aber eine kommunale Vertretung kann davon abweichen, „wenn besondere Umstände dies erfordern“ oder rechtfertigen.
Wir haben darauf hingewiesen, dass das unbestimmte Rechtsbegriffe sind, und die Frage gestellt, ob es nicht Sinn macht, diese Regelungen wirklich zu definieren und klar und deutlich für die Kommunen festzulegen, welche Fristen es für eine Stichwahl geben könnte und wie der Begriff „besondere Umstände“ definiert werden kann.
Meine Damen und Herren, Sie haben darüber mit uns im Innenausschuss diskutiert. Wir haben dann den Rechtsausschuss gebeten, uns eine Formulierung vorzulegen, an der man sich ausrichten könnte.