Herr Minister, Frau Kollegin Jahns hat signalisiert, dass sie Ihnen eine Zwischenfrage stellen möchte. Lassen Sie diese zu?
In welcher Höhe der Familiennachzug wirklich eingedämmt wird, ist völlig offen. Alle Fragen, die dazu gestellt wurden, konnte bislang niemand abschließend beantworten. Aber selbst wenn, müssen wir uns auch vor Augen führen, dass die Aussetzung des Familiennachzugs nicht notwendigerweise dazu führt, dass die Familien tatsächlich in ihrem Heimatland bleiben. Die Aussetzung kann genauso gut dazu führen, dass sich noch mehr Menschen, eben auch alte und schwache, von Anfang an auf den mühsamen Weg einer Flucht begeben. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Wollen wir das, meine Damen und Herren?
Deswegen ist es wichtig, dass die Aussetzung des Familiennachzugs nicht die Aufnahme von Familienmitgliedern aus humanitären Gründen per se ausschließt. Es ist gut, dass wir darüber in Deutschland eine sehr breite und hoch intensive Debatte führen. Wir dürfen den Rattenfängern vom rechten Rand nicht die Deutungshoheit in dieser Frage überlassen, meine Damen und Herren.
Hier sind alle demokratischen Kräfte gefordert, konstruktive und humane Vorschläge zur Verringerung der Zugangszahlen vorzulegen.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch! Das Asylpaket II enthält einige gute und wichtige Bestandteile. Aber genauso wahr ist, dass dies nur ein Schritt ist, und zwar auch nur ein relativ kleiner Schritt von vielen notwendigen. Es ist eine Teillösung für ein Teilproblem.
Wenn man dem CDU-Teil der Bundesregierung ein Kompliment machen kann, dann sicher das - das ist das einzige, Herr Bode; keine Sorge -, dass er es in hervorragender Weise schafft, in der medienpolitischen Diskussion diesen Einzelpaketen eine Bedeutung auf die Schultern zu laden, die ihnen nicht zukommt. Gleichzeitig gelingt es ihm, eine Diskussion zu führen, die in ihrer Intensität und der Art, wie sie geführt wird, der geneigten Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt, das sei nun die Lösung für die Probleme, die wir haben, und wer dem nicht zustimme, wer das verhindere, der behindere die Lösung.
Das ist zwar elegant, aber leider ist es nicht so. Das lenkt im Grunde nur von dem kapitalen Fehlverhalten der Bundesregierung bei der Frage der Bearbeitung der Asylanträge ab. Das bleibt das Hauptproblem.
Das sind Nebenkriegsschauplätze, die eröffnet werden, um von den eigenen Fehlleistungen der vergangenen Jahre abzulenken - nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren.
Nichtsdestotrotz bleibt es auch wichtig, dass wir diese Frage immer wieder darauf zurückführen, genauso wie auf die Frage nach der Bekämpfung der Fluchtursachen. Wir werden uns noch so sehr über Atteste oder über die Frage besonderer Aufnahmezentren oder anderes unterhalten können - es wird nicht funktionieren, wenn der Strom nicht dadurch eingedämmt wird, dass wir vor Ort die Fluchtursachen bekämpfen.
Ich kann nur nüchtern feststellen, dass die entsprechenden Lösungen der Bundesregierung ausbleiben. Diesem Paket wird je nachdem, wie es zustande kommt, im Bundesrat genau das Schicksal zuteilwerden, das es verdient.
(Zuruf von den GRÜNEN: Nein, den kennt er nicht! - Zuruf von der SPD: Kennt er nicht! Erklär es ihm noch mal!)
Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Dürr hat mir eben signalisiert, dass er zusätzliche Redezeit in Anspruch nehmen möchte. Der Minister hat 35 Sekunden überzogen. Ich erteile Ihnen daher aufgerundet für eine Minute das Wort.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in weiten Teilen sind wir auch inhaltlich gar nicht so weit auseinander, Herr Pistorius. Ich schätze durchaus das, was Sie inhaltlich gesagt haben.
Es gibt Kritikpunkte, Licht und Schatten beim Asylpaket II; das ist keine Frage. Aber es reicht doch nicht aus, immer nur zu sagen, was an dieser Stelle nicht geht. Liberale im Europäischen Parlament haben ganz konkrete Vorschläge für einen gemeinsamen Grenz- und Küstenschutz gemacht. Wir im Landtag haben konkrete Vorschläge zum vorübergehenden humanitären Schutz gemacht. Da sind wir im Dialog.
Das Hauptproblem, das wir in Niedersachsen zurzeit politisch haben, ist nicht so sehr der Innenminister. Das Hauptproblem der niedersächsischen Innenpolitik sitzt dort, meine Damen und Herren. Es ist, um das klar zu sagen, der Regierungschef, der sich an der Stelle nicht äußert und der keine Haltung entwickeln will. Das Einzige, was er macht, ist, herumzuschwadronieren und von 2 Millionen Flüchtlingen zu sprechen.
(Anja Piel [GRÜNE]: Lesen Sie mal die Zeitung! Unverschämtes Geschrei! Jetzt geht das schon wieder los! - Zu- rufe von der SPD)
Eines hat die Fragestunde zur Unterrichtsversorgung gerade sehr deutlich gezeigt: Nicht einmal das eigene Landeskabinett nimmt Sie, Herr Weil, in dieser Frage noch ernst.
Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. - Frau Jahns möchte auch noch einmal Redezeit in Anspruch nehmen. Sie haben eine Restredezeit von 55 Sekunden, die ich auf eine Minute aufrunde.
- Entschuldigung, Herr Nacke, Sie haben vollkommen recht. Es ist die doppelte Redezeit in Ansatz zu bringen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nur feststellen, es ist eine große Enttäuschung, dass sich der Ministerpräsident hier wieder einmal aus der Verantwortung gezogen hat,
hier keine Stellung bezieht und uns keinerlei Aussage dazu gibt, ob die Niedersächsische Landesregierung auf Bundesebene ihrer Verantwortung gerecht wird
oder ob sie wieder dem Land Baden-Württemberg mit einem grünen Ministerpräsidenten das Retten dieser Situation überlässt und hier einfach tatenlos zuschaut
(Johanne Modder [SPD]: Reden Sie mal mit Ihrer Bundeskanzlerin! Was hat sie in Brüssel erreicht? Und mit de Maizière! Sagen Sie was zu de Maizi- ère!)
und keinerlei Hinweise darauf gibt, wie sich dieses Land verhalten wird. Das ist doch keine Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, meine Damen und Herren!
(Lebhafter Beifall bei der CDU - Jo- hanne Modder [SPD]: Sagen Sie et- was zur Verantwortung auf Bundes- ebene! - Zuruf: Solche Leute müssen weg!)
Ich hoffe, dass sich trotz allem die vernünftigen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Fraktion durchsetzen werden und letztendlich diese Lan
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Klärt ihr das mal erst mit de Maizière!)
Vielen Dank. Die Kollegin Jahns hat es trotzdem in einer Minute geschafft. - Der Blick in die Runde zeigt mir, dass es keine weiteren Wortmeldungen gibt.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, mit diesem Antrag den Ausschuss für Inneres und Sport zu befassen. Wer so entscheiden möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Diese Empfehlung ist mit einer ausreichenden Zahl von Stimmen unterstützt und wird so umgesetzt.
Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Car-Pass einführen - Tachomanipulation wirksam eindämmen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5121