Herr Thümler, einen Moment. - Ich darf darum bitten, auf der Regierungsbank ein bisschen Ruhe herzustellen.
(Jens Nacke [CDU]: Hinter der Regie- rungsbank vor allen Dingen! - Anja Piel [GRÜNE]: Keine Kritik am Präsi- dium jetzt! Davon gehen wir mal aus!)
(Jens Nacke [CDU]: Seit fünf Minuten quatschen Watermann und die dahin- ten rum! Seit fünf Minuten! - Weitere Zurufe)
Natürlich kann letztlich niemand zu einer erfolgreichen Integration gezwungen werden. Ich bin jedoch der Ansicht, dass wir zusätzliche Anreize schaffen müssen, um ein gewisses Maß an Verbindlichkeit bei diesen Integrationsbemühungen auf beiden Seiten zu erreichen.
Mit einem Integrationsgesetz, das auf den beschriebenen Prinzipien des Forderns und Förderns aufbaut, setzen wir genau das um, was die Unternehmerverbände in Niedersachsen in ihrer Erklärung zum Aktionsbündnis „Niedersachsen packt an!“ gefordert haben, meine Damen und Herren.
Wir machen deutlich, was wir von den Zuwanderern einfordern und was sie als Unterstützung von uns erwarten dürfen, und zwar nicht nur als unverbindlichen Aufruf, sondern in rechtlich verbindlicher Form.
Meine Damen und Herren, ich finde es deswegen bedauerlich, dass sich Rot-Grün dieser Debatte verweigert, zumal wir mit diesem Gesetzentwurf offene Türen u. a. bei den kommunalen Spitzenverbänden einrennen. In der letzten Woche hat der Landkreistag gefordert, das unkoordinierte Nebeneinander von Sprachkursangeboten verschiedenster Behörden endlich zu beenden. Das ist ein klarer Hilferuf auch an die Landesregierung. Es wird Zeit, Herr Weil, dass Sie die Kommunen mit den Sorgen, Nöten und Bedürfnissen in der Integrationspolitik endlich ernst nehmen und entsprechend kommunalfreundlich handeln.
Auch das ist die Wahrheit: Die kommunale Ebene ist das Fundament aller Integrationsbemühungen und sollte auch dementsprechend durch die Politik dieser Regierung behandelt werden. Aber hier ist Fehlanzeige festzustellen.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer heutigen Regierungserklärung die Bedeutung des sozialen Wohnungsbaus herausgestrichen. Leider bleiben Sie mit Ihren Vorschlägen und Konzepten auf halbem Weg stehen.
barem Wohnraum eben nicht nur ein Problem in Großstädten, sondern auch in ländlichen Ballungsräumen, und er trifft Städte und Gemeinden im Umland von Großstädten, aber darüber hinaus mindestens genauso.
Die Erfahrungen bei der Unterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen haben in den letzten Monaten im Übrigen gezeigt: Starre Verteilungsquoten lösen keine Probleme, sondern verschärfen sie im Gegenteil zusätzlich. Das gilt gerade für Gegenden, in denen der Wohnraum ohnehin schon knapp ist. - Deswegen: Verabschieden Sie sich von diesen starren Verteilungsquoten, weil sie Gift für eine gelingende Integration sind!
Meine Damen und Herren, nun wird innerhalb der Bundesregierung seit einigen Wochen ernsthaft über eine Wohnsitzauflage/Residenzpflicht diskutiert. Auch Sie, Herr Weil, haben eine derartige Maßnahme zu Beginn des Jahres ins Gespräch gebracht.
vermutlich weil der Widerstand - das klang gerade schon durch - bei den Grünen vehement sein wird. Deswegen werden Sie es leider nicht durchsetzen. Ich sage Ihnen: Die Wohnortzuweisung, die im Prinzip schon bei den Aussiedlern in den 90erJahren funktioniert hat, ist auch für die Flüchtlinge der richtige Weg. Sie können dann gut und besser integriert werden, bevor es in Ballungsräumen zu einer Gettobildung kommt, durch die viele Problemlagen entstehen, die anschließend mit viel Geld wieder aufgearbeitet werden müssen. Das kann nicht gelingende Integration sein.
Der Ministerpräsident hat in seiner Rede einmal mehr die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung betont. Ich finde, die Forderung einer weiteren Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Integration“ hilft uns in der aktuellen Integrationsdebatte keinen einzigen Schritt weiter. Sie können auf die Erfahrungen der Föderalismuskommissionen I und
II zurückblicken, die unter Federführung des leider zu früh verstorbenen Peter Struck und anderer maßgeblich daran beteiligt gewesen sind, die Finanzbeteiligung endlich zu entflechten und auf ein vernünftiges Niveau und Maß zu bringen. Wenn Sie diesen Schritt wieder durchbrechen wollen, machen Sie das Gegenteil von dem, was Peter Struck immer gewollt hat. Das ist falsch, meine Damen und Herren.
Leider, Herr Weil, konnten Sie in Ihrer Regierungserklärung auch nicht der Versuchung widerstehen, die von Herrn Gabriel losgetretene Sozialneiddebatte um einen zweifelhaften Beitrag zu ergänzen.
Dabei wissen Sie doch genauso gut wie ich: Niemandem wird in diesem Land etwas weggenommen, weil Flüchtlingen geholfen wird.
Die Große Koalition hat im Gegenteil unglaublich viel für den sozialen Zusammenhalt in dieser Gesellschaft getan.
Meine Damen und Herren, wenn die Große Koalition jetzt den Wohnungsbau stärker fördern wird, dann tut sie das eben nicht nur für die Flüchtlinge, sondern gerade auch für die einheimische Bevölkerung.
Deswegen verstehe ich nicht, Herr Ministerpräsident, warum Sie sich und die SPD in dieser Frage so klein machen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Ach herrje! - Christian Grascha [FDP]: Genauso ist es! Genauso ist es!)
- Ja, Sie sind ja der Weltmeister im Kleinmachen. Das merkt man jedes Mal bei Geschäftsordnungsdebatten, Herr Tonne. Sie sind nicht bereit, hier parlamentarische Verantwortung zu übernehmen, weil Sie die Kohlen für andere aus dem Feuer holen. Das ist doch die Wahrheit!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Weil Sie und Ihre Fraktion bei Unterrichtungen nicht zuhören können! - Zurufe von Johanne Modder [SPD] und Anja Piel [GRÜNE])
- Ich kann doch nichts dafür, Herr Tonne, wenn Ihre Ministerin vier Stunden lang nicht die Wahrheit erzählt.
Das ist doch Ihr Problem. Klären Sie das doch mit ihr. Das Parlament hat ein Anrecht darauf, die Wahrheit minutiös zu erfahren, und darf nicht in die Verlogenheit geführt werden.