Protokoll der Sitzung vom 09.03.2016

- Ich werde das gleich noch ausführen. Dann verstehen Sie das vielleicht auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, an dieser Stelle ist sehr deutlich geworden, dass durch die Arbeit, die die Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen mit 6 000 gemeinwohlorientierten Einrichtungen, mit knapp 300 000 Hauptamtlichen und fast 500 000 Ehrenamtlichen alleine in Niedersachsen leisten, ein wichtiger Dienstleister und Akteur in der Sozialwirtschaft vorhanden ist. Deswegen muss die Förderung, die wir über das Wohlfahrtsgesetz sicherstellen, diese Vielfalt und diese Flexibilität auch beinhalten.

Die Träger, die über die Landesförderung profitieren, sind sehr unterschiedlich aufgestellt. Alle Träger - dazu gehören Caritas, DRK, Diakonie, jüdische Wohlfahrtspflege, Paritätischer Wohlfahrtsverband und AWO - bieten unterschiedliche Dienstleistungen an. Genau das bildet die Förderung des Landes über das Wohlfahrtsgesetz mit ab, weil wir genau diese Vielfalt für das Land brauchen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Dienstleistungen, die in den sozialen Bereichen angeboten werden, sind von nicht wirtschaftlichem Handeln und vom Grundsatz der Solidarität und der Gemeinwohlorientierung geprägt. Sie bewegen sich in der Regel in nicht gewinnorientierten gGmbHs und erfolgen somit nicht in der Absicht, hiermit Gewinne zu erzielen, sondern in der Absicht, Dienstleistungen für die Menschen zu erbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in vielfältigen Bereichen übernehmen die Wohlfahrtsverbände Aufgaben, sei es in Beratungsstellen oder in der Sozialarbeit. Sie entwickeln innovative Konzepte und sind ein wichtiger Baustein der sozialen Infrastruktur in diesem Land. Daher gebührt unser Dank denen, die sich in diesen Verbänden engagieren. Sie sind eine tragende Säule in der Sozialpolitik in Niedersachsen und übernehmen im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips als Partner wichtige staatliche Aufgaben.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es war diese Landesregierung, die mit dem Wohlfahrtsgesetz im Jahr 2014, das leider nur mit den Stimmen von SPD und Grünen beschlossen wurde, an erster Stelle dazu beigetragen hat, dass die gegenüber dem Sport bestehende Ungleichbehandlung bei der Mittelvergabe aufgehoben wird, dass wir uns jetzt auf einem Pfad der Angleichung bewegen, dass eine strukturelle Gleichbehandlung herbeigeführt wird und dass es für die Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen eine Rechtssicherheit hinsichtlich des Einsatzes dieser Mittel gibt.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist nicht gelogen!)

Wir haben klare Regeln definiert. Die Vereinbarung, die Sie gerade angesprochen haben, ist im Jahr 2016 geschlossen worden. Sie steht transparent zur Verfügung und gibt klar Aufschluss darüber, wofür die Mittel eingesetzt werden können. Es gibt ferner das Prüfrecht des Landesrechnungshofs.

Ich will an dieser Stelle auch Folgendes noch ganz deutlich sagen: Ich kann mir kaum vorstellen, dass auch die Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Parlament, die Verantwortung in den Wohlfahrtsverbänden tragen - ich will Frau Ross-Luttmann erwähnen, die als stellvertretende Präsidentin des DRK ein wichtiges ehrenamtliches Engagement zeigt, aber auch den Kollegen Klaus-Peter Bach

mann oder Silke Lesemann -, nicht sehr bewusst mit der Vergabe dieser Mittel in ihren Verbänden umgehen und nicht jeweils im Detail sehr gewissenhaft schauen, dass diese Mittel so eingesetzt werden, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat.

(Beifall bei der SPD)

Das gehört dann auch mit dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir bewegen uns in einem Bereich - der Herr Kollege Schremmer hat es mit angesprochen -, der in Teilen von einem Wettbewerb geprägt ist, der über den Preis geht, der über die Qualität geht. Von daher ist dieser Wettbewerb sehr einseitig ausgerichtet, und er geht in der Regel zulasten der Wohlfahrtsverbände, weil diese sich entsprechend ihrer inneren Werte auch nach außen aufstellen und deutlich machen, welche Rolle sie sich als Arbeitgeber und auch hinsichtlich der Qualität ihrer Dienstleistungen aufgeben.

Von daher würde ich mir sehr wünschen, dass die EU-Kommission beim laufenden Verfahren auch das berücksichtigt. Es muss nicht alles ein Markt sein in diesem Land. Es gibt auch die Berechtigung zur Gemeinwohlorientierung und zur Daseinsvorsorge. Ich glaube, dass Europa an der Stelle im Beihilfeverfahren gut beraten ist, sich anzusehen, welche Bedeutung die Wohlfahrt vor allem in Niedersachsen hat, und sich darüber klar zu werden, dass sie in diesem Verfahren ebenfalls eine Rolle spielen muss.

Herr Kollege Brunotte, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Försterling zu?

Ja, er kann sie gleich stellen. Ich möchte aber erst noch gern meinen Gedanken ausführen. Dann ist meine Redezeit auch schon abgelaufen.

Dann machen wir das so. Bitte!

Ich glaube, dass die Wohlfahrtsverbände in ihrer Antwort auf den Fragenkatalog der EU-Kommission viele der aufgetretenen Fragen ausräumen können. An dieser Stelle können wir ein großes Dankeschön an alle diejenigen senden, die sich tagtäglich in den Wohlfahrtsverbänden engagieren und dazu beitragen, dass es in diesem Land eine starke Sozialpolitik gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bitte, Herr Kollege Försterling!

Herr Kollege Brunotte, nachdem Sie eben auch die Förderung der gGmbHs der freien Wohlfahrtsverbände angesprochen haben, stelle ich die Frage: Würden Sie künftig auch anderen gGmbHs, die nicht in den freien Wohlfahrtsverbänden organisiert sind, Zugang zu den Fördermitteln gewähren?

Bitte!

Herr Kollege Försterling, vielen Dank für diese Frage. Aufgrund Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beim DRK wissen Sie sehr wohl um die Bedeutung der Wohlfahrt. Sie sind ja auch Akteur. Ich finde das auch wichtig. Ich glaube, dass die Mittel, die in Teilen auch an die gGmbHs gehen, im Rahmen der Förderung und im Rahmen der Ziele, die wir an diese Förderung geknüpft haben, verteilt werden. Dabei sind - das zeichnet das Wohlfahrtsgesetz ja auch aus - die Partner klar definiert. Das sind in Niedersachsen die sechs Wohlfahrtsverbände, die sich von ihren Grundwerten und ihrer Aufgabenstellung im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips als Partner bewegen. Von daher glaube ich, dass eine Ausdehnung aktuell kein Thema ist.

Im Raum steht aber die Frage - ich will das erwähnen -, ob sich die muslimischen Verbände auch in diesem Bereich bewegen und einen eigenen Wohlfahrtsverband aufbauen. Ich glaube, dass dies einer der Punkte sein kann, bei denen man darüber nachdenken muss, was das für die geschlossene Vereinbarung bedeutet und ob ein weiterer Akteur hinzukommen muss.

Klar aber ist an dieser Stelle: Die Wohlfahrtsverbände sind Träger und Dienstleister für das Land. Mit ihnen ist der Vertrag geschlossen worden. Ihnen und niemand anderem werden die Mittel zugewiesen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Brunotte, auch Herr Hilbers hat den Wunsch, Ihnen eine Frage zu stellen.

Bitte, Herr Hilbers!

Herr Kollege Brunotte, haben Sie eigentlich zur Kenntnis genommen, dass die EU geschrieben hat, dass es völlig unerheblich ist, um welche Rechtsform - gemeinnützige GmbH, GmbH, Verein, Verband - es sich handelt. Vielmehr stellt die EU nur darauf ab, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird oder nicht. Insofern ist Ihre Definition „Wir sind gemeinnützige GmbHs“ angesichts dessen, was die Europäische Union geschrieben hat, völlig belanglos.

Herr Hilbers, Sie haben das auch schon den Kollegen Schremmer gefragt. Natürlich nehmen wir sehr intensiv zur Kenntnis, was derzeit im Bereich der Beihilfeverfahren läuft.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Haben Sie das gelesen oder nicht? Ja oder nein?)

- Na klar habe ich das gelesen.

(Weitere Zurufe)

Einen Moment! Von Herrn Hilbers wurde eine Frage gestellt, und jetzt antwortet in Ruhe Herr Kollege Brunotte. Es werden keine weiteren Fragen mehr aus dem Plenum gestellt. - Bitte!

Herr Hilbers, Sie müssen sich an einer Stelle entscheiden, ob Sie für die Wohlfahrt mit ihrer Ausrichtung in Niedersachsen kämpfen oder sich unter dem Diktat des Marktes im Bereich der Kriterien, die gerade durch die privaten Verbände kritisiert worden sind, bewegen wollen. Das ist die Frage. Die Strukturen, die wir uns im Bereich der gGmbHs - auch in der Wohlfahrt - gegeben haben, sind ein Handlungsinstrument. Ich glaube, dass die EU-Kommission gut beraten wäre, sich auch das im Verfahren genau anzusehen und zu erkennen,

dass dies ein verlängerter Arm dessen ist, was über die Mitgliederarbeit und Ähnliches für soziale Dienstleistungen im Rahmen der Wohlfahrt stattfindet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Brunotte. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Frau Sozialministerin Rundt. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Förderung der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege mit Finanzhilfemitteln hat gute Tradition, die bis zum Gesetz über das Zahlenlotto aus dem Jahr 1956 - inzwischen sind das 60 Jahre - zurückgeht. Seit dieser Zeit besteht ein gesetzlicher Anspruch der Verbände auf Finanzhilfen. Auch wenn sich dieser gesetzliche Anspruch im Laufe dieser 60 Jahre auf unterschiedliche Regelungen bezogen hat, so ist an einem Grundprinzip immer festgehalten worden, nämlich daran, dass die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege keine untergeordnete Behörde des Sozialministeriums sind, sondern weitgehend eigenständig und flexibel sowie innerhalb ihrer gemeinnützigen Zweckbindung und Aufgabenstellung über die Mittel verfügen dürfen. Ganz bewusst hat sich Niedersachsen für dieses System einer pauschalen Zuweisung der Finanzmittel entschieden. Mit der Mehrheit dieses Hauses und mit Wirkung ab 1. Januar 2015 wurden die aktuell gültigen Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege verabschiedet.

Diese Regelungen sehen Verschiedenes vor, nämlich erstens die Höhe der Finanzhilfe von insgesamt 21,252 Millionen Euro. Zweitens geht es um die Frage der wohlfahrtspflegerischen Aufgaben, die überhaupt förderfähig sind. Drittens geht es um die Festlegung von Mindestanteilen für zwei Drittel der Finanzhilfemittel. Es geht ferner um den Anteil der Verwaltungskosten, und es geht um die Frage, wie die Mittel nachzuweisen sind.

Die nach dem Gesetz erforderliche Vereinbarung wurde am 8. Februar 2016 abgeschlossen und in ihrer kompletten Fassung am 2. März 2016 wie vereinbart im Niedersächsischen Ministerialblatt

und im Internet veröffentlicht. Sie tritt rückwirkend zum 1. Januar 2016 in Kraft.

Gegenüber dem bisherigen, noch unter der früheren CDU-Ministerin Ross-Luttmann abgeschlossenen, Vertrag aus dem Jahr 2008 wurden durchaus wesentliche Änderungen vorgenommen, die zur Transparenz beitragen. Mit allen Verbänden wurden Handlungsschwerpunkte vereinbart. Damit gehen wir auch weit über die Anforderungen des eigentlichen Gesetzestextes hinaus und berücksichtigen die Kritik des Landesrechnungshofs an der bisherigen Ausgestaltung.

(Christian Grascha [FDP]: Die bleibt aber bestehen! Haben Sie das ge- wusst?)

Die Handlungsschwerpunkte sind mindestens auf ein Haushaltsjahr bezogen und umfassen wenigstens 15 % der Finanzhilfe. Ferner ist der Katalog der förderfähigen Leistungen aktualisiert worden. Zum Beispiel ist ausdrücklich das Thema Inklusion mit aufgenommen worden.

Herr Grascha, Sie hätten der Freien Wohlfahrtspflege mehr Wertschätzung entgegenbringen können, wie Sie das hier verbal verkündet haben, indem Sie sich inhaltlich intensiver damit auseinandergesetzt hätten.