Protokoll der Sitzung vom 13.04.2016

Nun haben wir gestern Abend über dpa erfahren dürfen, dass man gewillt ist, sich zu einigen - zwar eine späte Einsicht, meine Damen und Herren, aber immerhin. Das zeigt: Der Druck seitens der Landesregierung zeigt Wirkung. - Gut so.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn sich Volkswagen zukunftsfähig aufstellen will, dann muss sich der Konzern auf neue Wege begeben; neue Wege in der Unternehmensführung und neue Wege bei der Entwicklung seiner Produkte. Ich bin zuversichtlich, dass dies dem Unternehmen gelingen kann und auch gelingen wird.

Meine Damen und Herren, der Volkswagen-Konzern ist der größte Arbeitgeber unseres Landes. Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Familien leben von dem, was in Wolfsburg, in Emden, hier in Hannover und in vielen anderen Orten in Niedersachsen, in Deutschland und weltweit erarbeitet wird. Und sie machen einen guten Job, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir beobachten mit großer Sorge, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Krise des Konzerns ganz persönlich zu spüren bekommen. Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, als werde jetzt die Gelegenheit der Krise genutzt, um Verschiebungen beim Personal insgesamt vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, die Stärke des Volkswagen-Konzerns ist auch eine starke Verwurzelung in der Gesellschaft. Viele Menschen verbinden damit eben mehr als nur einen Automobilhersteller oder Fortbewegungsmöglichkeiten. VW ist in Niedersachsen mehr. Diesen Trumpf darf das Unternehmen nicht verspielen. Volkswagen muss auch weiterhin ein Garant für stabile wirtschaftliche Entwicklung sein und ein verantwortungsvoller Arbeitgeber, der vielen Tausend Menschen und

deren Familien in unserem Land eine sichere Zukunft bietet.

Meine Damen und Herren, in Zeiten, in denen das Land um die Zukunft dieses herausragenden Unternehmens bangt, in denen die Standortkommunen durch die Volkswagen-Krise von herben Einbußen bei der Gewerbesteuer betroffen sind, in denen die Aktionäre des Konzerns - z. B. auch das Land Niedersachsen - auf Dividenden verzichten müssen, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Einschränkungen bereit sind, um Beschäftigung zu sichern, muss auch die Führung dieses Unternehmens bereit sein, Verzicht zu üben, meine Damen und Herren. Das ist ein Signal.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin sicher und hoffe sehr, dass die notwendigen Signale aus dem Konzern kommen. Zumindest lassen die Meldungen hoffen. Ich danke dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister dafür, dass sie ein Auge für diese Problematik haben und den Einflussmöglichkeiten des Landes sehr nachdrücklich und ausgewogen nachkommen. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch kurz auf die Aussagen unseres Ministerpräsidenten eingehen, der von unserer gemeinsamen Verantwortung für das Unternehmen und dessen Beschäftigte gesprochen hat. Sie haben völlig recht, Herr Ministerpräsident: Wir haben eine gemeinsame Verantwortung. Das Land Niedersachsen hat sich - egal, wer die Regierung gestellt hat - immer für das VW-Gesetz ausgesprochen. Das will ich hier noch einmal sehr deutlich betonen. Wir waren uns hier in diesem Hohen Haus immer einig.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

- Bei der FDP weiß man nie so genau, Herr Dürr.

(Christian Dürr [FDP]: Was ist das für ein Quatsch! Belegen Sie das mal! Behaupten kann jeder was!)

Ich muss Ihnen schon sagen - - -

(Unruhe)

Ruhe, bitte, Herr Dürr! Es redet hier nur Frau Modder. Bitte!

Aber ich muss Ihnen schon sagen - jetzt richte ich mich an den ehemaligen Wirtschaftsminister Herrn Bode -: Von Ihnen - auch als ehemaligem Aufsichtsratsmitglied - hätte ich mir ein bisschen mehr Verantwortungsbewusstsein gewünscht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der FDP)

- Ich sage Ihnen das. Wenn man schon allein Ihre PM vom vergangenen Sonntag liest, muss man sich die Augen reiben. Allein die Überschrift: Jörg Bode fordert: Landesregierung soll mit einer Regierungserklärung die Chaoswochen bei VW beenden.

(Zurufe von der FDP)

- Herr Bode, Sie waren doch selbst Wirtschaftsminister! Also wirklich! Hier brauchen wir keine Erklärung, sondern hier sind umsichtiges Handeln und Verantwortungsbewusstsein gefragt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Genau dieser Verantwortung wird dieses Land gerecht.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Modder. - Meine Damen und Herren, Sie kennen es doch: Es redet immer nur der, dem gerade das Wort erteilt worden ist. Andere Beiträge und Dialoge gehören nicht hierher. Jeder hat die Möglichkeit, sich im Rahmen der Redezeiten für seine Fraktion zu Wort zu melden.

Für die FDP-Fraktion hat sich jetzt Herr Bode zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

(Anja Piel [GRÜNE]: Er macht jetzt die Regierungserklärung!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 24. Februar konnten wir in der Neuen Osnabrücker Zeitung von unserem Ministerpräsidenten lesen: VW-Krise unter Kontrolle. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, was damals zur „beendeten Krise“ erklärt worden ist, stellt sich heute ganz anders dar. Wir haben heute die Situation, dass bei Volkswagen nichts unter Kontrolle ist. Wir ha

ben bei Volkswagen heute mehr offene Baustellen von erheblicher Bedeutung als nur die fünf Themen, die der Ministerpräsident soeben in seiner Regierungserklärung bzw. Unterrichtung genannt hat.

Es geht nicht nur darum, dass irgendwann einmal ein Dieselgate aufgeklärt werden muss und wir alle darauf warten, Herr Ministerpräsident. Es geht nicht nur darum, dass es Rückrufaktionen gibt und dabei der Zeitplan für ein Modell verschoben und etwas anderes vorgezogen wird. Es geht nicht nur darum, dass man darauf wartet, wie eine Gerichtsentscheidung in den USA am 21. April ausgeht. Es geht nicht nur darum, dass man darauf wartet, wann eine Entscheidung über Dividende oder Nichtdividende fällt. Es geht auch nicht darum, darauf zu warten, ob Bonuszahlungen von Vorständen freiwillig zurückgegeben werden.

(Björn Thümler [CDU]: So ist das!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht darum, als Großaktionär bei Volkswagen zu handeln und die Interessen des Landes, der Aktionäre und der Mitarbeiter zu vertreten. Man darf aber nicht länger die Hände in den Schoß legen, wie Sie es tun, Herr Weil!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon erstaunlich, dass man die Realitäten so ausblenden kann, wie es der Ministerpräsident getan hat. Wir haben hier im letzten Plenum erlebt, dass es scheinbar gar keine Kommunikation zwischen der Landesregierung als Vertreter des Aktionärs Niedersachsen und der Volkswagen-Konzernführung gibt. Wir haben ebenfalls erlebt, dass es der Landesregierung wahrscheinlich gar nicht einmal wichtig ist, was in Wolfsburg passiert.

Wenn man als Aufsichtsrat mit einem großen Backoffice an Pressestellen über mehrere Stunden nicht merkt, was bei dpa und beim NDR über Arbeitsplatzabbau an den Standorten in Niedersachsen geschrieben wird, dann mehrere Stunden später von einem Abgeordneten des Landtages durch Übergeben einer Meldung auf dem Smartphone darauf hingewiesen werden muss, sich dann über mehrere Stunden darum bemüht, Informationen aus Wolfsburg zu bekommen und hier am Ende des Tages sagen muss: „Man hat mir nichts gesagt“, dann entspricht das nicht dem Selbstverständnis, mit dem ein Großaktionär die Interessen eines Unternehmens leiten und die Interessen Niedersachsens wahrnehmen sollte, meine sehr

verehrten Damen und Herren. Das ist Arbeitsverweigerung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Diskussionen der letzten Tage zum Thema „Bonuszahlungen an Vorstandsmitglieder“ haben erstaunliche Züge angenommen. Man kann über die Höhe von erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen durchaus streiten und auch über die Frage, ob solche Vergütungen überhaupt sein müssen. Was aber nicht geht, ist: Wenn ein Unternehmen aufgrund betrügerischer Aktivitäten Gewinne gemacht hat, dann kann man nicht als Bittsteller bettelnd zu denjenigen gehen, die damals Verantwortung getragen haben, und sagen: Bitte, verzichtet doch auf eure leistungsabhängige Vergütung! - Wo keine Leistung, da auch kein Bonus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss man einfordern und nicht sich erbetteln.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Herr Ministerpräsident und Frau Modder, wenn es denn unhaltbar ist, dass solche Bonuszahlungen eingefordert werden: Warum stellen Sie dann nicht die eigentlich entscheidende Frage? - Wenn jemand ein solch falsches Verständnis von Unternehmenskultur sowie persönlicher Gewinnsucht und Gewinnmaximierung hat: Warum lassen Sie ihn dann weiterhin Verantwortung im Unternehmen tragen?

Wenn jemand nicht bereit ist, einen neuen Weg von Führungskultur bei Volkswagen mitzugehen: Warum betteln Sie so lange? Warum ziehen Sie nicht die Konsequenzen und trennen sich von den Personen, die scheinbar nicht wissen, was die Zeit geschlagen hat? Hier ist Versagen der Aufsichtsratsmitglieder Lies und Weil deutlich zu erkennen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es sind ja nicht nur die Vorstandsmitglieder, über die wir hier diskutieren. Wir haben, als sich der Ministerpräsident nach dem Streit zwischen Professor Winterkorn und Professor Piëch in den Medien als der Macher hat feiern lassen, festgestellt, dass es eine Personalentscheidung gab, die damals übrigens auch wir - mit vielen Aktionärsvertretern - kritisiert haben, dass nämlich der Finanzvorstand, der damals im Verdacht stand, Ad-hocMitteilungen für die Aktionäre nicht rechtzeitig abgegeben zu haben, und somit Schadensersatzkla

gen ausgelöst hat, als Aufsichtsratsvorsitzender eingesetzt werden sollte.

Diese Personalentscheidung ist schon inhaltlich aus Gründen von Unternehmenshygiene, aus Gründen persönlicher Betroffenheit und Befangenheit falsch gewesen. Sie haben diese Personalentscheidung wider besseres Wissen durchgewunken und getragen. Heute bzw. seit den letzten Tagen wissen wir, dass Sie nicht nur eine falsche Personalentscheidung gemacht haben, sondern dafür auch noch eine Ablösesumme von 10 bis 15 Millionen Euro gewährt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie sagen, das sei im unternehmerischen Interesse gewesen, Herr Weil. - Das war nicht im unternehmerischen Interesse. Das war nicht im Interesse von Aktionären. Das war eine krasse Fehlentscheidung, die Sie vergoldet haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das muss man rückgängig machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil Sie vorhin, als es um Christian Wulff ging und seine Aktivitäten im VW-Aufsichtsrat kritisiert wurden, hier auf der linken Seite des Hauses solche komischen Geräusche gemacht haben, sage ich Ihnen eines: Das Präsidium des VW-Aufsichtsrates ist verantwortlich für diesen Vertrag, und Christian Wulff hätte als Mitglied des Präsidiums des VW-Aufsichtsrates einen solchen Vertrag niemals unterschrieben - anders als Stephan Weil, meine sehr geehrten Damen und Herren