Protokoll der Sitzung vom 16.05.2018

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Henning. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bergrecht zum Zweiten, so könnte man sagen. Kommen wir also wieder zu einem vorläufigen Höhepunkt der Plenardebatte in dieser Woche, nämlich der Allgemeinen Bergverordnung über Untertagebetriebe von 1966! Das ist übrigens mein Geburtsjahr. Deswegen muss es ja eigentlich eine gute Verordnung sein.

Hatten wir uns also kurz nach der Mittagspause noch mit der Verordnung über die Anwendung von Vorschriften des Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten von 1960 beschäftigt, so

dürfen wir uns nun erneut, ein paar Stunden später, auf Antrag der FDP über eine Verordnung aus dem Jahre 1966 unterhalten.

Worum geht es in der Sache? - Mit dem Antrag der FDP, jedenfalls in der ursprünglichen Fassung, wie er Ihnen vorgelegt wurde, wird die Aufhebung der Bergverordnung für Untertagebetriebe aus dem Jahre 1966 gefordert. Die Bergverordnung enthält Bestimmungen für Untertage -, Tagebau - und Tagesbetriebe. Sie enthält Regelungen, die einen sicheren Betrieb der Untertage- und Tagesbetriebe gewährleisten sollen. Der von der FDP geforderten vollständigen Aufhebung der Verordnung steht jedoch entgegen, dass damit auch Regelungen entfallen würden, die anderweitig nicht auf Gesetzes- und Verordnungsebene fixiert sind, als da wären: die Vorschriften zur Flutung von Salzbergwerken, zu Sicherheitspfeilern und Sicherheitsabständen oder die Versatzpflicht für den Kalibergbau.

Die Unterrichtung im Wirtschaftsausschuss seitens der Rechtsgelehrten des MW hat klar ergeben, dass keine zwingenden rechtlichen Gründe für eine Aufhebung der Verordnung bestehen.

(Unruhe)

Herr Kollege, ich bitte um Entschuldigung. Ich möchte nur einmal in den Saal hinein bitten,

(Frank Henning [SPD]: Ein spannen- des Thema, ich weiß!)

den Geräuschpegel etwas herunterzufahren. Ich weiß, dass dieses Thema die Gemüter erregt. Aber dem Kollegen sollten wir schon zuhören. - Bitte sehr!

Das liegt am Jahrgang.

Aufgrund der Zuordnung des Bergrechts zum Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes sind die Vorschriften der Allgemeinen Bergverordnung, die vom geltenden Bundesrecht abweichen, ohnehin gegenstandslos. Einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf es allerdings nicht. Für die Rechtsanwendung durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie, also kurz LBEG, bestehen insoweit durch das Bundesberggesetz eindeutige Rahmenbedingungen.

Aus diesem Grund lehnen die Regierungsfraktionen von SPD und CDU den vorliegenden FDPAntrag ab.

Mag man der FDP-Fraktion nun positiv unterstellen, dass sie bei ihrem Antrag noch in der wirklich guten Absicht gehandelt hat, Verwaltungsvorschriften zu entschlacken, Entbürokratisierung zu betreiben, so schütten die Grünen mit ihrem zur heutigen Plenarsitzung vorgelegten Änderungsantrag mal wieder das Kind mit dem Bade aus. In den vorliegenden Änderungsantrag haben die Grünen offensichtlich ihr komplettes ökologisches Weltbild eingearbeitet und schießen damit aus unserer Sicht über das Ziel des FDP-Antrags, die Vorschriften der Bergverordnung schlicht zu entschlacken und zeitgemäß zu gestalten, weit hinaus. Auch den Grünen-Änderungsantrag lehnen CDU und SPD deshalb ab.

Die geforderte erweiterte Bürger- und Verbandsbeteiligung - als Beispiel - würde im Ergebnis noch längere Verfahren bedeuten. Die grundsätzliche Zielsetzung des Grünen-Antrags, ausschließlich dem Umweltschutz Vorrang vor einer Ausbeutung des Untergrunds und der Nutzung von Bodenschätzen einzuräumen, halten wir eindeutig aus wirtschaftspolitischen Gründen für verfehlt. Das Bergrecht als Teil des Umweltrechts zu definieren, geht uns deutlich zu weit.

Im Ergebnis lehnen SPD und CDU beide vorgelegten Oppositionsanträge klar ab.

Vor dem Hintergrund aber, dass die Bergverordnung seit mehr als 50 Jahren in Kraft ist, sich die technischen Möglichkeiten im Bergbau sowie der Stand der Technik erheblich weiterentwickelt haben, haben die Regierungsfraktionen heute den gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht.

Ziel des Änderungsantrags von SPD und CDU ist eine Überprüfung - keine Aufhebung der Verordnung, wie von der FDP gefordert -, in welcher Form die Bergverordnung vor dem Hintergrund der technischen Entwicklungen zu überarbeiten und zu novellieren ist. Dem Landtag soll dann über das Ergebnis der Prüfung möglichst zeitnah berichtet werden.

Das heißt, die Regierungsfraktionen stimmen dem heute vorliegenden Änderungsantrag von SPD und CDU zu und lehnen die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Byl. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP machen hier auf vermeintlich veraltete und überholte Rechtsnormen des Bergrechts aufmerksam. - So weit, so gut.

Jetzt klang schon in der bisherigen Debatte an, dass das vom Parlament nicht als das Topthema des Tages gesehen wird. Schade, wie ich finde; denn die FDP hat hier in der Tat ein wichtiges Thema aufgegriffen, nämlich das Bergrecht. Das eigentliche Problem des geltenden Bergrechts - und das hat der Kollege Henning gerade schon auf etwas andere Art und Weise angesprochen - sind aber nicht einzelne Verordnungen.

Das heutige Bergrecht basiert im Kern noch immer auf den Regelungen der preußischen Staaten und den Gesetzen des NS-Regimes zur Erschließung von Bodenschätzen. An der Logik des Bergrechts hat sich seit der Zeit tatsächlich nicht viel geändert. Die Rohstoffgewinnung hat immer noch Vorrang vor allen anderen Interessen.

Der Schutz von Natur und Umwelt findet im Bergrecht tatsächlich kaum Beachtung. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist bei der Vergabe von Bergbauberechtigungen nicht vorgesehen, obwohl hier schon die Claims für eine spätere Rohstoffförderung abgesteckt werden. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei Weitem nicht für alle Förderprojekte vorgesehen. Transparenz, Bürgerbeteiligung, Rechtsschutz - Fehlanzeige. Bergrecht bricht Grundrecht. - So beschreiben vom Bergbau betroffene Bürgerinnen und Bürger ihre Situation.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Unerhört!)

Die Rohstoffförderung hat erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, die teils irreversibel sind. Das gilt für den Kalibergbau, für den riesige Abraumhalden aufgeschüttet werden - das wurde gerade schon angesprochen -, das gilt aber auch für den obertägigen Kiesabbau, der ganze Landschaften umgräbt, und das gilt für die Förderung von Öl und Gas, die unsere Grundwasserleiter durchbohrt.

Trotzdem ist das Bergrecht einseitig auf die Interessen der Industrie ausgerichtet. Ansätze zur

Konfliktlösung fehlen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist tatsächlich nicht mehr zeitgemäß.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ziel des Bergrechts ist die Rohstoffsicherung, also die bestmögliche Ausbeutung der Vorkommen. Die Erde sollte aber kein Selbstbedienungsladen sein. Eine nachhaltige Nutzung unserer Ressourcen muss anders organisiert werden. Wir brauchen eine Reform des Bergrechts, um nicht nachwachsende Rohstoffe auch für künftige Generationen zu bewahren. Das Motto sollte sein: Kreislaufwirtschaft statt Einbahnstraßennutzung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das heißt konkret: Die Förderung von Öl, Gas und Kohle muss sich im Rahmen der Klimaschutzziele bewegen. Der Genehmigungsanspruch für Hochrisikotechnologien wie Fracking muss gekippt werden; wir hatten das Thema heute Morgen schon. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung muss für alle Bergbauvorhaben gelten, und zwar von Anfang an.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ein modernes und zukunftsfähiges Bergrecht muss die Belange von betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern, von Kommunen, von Verbänden, von Umwelt und Natur auf faire Weise berücksichtigen. Das Bergrecht braucht eine grundsätzliche Reform. Ein Herumdoktern an einzelnen Verordnungen genügt uns nicht.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Oesterhelweg

Vielen Dank, Frau Kollegin Byl. - Für die CDUFraktion hat nun der Kollege Schatta das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe bergpolitische Sprecher dieses Landtags!

(Heiterkeit)

Wir haben es wirklich mit einem ernsten Thema zu tun, obwohl man das Ganze mit ein bisschen Schmunzeln sehen kann. Wir reden über alte Rechte. Dazu haben wir schon Ausführungen gehört. Viele Pointen wurden mir schon weggenommen.

Die Fortentwicklung des Bergrechts sowie die technologische Weiterentwicklung im Bergbau seit der Verabschiedung der Allgemeinen Bergverordnung sind ein guter Grund, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu evaluieren und fortzuentwickeln. Ich danke dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung für die schriftliche Unterrichtung, die die beiden Argumentationslinien gut herausgearbeitet hat - die rechtliche und die technologische.

Wie vorhin ist hier der unmittelbare Handlungsbedarf aus rechtlicher wie auch aus verwaltungstechnischer Sicht zu verneinen. Dies gilt vor allem für die weiterreichende Forderung nach der Abschaffung der Allgemeinen Bergverordnung. Es wird deutlich, dass für wichtige Aspekte der Bergbausicherheit alternative Rechtsgrundlagen fehlen. Eine Abschaffung ist aus Sicht der CDU damit vom Tisch.

Tatsächlich prüfenswert ist die Überarbeitung der entsprechenden Vorschriften aufgrund des technologischen Fortschritts. Lassen Sie mich an dieser Stelle eines kurz anmerken: Wir befinden uns am Beginn der digitalen Transformation, die weite Teile der Produktion, des Wirtschaftens, ja nahezu aller gesellschaftlichen Interaktionen dramatisch verändern wird. Ohne Zweifel wird damit ein ganz erheblicher und heute noch nicht überschaubarer Veränderungsbedarf bei der Rechtsetzung und der Verwaltungspraxis entstehen.

Warum nun vor diesem Hintergrund diese eher obskure Regelung des Bergrechts herausgesucht wurde, konnte ich Ihren Ausführungen wirklich nicht entnehmen. Das wurde schon unter Tagesordnungspunkt 11 erwähnt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, bei der Gestaltung des Änderungsantrags, den SPD und CDU heute - abweichend vom Votum des Wirtschaftsausschusses - zur Annahme empfehlen, haben wir uns sehr eng am ursprünglichen Antrag der FDP sowie an der Stellungnahme des Ministeriums orientiert. Mit der in unserem Änderungsantrag gefundenen Formulierung wird ein konkreter Prüfumfang sinnvoll abgegrenzt. Damit wird sichergestellt, dass wir zügig zu einem Ergebnis kommen und eventuell notwendige Anpassungen ohne weiteren Zeitverzug angehen. Es würde mich freuen, wenn dies der FDP eine Zustimmung ermöglichte.

(Zuruf von Jörg Bode [FDP])

- Ich sehe schon einen erhobenen Daumen.

Gerne hätten wir auch die Grünen für ein gemeinsames Vorgehen gewonnen. Doch leider hat der vorgelegte Textentwurf dies unmöglich gemacht. Die Bezüge auf das Umweltrecht ignorieren sowohl die sehr begrenzten landesrechtlichen Spielräume als auch die zahlreichen Gesetzes- und Verordnungsnovellen auf Bundesebene in den vergangenen Jahren. Ich nenne nur die Themen Beweislastumkehr, Entsorgung von Lagerstättenwasser oder Offshorebergbau. Weitere Änderungen auf Bundesebene scheinen aktuell nicht anzustehen.