Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Was kann das Land Niedersachsen nun tun? Damit komme ich zu dem Entschließungsantrag.

In der Nr. 1 fordern Sie eine Evaluation der Startup-Zentren und Handlungsempfehlungen. Das finden wir ausgesprochen gut. Es ist logisch, dass man da, wo Steuergeld fließt, auch evaluieren muss.

In der Nr. 4 fordern Sie eine Ausweitung der Förderung dieser Zentren auf andere Landesteile. Das sehen wir kritisch. Wir wollen den ländlichen Raum nicht abhängen. Aber gerade im Bereich der Gründerszene kommt es darauf an, dass die Leute gut vernetzt sind, sie schnelle digitale Netze haben und auch die sonstige Infrastruktur nah ist. Es kommt da einfach auf ganz normale Nähe und schnelle Erreichbarkeiten an. Das sehen wir in den Zentren - das ist im Antrag beschrieben: Hannover, Oldenburg, Braunschweig usw. - einfach besser gewährleistet als in der Peripherie. Wir sehen die zusätzlichen Kosten einer Ausweitung in die Peripherie einfach als unangemessen an.

In den Nrn. 2 und 3 wird eine Ausweitung der Fördermittel beantragt. Da schlagen natürlich zwei Herzen in unserer Brust. So schön diese ganze Geschichte mit den Start-ups auch ist: Ohne eine vernünftige, vorgehende Evaluation sehen wir das sehr kritisch.

Der Antrag sagt jetzt noch nichts darüber - darüber können wir noch beraten -, wie teuer das insgesamt ist. Aber so wünschbar das ist, klar ist eines: Unsere Priorität ist Schuldentilgung. Man kann am Ende leider nicht alles finanzieren. Wenn es darauf ankommt, setzen wir unseren Schwerpunkt bei der Tilgung von Altschulden und nicht bei der Förderung von Start-ups.

Wir sind aber gerne bereit - wie gesagt, wir kennen die Gesamtbeträge noch nicht -, im Ausschuss darüber zu beraten - bzw. in den Ausschüssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion hat sich jetzt Frau Mareike Wulf gemeldet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Grascha, ganz herzlichen Dank, dass Sie hier das Thema „Start-ups“ auf die Agenda setzen. Aber ich muss Ihnen sagen: Was mich bei der FDP immer ein bisschen stört, ist, dass ich das Gefühl habe, Sie wollen das Thema „Start-ups“ für sich beanspruchen, nur weil Sie die meisten Betriebswirte in Ihrer Partei haben. Dabei vernachlässigen Sie, dass das Thema „Gründung und Start-ups“ auch im Handwerk und in der Landwirtschaft angelegt ist. Das sind Leute, die

wissen, was es heißt, zu gründen, ein unternehmerisches Risiko zu tragen und Innovationen voranzutreiben. Dieser Blick auf die komplette Wirtschaft und auf das, was Start-ups ausmachen, fehlt mir bei Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben natürlich recht damit, dass es neben all dem klassischen Business, das sich jetzt digitalisiert, auch eine junge und innovative Gründerszene gibt.

Diese befindet sich u. a. hier in Hannover, in meinem Wahlkreis. Da sind zwei der acht Start-upZentren, und da gibt es eine sehr lebhafte Gründerkultur, die aber auch ein bisschen im Verborgenen agiert.

Ich weiß nicht, ob jedem bekannt ist, dass in Hannover vor etwa 14 Jahren eines der führenden Digitalmagazine gegründet wurde. Das t3nMagazin agiert heute noch hier und ist auch im Start-up-Beirat engagiert.

Ich treffe in meinem Wahlkreis auf Unternehmen, die gerade einmal 25 Mitarbeiter haben, aber ganz selbstbewusst sagen können: Wir haben die Hälfte aller DAX-30-Unternehmen als Kunden.

Im Coworking-Space Hafven, einem der Start-upZentren, habe ich damals nach der Wahl mein Abgeordnetenbüro eingerichtet. Das ist ein Ort für Gründer, aber auch für etablierte Unternehmer, die Ausschau halten: Wo sind Geschäftsmodelle, die für unsere unternehmerische Idee disruptiv sind? Wir suchen nach Innovationen, und deshalb gehen wir in den Hafven, weil wir da eine vertikale Vernetzung haben. - Aber auch den Arbeitskreis Finanzen der IHK habe ich dort schon getroffen.

Das sind wirklich sehr gute und förderungswürdige Orte. Ich weiß, dass es solcher Orte bedarf. Mein Mann hat vor 13 Jahren selber gegründet. In Ermangelung eines solchen Ortes hat er das Unternehmen damals am Küchentisch gegründet. Das sind sicherlich keine Idealbedingungen.

Deshalb bin ich in den Zielen sehr mit Ihnen einig. Ich muss Ihnen aber sagen: Ihre Kritik, dass das Thema „Start-ups“ von dieser Landesregierung nicht ausreichend berücksichtigt werde, teile ich nicht. Sie haben den „Masterplan Digitalisierung“ sicherlich studiert. Hier werden auch die Start-upZentren noch einmal genannt, hier wird auch NSeed genannt - es geht um die Aufstockung von NSeed -, und die Digitalagentur wird genannt. Das Thema „Digitalisierung“ ist mit dem Masterplan

sowieso ganz oben auf der Agenda, und das Thema „Start-ups“ gehört natürlich mit dazu. Uns hier vorzuwerfen, wir würden nur ein paar bunte Bilder posten, ist nicht zutreffend. Das Thema „Gründung und Unternehmertum“ liegt in der DNA der CDU und die Digitalisierung natürlich auch.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vor diesem Hintergrund wird sich unsere Fraktion sicherlich auch dafür einsetzen, dass die Gründerstipendien auf den Weg gebracht werden. Sie sind ein gutes Instrument. Wir wollen das natürlich.

Wir wollen auch eine langfristige Beratungsstruktur, allerdings nicht ganz so unkritisch, wie Sie das sehen. Wir wollen die Evaluation der Start-upZentren. Sie schlagen vor, gleich zu einer Art Dauersubvention zu kommen, vielleicht auch zu einer Art Start-up-Behörde. Das ist nicht zielführend. Wir wollen ja eine lebendige Struktur, die sich weiterentwickelt, die auf Feedback reagiert.

Deshalb wollen wir die Evaluation. Wir wollen aber nicht unabhängig von der Evaluation heute schon festlegen, dass die Finanzierung danach weitergeht. Wir wollen vielmehr hingucken: Wie wird hier gearbeitet? Wie können wir die Start-up-Zentren weiterentwickeln?

Frau Wulf, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grascha?

Ja, bitte!

Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf, dass Sie die Zwischenfrage möglich machen.

Wir haben gestern hier über den Haushaltsplan 2019 beraten. Ich gehe davon aus, dass der Haushaltsplanentwurf, den die Landesregierung eingebracht hat, die Prioritäten der Landesregierung widerspiegelt. Warum sind darin die Gründerstipendien nicht enthalten? Offensichtlich sind diese Stipendien doch nicht so wichtig für den Wirtschaftsminister.

Digitalisierung ist sehr wichtig für den Wirtschaftsminister, und die Gründerstipendien mit Sicherheit auch. Von daher, denke ich, werden wir die Gründerstipendien in jedem Fall noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen, Herr Grascha.

(Beifall bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: Sie sollten nächstes Jahr schon kommen!)

Und noch ist der Prozess nicht abgeschlossen.

(Christian Grascha [FDP]: Ja, aber so wichtig scheint es nicht zu sein!)

Aus meiner Sicht haben die Start-up-Zentren - das kann ich persönlich sagen, ohne Evaluation vorzugreifen - einen guten Job gemacht. Aber wo Geld fließt, muss auch Qualität nachgewiesen werden.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich bin jetzt irritiert ob der Redezeitanzeige.

Die springt gleich wieder um.

Okay, wunderbar.

Dann schlagen Sie noch vor, dass der Digitalbeirat Vorschläge zur weiteren Arbeit der Digitalzentren machen soll. Aus meiner Sicht überfordert das den Digitalbeirat vermutlich, nicht weil da keine Kompetenz wäre - im Gegenteil, da ist hohe Kompetenz vorhanden -, sondern weil die Mitglieder dieses Beirates Ehrenamtler sind. Von daher würde ich sie nicht als Evaluatoren nehmen, sondern eher als Beratungsgremium, das sich die Evaluation anschaut und hierzu vielleicht eine Meinung abgibt.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist aber nicht der Digitalbeirat, sondern der startup.niedersachsen-Beirat!)

Unter diesen Gesichtspunkten freue ich mich sehr auf die Beratung im Ausschuss zu diesem Antrag und auch auf die weitere Auseinandersetzung mit Ihnen über das Thema „Start-ups“.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Auch Ihnen vielen Dank, Frau Wulf. - Jetzt spricht für die SPD-Fraktion Dr. Dörte Liebetruth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, vielen Dank für die Gelegenheit, heute hier im Landtag über die Landesförderung

von Unternehmensgründungen und insbesondere die Start-up-Zentren in Niedersachsen zu diskutieren.

Warum das gut ist, dass wir das heute tun? Auf drei Gründe möchte ich hier noch einmal eingehen; einiges ist in den vorangegangenen Beiträgen schon genannt worden.

Erstens sind Start-ups nicht nur ein wichtiger Impulsgeber für eine innovative und dynamische Wirtschaft, wie es im Antrag dargestellt wird, sondern auch Orte guter Arbeit. Denn Gründerinnen und Gründer können dort selbstbestimmt arbeiten. Sie können dort ihre persönliche Geschäftsidee umsetzen. Von Freunden, die den mutigen Schritt getan haben, ein Unternehmen zu gründen, weiß ich, dass sie zwar gerade zu Beginn sehr viel gearbeitet haben. Aber weil es sich hier um selbstbestimmte Arbeit handelt, weil sie ihre eigenen Geschäftsideen verwirklichen konnten, haben sie diese Arbeit als gute Arbeit aufgefasst. Ein Grund dafür, dass wir als SPD-Fraktion Start-upFörderung für wichtig halten, ist also, dass damit gute, weil selbstbestimmte Arbeit gefördert wird.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Ein zweiter Grund, warum es gut ist, dass wir heute hier über Start-up-Förderung sprechen, ist: Wir haben schon viel erreicht.

Der damalige Wirtschaftsminister Olaf Lies hat vor mehr als einem Jahr die Start-up-Initiative Niedersachsen auf den Weg gebracht, die auf drei Säulen beruht. Die Beratung und Betreuung von Startups durch die Start-up-Zentren ist eine dieser Säulen; der Antrag geht ausführlich darauf ein. Die anderen beiden Säulen sind die Bereitstellung von Risikokapital und die Förderung einer noch besseren Vernetzung der Start-up-Szene.