Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Meine Damen und Herren, die Vermüllung durch Plastikabfälle ist eine globale und grenzübergreifende Bedrohung für unsere Meeresökosysteme. Hier müssen wir als Land Niedersachsen unserer gesellschaftlichen Verantwortung noch stärker nachkommen.

Der starke Rückgang von Einwegplastiktüten in den vergangenen Jahren - im Jahr 2017 wurden 1,3 Milliarden Plastiktüten weniger verbraucht als

im Vorjahr - macht mich dabei zuversichtlich. Das hat gezeigt, dass ein Umdenken bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, aber auch im Einzelhandel stattfindet.

Meine Damen und Herren, das alles, was ich gerade gesagt habe, macht mich zuversichtlich, dass trotz der erschreckend hohen Verbrauchszahlen eine Trendwende beim Umgang mit und beim Verbrauch von Einwegplastikprodukten zum Wohle unserer Umwelt und besonders unserer Meere möglich ist. Ich freue mich auf die folgenden Beratungen im Ausschuss.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion hat sich nun der Kollege Kortlang gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Drei Tagesordnungspunkte zuvor haben wir uns mit der Großen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt, die den markanten Titel „Raus aus dem Plastikzeitalter: Meere, Gewässer und Böden schützen!“ trug.

Ihr Antrag, meine Damen und Herren von den beiden großen Fraktionen im Landtag, der anscheinend vor dem Hintergrund dieser Anfrage entstanden ist, lässt aber bereits die Gewässer außen vor, als wären nicht auch die Gewässer von Kunststoff bedroht, um es ganz ehrlich zu sagen. Sie nehmen in erster Linie Bezug auf das Legislativpaket der EU-Kommission, alle Kunststoffeinwegartikel, für die es Alternativen aus anderen Materialien gibt, zu verbieten; das haben wir eben gehört.

Des Weiteren sind für andere Kunststoffartikel im Lebensmittelbereich Reduktionsziele vorgesehen. Zigarettenfilter - auch sie wurden angesprochen - sind zwar keine Lebensmittel, aber man weiß, dass sie Kunststoffe enthalten. Das Reduktionsziel bis 2025 wird nicht auf 25 %, sondern auf 50 % festgelegt. Eine Steuer - sie soll „Abfallbewirtschaftungskostendeckungsabgabe“ heißen; ein schönes Wort! - und eine Sammelquote von 90 % für Trinkflaschen, wie es im Antrag steht, sind vorgesehen.

Heißt es da wirklich „Trinkflaschen“? Ich meine, es gelesen zu haben. Dann ist man den Lobbyisten gut auf den Leim gegangen; denn dann wird man sich in der Getränkeindustrie wohl darauf berufen, dass sich das Ziel nur auf Getränkeflaschen bezieht. Die Juristen werden wohl einiges zu tun haben und werden das wohl gesetzlich regeln können.

Sie sprechen Hygieneartikel an, u. a. Binden. Aber über das Produkt, was die große Menge und das große Spektrum ausmacht, nämlich die Windeln - dem Produkt mit den meisten Patentanmeldungen in diesem Bereich -, gehen Sie hinweg.

Und dann eine grandiose Idee zu den Fischfanggeräten: Die Kosten für die Hafenauffangeinrichtungen sollen die Hersteller tragen, also im Endeffekt der Verbraucher. Es wird einiges teurer. Dadurch wird der Fisch teurer. Beim Einsammeln der verlorengegangenen Fischfanggeräte werden die Mitgliedstaaten zahlen, also auch wiederum der Steuerzahler. Aber es soll uns etwas wert sein, wenn wir weniger Kunststoff produzieren; dann soll es so sein.

Für Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen - das muss ich feststellen -, ist alles klar. Es haben ja 571 Abgeordnete im EUParlament den Bericht angenommen und ihm zugestimmt. Meine Fraktion möchte aber darüber diskutieren

(Glocke des Präsidenten)

und alle angedachten Maßnahmen - so sinnvoll, wie sie von der Kommission auch angedacht sein mögen - Revue passieren lassen.

Schauen wir uns einige Kunststoff-Einwegartikel an! Die Alternative war schon immer die Verwendung von Metall- oder Porzellanprodukten. Diese sind nicht für das schnelle Wegwerfen gedacht; das ist zu teuer. Sie wurden immer wieder verwendet. Durch die Einwegkunststoffprodukteindustrie wird die Wegwerfmentalität anerzogen. Es wird immer leichter, dass man etwas weghaut. Ich bin schon gespannt, wie Sie Mehrwegsysteme wie für Coffee-to-go-Becher unterstützen wollen - wir haben gehört, dass die ineinander gestapelten Kaffeebecher bereits bis zum Mond reichen würden - und diese Einwegprodukte ersetzen wollen.

Sie fordern den Einsatz von weniger Plastikprodukten in Landesbehörden. Ordner aus Holz und Metall gibt es, aus Beton

(Wiard Siebels [SPD]: Beton?)

- Entschuldigung -, aus Karton gab es sie auch schon mal. Wahrscheinlich werden sie dann wieder eingeführt.

(Glocke des Präsidenten)

Spätestens bei der Mechanik des Kugelschreibers - die Mine ist aus Kunststoff - werden Sie auf Widerstand stoßen; denn sie enthält nicht nur Bleispitzen, sondern auch Kunststoff.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es klingelt ja schon laufend hinter mir.

Ich stelle hier noch einige Fragen in den Raum, die für die Beratungen im Ausschuss wichtig sind.

Erstens. Wie sieht es mit der Förderung und Unterstützung der aktuellen Forschung aus? Dazu habe ich nichts gelesen!

Zweitens. Warum werden Erforschung und Erprobung innovativer Technologien nicht angeregt und finanziell gefördert?

Drittens. Warum werden bestehende Techniken zur Reinhaltung der Meere nicht in Serie produziert?

Das alles werden wir uns anschauen müssen.

Herr Kollege, Sie haben das mit dem Klingeln ja festgestellt. Aber offensichtlich haben Sie das Signal nicht verstanden. Sie haben Ihre Redezeit bereits um 42 Sekunden überschritten.

Letzter Satz.

Jawohl!

Warum - viertens - wird die Forschung zu plastikzersetzenden Bakterien nicht unterstützt, damit man diese züchtet?

Herzlichen Dank, Herr Präsident, dass Sie nachsichtig waren und ich aussprechen durfte.

Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Das soll aber nicht zum Regelfall werden.

(Horst Kortlang [FDP]: Nein, das wird es nicht! - Heiterkeit)

Herzlichen Dank. - Als Nächster hat sich der Kollege Wirtz aus der AfD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU ist weitgehend sinnvoll - so muss man es formulieren -, was die Ansätze zur Müllvermeidung und Müllreduzierung angeht. Das haben wir vorhin schon ausgiebig besprochen, meine ich. Eigentlich ist Müllvermeidung das Beste. Wenn Müll anfällt, ist er so weit wie möglich zu reduzieren.

Sie beziehen sich in Ihrem Antrag auf einen abgestimmten EU-Maßnahmenkatalog, dem zugestimmt wurde - auch das haben wir schon gehört. Es geht um - zum Teil sehr ehrgeizige - Reduktionsquoten und um eine Sammelquote von 90 % für Trinkflaschen, was immer das sein soll, Herr Kortlang. Es sind vielleicht Getränkeflaschen gemeint. Dann hätten die 571 Leute, die zugestimmt haben, vielleicht ein bisschen besser aufpassen sollen; eventuell haben sie über das Falsche abgestimmt.

Es soll eine Kennzeichnungspflicht für diverse Kunststoffprodukte und Initiativen zur Sensibilisierung für das Thema geben. Da sind wir wieder da, wo wir vorhin waren: Wer immer noch sorglos Müll in die Umwelt wirft, wer sich nicht um eine ordentliche Entsorgung kümmert, wer nicht dafür sorgt, dass der Müll dort landet, wo er hingehört, der ist wahrscheinlich auch nicht mehr zu sensibilisieren. Das mag europaweit vielleicht noch nicht funktionieren, aber ich denke, in Deutschland ist das Thema Müllentsorgung weitgehend verinnerlicht.

Dann gibt es noch die Forderung nach Rückholung der Fischfanggeräte. Auch das ist in Deutschland eigentlich kein Problem, wie wir aus der Antwort auf die Große Anfrage zu dem Thema gelernt haben. Dort steht, dass die meisten deutschen Fischer, die Fanggerät verlieren, schon aus eigenem Interesse dafür sorgen, dass es geborgen und wieder zurückgeholt wird; denn Fanggeräte wie große Netze sind teuer. Deshalb lässt man sie nicht einfach im Meer schwimmen, wenn man sie verloren hat, sondern man sorgt selbst dafür, dass sie wieder herausgefischt werden.

Aber was machen Sie dann in Ihrem Antrag aus diesen Vorgaben - dafür schelte ich noch nicht einmal die EU; denn die Vorgaben sind halbwegs sinnvoll -? Sie fordern die Landesregierung auf, alle anderen EU-Länder dazu zu bewegen, diese Maßnahmen umzusetzen. Dann möchten Sie auch die deutsche Bundesregierung dazu bewegen, die Maßnahmen möglichst schnell ins deutsche Gesetzeswerk zu übernehmen.

Als einziges konkretes Beispiel muss der arme Coffee-to-go-Becher dran glauben. Dazu haben wir vorhin schon astronomische Zahlen vom Herrn Minister gehört. Das ist das einzig Konkrete, das Sie bis jetzt benannt haben.

Dann kommt, wie üblich - sage ich mal -, eine Verpflichtung der Landesbehörden und der Landtagsverwaltung, ihren Beitrag zu leisten.

Zum Schluss fordern Sie - das habe ich nicht so richtig gerne gelesen - eine angemessene Unterstützung für Fishing-for-litter, also für das Herausfischen von Müll aus dem Meer, der dort herumtreibt. „Angemessen“ - das muss ich Ihnen sagen - ist allerdings eine Vokabel, die nicht aus Plastik, sondern aus Gummi ist. Wenn Sie so etwas tatsächlich beschließen wollen, dann sollten Sie, bitte, konkret werden und nicht solche Gummivokabeln verwenden, aus denen hinterher jeder alles machen kann und die zu nichts verpflichten.

Da sind Sie wieder unkonkret. Dieses Raster - das habe ich schon ein paarmal moniert - verwenden Sie immer wieder; das ist offensichtlich Ihr Stempel für Anträge; das ist das Gerippe, an dem Sie sich immer entlanghangeln.

Die einzige konkrete Maßnahme - und da muss ich sozusagen etwas Wasser in den Kaffee schütten -, die Sie nennen, betrifft Mehrwegbecher, die Sie verwenden wollen, um die Flut von Einwegpappbechern zu verhindern. Mehrwegbecher müssen aber steril gehalten und steril gehandhabt werden.

Es gibt, wie Herr Kortlang sagte, kaum Forschung zu diesen Mehrwegsystemen. Es gibt sehr alte Studien - die sind schon elf Jahre alt -, wonach ein Kaffeebecher tausendmal verwendet werden muss, bevor er sich ökologisch lohnt und gegenüber dem Pappbecher Vorteile hat. Tausendmal heißt: Bei fünf Kaffee am Tag und 200 Arbeitstagen im Jahr muss so ein Kaffeebecher ein Jahr halten. Oder wenn man nur einen Kaffee am Tag mag, dann muss so ein Becher fünf Jahre halten. Wenn er vorher zu Bruch geht, verschwindet oder verloren geht, hat er sich ökologisch nicht gelohnt.

Und dann haben Sie leider nicht das erreicht, was Sie erreichen wollten. Das ist ein Beispiel dafür, wie man ein bisschen Politik machen will, die gut aussieht.

Bisher machen Trinkbecher 0,9 g in einem Kilogramm Hausmüll aus. Es geht also um weniger als ein Tausendstel, was Sie einsparen wollen. Das erinnert mich an die Bemühungen, die Glühbirne auszulöschen. Das betraf aber wenigstens 1 % des Stromverbrauchs.