Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Eigentlich kann einem der Minister Thümler fast leidtun. Da streicht er im vorauseilenden Gehorsam bei den Theatern, bei der Kultur und bei den Sprachkursen ordentlich zusammen, lässt sich dafür öffentlich prügeln, und am Ende kommt bei der Aktion „Klingelbeutel Marienburg“ gar nichts herum. Er steht hier heute mit leeren Taschen da. Das war doch der Sinn und der Inhalt dieser Regierungserklärung heute Morgen!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Das war eine Unterrichtung! So viel Zeit muss sein!)

Dieses Kabinett ist sich selbst genug. Man tritt hochherrschaftlich auf. Man sitzt wahrscheinlich in

irgendwelchen Herrenzimmern mit Cognac und Zigarre, versteigt sich - - -

(Lachen bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD)

- Genau das! Es ist schön, dass Sie an dieser Stelle lachen. Genauso können wir uns das ja vorstellen.

Man versteigt sich in seiner Macht. Man betrachtet seine Macht als Auftrag und vergisst, dass man diesen Auftrag nur auf Zeit bekommen hat. Und am Ende schmeißt man sich die Stöckchen selbst zwischen die Beine.

Das ist ja nicht viel anders gelaufen, als es um den Feiertag ging: Der Ministerpräsident klärte die Sache im Hintergrund - vorbei an der Kritik der jüdischen Gemeinde, vorbei an den Frauenverbänden und sogar vorbei an seiner eigenen Parlamentspräsidentin. Neben vielen anderen Abgeordneten im Landtag war nämlich auch Frau Andretta für den Internationalen Frauentag. Aber, egal, die Mehrheit ist so groß, am Ende standen die Reihen wieder.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wiard Sie- bels [SPD]: Frau Andretta hat für ei- nen Feiertag gestimmt und Sie dage- gen! - Gegenruf von Christian Meyer [GRÜNE]: Wir haben sogar für drei gestimmt!)

- Herr Siebels, ich frage mich an dieser Stelle wirklich: Wo ist Ihr Stolz als Parlamentarier?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie erzählen uns hier heute Morgen, dass Sie zeitnah unterrichtet worden sind - zeitnah nach der Presse! - Das hätte ich mir als Fraktionsvorsitzende mit Sicherheit nicht bieten lassen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ja! - Wi- derspruch bei Wiard Siebels [SPD])

Es gibt aber noch ein paar andere ungute Konkurrenzen im Parlament, unter denen die Menschen in Niedersachsen übrigens sehr zu leiden haben. Das Agieren dieser Landesregierung erinnert manchmal an eine Verwechslungskomödie am Ohnsorg-Theater.

Nehmen wir mal den Umweltminister Olaf Lies. Während der Wirtschaftsminister davon träumt, Ministerpräsident zu sein, träumt der Umweltminister davon, dass er wieder Wirtschaftsminister wird.

(Jörg Bode [FDP]: Mindestens!)

Anders lässt es sich nicht erklären, dass er per Weisung den Kreistag in Hildesheim zwingt, zu erlauben, dass K+S das Bergwerk SiegfriedGiesen wieder in Betrieb nimmt und noch mehr Salz in die Innerste einleitet. Als Umweltminister haben Sie Ihren Kompass längst verloren - wenn Sie denn je einen gehabt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der FDP)

Sie wissen ganz genau, dass die Einleitung von Salz in die niedersächsischen Flüsse das Ökosystem nachhaltig verschmutzt. - Nun gut, ein Vollbart macht natürlich noch keinen Grünen. Aber Sie enttäuschen auch als Sozialdemokrat.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Sie wissen ganz genau, dass die Ängste in dieser Region existenziell sind, und Sie wissen, dass der Geist der Gewaltenteilung verlangt, dass Sie die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter ernst nehmen. Googeln Sie doch einfach mal das Wort „Gewaltenteilung“ und entwickeln Sie vielleicht als Sozialdemokrat - - -

(Wiard Siebels [SPD]: Google und Wikipedia - das ist doch keine Ant- wort!)

- Das ist kein Grund zu spotten, Herr Siebels. Wenn man die eigenen Kommunalos vor Ort bei einer solchen Frage ignoriert, dann muss man sich hier nicht in die Brust werfen. Das ist peinlich für einen Sozialdemokraten. Das gilt übrigens für Sie genauso.

(Wiard Siebels [SPD]: Abenteuerlich!)

Ein weiterer Schauplatz des GroKo-Kompetenzgerangels ist das Innenministerium. Herr Schünemann diktiert als Möchtegern-Innenminister Herrn Pistorius seine schwärzesten Fantasien in das Polizeigesetz.

(Widerspruch bei der SPD und bei der CDU - Heiterkeit bei der FDP)

Was die Menschen in Niedersachsen davon halten, konnten wir zweimal sehen. Sie haben sich sogar neben ihren Weihnachtseinkäufen mit uns auf die Straße bewegt. Wir waren 5 000 oder 6 000 Menschen. Wie viel genau, ist völlig wurscht. Auf jeden Fall ist unter Beweis gestellt: Die Leute in Niedersachsen wollen dieses Polizeigesetz nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Oder nehmen wir das Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Herr Thümler möchte dem Bund der Vertriebenen als zuständiger Minister die Weihnachtskarten lieber selbst schicken. Deshalb holt er die Zuständigkeit von Frau Schröder-Köpf zu sich ins Ministerium. Dabei werden nebenbei gleich ein paar Posten geschaffen, und Frau Westmann kann sich endlich nach Herzenslust ihrem Lieblingsthema widmen.

Meine Damen und Herren, wenn sich die Minister gegenseitig nicht die Butter auf dem Brot gönnen, dann wäre es gut, einen Finanzminister zu haben, der wenigstens Haltung und Rückgrat hat, sich bei dieser Sache auf den Deckel zu setzen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Die schwarze Null!)

- Genau, die schwarze Null.

Den haben wir aber nicht. Stattdessen haben wir hier einen Minister Hilbers. Der „Große Gatsby“ war gestern. Ich glaube eher, unser Minister hält sich für den Mario Draghi von Niedersachsen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Whatever it takes!)

Es fehlt ein bisschen am italienischen Schick. Aber er glaubt, mit einem „Whatever it takes“ Ruhe in den eigenen Laden zu bringen. Herr Hilbers, das ist vielleicht am Kabinettstisch ganz kommod und gemütlich. Aber ich glaube, die Aufgabe eines Finanzministers in schwierigen Zeiten ist es, mit ruhiger Hand eine klare Linie zu fahren.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Schneider war sparsamer!)

Das Ganze hat natürlich Unterhaltungswert und taugt sicherlich auch für eine Serie. Das Problem ist nur, dass Sie darüber ganz vergessen, in Niedersachsens Zukunft zu investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Es ist dringend notwendig, in die Qualität der frühkindlichen Bildung zu investieren. Das bleibt bei Ihnen auf der Strecke. Sie haben ja das Kunststück vollbracht, mit der Gebührenfreiheit am Ende noch die Kommunen zur Ader zu lassen, und zwar so stark, dass diese nicht in der Lage sind, in den nächsten Jahren aktiv etwas für die Qualität zu tun. Für eine dritte Kraft in den Kitas ist kein Geld mehr da.

Wann kommt eigentlich der Zeitpunkt, an dem diese Regierung findet, dass es der richtige Zeit

punkt ist, um in den Klimaschutz zu investieren? Uns läuft wirklich die Zeit davon! Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass gerade in Katowice über die Mittel diskutiert wird, wie die Erwärmung des Klimas bei 2°C gehalten werden kann. Herr Lies hält es nicht einmal für nötig, dorthin zu fahren. Dafür hätten wir ihn übrigens gern entschuldigt. Wir haben uns schon gewundert, dass diese Entschuldigung nicht kam.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Der ist lieber beim Wolf!)

Stattdessen verkündet er, bis 2040 an der Kohleverstromung festhalten zu wollen. Von effektivem Klimaschutz ist bei dieser Landesregierung nichts mehr zu sehen. Davon sind Sie ebenso weit entfernt wie von einer sinnvollen Mobilitätswende.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Kein Geld, kein Klimagesetz!)

Kaum Radwege, keine klare Position beim Diesel, und auch die Reaktivierung von Bahnstrecken ist Ihnen das Geld nicht wert.

Wir zeigen Ihnen mit unserem Haushalt, wo es hingehen kann.

Was ist eigentlich vom Versprechen dieser Landesregierung und vor allen Dingen dieses Ministerpräsidenten geblieben - Sie sollten sich vielleicht einmal mit dem Landkreistag oder mit dem Städtetag unterhalten -, in Integration zu investieren? Wir waren uns einmal einig. Herr Thümler, ich glaube, wenn man da draußen die Frage stellt, was identitätsstiftender ist, ein gemeinsames Schloss - das Ihnen jetzt erst einmal sowieso nicht gehört - oder eine gemeinsame Sprache, dann bin ich ziemlich sicher: Gut gebildete Menschen würden sagen, es ist die gemeinsame Sprache, die identitätsstiftender ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

An der Stelle haben Sie den Haushalt aber zusammengestrichen. Am Projekt „Niedersachsen packt an“ haben Sie offenbar auch kein Interesse mehr. Das wirkt wie abgewickelt. Es war vielleicht auch eher eine Prestigesache. Dabei geht es dabei um Menschen und Familien, die hier bei uns eine neue Heimat gefunden haben und gern ihren Beitrag dazu leisten würden, wenn man sie denn ließe.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident, Sie