Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Die Welt um Niedersachsen herum ist kompliziert, und sie wird es bleiben. Wer glaubt, er könne sich aus alldem herauslösen und sein Heil in der entschlossenen Besinnung auf das ganz Eigene suchen, in der Hingabe an das, was ihn vermeintlich besonders macht, der wird schon heute eines Besseren belehrt. Das gilt für die, die glauben, es sei wieder Zeit für die ganz einfachen Lösungen, und ebenso für diejenigen, die uns weismachen wollen, die Antwort auf den Verkehrsinfarkt sei das Lastenfahrrad.

(Anja Piel [GRÜNE] spricht mit Abge- ordneten ihrer Fraktion)

Herr Kollege Toepffer, bitte entschuldigen Sie! - Frau Kollegin Piel bemerkt es gar nicht. Frau Kollegin, Sie sollten sich vielleicht dem zuwenden, der hier vorn redet, und sich nicht nach hinten orientieren. Ansonsten steht es Ihnen frei, sich draußen zu unterhalten.

(Beifall bei der CDU)

Fahren Sie bitte fort, Herr Kollege Toepffer!

Vielen Dank, Herr Präsident. Eine gewisse Rückwärtsgewandtheit ist mir bei der Kollegen Piel allerdings nicht fremd.

(Anja Piel [GRÜNE]: Vielleicht kom- men Sie einfach mal wieder zu Ihrer Haushaltsrede zurück!)

- Ich sage ja, Frau Piel: Jeder redet bei diesem Thema über das, was ihm wichtig ist. Bei Ihnen ist es die Marienburg. Bei mir ist es die Welt, die uns umgibt.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Bei mir sind es die gesamten Umstände, unter denen wir diesen Haushalt aufstellen.

Wissen Sie, wenn es die Wirklichkeit nicht gibt, für die man Lösungen präsentiert, dann sind die Lösungen eben keine Lösung, sondern nur der Anfang neuer Probleme.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Das Vereinigte Königreich erlebt seit der Aufkündigung seiner Mitgliedschaft in der EU, dass „nationale Stärke“, die tatsächlich nie etwas anderes sein wollte als Rosinenpickerei, vom Rest der Welt für originell, aber nicht für etwas gehalten wird, mit dem man sich ernsthaft beschäftigen müsste. Die messbaren Wirkungen dieser „mutigen Entscheidung für mehr Selbstbestimmung“ sind eine schwächelnde Volkswirtschaft, steigende Arbeitslosenzahlen, eine Abwertung der eigenen Währung und eine Regierung, von der niemand sagen kann, ob sie zum Austrittsdatum überhaupt noch im Amt sein wird. Dank der „Besinnung auf seine eigene Stärke“ ist das Vereinigte Königreich heute von der Gunst derjenigen abhängig, zu denen es jahrzehntelang in geordneten wirtschaftlichen und politischen Beziehungen stand.

Wenn es etwas gibt, mit dem wir unser Land für eine Zukunft wappnen können, von der wir vielleicht weniger als je zuvor wissen, wie sie genau aussehen wird, dann sind es Investitionen in Zusammenhalt, Sicherheit, Zukunft und Innovation. Investitionen in die Köpfe unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger - nicht nur die unserer Kinder - und Investitionen in eine wettbewerbsfähige Infrastruktur, mit der wir auch morgen noch bestehen können. Investitionen, die wir schon mit dem Nachtragshaushalt 2018 angestoßen haben und jetzt mit dem Haushalt 2019 konsequent fortsetzen werden.

„Mandat“, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt vom lateinischen „ex manu datum“ - „aus der Hand gegeben“. Die Wählerinnen und Wähler überantworten uns zu treuen Händen die Sorge um die Bedingungen und Perspektiven, unter denen sie leben und arbeiten, ihre Kinder großziehen und ihren Lebensabend verbringen werden. Wenn das, was ich Ihnen eben erzählt habe, eine Moral hat, dann vielleicht die, dass man sich zweimal überlegen sollte, in wessen Hand

man überführt, was man aus der eigenen Hand gibt.

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben bei der Landtagswahl 2017 SPD und CDU mit der Regierungsbildung beauftragt. Unterstellen wir ruhig: Sie haben mindestens zweimal überlegt und sich etwas dabei gedacht.

(Zustimmung bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Eine Ampel haben sie auch gebildet!)

Seit dem Herbst 2017 ist es an uns, das Vertrauen, auf dem dieses Mandat beruht, durch den gemeinsamen Einsatz unserer Stärken zu rechtfertigen.

SPD und CDU haben auf Basis ihrer Wahlprogramme ihren Koalitionsvertrag geschlossen und auf der Basis des Koalitionsvertrages keine 100 Tage nach der Vereidigung des Ministerpräsidenten einen Nachtragshaushalt 2018 vorgelegt. Schon in meiner Rede zu dessen Einbringung hatte ich deutlich gemacht, dass wir damit schnellstmöglich zentrale Wahlversprechen beider Koalitionspartner umgesetzt oder auf den Weg gebracht haben.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Und ich hatte angekündigt, dass die thematischen Akzente des Nachtrags - Bildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, innere Sicherheit, Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und die Entwicklung des ländlichen Raums - uns für die Dauer der Legislaturperiode begleiten werden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Christian Meyer [GRÜ- NE]: Magerer Applaus!)

Koalitionsvertrag, Nachtragshaushalt 2018 und der erste reguläre rot-schwarze Haushalt sind im wahrsten Sinne des Wortes Überzeugungsarbeit. Vielleicht werden wir hören - wir haben es ja auch schon gehört -, dass der Haushalt einfallslos ist,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja!)

uninspiriert

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja!)

oder ein „Weiter so!“

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja! - Chris- tian Grascha [FDP]: Richtig! Sehr gut! - Weitere Zurufe von der FDP)

- Ja, Herr Bode.

Und in der Tat ist er nicht weniger als genau das: ein „Weiter so!“ im allerbesten Sinne.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ein „Weiter so!“ der SPD! Wo ist denn die CDU?)

Er ist Überzeugung und nicht Opportunität, er ist Strategie und nicht Taktik, er ist Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Solidität.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wir versprechen nicht, was wir nicht halten können,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Doch!)

und wir lassen uns an dem messen, was wir tun.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Finanzminister Hilbers hat im Juni dieses Jahres einen überzeugenden Entwurf für den Landeshaushalt 2019 vorgelegt. Die Ausschussberatungen zu diesem Entwurf sind in eine politische Liste gemündet, die die Anliegen beider Koalitionäre noch einmal deutlich macht. Mit dem jetzt zur Beratung vorliegenden Gesamtwerk setzen wir konsequent fort, was wir im Wahlkampf angekündigt, mit dem Koalitionsvertrag fixiert und mit dem Nachtrag 2018 begonnen haben.

Die Debatten der Haushalts- und der Fachpolitiker in den nächsten Tagen werden zeigen:

Mit zusätzlichen Polizei-, Justiz- und Verfassungsschutzstellen, höheren Zuschüssen für den Katastrophenschutz, Mitteln für DV-Ausstattung und Sicherheitskonzepte investieren wir noch einmal massiv in innere Sicherheit und Ordnung.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir fördern gesellschaftlichen Zusammenhalt, kulturelle, schulische, universitäre und Demokratiebildung, Theater und Kultur.

Wir bereiten uns auf einen effizienteren Einsatz knapper werdender EU-Mittel vor.

Wir stärken die natürlichen Lebensgrundlagen in ganz Niedersachsen mit Investitionen in den Hochwasserschutz, ressortübergreifenden Blühstreifenprogrammen, der Förderung von Geo- und Naturparken und der Bekämpfung von Borkenkäfern und Sturmschäden.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ein Sam- melsurium!)

Wir investieren massiv in digitale und Verkehrsinfrastruktur und stärken die Wettbewerbsfähigkeit niedersächsischer Unternehmen durch Wirtschafts- und Gründerförderung.

Wir fördern die Kommunen und den ländlichen Raum.

Und das alles erreichen wir - erstmalig in der Geschichte Niedersachsens - ohne strukturelle Neuverschuldung.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich will den Oppositionsfraktionen nicht ihr Geschäft erklären, und wir werden uns in den nächsten Tagen noch eingehend mit Ihren Forderungen auseinandersetzen. Aber so viel sei schon einmal gesagt: Wer sich - wie die FDP - seit Monaten vorhalten lassen muss, er könne sich nicht entscheiden zwischen Schuldenabbau, Investitionen, Rücklagenbildung, Besoldungsanhebung und Senkung der Abgabenlast, dem kann man mit viel gutem Willen wohl noch Emsigkeit unterstellen. Und effizienter Ressourceneinsatz ist es allemal, wenn man vor allem Forderungen von Interessenvertretungen hintereinanderkopiert. Bezahlen lässt sich das aber auf Dauer nicht, und das wissen Sie genau.