Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Eintreten des Brexits am 29. März werden die Briten wieder voll über ihre Hoheitsgewässer verfügen. Die 200-Meilen-Zone rund um die britischen Inseln ist dann einzig in ihrer Verfügungsgewalt.
Sie wollen mit Ihrem Antrag Verhandlungen anstreben bzw. dazu motivieren - Verhandlungen, die für Sie die Bundesregierung oder am besten die EU führen soll. Aber ich gebe Ihnen da eine einfache Weisheit mit, die nicht vom Angeln oder aus der Fischerei entstammt oder gar Seemannsgarn ist, sondern eine kaufmännische Weisheit darstellt: Wer verhandeln will, muss was zu bieten haben. - Was ist eigentlich Ihr Angebot in diesem Antrag? Womit schicken Sie die Vertragsunterhändler los, die die Hoffnung haben, überhaupt noch einen Vertrag schließen zu können? Denn bis jetzt sieht es so aus, als würden die Briten auch gern ohne Verträge - in einem sogenannten harten Brexit - aussteigen. Und bis jetzt sieht es bei diesem Thema so aus, als hätten sie dadurch keinerlei Nachteile, sondern nur Vorteile.
Wir haben davon gehört, dass Fanggebiete für die Deutschen bereitstehen, z. B. vor Norwegen. Dafür wurden den Norwegern, die nicht in der EU sind, Ausgleichsgebiete vor Großbritannien angeboten, und sie haben dort gefischt. Wir haben von Grönland gehört, wo gegen gute Bezahlung - praktisch gegen Eintritt - auch deutsche Trawler fischen dürfen. Und wir haben in diesem Antrag gelesen, dass die EU den Norwegern doch bitte Ausgleichsgebiete anbieten solle, damit die Deutschen dort oben weiter fischen können.
Das Gebiet, in dem das nicht mehr gehen wird, wenn es beim harten Brexit bleibt, liegt vor der britischen Küste, in der 200-Meilen-Zone. Wo ist da der Verlust für die Briten, der gerne und laut bejammert wird und wo behauptet wird, dass die Briten ein Chaos verursachen und sich schädigen? Ganz im Gegenteil! Die Hardliner unter den Briten sind gar nicht gegen den harten Brexit, sondern begrüßen es, dass sie ihre Fische wieder selbst fangen dürfen. Das ist garantiert kein Nachteil für sie.
Deshalb wollen Sie diesen Antrag jetzt einbringen. Aber wie gesagt: Was ist eigentlich Ihr Gebot? Was haben Sie zu bieten? Wir haben davon gehört, dass Cuxhaven unsere Fangflotte beherbergt. Aber Sie müssen erst mit Brüssel, London und Oslo sprechen, um diese Fangflotte in Zukunft
überhaupt beschäftigen zu können. Das ist ein absolutes Schönwetterabkommen der EU, das nun schiefgegangen ist und nicht mehr funktioniert. Neuverhandlungen sind nicht in Sicht - und wenn, dann nicht erfolgreich oder nicht schnell genug erfolgreich. Da frage ich: Was haben Sie eigentlich bisher getan, und was haben Sie erreicht?
Wir müssen Niedersachsen nicht erst groß machen - Niedersachsen ist groß. Es ist größer als so manches Mitgliedsland der EU. Trotzdem reicht unsere Macht aus Hannover offensichtlich nicht einmal mehr, um in Cuxhaven Arbeitsplätze zu sichern, ohne mindestens drei Hauptstädte aufzusuchen. Das ist schwach und einfach kein Ergebnis, das uns zufriedenstellen kann. Das ist keine EU, in der wir in dieser Form bleiben können.
Wir werden uns in dieser Frage enthalten. Verhandeln Sie mit leeren Händen! Es wird nicht viel dabei herauskommen, aber versuchen Sie es wenigstens - vielleicht erzielen Sie am Ende einen Achtungserfolg.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal glaubt man ja, dass ein solcher Antrag, wie er hier eingebracht worden ist, eigentlich nur die Unterstützung aller Fraktionen finden kann. Deswegen ist es umso überraschender, was der eine oder andere - wie eben gerade - hier zum Besten gibt.
- schätze, aber in dem Fall nicht schützen kann. Er hat uns vor Kurzem noch erzählt, er liebe Europa und die Fähren. Heute aber hat er ein wenig danebengelegen. Es ist nämlich so, dass der Austritt aus der Europäischen Union für England bedeutet, dass wir gerade Abkommen schließen müssen - und da bin ich auch bei anderen Vorrednern -, die dazu führen sollen, dass wir eine Regelung treffen, wie wir in Zukunft als Partner miteinander verkehren und miteinander Geschäfte machen können.
Ich glaube, wir alle schauen dieser Tage nach London, ins britische Unterhaus. Wir alle sind überrascht und teilweise traurig, vielleicht auch betroffen, wenn wir sehen, was dort gerade passiert. Ein harter Brexit - darin sind wir uns, glaube ich, alle einig - wird ein harter Schlag für alle Beteiligten sein, und am Ende wird es keinen Gewinner in dieser Auseinandersetzung - ich darf das einmal so sagen - geben.
Großbritannien wird ab dem 29. März - wenn es so kommt, wie derzeit anzunehmen - ein Drittstaat sein wie Bangladesch oder andere, mit denen wir keine Vereinbarungen getroffen haben. Gerade wurde gesagt, dass wir Angebote unterbreiten müssen. Das Angebot ist, in Zukunft mit einer Vereinbarung zwischen der EU und England zu leben, bei der die Engländer wissen, was sie von der EU erwarten können, und wir wissen, was wir in Zukunft von England haben werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, der eine oder andere hat das Gefühl, dass uns all das nichts angeht, was in England derzeit debattiert wird. Das ist mitnichten der Fall. Herr Kollege Santjer hat das gerade am Beispiel der Hochseefischerei in Cuxhaven deutlich gemacht. Sie wird nämlich massiv vom Brexit betroffen sein.
Die gesamte europäische Fischereipolitik wird mit dem 29. März dieses Jahres auf ganz neue Füße gestellt werden. Das bedeutet letztlich, dass wir in Zukunft nicht wissen, wie es mit der Hochseefischerei am Standort Cuxhaven weitergehen soll. Gerade wurde davon gesprochen: 40 Betriebe, 1 400 Mitarbeiter, Tausende Tonnen Fisch, der in Cuxhaven übrigens in einem ökologischen Kreislauf verarbeitet wird. Dort wird nämlich nicht nur Fisch angelandet, dort wird nicht nur Fisch verarbeitet, sondern dort werden Fischreste zu Fischmehl für Tierfutter oder zu Fischöl verarbeitet. Das ist ein geschlossener Prozess, der hier auf dem Spiel steht. Rohstoff ist und bleibt dafür der Fisch, und den müssen wir für den Standort Cuxhaven, für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen, erhalten.
Herr Kollege Santjer hat gerade dargelegt, wie wichtig das ist und wie viel die deutschen - und damit die niedersächsischen - Hochseefischer am Ende an Fisch aus den englischen Meeren ziehen.
Das ist das, was wir in der britischen Außenwirtschaftszone fangen können. Der Brexit ist ein sehr schwerer Schlag für die Cuxhavener Hochseefischerei und führt im Übrigen zu einer geradezu abstrusen Situation: Die Briten werden in Zukunft den Fisch haben, den sie fangen können. Die Briten haben aber gar nicht die fischverarbeitende Industrie, die den gefangenen Fisch verarbeiten kann. Daher werden beide am Ende doch wieder wie D-Züge aufeinander zu fahren. Und am Ende - ich habe es bereits ausgeführt - wird keiner der beiden der große Gewinner sein.
Deswegen bitten wir die Landesregierung, hier noch einmal tätig zu werden, auch mit dem Ziel, dass die Fanggebiete in der britischen Außenwirtschaftszone erhalten bleiben, wie auch die Fanggründe um Grönland, weil wir wirtschaftlich derart davon abhängig sind. Die pelagischen Fische sind eben nur dort zu finden und nicht anderswo.
Die Konsequenzen, die auch von allen Vorrednern dargestellt worden sind, verdeutlichen für mich zumindest eines: Wenn unverantwortliche Politiker populistisch-demagogisch oder sogar nationalistisch Politik betreiben - und das ist leider zu einem großen Teil in Großbritannien geschehen -, wird es am Ende nur Verlierer geben. Dieser harte Brexit, vor dem wir jetzt stehen, ist dieser Politik von Populisten und Demagogen zu verdanken.
Deswegen ist es unser Ziel, dass die Briten in der Europäischen Union bleiben und, wenn nicht, nur mit einem guten ausgehandelten Abkommen mit uns zusammen weiterarbeiten. Ansonsten befürchte ich - und das scheint immer deutlicher zu werden -, demnächst wird aus Great Britain Little England.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Landesregierung hat nun das Wort die Bundes- und Europaministerin Frau Honé. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie alle wissen, hat das britische Unterhaus das mit der Europäischen Union verhandelte Austrittsabkommen am 15. Januar mit breiter Mehrheit abgelehnt. Am vergangenen Montag hat Premierministerin Theresa May
einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen vorgestellt, über den das Unterhaus am 29. Januar abstimmen soll. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist. Meine Schlussfolgerung ist: Viel Neues gab es nicht, eigentlich gar nichts Neues.
Bislang hat die Premierministerin ein erneutes Referendum ebenso abgelehnt wie einen Exit vom Brexit, also die Rücknahme der Kündigung. Auch die Forderung der Opposition, einen ungeregelten Brexit auszuschließen, hat die Premierministerin abgelehnt. Damit bleibt die Verlängerung der Verhandlungsfrist über den 29. März dieses Jahres hinaus eine Option. Dem müssten jedoch alle anderen EU-Mitgliedstaaten zustimmen, die sich natürlich fragen, welchem konkreten Ziel eine Fristverlängerung dienen soll und ob sie dieses Ziel teilen. Damit ist klar, das Vereinigte Königreich ist aufgefordert, zu erklären, unter welchen Bedingungen es den Austritt aus der EU zu vollziehen gedenkt.
Festzuhalten ist allerdings auch: Die Gefahr eines ungeregelten Brexits ist weiter gestiegen. Niemand, meine Damen und Herren, sollte in dieser Situation auf Zeit spielen!
Was bedeutet das für uns? Die Landesregierung setzt die parallelen Vorbereitungen auf den geregelten und ungeregelten Brexit konsequent fort. Während wir hier heute sprechen, tagt die von uns gegründete Bund-Länder-AG Brexit in Berlin zum zwölften Mal. Sie befasst sich mit dem ungeregelten Brexit. Auf Antrag Niedersachsens geht es heute um die Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln im Falle des ungeregelten Brexits.
Meine Damen und Herren, was bedeutet diese politische Situation für die Fischfangindustrie? Dieses Thema war mir stets wichtig, auch weil es hier um spezifisch niedersächsische Belange geht. Diese Belange müssen daher besonders deutlich artikuliert werden. Uns geht es darum, dass es künftig ein Junktim zwischen dem Zugang zu den Fischgründen und dem Zugang zum EU-Binnenmarkt für Fischprodukte geben muss.
Denn - auch das ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden - die Briten und Britinnen haben natürlich auch ein Interesse, ihren Fang weiterhin in der EU vermarkten zu können. In dem Entwurf der politischen Erklärung zum Austrittsvertrag heißt es folgerichtig in diesem Sinne, dass das Fischereiabkommen im Zusammenhang mit dem Frei
handelsabkommen abzuschließen ist. Dies wäre für die Zeit im Anschluss an den Übergangszeitraum im Falle des geregelten Brexits maßgeblich. Während des Übergangszeitraumes würden sich keine Veränderungen wegen des Brexits für die Fischfangindustrie ergeben. Doch gilt der Übergangszeitraum nur für den Fall des geregelten Brexits, der, wie ich ausgeführt habe, unwahrscheinlicher geworden ist.
Kommt es zum ungeregelten Brexit, liegen die Dinge ganz anders. Das Vereinigte Königreich wäre ab dem 30. März einen Drittstaat wie beispielsweise China, der als unabhängiger Küstenstaat über seine ausschließliche Wirtschaftszone ganz allein bestimmen kann. Deutsche Fischereifahrzeuge hätten dort so lange keinen Zugang, bis die EU ein entsprechendes Fischereiabkommen mit dem Vereinigten Königreich vereinbart hat. Das beträfe nicht nur die britische ausschließliche Wirtschaftszone, sondern könnte mittelbar auch für die für die niedersächsische Fischerei wichtigen Fanggründe in Norwegen gelten, die gegebenenfalls mangels Tauschmöglichkeiten ebenfalls entfallen könnten; auch darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen. Diese Situation könnte - dessen ist sich die Landesregierung bewusst - für einzelne Betriebe in Niedersachsen durchaus existenzbedrohend sein.
Meine Damen und Herren, hierzu kann ich Ihnen tagesaktuell eine sehr positive Entwicklung aus Brüssel mitteilen. Heute hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Anpassung der laufenden Verordnung über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds vorgelegt. Demnach könnten Stilllegeprämien im Fall eines harten Brexits an die betroffenen Fischereibetriebe gezahlt werden. Nach Vorstellung der Kommission soll die Verordnung noch rechtzeitig zum 29. März 2019 in Kraft treten. Das heißt, der Vorschlag wird in den jeweiligen Gremien im Schnellverfahren behandelt. Die dann erforderliche Kofinanzierung zwischen Bund und den betroffenen Ländern wäre noch abzustimmen.
Meine Damen und Herren, zunächst einmal bin ich froh, dass es nun zumindest die Möglichkeit gibt, im Falle eines ungeregelten Brexits massive Härten abzufedern.
Abschließend möchte ich Ihnen versichern: Die Landesregierung wird sich auch weiterhin in allen denkbaren Szenarien für die Interessen der niedersächsischen Fischereiwirtschaft einsetzen. Dies
betrifft insbesondere auch die Aushandlung eines neuen Fischereiabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Ein solches Abkommen, meine Damen und Herren, wird es in jedem Fall geben müssen, beim geregelten und beim ungeregelten Brexit.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.
Der auf Annahme in einer geänderten Fassung zielende Änderungsantrag entfernt sich inhaltlich vom ursprünglichen Antrag. Wir stimmen daher zunächst über diesen Änderungsantrag ab. Nur falls dieser abgelehnt wird, stimmen wir anschließend noch über die Beschlussempfehlung ab.