Thiemo Röhler
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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der FDP-Fraktion eigentlich ganz dankbar für die Einreichung dieses Antrages.
Ich will mich dem Kollegen Bode anschließen, der vorhin gesagt hat: Das ist keine Science-Fiction.
Man könnte es aber am Anfang glauben, wenn man die Überschrift dieses Antrages liest. Ich habe vor einigen Tagen in meinem Freundeskreis darüber berichtet, dass ich heute zu diesem Punkt hier sprechen werde. Wer sich damit nicht so beschäftigt, der reagiert so wie meine Freunde. Die haben mich nämlich sofort gefragt, ob man auf diesem Bahnhof auch umsteigen kann und ob es
da einen Geldautomaten gibt, damit man sich mit Liquidität eindecken kann.
Aber Spaß beiseite! Es ist ein ernstes Thema, und es ist - da möchte ich dem Kollegen Schulz-Hendel dann doch widersprechen - ein wichtiges Thema.
Herr Kollege Schulz-Hendel, ich wusste gar nicht, dass Sie so innovationsfeindlich und wirtschaftsfeindlich sind, wie Sie sich hier gerade gegeben haben. Wenn Sie immer gleich sagen, es geht alles gar nicht, wir wollen nur noch Fahrrad fahren in diesem Land, dann werden wir wirtschaftlich irgendwann am Ende stehen.
Wir werden keine Arbeitsplätze mehr in diesem Land haben. Wir werden keine Steuereinnahmen mehr in diesem Land haben. Wir werden im Übrigen all das, was Sie gerade aufgezählt haben - was man finanzieren könnte -, gar nicht mehr finanzieren können, weil der Haushalt dies alles dann nicht mehr hergeben kann.
Es ist richtig, dass wir bisher an Standorte wie Baikonur, Cape Canaveral und Kourou denken, wenn wir über Weltraumbahnhöfe sprechen. Aber - das kann ich als Abgeordneter aus dem Landkreis Cuxhaven schildern - auch bei uns an der Nordsee wird schon sehr aktiv über genau diese Möglichkeit geredet. Wir haben nämlich den Militärflughafen Cuxhaven/Nordholz, der sich schon als Standort für einen Weltraumbahnhof beworben hat.
Natürlich stellt sich immer die Frage - auch Herrn Bode habe ich nicht anders verstanden -: Muss man einen Offshorestandort wählen? Kann man vielleicht auch einen vorhandenen Flugplatz nutzen?
Es stellt sich natürlich auch die Frage: Was bringt denn die Privatwirtschaft ein? - Natürlich wird es ein privates Betreibermodell geben müssen, weil es nicht sein kann, dass der Staat etwas bezahlt, was die Privatwirtschaft nicht bezahlen und betreiben kann.
Der BDI schlägt einen deutschen Weltraumbahnhof vor. Es ist richtig, die Bundesregierung aufzufordern, diesen Vorschlag wenigstens einmal zu prüfen. Das Ergebnis kann sein: Das wird nicht funktionieren, aus naturschutzrechtlichen Gründen oder aus was für Gründen auch immer. - Aber die Prüfung müssen wir durchführen.
Ich plädiere aber dafür - da muss ich der FDP vielleicht ein wenig widersprechen -, erst einmal die Bundesregierung diese Prüfung machen zu las
sen, bevor wir gegebenenfalls einsteigen. Viele Köche verderben ja hier und da den Brei. Von daher wäre es sicherlich besser, den Vorschlag erst einmal prüfen zu lassen und dann auf der Grundlage der Erkenntnisse des Bundes gemeinsam einzusteigen, um die Chancen, die sich daraus für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen ergeben, zu nutzen. Das ist zumindest mein Credo.
Ich will das vielleicht noch einmal sagen: Der Flughafen Cuxhaven/Nordholz - eigentlich ein Militärflughafen, der aber zivil mitgenutzt wird - liegt in einer Region, von der aus man keine weiteren Länder überfliegen müsste. Er liegt in einer Region, von der aus man auch keine Ortschaften überfliegen müsste.
Trotzdem ist ein Weltraumbahnhof natürlich auch dort kein Selbstgänger. Denn ringsherum gibt es touristische Gebiete, Naturschutzgebiete und dergleichen.
Aber all das muss man prüfen. Ich bin da wirklich sehr offen. Deswegen freue ich mich auf die anstehenden Beratungen im Ausschuss.
Die Niedersächsische Landesregierung hat bisher keine Passivität gezeigt. Wir haben eben gerade vom Kollegen Bode gehört: Der AeroSpacePark am Standort Trauen ist gerade erst eröffnet worden. Das zeigt, dass die Niedersächsische Landesregierung die Chancen erkannt und angefangen hat, in diese Richtung zu denken. Das wird man ausbauen müssen. Es gibt mittlerweile ein Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums für die Luft- und Raumfahrt.
All das geht in die richtige Richtung. Das sollten wir nutzen. Wir sollten uns darüber freuen und das aktiv-positiv begleiten.
Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.
Herzlichen Dank.
Ich will mich kurzfassen, Frau Präsidentin.
Herr Kollege Schulz-Hendel, ich habe mich auf den Wortbeitrag bezogen, den Sie hier eben gerade zu dieser Thematik gehalten haben. Darin haben Sie deutlich gemacht, dass Sie als Grüne sich all das, was in diesem Antrag steht, einfach nicht vorstellen können. Sie haben davon erzählt, dass Rauchschwaden durch die Welt ziehen würden, dass man sich das schon deswegen nicht vorstellen könne.
Dazu sage ich - da bin ich, wie gesagt, beim Kollegen Bode -: Wenn wir immer so an Thematiken herangehen und immer nur schwarzmalen - im wahrsten Sinne des Wortes -, dann werden wir das nie hinbekommen. Wenn man so agiert - beim Diesel und ähnlichen Thematiken agieren Sie ja ganz ähnlich; Sie sind nicht bereit, einen gesunden Mix hinzubekommen -, dann wird man immer nur eine einseitige Blickrichtung einnehmen können. Und das tun Sie.
Das passt vielleicht zu Ihrem Wählerklientel. Das ist auch in Ordnung. Aber ich sage: Die CDU-Fraktion steht für eine offene Haltung, für eine wirtschafts- und innovationsfreundliche Haltung. Die
vertreten wir natürlich auch hier im Niedersächsischen Landtag.
Herr Kollege Bode, wir sind meines Erachtens gar nicht weit auseinander. Natürlich muss man immer auch Dinge anschieben, um dafür zu sorgen, dass etwas passiert.
Aber in Ihrem Antrag steht auch, dass Sie schon jetzt gemeinsame Arbeitskreise gründen möchten. Das halte ich für verfrüht, weil wir jetzt erst einmal prüfen müssen, wie die Bundesregierung dazu steht. Sicherlich kann man die Bundesregierung animieren, schneller zu prüfen. Das ist in Ordnung; ich glaube, da werden wir schnell zueinanderfinden. Aber dass nebenher schon Arbeitskreise tagen sollen, die gegebenenfalls eine ganz andere Richtung einschlagen könnten, halte ich für kontraproduktiv - daher meine Formulierung eben.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die AfD-Fraktion hat sich leider Gottes entschieden, den Gesetzentwurf zur Bestellung eines oder einer Beauftragten gegen Antisemitismus heute in die Endberatung zu geben, obwohl eigentlich - der Kollege Prange hat es gerade gesagt - alle damit gerechnet hatten, dass wir nicht dazu kommen und dass der Gesetzentwurf vonseiten der AfD zurückgenommen wird.
Die Landesregierung - das ist gerade schon benannt worden - hat längst geliefert. Herr Dr. Enste ist der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens. Er ist bereits ins Amt eingeführt und hat seine Arbeit hier in Niedersachsen aufgenommen.
Jüdisches Leben gehört zu Niedersachsen. Das soll und muss auch immer so bleiben. Die Vergangenheit, gerade auch die jüngste Vergangenheit, hat uns in den letzten Monaten sehr schmerzlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass wir alles dafür tun, dass wir uns immer wieder die Gräueltaten der NS-Zeit vor Augen führen und in unseren Köpfen behalten.
Gerade dafür ist der Landesbeauftragte da. Er ist nämlich nicht nur Ansprechpartner für die jüdischen Verbände. Er soll vielmehr auch die Niedersächsinnen und Niedersachsen für diese Thematik sensibilisieren und Handlungsempfehlungen gegen den Antisemitismus entwickeln. Dabei - das ist eben auch angesprochen worden - ist es mir eigentlich zu oberflächlich, wenn man versucht, irgendwie künstlich eine Differenzierung herbeizuführen, ob der Antisemitismus von rechts, links,
geradeaus oder aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Fakt ist: Er ist da, und er ist überall vorhanden. Es ist unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, dass dieser verschwindet. Deswegen ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass genau dieses Gedankengut in Niedersachsen und in ganz Deutschland keinen Nährboden findet.
Wie wichtig letztlich solch ein Landesbeauftragter ist, zeigt die Liste der Straftaten, die wir in den letzten Jahren vor Augen geführt bekommen haben. Während man vor vielen Jahren vielleicht hoffnungsvoll geglaubt hat, dass der Antisemitismus immer weniger wird, hat es sich in den letzten Jahren leider umgekehrt. Ich glaube auch, dass der gewissermaßen rechtsfreie Raum des Internets dieser Situation hilft. Auch da werden wir sicherlich hier und dort ansetzen müssen.
Wenn man einfach mal schaut: Brandanschläge auf die Wormser Synagoge 2010, Brandanschlag auf die Totenhalle des jüdischen Friedhofs in Dresden 2010, Brandanschlag auf die Synagoge in Wuppertal 2014, Gewalttaten gegen Repräsentanten dieses Staates: Henriette Reker, Andreas Hollstein, der Mord an Herrn Lübke - alles das sind Straftaten, die uns aufrütteln. Deswegen ist es, wie gesagt, sehr gut, dass wir diese Thematik aufgegriffen haben.
Wie wichtig dieser Punkt den Vertretern der AfD eigentlich ist, zeigt aber dann doch die parlamentarische Debatte. Da fällt mir eigentlich nur eines ein: Die Kollegen der AfD nutzen als Stilmittel ja gerne die Provokation und die Show, während die Landesregierung, wir und, ich glaube, auch alle anderen demokratischen Fraktionen dieses Hauses eine seriöse und verlässliche Politik in der Sache machen. Dafür gibt es jetzt nämlich den Landesbeauftragten.
- Weil Herr Emden sich gerade so schön darüber amüsiert, möchte ich kurz vortragen, wie der Verlauf dieser Debatte war, Herr Emden:
Beratung, 28. Februar 2019: eine recht umfangreiche Debatte hier im Hause. Im Ausschuss am 20. März 2019: Absetzung der Thematik. Nächste Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 11. Februar 2020: Ankündigung durch Herrn Emden, die Rücknahme des Antrages wird in Aussicht gestellt - kein Wort der inhaltlichen Debatte! - Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 27. Mai 2020: Herr Lilienthal als Vertretung teilt mit, dass der Kollege Emden diese
Sache in der Fraktion bearbeitet, und bittet deswegen um Absetzung. - Das wurde gemacht. Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 17. Juni 2020: Wir alle hatten die Rücknahme vor Augen, aber nein, Herr Kollege Emden erklärt, der Antrag sei nicht erledigt, sein Gesetzentwurf gehe viel weiter.
Heute war ich ganz gespannt, welches Argument von Herrn Kollege Emden heute kommt, warum der Gesetzentwurf doch viel weiter gehe und so toll sei. Ich habe allerdings keines gehört. Deswegen ist es richtig, dass der Ausschuss empfohlen hat, ihn für erledigt zu erklären.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt heute ihren Antrag mit dem Thema „Niedersachsen soll Vorreiter bei der regelmäßigen Berichtslegung über die Kriminalitätslage werden“ zur Beratung und Beschlussfassung vor. Der Kollege Limburg hat dazu gerade schon ausgeführt.
Die Fraktion fordert darin die Landesregierung auf, zukünftig eine regelmäßige und vertiefte Berichtslegung über die Kriminalitätslage in Niedersachsen, beginnend mit dem Jahr 2019, vorzulegen. Es soll alle zwei Jahre einen umfassenden Bericht geben, der die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik und der Strafverfolgungsstatistik ergänzt und einordnet. Es sollen Daten über den tatsächlichen Abschluss eingeleiteter Ermittlungsverfahren in den Bericht einfließen; der Kollege hat es gerade ausgeführt.
Vorbild sollen dabei die Periodischen Sicherheitsberichte des Bundes sein, die es mal gegeben hat, die mittlerweile allerdings schon wieder eingestellt worden sind. Wir können sicherlich darüber streiten, ob diese Berichte eingestellt worden sind, weil andere Regierungen sie mal in Auftrag gegeben haben, oder ob sie vielleicht eingestellt worden sind, weil sie viel Arbeit gemacht haben und der Nutzen am Ende - das hat der Kollege Prange eben schon richtigerweise gesagt - nicht entsprechend war. Daher hinkt der Antrag der Grünen ein wenig; der Kollege hat es ausgeführt. Ich werde gleich noch darauf zurückkommen.
Wir haben im Rahmen unserer Ausschussberatung eine Unterrichtung erhalten. Vertreter des Innenministeriums, aber auch des Justizministeriums haben hierzu vorgetragen. Alle Vertreter der Ministerien haben uns daraufhin deutlich gemacht - ich
fand sehr nachvollziehbar, was dort mitgeteilt worden ist -, dass die PKS, also die Polizeiliche Kriminalstatistik, die Strafverfolgungsstatistik und das Lagebild „Organisierte Kriminalität“ vollkommen aussagekräftig und ausreichend sind und dass anhand dieser Daten die Kriminalitätslage ausreichend einsortiert werden kann. Damit stehen dem Gesetzgeber und uns hier im Hohen Haus ausreichend Grundlagen zur Verfügung, um, wenn es nötig ist, entsprechende Entscheidungen herbeizuführen und Änderungen vorzunehmen.
Wenn man hier und da hört, was auch der Kollege Limburg eben gesagt hat, dann bin ich sehr aufmerksam
und frage mich: Haben denn die Grünen in diesem Land nie Regierungsverantwortung gehabt? Wieso haben eigentlich die Grünen in ihrer Zeit die Berichte, die sie jetzt überall einfordern, nie umgesetzt und eingeführt?
Wahrscheinlich hat das einen guten Grund, weil nämlich auch die Grünen in ihrer Regierungszeit, Herr Kollege Limburg, das selbst für nicht notwendig erachtet haben und dies jetzt nur als Oppositionsarbeit einführen.
Das ist zumindest meine Interpretation.
- Sie können immer etwas entwickeln, Frau Kollegin Piel.
- Wir haben ja im Ausschuss, wie gesagt, gehört - der Kollege Prange hat es eben schon ausgeführt -, dass hier die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Es würde ein hoher Personalbedarf entstehen, wenn wir solche Lageberichte einführen wollten. Zudem hätten wir - auch das ist gerade gesagt worden - ein Missverhältnis in der periodischen Umsetzung, weil die zweijährige Berichtslegung am Ende nicht mehr zu den aktuell vorliegenden Daten und Zahlen passen würde und
damit die Vergleichbarkeit nicht mehr gewährleistet wäre.
Im Übrigen soll das Kriminologische Forschungsinstitut - ich habe selber mal an einem der Lehrstühle an der Universität Hannover arbeiten dürfen und weiß deswegen, dass da tolle Arbeit geleistet wird - das aufarbeiten. Man muss aber ehrlicherweise sagen: Das machen die Mitarbeiter jetzt schon. Das ist eine Grundlage ihrer Arbeit. Sie analysieren die Berichte, die es gibt, wissenschaftlich und werten sie aus. Genau dafür sind sie am Ende da.
Deswegen und nicht ohne Grund setzen diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen letztlich andere Schwerpunkte.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass es natürlich immer wieder andere Kriminalitätsschwerpunkte gibt. Deshalb haben die Koalitionsfraktionen in diesem Hohen Hause auch ein neues Polizeigesetz - gegen Ihre Stimmen - beschlossen. Wir wollen nämlich, dass unsere Ermittlungsbeamten nicht im Büro sitzen und Berichte schreiben müssen, sondern wir möchten, dass unsere Ermittlungsbeamten Straftaten ermitteln können. Die müssen dann durch Staatsanwaltschaften zur Anklage gebracht und am Ende durch Gerichte ausgeurteilt werden. Das ist unsere Priorität.
Der Kollege hat das eben mitgeteilt. Wir haben dafür gesorgt, dass neue Stellen für Polizeibeamte geschaffen werden, neue Stellen für die Staatsanwaltschaften geschaffen werden und neue Richterstellen geschaffen werden, damit wir den Apparat da stark machen, wo wir stark sein müssen. Deswegen ist das ein vollkommen richtiger Schwerpunkt. Wir sorgen dafür, dass mit den neuen Schwerpunktstaatsanwaltschaften Clanstrukturen genau solche neuen Entwicklungen, die Sie erst aus Berichten analysieren wollen, sofort aufgegriffen und betrachtet werden.
Ich glaube, das ist der richtige Weg. Deswegen werden wir Ihren Antrag heute ablehnen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kollegin Hamburg, erst einmal herzlichen Dank für die Einbringung des Antrages. Auch wir halten den für beratungswert, wenngleich wir hier und da sicherlich ein wenig ergänzen würden oder aber auch den Antrag inhaltlich für nicht gewinnbringend erachten. Aber das wird sicherlich die Beratung im Ausschuss noch zeigen.
- Ja, ich will Ihnen sagen warum. Wir sind damit ja gleich beim Thema, Frau Hamburg.
Sie wollen, das haben Sie gerade selber gesagt, in den Bewertungskriterien eine nachträgliche PMKErfassung festsetzen. Ich nehme ein Beispiel, um einfach ein wenig von der theoretischen Debatte wegzukommen, nämlich die schrecklichen Vorfälle in Hamburg zum G-20-Gipfel. Sie wären sicherlich genauso in die Kriterien für das linke Spektrum aufzunehmen und zu ändern. Darüber kann man ja in der Gesamtheit irgendwann beraten und zu diesem Ergebnis kommen.
Allerdings gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt in diesem Bereich sehr viele unerkannte Täter. Wenn wir die Einordnung eines Verfahrens wirklich erst am Ende durchführen wollten, würde es dazu führen, dass wir die eigentlich jährliche Statistik PMK letztlich derart verfälschen und sie gar nicht mehr auf das Jahr beziehen würden, sodass es am Ende keinen Sinn mehr macht, eine solche Statistik
zu erheben. Deswegen ist es genau richtig, dass sich zumindest bisher die Innenministerkonferenz bzw. alle Länder, die daran beteiligt waren, darauf verständigt haben, dass am Anfang der Ermittlungen bzw. während der Ermittlungstätigkeit eine entsprechende Einordnung erfolgt.
Ich vertraue da auch den Polizeibeamtinnen und -beamten, ich vertraue da unseren Ermittlungsbehörden, der Justiz, dem Verfassungsschutz, dass die letztlich in der Vielzahl der Einordnungen auch die richtige Einstufung treffen werden.
Nichtsdestotrotz, und da haben Sie natürlich vollkommen recht, gibt es Fehleinschätzungen. Und nichtsdestotrotz hat es fatale Fehler bei den Ermittlungen zum NSU gegeben. Deswegen wurden ja auch die zwei Untersuchungsausschüsse auf Bundesebene eingesetzt, und die haben das ja meiner Auffassung nach sehr gut aufgedeckt.
Ich bin sehr froh, dass in Konsequenz dieser beiden Untersuchungsausschüsse letztlich alle übereinstimmend gesagt haben, entsprechende Konsequenzen daraus ziehen zu müssen. Deswegen sollten und sind zum Teil schon die PMK-Kriterien entsprechend verändert und überarbeitet worden. Deswegen gibt es in genau dieser Statistik mittlerweile nicht nur die politisch motivierte Straftat rechts und links, sondern Hasskriminalität, religiöse Ideologie, ausländische Ideologie; denn es ist eine große Bandbreite vorhanden, mit der auch sehr anschaulich gemacht werden soll, wo die ganzen politisch motivierten Straftaten in Deutschland und letztlich auch in Niedersachsen verortet sind. Die gilt es sauber aufzuarbeiten und sauber abzuarbeiten.
Politisch motivierte Straftaten stellen letztlich einen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung dar, und sie sind eine Bedrohung genau dieser. Deswegen müssen wir alle dafür sorgen, dass die Ermittlungsbehörden in die Lage versetzt werden, die Straftaten gut aufzudecken. Wir müssen alles dafür tun, dass diejenigen, die in diesen Straftaten ermitteln, so gut ausgebildet sind, dass sie auch die Hintergründe möglichst frühzeitig einsortieren können, um die Straftat nach dieser Statistik einordnen können. Wir müssen ebenfalls dafür sorgen, dass eine Flexibilität besteht. Da bin ich ganz bei Ihnen.
Sie haben gerade selber das Beispiel des Terroranschlags in Bayern gebracht. Das ist das Beispiel, dass das kein geschlossenes System an sich ist. Bayern hat ja gezeigt, dass im Rahmen der Ermittlungen und im Nachgang zu diesen Ermitt
lungen sehr wohl eine andere Einschätzung und Einordnung der Statistik möglich ist. Dort ist es bekanntlich so gewesen, dass zunächst ein rechtsradikaler Hintergrund oder eine Straftat im rechten Milieu in dem System PMK nicht gesehen worden ist und am Ende durch nochmalige Betrachtung dieser Ermittlungen eine Umstufung erfolgt ist, und das - wenn ich es richtig weiß - Bayerische Landeskriminalamt dann eine andere Auffassung vertreten hat. Das macht ja deutlich, dass es möglich ist, auch heute schon. Deswegen brauchen wir das an dieser Stelle so nicht. Deswegen brauchen wir meiner Meinung nach auch nicht die außenstehenden Experten - darüber können wir aber gerne im Ausschuss beraten -, die sicherlich mit einem ganz anderen Auge in die Ermittlungsakten schauen werden.
Ich finde - Sie habe es ja selbst gesagt -, wenn lediglich 2 von 16 Bundesländern einen Auftrag an die Universität in Berlin geben, um das noch einmal wissenschaftlich nacharbeiten zu lassen, dann ist das ja auch ein Zeichen, dass anscheinend 14 andere der Auffassung sind, dass ihre Behörden und ihre Polizeibeamten die Fälle richtig einschätzen. Ich will das noch einmal sagen: Fehleinschätzungen sind immer bedauerlich, und wir sollten alles dafür tun, dass es sie in Zukunft nicht mehr gibt. Aber wir werden mit jedem neuen Kriterium und mit jeder neuen Befassung eines Kriteriums letztlich nie dafür sorgen können, dass es keine Fehleinschätzung mehr gibt.
Wie gesagt, ich würde mir wünschen, dass wir das gleichermaßen für die linke Szene gleich mitdiskutieren. Dann haben wir wenigstens da auch eine ganz ideologiefreie Debatte, wo es nicht immer darum geht, ob es jetzt das eine oder das andere ist.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Kollegin Hamburg, ich will das noch einmal deutlich machen. Sie tun so, und das habe ich eben gemeint, als hätten die niedersächsischen Polizeibeamten - oder wer am Ende auch immer die Tat einzuordnen hat - bisher fehlerhaft gearbeitet. Das schwingt so ein bisschen in Ihrem Antrag mit.
- Hören Sie zu!
Das ist das, was bei Ihnen mitschwingt. Ich habe doch nur versucht, Ihnen deutlich zu machen, dass die Kriterien immer veränderbar sind. Jedes Kriterium ist veränderbar, immer und immer wieder können wir Kriterien verändern, um vielleicht die eine Tat hier noch hineinzubekommen oder die andere Tat da hineinzubekommen.
Das hat letztlich gar nichts damit zu tun, dass die Beamtinnen und Beamten die Fälle nach Aktenlage einordnen müssen. Es ist auch richtig, dass sie das so tun müssen.
- Es ist schön, wenn Sie meiner Auffassung sind. Dann sind wir uns doch einig.
Dabei wird es auch immer wieder zu Fehleinschätzungen kommen können. Die Frage, die sich stellt, ist, wann man so etwas tun muss.
Dazu werden wir sicherlich eine gute Anhörung im Innenausschuss durchführen. Die Experten und Vertreter werden sicherlich gute Antworten hierzu haben, auf die ich schon sehr gespannt bin. - In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen mit Ihnen.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Ich möchte die Ministerin vor dem Hintergrund, dass sie gerade die Missbrauchsfälle in Lügde und Pyrmont angesprochen hat, fragen, ob die Lügde-Kommission ihre Arbeit unter der Federführung des Landespräventionsrates bereits aufgenommen hat.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, herzlichen Dank für die Antwort. Bezugnehmend auf dieselbe würde ich gerne wissen, ob Sie schon sagen können, welche Ziele sich die LügdeKommission gegeben hat.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist man verwundert, was für Redebeiträge zu einzelnen Anträgen hier im Hohen Haus kommen. Ich habe mich vorhin schon über das Landwirte-Bashing der Grünen geärgert und bin umso überraschter, dass die Kollegin JanssenKucz jetzt auch noch die Reeder angreift, als würden sie dafür sorgen, dass auf unseren Gewässern absichtlich Havarien und Seeunfälle passieren. Das ist mitnichten der Fall.
Richtig ist allerdings, dass wir in jüngster Vergangenheit zwei große Havarien in der Nordsee hatten. Wir alle sind Zeugen dieser Seeunfälle geworden. Das ist sicherlich nicht schön. Beide Havarien haben den Menschen in Niedersachsen - besonders hinter den Deichen - zum wiederholten Male gezeigt, wie gefährlich Schifffahrt sein kann. Sie wurden teilweise in Angst und Schrecken versetzt, und das in einem besonderen Maße, weil das niedersächsische Wattenmeer als Weltnaturerbe natürlich besonders geschützt ist. Wir müssen alles dafür tun, dass das niedersächsische Wattenmeer so bleibt, wie es ist.
Ich glaube, das gilt besonders für die Havarie der „Glory Amsterdam“, die bei schwerem Sturm vor Langeoog, beladen mit ca. 2 000 t Schweröl, auf die Insel zugetrieben und letztlich aufgelaufen ist. Daran kann man erkennen, wie gefährlich Seeschifffahrt sein kann.
Der damit im Zusammenhang stehende Untersuchungsbericht, der uns zumindest in diesem Fall schon vorliegt, hat gezeigt, dass es deutliche Probleme gibt und Konsequenzen gezogen werden müssen. Daher bin ich der Kollegin Eilers sehr dankbar für die wirklich kluge Rede, die sie gerade gehalten hat. Man kann nämlich nicht im Niedersächsischen Landtag behaupten, man würde übermorgen alle Probleme in der Seeschifffahrt gelöst haben. Ganz im Gegenteil!
Die IMO und andere haben überall ein Wörtchen mitzureden. Wer das nicht wahrnehmen will,
der wird auch nicht zur Lösung der Probleme beitragen, Frau Janssen-Kucz.
Nein, ich würde gerne zu Ende ausführen.
Ich glaube, wir wären gut beraten, uns allen Problemen ganz sachlich anzunähern. Sie können nicht nur die Thematik des Laschens dafür verantwortlich machen, gerade in dem Wissen - ich hätte mir gewünscht, dass die Grünen das heute vielleicht relativieren, da aus den Niederlanden mittlerweile andere Ergebnisse vorliegen, die wahrscheinlich dazu führen, dass das auch so in unserem Bericht stehen wird -, dass das vorzeitige Entlaschen, das die ganze Zeit durch die Presse getrieben worden ist, überhaupt nicht stattgefunden hat. Ich hätte gedacht, dass Sie dann von Ihrem eigenen Antrag entsprechend abrücken oder ihn zumindest modifizieren.
Eines muss uns allen immer klar sein: Unsere Verantwortung hier im Hohen Hause ist es, überall da, wo wir es können, für die Sicherheit der Besatzung auf den Schiffen zu sorgen. Ebenso ist es unsere Verantwortung und letztlich Aufgabe, für
die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, die hinter den Deichen auf dem Festland oder auf unseren Inseln in der Nordsee leben.
Deswegen springt der Antrag der Grünen - ich habe es gerade schon gesagt - deutlich zu kurz. Es geht einfach nicht nur um Laschen und Entlaschen. Das hat auch überhaupt nichts mit Gewerkschaften usw. zu tun, Frau Kollegin.
Es geht vielmehr darum, dass wir uns dafür einsetzen, das Havariekommando über den Bund sachlich und personell deutlich besser aufzustellen, damit es deutlich besser ausgerüstet und vorbereitet ist, wenn derartige Unfälle auf See passieren.
Diejenigen, die Mitglied im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ sind, haben ja die Unterrichtung durch das Havariekommando erlebt. Dabei wurde uns ein Video vorgespielt, in dem gezeigt wurde, wie das Winschseil vom Hubschrauber heruntergelassen wurde. Jeder, der dieses Video gesehen hat, muss erkannt haben, dass es lebensgefährlich gewesen wäre, wenn nur eine Person heruntergewinscht worden wäre.
Diese Probleme müssen wir angehen. Wir müssen prüfen, wie wir in Zukunft in solchen Sturmsituationen bei rollenden Containerschiffen dieser Größenordnung - Frau Kollegin Eilers hat darauf hingewiesen - auf die Schiffe kommen. Dafür ist es im Übrigen auch notwendig - das sieht der Antrag von CDU und SPD vor -, dass die Menschen auf den Schiffen zumindest Englisch sprechen können, damit man sich mit ihnen verständigen kann und die Kommunikation in solch gefährlichen Situationen möglich ist.
Deswegen bin ich sehr dankbar dafür, dass auch der Bund bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen hat. Wir begrüßen die zum 1. Januar 2019 umgesetzte Optimierung des Einsatzkonzeptes der Notschlepper auf der Nord- und Ostsee, insbesondere die Möglichkeit, Boarding Teams bei Sturm an Land statt auf See stationieren zu können, sowie die von Niedersachsen und Schleswig-Holstein initiierte Bundesratsinitiative zur Ausstattung von Gefahrgutcontainern mit Peilsendern sowie zur verpflichtenden Nutzung von Verkehrstrennungsgebieten und den Beschluss des Bundesrats vom 15. März 2019 in dieser Sache.
Es ist nämlich durchaus richtig, dass es ein Problem sein kann, wenn dauerhaft Container von Schiffen fallen - ob gewollt oder ungewollt. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass man das ernsthaft will. Deshalb müssen wir eine Möglichkeit entwickeln, um die Container mithilfe von Peilsendern wiederzufinden. Aber wir haben im Rahmen der Ausschussberatung gehört, dass das gar nicht so einfach ist. Wir müssen erst einmal technisch dafür sorgen, dass man Container in tiefer See peilen kann. Deswegen werden wir bei diesem Thema sicherlich einen entsprechend langen Weg vor uns haben.
Ich habe die große Ehre - ich habe gesehen, dass Frau Janssen-Kucz gleich auch noch etwas sagen will -, mich für die CDU-Landtagsfraktion beim Kollegen Santjer ganz herzlich für die vergangenen Jahre zu bedanken. Lieber Uwe, du wirst demnächst deine letzte Rede hier halten. Ich möchte dir als Wahlkreisabgeordneter auch aus Cuxhaven sagen, dass ich gerne gemeinsam mit dir hier weiter für die Stadt Cuxhaven und unseren Wahlkreis geworben hätte.
Ich kann verstehen, dass es dich zurück nach Cuxhaven zieht - das ist einfach die schönste Stadt in Niedersachsen.
Ich möchte dir für die Zukunft alles Gute wünschen - auch im Namen der Landtagsfraktion - und immer eine glückliche Hand. Wenn es doch mal anders läuft und du sagst „Mensch, der Tag war zum Vergessen“, habe ich dir eine Flasche Kräuterschnaps mit einem Bild von unserem Cuxhaven mitgebracht. Alles Gute!
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mir eigentlich erhofft bzw. erwartet, dass der Kollege Limburg und - weil es seinerzeit schon einen Gesetzentwurf der FDP gab - auch der Kollege Genthe mir heute die Frage beantworten werden, warum man ein solches Gesetz überhaupt braucht.
- Ja, er hat vielleicht den eigenständigen Versuch unternommen, Herr Dr. Birkner, aber mich überzeugt das persönlich so ohne Weiteres nicht.
Ich werde stutzig, wenn die Begründung eines Gesetzentwurfes, der eingebracht wird, damit beginnt, dass Niedersachsen eines der letzten drei Länder ist, das noch kein entsprechendes Gesetz hat. Das ist für mich etwas mau und nicht ausreichend tiefgängig und überhaupt kein Argument, um einen Gesetzentwurf zu begründen. Das Land Hessen beispielsweise hat aus guten Gründen kein Deichgesetz. Es braucht nämlich auch keines. Ich glaube, man würde im Hessischen Landtag niemals auf die Idee kommen, zu sagen, dass Hessen eines der letzten Länder ist, das ein solches Gesetz nicht hat.
Von daher wäre es schön, wenn man hier etwas tiefgehender argumentieren würde. Wenn es den Anschein hätte, dass wir hier in Niedersachsen keine Transparenz hätten oder keine Informationen bekommen würden, wäre das sicherlich ein Anknüpfungspunkt. Dann würde man sagen: Okay, wir müssen dringend dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen einen solchen Anspruch erhalten. - Aber zumindest ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass niedersächsische Bürgerinnen und Bürger keine Informationen erhalten können. Deswegen muss man sich genau überlegen, ob man in der heutigen Zeit - mit Datenschutzgesetz u. Ä. - ein solches Gesetz überhaupt haben möchte und, wenn ja, wie man es ausgestalten möchte.
Der Kollege Limburg hat gerade etwas verschwiegen, wenngleich ich das auch gut verstehen kann. In dieser Legislaturperiode wurde schon ein Gesetzentwurf von den Kollegen der AfD zu diesem Thema eingebracht, mit dessen Beratung im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen begonnen worden ist. Wir haben uns seinerzeit mit Blick auf den weiteren Ablauf darauf verständigt, dass es derzeit eine Evaluierung der Bundes- und Ländergesetze gebe. Nach Abschluss dieser Evaluation - so war seinerzeit die Verständigung im Ausschuss - sollte vom Ministerium wieder unterrichtet und danach wieder in die Beratung eingestiegen werden.
Diese Evaluation, von der ich gerade gesprochen habe, ist nach meinem Kenntnisstand nicht abgeschlossen. Wir warten weiterhin darauf.
In der damaligen Unterrichtung ist auch mitgeteilt worden, dass es eine Open-Data-Strategie geben werde und geben solle. Diese Strategie gilt es
entsprechend vorzubereiten. Sie muss natürlich auch gut vorbereitet werden, weil es hier - das hat der Kollege Genthe meines Erachtens gerade sehr richtig gesagt - natürlich auch Abwägungen gibt, die in diese Diskussion miteinbezogen werden müssen. Sie betreffen zum einen das Thema Datenschutz und zum zweiten die Frage, ob wir kommunale Verwaltung damit überfrachten, wenn wir Anfragemöglichkeiten entstehen lassen und damit die Abarbeitung von wirklich wichtigen Themenfeldern in unseren Verwaltungen torpedieren.
Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass es auf keinen Fall passieren darf, dass wir am Ende unsere Verwaltungen lahmlegen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden nicht mehr das abarbeiten können, was sie abarbeiten sollen.
Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag hat immer gesagt, dass Gesetze dann beraten und beschlossen werden, wenn sie erforderlich sind und es einen Regelungsbedarf gibt. Diesen werden wir - davon gehe ich aus - nach der Evaluierung einschätzen können. Zum jetzigen Zeitpunkt - das will ich offen sagen - ist mir zumindest in Niedersachsen, aber auch in meiner Kommune in Cuxhaven, wo ich herkomme, kein einziger Fall bekannt, in dem Bürgerinnen und Bürger, wenn sie Anfragen an Behörden oder Verwaltungen gestellt haben, keine Antwort auf das bekommen haben, was sie angefragt haben.
Ich glaube, dass wir in der Debatte inzwischen viel weiter sind, als es der Anschein dieses Gesetzes erweckt.
Wir debattieren in vielen Bereichen viel häufiger und viel offener mit Bürgerinnen und Bürgern, und sie erhalten dementsprechend die Möglichkeit zur Diskussion. Wenn der Kollege Genthe anführt, er finde das wichtig, um Prozesse verstehbar zu machen, dann würde ich zumindest eines vorschlagen: Mir ist wichtig, dass diese Bürgerinnen und Bürger auch mal Ausschusssitzungen auf kommunaler Ebene besuchen und zuhören, wie dort diskutiert wird und wie die Prozesse dort verlaufen. Das würde schon viel zur Erkenntnisfindung beitragen, wie ein Diskussionsverlauf entstanden ist und wie man zu einem Ergebnis gelangt ist. In solchen Gremien könnten Bürgerinnen und Bürger dann auch jederzeit zu Wort kommen.
Ich glaube, wir sollten bei dem, was wir seinerzeit im Ausschuss verabredet haben, bleiben: Wir warten auf die Evaluierung, wir schauen mal, wie das
in den anderen Ländern und im Bund abgelaufen ist, und dann werden wir mit einer Open-DataStrategie der Landesregierung irgendwann sicherlich auch in die Beratungen eintreten.
In diesem Sinne freue ich mich auf eine sicherlich spannende Beratung in den Ausschüssen.
Ich will noch einmal deutlich machen: Auch die CDU-Fraktion ist natürlich dafür, dass Bürgerinnen und Bürger Informationen erhalten müssen. Auch wir sind dafür, dass alles transparent sein soll. Ich glaube, das ist klar. Die Frage ist nur: Brauchen wir dafür schon wieder ein neues Gesetz?
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Einbringung des von der Landesregierung vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung des Rechts der richterlichen Mitbestimmung und zur Stärkung der Neutralität der Justiz beginnen wir eine sehr spannende Beratung. Der Gesetzentwurf soll die richterliche Mitbe
stimmung stärken, die Möglichkeiten der Teilzeitarbeit durch die Einführung des Freijahres flexibilisieren und die rechtsstaatliche Neutralitätspflicht konkretisieren. Die Landesregierung hat in diesem Gesetzentwurf Regelungen mit Maß und Mitte gefunden. Das begrüße ich sehr.
In der Gesellschaft wird in den vergangenen Monaten und Jahren mehr und mehr darüber diskutiert, inwieweit man in der Justiz, aber auch in der Gesellschaft an sich religiöse Symbole tragen darf und wie wir im Blick auf den Staatsdienst damit umgehen wollen.
Die Frau Ministerin hat es eben schon gesagt: Die Justiz ist hier in einer ganz besonderen Art und Weise gefordert. Sie ist dritte Gewalt und insofern zur Neutralität verpflichtet. Das war sie in der Vergangenheit; das wird sie auch in Zukunft bleiben. Der Gesetzentwurf sieht insofern eine Konkretisierung vor.
Es ist klar, dass diese Neutralität letztlich immer nur die innere Haltung desjenigen sein kann, der im Staatsdienst tätig ist. Daher mag die Auffassung durchaus richtig sein, dass man die Neutralität doch gar nicht mit einem Gesetzentwurf regeln kann, weil der Mensch an sich nun einmal gewisse Anschauungen hat. Trotzdem ist es wichtig - und das zeigt sich gerade daran, wie derzeit politische Diskussionen verlaufen -, dass jene, die als Angeklagte im Gerichtssaal sitzen und über die der Staat richten wird, das Gefühl bekommen, dass sie ein faires Verfahren erhalten, bei dem unvoreingenommen über sie entschieden wird.
Es ist richtig, das Tragen religiöser Symbole und Kleidungsstücke während Verhandlungen zu untersagen. Aber das bedeutet in keiner Weise - auch wenn das immer wieder behauptet wird -, dass wir die Religionsfreiheit oder die Religionsausübung einschränken wollen. Nein, der Mensch an sich kann seine Religion selbstverständlich behalten und sie auch persönlich ausleben. Aber wer im Staatsdienst tätig ist und dort letztlich Verantwortung für den Staat übernimmt, der muss gegenüber Dritten neutral auftreten.
Vor diesem Hintergrund bedauere ich, dass dieser Gesetzentwurf in der Verbandsanhörung von zwei Verbänden recht massiv kritisiert worden ist. Die muslimischen Verbände haben vorgetragen, dass es sich hierbei faktisch um ein Berufsverbot handele.
Ich glaube das gerade nicht! Ich finde, dass derjenige, der in den Staatsdienst eintreten und im Namen des Volkes Urteile sprechen will, sich vorher überlegen muss, ob er bereit ist, auf der Grundlage der Verfassung zu agieren.
In diesem Zusammenhang müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, dass der Rechtsstaat ein sehr hohes Gut ist und dass wir nicht ohne Grund vor nicht allzu langer Zeit - auch wenn ich da noch nicht geboren war - das Grundgesetz beschlossen und unser christliches Menschenbild mit in die Präambel geschrieben haben.
Für die, die es nicht kennen, darf ich zitieren. Der erste Satz der Präambel des Grundgesetzes lautet:
„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“
Auch das dürfen wir natürlich auf keinen Fall unter den Teppich kehren.
Nichtsdestotrotz bin ich, wie gesagt, dankbar für den Gesetzentwurf. Ich möchte mich ganz herzlich bei der Justizministerin dafür bedanken, dass wir hier Maß und Mitte halten und dass wir gerade nicht jegliches Tragen religiöser Symbole und Kleidung untersagen. Es geht auch nicht darum, Kreuze aus Gerichtssälen zu verbannen. Vielmehr kann man dort, wo sie nicht akzeptiert und geduldet werden können, flexible Lösungen finden.
In diesem Sinne freue ich mich auf spannende Beratungen in den Ausschüssen und würde mich freuen, wenn wir auch diejenigen, die dem Gesetzentwurf in dieser Form zumindest jetzt noch kritisch gegenüberstehen, noch überzeugen können.
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass die sogenannte PKHRichtlinie bis zum heutigen Tage nicht fristgemäß umgesetzt ist - Sie haben vorhin davon berichtet -, möchte ich wissen, was die Landesregierung getan hat, um die Rechtsanwendung in Niedersachsen klarzustellen bzw. für Klarstellung zu sorgen, wie damit in Zukunft umgegangen werden soll.
Danke schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen erin
nert mich ein wenig an eine Zeit, in der dieselben schon einmal einen Höhenflug in den Umfragen hatten. Seinerzeit glaubten die Grünen, sie seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen und könnten den Bürgerinnen und Bürgern ihre linken Fantasien überstülpen. Die Grünen meinten seinerzeit mitteilen zu müssen, dass wir jetzt einen Veggie-Day bräuchten, und glaubten, die Gesellschaft bevormunden zu können.
Jetzt sind die Grünen der Auffassung, dass es Zeit für eine längst gescheiterte Multikulti-Idee für Niedersachsen sei, und ich glaube, wir alle wissen, dass das nicht der richtige Weg ist.
- Ja, Herr Onay, das tut vielleicht weh. Aber das müssen Sie trotzdem ertragen.
Dabei hat sich die Fraktion der Grünen ja wirklich auch viel Mühe gegeben. Wenn man sich die 20 Punkte anschaut, stellt man fest, dass das ein wirklich umfangreicher Antrag ist. Nur ehrlicherweise beinhaltet dieser Antrag im Kern nur eine einzige Aussage:
Jeder, der es jemals nach Deutschland bzw. nach Niedersachsen geschafft hat, soll bleiben dürfen.
Und wenn er es nicht darf, wird alles dafür getan, dass er nicht abgeschoben werden kann. Und es wird noch besser: Es soll dabei vollkommen egal sein, wie er sich hier bei uns verhält.
Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, das können Sie den Bürgerinnen und Bürger dann auch ehrlich sagen und müssen das nicht verklausuliert in 20 Punkte fassen. Sie können ruhig ehrlich und offen davon erzählen.
Stattdessen erwecken Sie mit Ihrem Antrag den Eindruck von einer unmenschlichen Abschiebepraxis in Niedersachsen und toppen das noch mit Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde am gestrigen Vormittag, in dem Sie den Bundesinnenminister bezichtigen, ein menschenrechtswidriges Abschie
bepaket vorgelegt zu haben, und den Entwurf eines Bundesgesetzes als „Hau-ab-Gesetz“ verunglimpfen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist erstens populistisch und zweitens unanständig.
Und damit es da gar nicht erst zu einem falschen Zungenschlag kommt: Wir stehen zu unserer Verantwortung, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Wer aus Kriegsgebieten nach Deutschland bzw. nach Niedersachsen kommt, wird hier bei uns Asyl erhalten, und er wird auch die Hilfe erhalten, die er benötigt und die er zu bekommen hat. Das ist für uns überhaupt kein Problem, und das steht auch total außer Frage.
Aber eines muss auch klar sein: Das kann immer nur eine Seite der Medaille sein. - Das bedeutet auch: Jeder, der bei uns in Notlagen in Anspruch nimmt, dass ihm geholfen wird, weiß, dass er irgendwann, zumindest dann, wenn ein Bleibe- und Asylrecht endet, wieder zurückkehren muss. Dann muss er dieses Land freiwillig wieder verlassen. Die Kollegin Schröder-Köpf hat das eben ganz richtig gesagt. Sie können nicht so tun, als würden wir menschenverachtend sein und menschenrechtswidrig arbeiten, wenn die Menschen, die eigentlich ausreisen müssen, nicht freiwillig den Weg frei machen, und uns als Staat überhaupt erst in die Lage bringen, den Weg einer Abschiebehaft gehen zu müssen.
Ihre 20 Punkte - ich kann hier nicht auf jeden einzelnen eingehen - - -
- Ich habe noch genug, Herr Onay, keine Sorge.
Ihre 20 Punkte, die Sie hier aufbringen, dringen inhaltlich nicht durch.
Ich bin auch absolut sicher, dass die Ausschussberatungen zeigen werden, dass das so nicht geht. Warum? - Weil die nächtlichen Abschiebungen, die
Sie hier als Beispiel vorgetragen haben, auch deshalb sinnvoll sein können, damit Abgeschobene rechtzeitig an dem Ort ankommen, an den Sie kommen sollen.
- Ja, das ist leider so.
Gerade bei Zeitverzögerungen und bei Zeitverschiebungen können sie eine sinnvolle Maßnahme sein.
Das pauschale Verbot, Kranke abzuschieben, bringt uns letztlich auch nicht weiter. Es wird nämlich nur dafür sorgen, dass Abschiebungen in Zukunft unmöglich gemacht werden. Auch das kann nicht Anspruch eines funktionierenden Rechtsstaates sein.
Sie haben u. a. Telefonate, Mobiltelefone und Kontaktaufnahmen in Ihrem Antrag aufgeführt. Sie müssten das doch selbst wissen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen dabei war, aber der Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ hat sich doch das alles in Langenhagen angeschaut.
Von den Mitarbeitern der Anstalt ist uns gesagt worden, dass Mobiltelefone überhaupt kein Problem seien, dass sie nur nicht internetfähig sein dürften. Ich glaube, das ist aus allen erklärten Gründen vollkommen nachvollziehbar.
Sie führen auch an, dass keine ausreichende Verpflegung zur Verfügung gestellt wird. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben überhaupt gar keine Anhaltspunkte dafür, dass dies in Niedersachsen so ist.
Von daher versuchen Sie nur - das ist mein persönlicher Eindruck -, uns weißzumachen, dass unsere Abschiebungen unmenschlich sind. Das ist gerade nicht der Fall. Der Innenminister hat gerade gestern entsprechend zu der Thematik vorgetragen und mitgeteilt, dass wir hier immer und immer wieder, nicht nur auf Humanität achten, sondern dass auch die Rechtsstaatlichkeit bei jeder Abschiebung gewahrt bleiben soll. Das gilt im Übrigen auch für die Abschiebehaftpraxis.
Es war schon immer so, dass Familien nicht getrennt werden sollten. Es war schon immer so, dass Kinder, Schwangere, Jugendliche und Alleinerziehende nicht in Abschiebehaft genommen werden.
Alles das, was Sie hier in Ihrem Antrag aufführen, entspricht schon jetzt der Praxis in Niedersachsen. Von daher machen Sie den Menschen hier etwas vor, was einfach nicht der Realität entspricht.
Zum Abschluss lässt sich nur eines zu Ihrem Antrag sagen: Er ist Populismus pur. Er dringt nicht durch. In der sachlichen Debatte im Ausschuss werden wir das sehen. Von daher freue ich mich auf die Ausschussberatungen und bin gespannt, was wir dann in der abschließenden Beratung noch von Ihnen hören werden.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wird keine Überraschung sein, Herr Kollege Limburg, dass wir heute Ihren Antrag ablehnen werden. Ehrlicherweise bin ich nach den Ausschussberatungen fast davon ausgegangen, dass Sie diesen Antrag zurückziehen werden,
weil die Unterrichtung durch die Landesregierung deutlich gemacht hat, dass Ihre Forderungen, wie Herr Kollege Genthe gerade sehr schön dargelegt hat, zum Teil überholt sind. Erstens sind sie teilweise nicht umsetzbar, zweitens sind sie auch nicht nachvollziehbar.
Die Unterrichtung durch die Landesregierung hat ergeben, dass gerade im Jahr 2013 die Höchstgrenzen der Bußgelder verzehnfacht worden sind:
auf 5 Millionen Euro bei fahrlässigen Delikten und auf 10 Millionen Euro bei vorsätzlichen Delikten. Im VW-Skandal ist ein Bußgeld in Höhe von 1 Milliarde Euro - und damit deutlich mehr - festgesetzt worden. Sie selber sagen: Das liegt zu einem großen Teil daran, dass ein Teil Bußgeld und ein Teil Vermögensabschöpfung - also die Abschöpfung dessen, was rechtswidrig aus der Tat erlangt worden ist, sei sie fahrlässig oder vorsätzlich begangen - ist. Damit wird dem Unternehmen oder demjenigen, der einen Fehler gemacht hat, das, was ihm unrechtmäßigerweise zugegangen ist, wieder entnommen. Daher sagen im Übrigen auch alle Praktiker, dass diese Höchstgrenzen von Bußgeldern vollkommen richtig sind.
Ebenso haben wir gehört, dass die Große Koalition in Berlin derzeit ein neues Gesetz entwickelt, damit in Zukunft auch bei Unternehmenssanktionen - darauf deutete Herr Kollege Genthe eben hin - die Geldsanktionen an der Wirtschaftskraft gemessen werden. Bei Unternehmen mit Umsätzen ab 100 Millionen Euro sollen sie 10 % des Umsatzes ausmachen. Das ist schon in Vorbereitung.
- Nein, das brauchen wir nicht, weil es ja der anderen gesetzlichen Regelungen gar nicht bedarf, Herr Kollege. Das ist aber, glaube ich, auch allen deutlich geworden.
Zu der Veröffentlichung von rechtskräftigen Bußgeldern oder verfahrensabschließenden Entscheidungen, Beschlüssen - oder was auch immer -: Davor, dies allen zur Verfügung zu stellen, haben uns alle - das ist, glaube ich, ebenso deutlich geworden - aus der Landesregierung und diejenigen, die wir gehört haben, gewarnt. Warum ist das so? - Weil darin auch persönliche Daten stehen können, weil darin auch Geschäftsgeheimnisse und Verfahrensabläufe von Unternehmen auftauchen können, die natürlich nicht in die Öffentlichkeit gehören. Bei allen fehlerhaften Taten, die begangen worden sind, darf man nicht außer Acht lassen, dass man auch hier eine Abwägung treffen muss und dementsprechend nicht alles in die Öffentlichkeit geben darf.
Es ist gesagt worden, man könnte vielleicht auch schwärzen. Dazu haben Sie aber selbst im Ausschuss sofort gesagt, dass das auch nicht sinnvoll wäre und nicht angedacht sei.
Dann muss man sich fragen, was man eigentlich will. - Ja, der Skandal ist da. Und ja, das, was dort
passiert ist, war falsch. Ich glaube, das wissen wir alle. Die richtigen Antworten darauf müssen gefunden werden. Aber wenn man diesen Antrag nur dazu nutzen will, Herr Kollege, um mitzuteilen, dass die Luft schmutzig ist, dann ist das Effekthascherei. Da gibt es, glaube ich, andere Möglichkeiten. Das deutet ein bisschen darauf hin, dass Sie vielleicht nur wieder darauf aus sind, die Menschen in Niedersachsen und Deutschland zu kujonieren.
Die dogmatischen Regelungen sind klar. Das hat der Kollege Genthe gerade ganz richtig erwähnt. Das Akteneinsichtsrecht sagt uns ganz genau, welche Regeln gelten. Man braucht ein berechtigtes Interesse, um überhaupt Akteneinsicht gewährt zu bekommen. Im Übrigen braucht nur der Nebenkläger im Strafprozess kein berechtigtes Interesse nachzuweisen, da klar geregelt ist, wer überhaupt Nebenkläger sein darf. Ansonsten muss man es halt vortragen.
Da können wir nicht auf einmal bei einer Straftat, die viel schwerwiegender ist, Herr Kollege Limburg, ganz andere Maßstäbe als bei einer Ordnungswidrigkeit anlegen. Von daher ist das erstens dogmatisch total daneben und zweitens vollkommen systemfremd.
Das ist der Grund, warum wir den Antrag heute entsprechend ablehnen werden.
Die Musterfeststellungsklage ist eingeführt. Auch das ist erwähnt worden. Im Übrigen gibt es die Streitgenossenschaft in der ZPO. Auch dazu können sich Kläger zusammentun. Das alles ist schon Realität. Wir brauchen das in der Gesetzgebung nicht.
Eines ist vielleicht ganz interessant: Der Bundestag hat am Donnerstag, am 21. März dieses Jahres, den Entwurf eines Geschäftsgeheimnisgesetzes angenommen. Die Vorlage haben dort nicht nur die CDU/CSU und SPD, sondern auch Bündnis 90/Die Grünen mitbeschlossen gegen die Stimmen der AfD und der FDP, die dort im Bundestag gesagt hat, die Whistleblower müssten noch ein wenig mehr geschützt werden. Ich frage mich, warum Sie sich im Bundestag anders verhalten als hier im Niedersächsischen Landtag.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein wenig erinnert die Debatte, die wir gerade führen, an den heutigen Vormittag. Da haben wir viel über Framing gehört und durften darüber debattieren. Ich glaube, vieles von dem, was in diesem Gesetzentwurf zu finden ist und was wir auch umsetzen wollen - der Kollege Birkner hat das eben eigentlich auch schon gesagt -, ist richtig. Hier aber wird versucht, Definitionen und Sichtweisen durch Wortbeiträge und geschriebene Begründungen in ein Licht zu rücken, in das sie nicht gehören.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht jüdische Einzelpersonen und/oder gegen deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen.
Das ist die von der Bundesregierung seit dem Jahr 2017 anerkannte Definition von Antisemitismus, die auf Basis von Arbeiten der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken erarbeitet wurde.
Nun legt uns die AfD-Fraktion heute diesen Gesetzentwurf vor. Wenn man die Überschrift liest, muss man eigentlich sagen - das haben die Vorredner auch getan -: Mensch, überraschend! Eigentlich eine gute Sache! Da kann man nur dafür sein!
Es wurde schon darauf hingewiesen: Im Bund gibt es einen Antisemitismusbeauftragten; auch einige Bundesländer haben mittlerweile einen solchen Beauftragten eingeführt. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch Niedersachsen einen solchen Beauftragten braucht.
Wenn man sich aber den Gesetzentwurf und vor allem die Begründung anschaut, dann muss man sich doch fragen, ob die Kollegen der AfD-Fraktion die Definition, die ich gerade genannt habe, überhaupt kennen, ob sie sie nicht kennen wollen oder ob sich damit gar nicht auseinandersetzen wollen. Ich befürchte, von beidem wird etwas zutreffen.
Der Kollege Emden hat in seinem Wortbeitrag gerade versucht, ein wenig abzurüsten. Die Kurzinterventionen haben die Maske dann aber doch wieder fallenlassen.
Es geht letztlich doch nur darum, den Gesetzentwurf mit dem Thema Zuwanderung aus afrikanischen Ländern usw. zu vergiften. Es ist schade, dass immer versucht wird, das eine gegen das andere auszuspielen. Das wird es hier aber nicht geben!
Wer versucht, diese Definition in irgendeiner Weise verbal zu verschieben und in ein anderes Licht zu rücken - z. B. dadurch, dass so getan wird, als sei man selber das Opfer von Diskriminierung oder dergleichen -, der vertut sich in dieser Angelegenheit. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir alle immer wieder daran denken, dass derartige Gräueltaten, die der Nationalsozialismus in Deutschland hervorgebracht hat, nie wieder geschehen dürfen und dass wir alle gemeinsam alles dafür tun, dass das nicht wieder vorkommt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Antisemitismusbeauftragte des Bundes ist seit einiger Zeit im Amt. Er ist eigentlich dafür da, Antisemitismus zu bekämpfen und ressortübergreifend Aufgaben zusammenzuführen, um gegen Antisemitismus vorzugehen. Vor einiger Zeit hat er etwas gesagt, das uns alle nachdenklich stimmen sollte. Er hat gesagt - ich zitiere -: Der Antisemitismus ist in Deutschland wieder angekommen. Es liegt eine alarmierende Geschichtsvergessenheit in Deutschland vor. Daher ist er wieder salonfähig geworden.
Es gibt ja noch den einen oder anderen Überlebenden des Holocausts. Zum Glück, muss man sagen; es werden leider immer weniger. Wenn Sie die Gelegenheit haben, mit einem von ihnen zu sprechen, dann werden Sie in einer sehr, sehr berührenden Art und Weise spüren und erfahren, um was es geht. Und sicherlich gilt für jeden, der bei der Veranstaltung zum Thema 70 Jahre Israel oder im Januar bei der Veranstaltung zum Gedenken an die Holocaust-Opfer hier in der Synagoge in Hannover zugegen war: Alles, was Sie da hören, macht Sie traurig und berührt Sie.
Von daher kann ich nur jeden auffordern: Sprechen Sie mit den Überlebenden! Einer von diesen ist hier in Hannover Salomon Finkelstein, der seit vielen Jahren durch die niedersächsischen Schulen gereist ist und immer wieder von dem Erlebten berichtet hat. Dieser erzählt, dass er sich mittlerweile wieder aus den Telefonbüchern hat löschen lassen. Dieser wird Ihnen erzählen, dass er Angst davor hat, dass Geschichte sich in Deutschland wiederholen wird. Dieser wird Ihnen auch erzählen, dass es jüdische Gemeinden und jüdische Menschen in Niedersachsen und in ganz Deutschland gibt, die jetzt schon darüber nachdenken, wohin sie flüchten könnten, wenn es wirklich wieder so weit kommt, wovor sie Angst haben.
Wie gesagt: All das darf in Deutschland, aber auch anderswo auf dieser Welt nie wieder vorkommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ebenso traurig und bestürzt wie auch die Kollegen, die vor mir gesprochen haben. Die AfD hat gerade wirklich viel und lange geredet, auch mithilfe des Modells der Kurzintervention. Wenn Sie dann in Ihren Wortbeiträgen nicht ein einziges Wort der Distanzierung von all diesen Gräueltaten hinbekommen, dann ist das nicht nur traurig, sondern auch beschämend.
Sie sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Erinnerungskultur in Deutschland weiterhin Bestand hat, und sollten aufhören, diese anzugreifen. Von daher hätte auch ich mir gewünscht, dass Sie hier das eine oder andere distanzierende Wort zu den Aussagen Ihres Kollegen Höcke finden. Es ist entlarvend, dass Sie das nicht tun.
Ich komme zum Schluss. Ich glaube, wir werden spannende Debatten in den Ausschüssen haben. Ich will es noch einmal sagen: Wir brauchen einen Beauftragten. Das ist in der Sache richtig. Ich weiß aber auch, dass die Landesregierung das nicht nur prüft, sondern sicherlich auch alsbald einen Vorschlag zur Umsetzung machen wird.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal glaubt man ja, dass ein solcher Antrag, wie er hier eingebracht worden ist, eigentlich nur die Unterstützung aller Fraktionen finden kann. Deswegen ist es umso überraschender, was der eine oder andere - wie eben gerade - hier zum Besten gibt.
Ich will beim Kollegen Pancescu beginnen, den ich eigentlich sehr schütze -
- schätze, aber in dem Fall nicht schützen kann. Er hat uns vor Kurzem noch erzählt, er liebe Europa und die Fähren. Heute aber hat er ein wenig danebengelegen. Es ist nämlich so, dass der Austritt aus der Europäischen Union für England bedeutet, dass wir gerade Abkommen schließen müssen - und da bin ich auch bei anderen Vorrednern -, die dazu führen sollen, dass wir eine Regelung treffen, wie wir in Zukunft als Partner miteinander verkehren und miteinander Geschäfte machen können.