Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

- Hier hat jeder das Recht, zu reden, und hier hat auch jeder das Recht, nicht zu reden.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Das hat doch keinen Sinn!)

- Der eine sagt so, der andere sagt so.

Meine verehrten Damen und Herren, für die SPDFraktion hat sich nun die Kollegin Tippelt gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr SchulzHendel, der Anfang Ihrer Rede - ich sage es mal lieb - war total daneben. Ich finde es unmöglich, wie Sie hier mit uns umgehen. Wir haben uns einvernehmlich sofort darauf geeinigt, diesen Tagesordnungspunkt vom November-Plenum zu verschieben, um auf Ihre Vorschläge zu warten. Aber gekommen ist von Ihnen nichts!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD - Zurufe von der CDU: So ist es!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsfraktionen werden den Radfahrern in Niedersachsen eine optimale Infrastruktur zur Verfügung stellen. Das spiegelt auch der Haushaltsentwurf 2019 wieder. Gerade angesichts der steigenden Bedeutung des Radverkehrs im zukünftigen Mobilitätsmix ist und bleibt der Ausbau von infrastrukturellen Maßnahmen für den Radverkehr weiterhin wichtig.

Eine Verbesserung des Fahrradverkehrs liefert einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur ökologischen Nachhaltigkeit. Wir bleiben deshalb nicht auf der Stelle stehen, sondern wir packen diese Aufgabe an.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Für Fahrrad fahrende Pendler bedeuten Verbesserungen in der Rad-Infrastruktur einen spürbaren Gewinn an Flexibilität und Freizeit. Darauf muss ich hier nicht noch einmal hinweisen. Das ist für uns selbstverständlich.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ach?)

Nun einige Anmerkungen zum Antrag der Grünen. Damit komme ich zu Ihnen, Herr Schulz-Hendel. In Ihrem Antrag der Radschnellwege-Förderung stellen Sie Forderungen auf, die an der Realität total vorbeigehen.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ha- ben Sie mit den Kommunen gespro- chen?)

Dies will ich Ihnen an zwei Punkten des Antrags verdeutlichen.

Erstens. In Ihrem Antrag fordern die Grünen, den Anteil des Fahrrades am Modal Split in Niedersachsen bis zum Jahr 2030 auf 30 % zu erhöhen. Das würde eine Verdopplung des gegenwärtigen Anteils am Modal Split bedeuten. Wir sind uns darin einig, dass eine Erhöhung des Radverkehrsanteils Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik sein muss. In einem Flächenland wie Niedersachsen ist eine Erhöhung des Radverkehrsanteils auf 30 % allerdings unrealistisch. Außerhalb der größeren Städte in Niedersachsen gibt es für die Pendler keine Alternative zum Auto.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Die verkehrspolitische Realität sieht in vielen Teilen Niedersachsens anders als in den Großstädten aus. Mit dem Rad sind die weiten Strecken nicht zu bewältigen. Jetzt könnte man natürlich sagen, dass der ÖPNV die Alternative sei. Aber auch der öffentliche Nahverkehr ist außerhalb der Ballungszentren meist nur auf die Schülerverkehre abgestimmt. Deshalb bietet auch er, meine Damen und Herren, keine flexible Alternative für Pendler.

In einem zweiten Punkt Ihres Antrags fordern Sie jährlich 10 Millionen Euro für Radschnellwege. Bevor jedoch Forderungen nach Landesmitteln für Radschnellwege gestellt werden, müssen nach unserem Verständnis erst einmal die vom Land zur

Verfügung gestellten Gelder aus dem Doppelhaushalt 2017/2018 in Höhe von 12,35 Millionen Euro aufgebraucht werden. Bislang sind daraus noch nicht einmal Mittel abgeschöpft worden.

Nun komme ich zu dem Punkt, den ich eingangs schon angesprochen hatte: Alle Fraktionen hatten sich auf Wunsch der Grünen geeinigt, das Thema Radschnellwege von der Tagesordnung des November-Plenums zu nehmen. Im Nachhinein mussten wir leider feststellen, dass es Ihnen ausschließlich darum ging, die Radschnellwege als Landesaufgabe zu verankern.

Festmachen wollten Sie das am Beispiel der Gemeinde Lehre im Rahmen des Radschnellwegs Wolfsburg–Braunschweig. Für die kleine Gemeinde Lehre, die die veranschlagten 730 000 Euro Planungskosten für die Radschnellwegverbindung zwischen Wolfsburg und Braunschweig nicht alleine zahlen konnte, hing eine Aufnahme des Projekts in das regionale Radschnellwegeprogramm in der Schwebe. Inzwischen, Herr Schulz-Hendel, wurden aber konstruktive Gespräche geführt. Die Oberbürgermeister aus Braunschweig und Wolfsburg, der Landrat des Landkreises Helmstedt und der Lehrer Bürgermeister sind sich einig, dass der Finanzierungsanteil der Gemeinde Lehre aus Mitteln Dritter zu finanzieren ist.

Bislang werden die Kosten für die Radschnellwege meist nach der Fläche der beteiligten Kommunen aufgeschlüsselt. Das stellt großflächige Kommunen mit wenigen Einwohnern so wie Lehre natürlich vor große finanzielle Probleme. Ich denke, hier muss man sich zukünftig auf eine gerechte anteilige Finanzierung einigen, beispielweise - das war auch dort im Gespräch - nach Einwohnerzahl. Aber das ist nur ein Beispiel.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Mobilitätswende ist und bleibt ein gesamtheitliches Konzept, und die Radschnellwege stellen nur einen Teil der Realisierung der gesteckten Ziele dar. Aufgrund der unrealistischen Forderungen, die ich soeben beschrieben habe, empfehle ich Ihnen, diesen Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Tippelt. - Zu einer Kurzintervention hat sich nun für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Schulz-Hendel gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau Tippelt, ich bin schlicht entsetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie tragen hier vor, Sie hätten nicht gewusst, warum wir diesen Antrag in den Ausschuss zurücküberwiesen haben wollten. Ich habe Ihnen im November-Plenum geschlagene 15 Minuten lang versucht zu erklären, dass wir nicht einfach sagen wollen: „Wir unterstützen die Kommunen nicht“, sondern dass wir im Ausschuss noch einmal darüber diskutieren wollen, ob es nicht Sinn macht, die Kommunen anzuhören. Dem haben Sie in diesem Wissen zugestimmt.

In der darauffolgenden Ausschusssitzung sagten Sie als Ausschussvorsitzende - deren Hauptaufgabe es ist, eine Sitzung neutral zu leiten - zu mir: Darüber wollen wir nicht mehr diskutieren; wir lehnen das ab.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Peinlich!)

Das hätten Sie mir auch gleich im November erklären können. Dann hätten wir uns diese peinliche Schleife allesamt sparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Sich hier hinzustellen und als Ausschussvorsitzende so etwas zu verkünden, ist schlicht ein Skandal, Frau Tippelt. Dafür habe ich kein Verständnis.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Das ist für mich jenseits jeglichen guten parlamentarischen Umgangs miteinander.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Danke schön, Herr Kollege. - Frau Kollegin Tippelt, Sie haben sich zur Erwiderung gemeldet. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Schulz-Hendel, ich glaube, Sie sind lange genug im Wirtschaftsausschuss, um zu wissen: Wenn ich etwas Inhaltliches sage, gebe ich die Sitzungsleitung an den stellvertretenden Vorsitzenden ab. Das mache ich

grundsätzlich, wenn ich zu einem Thema rede, zu dem ich auch im Plenum rede. Die Sitzungsleitung hatte in diesem Fall Herr Heineking. Wenn ich die Sitzungsleitung innehabe, leite ich den Ausschuss unparteiisch. Und wenn ich das einmal nicht machen sollte - darauf weise ich Sie jetzt hin -, dann sagen Sie es mir beim nächsten Mal. Bisher haben Sie sich noch nie dazu geäußert, also ist das auch in Ordnung.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was hat das mit dem Antrag zu tun? - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Wir reden über den Inhalt des Antrags!)

Jetzt kommen wir zum Radschnellweg. - Hören Sie mir zu! Jetzt habe ich das Wort und nicht Sie!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, Augenblick, bitte! - Ich werde dieses kontinuierliche Stören einer Fraktion gegenüber einer Rednerin nicht hinnehmen. Ich will nur darauf hinweisen: Beim nächsten Mal gibt es einen Ordnungsruf.

Fahren Sie fort! Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Aber gegen Herrn Schulz-Hendel kann ich mich schon durchsetzen.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)

Jetzt kommen wir zum Thema: Im November haben wir diesen Antrag von der Tagesordnung genommen. Bis Januar haben Sie Zeit gehabt, Gespräche mit den Arbeitskreissprechern oder mir zu führen. Das haben Sie versäumt. Stattdessen sind Sie im Januar in die Sitzung gekommen und haben einfach zu dem Tagesordnungspunkt gesprochen - das war’s! In drei Monaten ist von Ihnen nichts gekommen. Der Antrag ist weiterhin so in der Beratung, wie er war, und er ist abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE] meldet sich zu einer Kurzintervention)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Herr SchulzHendel, eine Kurzintervention auf die Reaktion auf eine Kurzintervention ist nicht möglich.