Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ziel muss es auch bleiben, die Zugewandtheit unserer Gesellschaft gegenüber den Neuankommenden zu erhalten. Angesichts des Gebrülls rechtsgerichteter Idiotie stellt genau das eine immer größere Herausforderung für uns Demokratinnen und Demokraten dar, die sich für eine freiheitliche und vielfältige Gesellschaft einsetzen.

(Zustimmung bei der SPD)

Auch wenn man in der öffentlichen Diskussion derzeit leider nur noch selten etwas davon hört: Allenthalben engagieren sich Zigtausende von Bürgerinnen und Bürgern noch immer für eine Gesellschaft, in der Geflüchtete Chancen auf echte Integration und Teilhabe haben. Egal ob in Ämtern, Vereinen oder Nachbarschaftskreisen - hier helfen Akteure vor Ort, sie bei ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen, statt sie durch neu aufgelegte Aufnahmeprogramme zusätzlich zu fordern. Das ist, wie ich meine, die derzeit richtige - ich betone: derzeit richtige - Handlungsmaxime.

Zweitens. Mit Blick auf die Frage, in welcher Form den Menschen geholfen werden kann, die sich im Rahmen des bis 2015 laufenden Aufnahmeprogramms zur Übernahme von Kosten der öffentlichen Hand verpflichtet haben, hat es in jüngster Zeit bekanntlich positive Signale in Richtung einer

Lösung gegeben. Dafür hat sich Innenminister Pistorius seit 2017 mit viel Engagement und Herzblut eingesetzt. Er wird es auch weiterhin tun, damit sich Bund und Länder sehr bald, wie ich denke, über die Aufteilung der Kosten eines Hilfsfonds für die betroffenen Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber einig werden. Wir sind auf der Zielgeraden, scheint mir.

Drittens. Der Familiennachzug für die Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten ist bekanntlich gesetzlich geregelt und seit 1. August 2018 wirksam. Um es ganz klar zu sagen: Euphorie löst die Kompromissregelung des Familiennachzugs bei mir nicht aus und hat sie nie ausgelöst, auch nicht die gestiegene Zahl von Visaerteilungen. Von den 5 000 möglichen Familiennachzügen im Jahr 2018 profitierten insgesamt nur 2 612 Personen. Die Zahl derjenigen Menschen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ihre geliebten Angehörigen bei sich zu haben, und dafür in den Auslandsvertretungen Anträge gestellt haben, ist nach wie vor weitaus höher als die Zahl der Visaerteilungen.

Und dennoch: Für eine Wiederzulassung des Familiennachzugs, wie Sie ihn sich vorstellen, gibt es derzeit keine politischen Mehrheiten. Das ist traurig, aber das ist so.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schröder-Köpf. - Das Wort hat nun für die Fraktion der AfD der Kollege Ahrends. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen heute hier erneut und diskutieren den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, zu dem eigentlich in verschiedenen parlamentarischen Diskussionen schon alles gesagt wurde. Deshalb will ich auch nicht ausführlich darüber reden, dass bis Ende letzten Jahres 860 000 Syrer freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind, um diese wiederaufzubauen. Vermutlich sind es bis heute sogar schon viel mehr. FOCUS Online spricht aktuell von steigenden Zahlen auch aus Deutschland, dass Syrer freiwillig in ihre Heimat zurückreisen.

Ich will nicht ausführen, dass die AfD-Delegation quer durch Syrien gereist ist und Syrien in großen Teilen für sicher befunden hat.

Nicht groß erwähnen will ich auch die Bilder aus Latakia, die Strandurlauber zeigen, Menschen beim Beach-Volleyball und beim Jetskifahren, die Bilder aus Tartus, wo man friedlich auf der Straße Weihnachten feiern kann. Auch darüber will ich nicht reden. - Übrigens feiern die Weihnachten ohne Betonsperren.

Erwähnen sollte man jedoch, dass die Amerikaner angekündigt haben, ihre Truppen aus Syrien abzuziehen, weil sie sagen: Der Krieg dort ist vorbei.

Ebenso erwähnenswert ist zudem die Tatsache, dass laut Welt vom 3. November 2018 der bayerische Innenminister Herrmann und auch die CDU den pauschalen Abschiebestopp für kriminelle Syrer anfassen und ihn überdenken möchten.

Oder man sollte erwähnen, dass sich jetzt auch bei unseren Nachbarn in Österreich die Politiker die FPÖ, aber auch der ÖVP sowie Bundeskanzler Kurz grundsätzlich für Abschiebungen nach Syrien aussprechen und sie nicht mehr komplett ablehnen.

Frau Schröder-Köpf, dass Syrien für Gegner des Assad-Regimes, die als gemäßigte Rebellen z. B. gegen Assad gekämpft haben, nicht sicher ist, das gestehe ich Ihnen zu. Aber für normale Menschen, für normale Flüchtlinge besteht kein Grund, nicht nach Syrien zurückzureisen, wie uns die steigenden Zahlen auch beweisen. In großen Teilen des Landes ist es nun mal wieder sicher.

Der Antrag der Grünen-Fraktion hat den Titel: Zivilbevölkerung in Syrien schützen. - Ja, dem können wir uns sogar anschließen. Die Zivilbevölkerung ist in Syrien und auch in den Flüchtlingslagern rund um Syrien, im Libanon, in der Türkei zu schützen. Dort soll es den Menschen gut gehen, dass sie in der Nähe der Heimat versorgt sind und so möglichst schnell nach Syrien zurückkehren können. Hier stehen Deutschland und die EU aus humanitären Gründen natürlich in der Pflicht. Hilfe vor Ort ist dabei der richtige Weg, zumal mit dem Geld, das wir in Jordanien, im Libanon oder in der Türkei ausgeben, 20- bis 40-mal so vielen Menschen geholfen werden kann wie mit der gleichen Summe hier in Deutschland. Deswegen ist es auch falsch, die Menschen nach Deutschland zu holen; denn sie müssen Deutschland bald wieder verlassen.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, von niedersächsischer Verantwortung sprechen, dann frage ich mich allerdings: Was ist eigentlich mit der Verantwortung von Saudi

Arabien, Katar, Oman und den Vereinigten Arabischen Emiraten? Haben Sie diese Länder einmal an ihre Verantwortung erinnert? - Die haben Platz, die haben Geld, und die haben keine Flüchtlinge aufgenommen. Ich erinnere nur: In der Nähe der Stadt Mekka gibt es die Zeltstadt Mina, klimatisiert, Aufnahmemöglichkeit von 3 Millionen Menschen - nicht einer wurde aufgenommen!

Es ist Zeit, die Programme, die den Menschen helfen, finanziell zu unterstützen und die Rückkehr der Menschen in ihre Heimat nach Syrien vorzubereiten. Dafür stehen wir. Ihren Antrag, liebe Grüne, lehnen wir ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Ahrends.

(Anja Piel [GRÜNE] spricht mit Helge Limburg [GRÜNE])

- Frau Kollegin Piel, ich weiß nicht, habe ich eine undeutliche Aussprache? Ich werde das so nicht mehr hinnehmen!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das war ja nach der Rede!)

- Nein, das war auch während des Redebeitrags.

Die nächste Wortmeldung liegt vor von dem Kollegen Bock, CDU-Fraktion. Bitte schön!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe an dieser Stelle auch schon vor einigen Monaten - im Mai letzten Jahres war es - deutlich gemacht, dass uns die Situation in Syrien, in der gesamten Region nicht zufriedenstellen kann, und sie im Grunde eine Tragödie darstellt.

Meine Damen und Herren, mich treiben nach wie vor - der Antrag liegt auch heute wieder vor - die ersten zwei Absätze in dem Antrag der Grünen um. Unter der Überschrift „Der Landtag stellt fest“ stellen Sie ja fest, dass die Politik der Bundesregierung und vor allem auch der Europäischen Union im Grunde aus der Abwehr von Geflüchteten besteht.

(Belit Onay [GRÜNE]: Ja, richtig!)

Diese unsäglichen Anwürfe und Formulierungen halten Sie offensichtlich - so habe ich die Äußerungen gerade auch verstanden - auch heute weiter aufrecht. Damit helfen Sie aber vor allem den Menschen in der Region, in Syrien nicht. Damit entbehren auch sämtliche Behauptungen in Ihrem Antrag jeder Grundlage, wenn man wirklich einmal hinter die Kulissen und darauf schaut, was Sie hier einfach so behaupten.

Ich vermute, Sie setzen hier einfach Ihren Parteitagsbeschluss aus dem März letzten Jahres um, ohne wirklich genau nach den Fakten zu schauen. Denn eigentlich müsste es in der Einleitung, in der Begründung zu Ihrem Antrag auch einmal heißen und müsste dargestellt werden, was Deutschland und die Europäische Union insgesamt seit der Syrien-Krise getan haben.

Wer genau hinschaut, wird feststellen, dass sich gerade Deutschland in der Region in und um Syrien sehr stark engagiert. Seit Beginn der Krise unterstützt z. B. das Bundesentwicklungsministerium die vom Konflikt betroffenen Menschen in erheblichem Umfang und vor allem über die Maßnahmen gerade in den Nachbarländern Türkei, Libanon, Jordanien und Irak.

Die Bundesregierung hat allein in den Jahren 2012 bis 2017 5,4 Milliarden Euro zur Bewältigung der Krise zur Verfügung gestellt. Damit ist Deutschland eines der größten bilateralen Geldgeberländer. Deutschland hat allein im Jahr 2017 mit 1,9 Milliarden Euro den größten Betrag eines einzelnen Staates bereitgestellt. Die Bundesregierung hat auch in 2018 und im aktuellen Jahr 2019 zusätzlich 1 Milliarde Euro zur Bewältigung der Krise zur Verfügung gestellt.

Um konkreter zu werden: Das Entwicklungsministerium hat sich zusammen mit der UNICEF im Bereich der Schulbildung sehr engagiert - seit 2014 200 Millionen Euro für das libanesische Schulprogramm „Reaching all children with education“. Darüber hinaus hat es zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt, um auch die Versorgung der Menschen in der Region - gerade was die Trinkwasserversorgung in Jordanien angeht - zu verbessern. Davon profitieren bis heute 800 000 Menschen.

Zuletzt möchte ich das Engagement Deutschlands bei der Gesundheitsversorgung in den vier Flüchtlingslagern um den Nord-Irak herum erwähnen: 230 000 medizinische Behandlungen in den letzten zwei Jahren. Das ist nur ein Abriss der Dinge, für die sich Deutschland in der Region und gerade in

Syrien engagiert. Das aber macht deutlich, dass Ihre Behauptung jeder Grundlage entbehrt.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der AfD)

Das niedersächsische Engagement ist nicht minder stark, wenn wir uns die Gesamtthematik der Bewältigung der Flüchtlingskrise konkreter und genauer anschauen. Frau Schröder-Köpf hat darauf hingewiesen: Eigentlich haben wir bereits in der ersten Beratung zu Ihrem Antrag im Mai letzten Jahres alles dazu gesagt.

Die Unterrichtung im Innenausschuss hat noch einmal deutlich gemacht, wie wir uns als Niedersachsen zu den einzelnen Punkten Ihres Antrags aufgestellt haben. Dabei wurde deutlich, dass Niedersachsen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und bei dem Engagement ganz weit vorne vor den anderen 15 Bundesländern steht. Wir stehen an zweiter Stelle, was die Erteilung von Visa angeht. Wenn wir den Königsteiner Schlüssel betrachten, müssen wir feststellen, dass Niedersachsen auch ganz vorne steht, was die Aufnahme von Schutzsuchenden angeht. Insofern: Ihr Antrag entbehrt jeglicher Grundlage.

Wenn Sie schon dieses Lied anstimmen, wir müssten ein Aufnahmeprogramm neu auflegen, dann denken Sie bitte auch an die in der Flüchtlingskrise „gebeutelten“ Kommunen. An diesen Herausforderungen haben viele Kommunen heute noch zu arbeiten und müssen sich diesen Herausforderungen stellen.

Was den von Ihnen angesprochenen niedersächsischen Hilfsfonds angeht, ist klar: Die Forderungen insgesamt sind zurzeit ausgesetzt. Wir müssen erst die Entwicklung der Rechtsprechung abwarten. Es gibt zurzeit drei niedersächsische Urteile zu dieser Thematik - eine, wie ich finde, rechtlich sehr unsichere Grundlage. Insofern muss man die Weiterentwicklung abwarten und sollte in dieser Zeit keinen Hilfsfonds auflegen.

Meine Damen und Herren, insgesamt gilt festzustellen: Die Fakten haben deutlich gemacht, warum wir Ihren Antrag heute ablehnen werden. Im Kern geht es nicht nur darum, die Aufnahme der Flüchtlinge, der Menschen in Deutschland, in Niedersachsen oder in Europa zu optimieren. Es muss vielmehr darum gehen, dass die Lage in der Region befriedet wird. Daran müssen die Verantwortlichen der Staaten Europas und in der Welt hart arbeiten. Solange das nicht funktioniert und nicht vor Ort umgesetzt werden kann, müssen wir als

Deutsche dafür sorgen, dass die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessert werden. Ich habe deutlich gemacht, an welchen Stellen wir das bisher in den vergangenen Jahren getan haben. Deutschland steht da ganz vorne weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bock. - Für die FDPFraktion hat sich der Kollege Oetjen gemeldet. Bitte sehr!

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass die Situation im Mittelmeer von verschiedenen Rednern angesprochen wurde. Ich möchte sehr deutlich sagen: Die Situation kann uns auf Dauer nicht befriedigen.