Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

was sie ist, nämlich ein Angriff von rechts gegen Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen rechts engagieren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Sebastian Lechner [CDU]: Genau!)

Alles andere wäre fatal und würde auch der Bedrohungslage nicht gerecht werden. Das zeigt der Fall der Anwältin Seda Başay-Yildiz in Hessen sehr deutlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Aber das Thema Datenschutz ist für diese Große Koalition ein schwieriges. Wo die Prioritäten beim Datenschutz liegen, hat Wissenschaftsminister Thümler, wie ich finde, sehr gut und treffend zusammengefasst. Er sagte, Datenschutz sei eine Bremse für den Wissenstransfer, meine sehr geehrten Damen und Herren. Schon allein deshalb ist fraglich, lieber Kollege Lechner, wie ernst man das Cybersicherheitspapier der CDU-Fraktion

nehmen kann. Nicht einmal Ihr Koalitionspartner, die SPD, nimmt Sie da für voll. Ich verweise nur auf die Pressemitteilung der Kollegen Karsten Becker und Uli Watermann.

Vielleicht einen Satz zu dieser Pressemitteilung, einen freundschaftlichen Rat, lieber Uli Watermann. Sie sagen, Organisationsstrukturen seien eine Aufgabe des Innenministeriums, des Hauses. Wer daran etwas ändern wolle, solle sich dort um einen Posten bewerben. Mit solchen Sätzen in diese Richtung wäre ich vorsichtig. Ich glaube, das könnte Begehrlichkeiten wecken, die Sie nicht wieder eingefangen bekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber Sie sind Ihrer Linie treu geblieben. Gerade zu Beginn der Legislaturperiode haben wir das beim Datenschutzgesetz sehen können, das anlässlich der Datenschutz-Grundverordnung reformiert wurde. Sie alle erinnern sich: Die DatenschutzGrundverordnung ist von europäischer Seite verabschiedet worden, um das Datenschutzniveau zu verbessern, zu erhöhen. Sie aber haben tatsächlich das Kunststück vollbracht, mit dieser Reform das Datenschutzniveau in Niedersachsen massiv zu beschneiden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Sebastian Lechner [CDU]: Das ist eine Mär! Das ist totaler Quatsch!)

Wir haben diesbezüglich eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Wir sind gespannt auf das Ergebnis, wollen aber schon einmal mit dem Paket, das heute diskutiert wird, einige Schritte zur Stärkung der Anwältin für den Datenschutz in Niedersachsen, nämlich unserer Landesdatenschutzbeauftragten, tun, damit sie endlich ein scharfes Schwert erhält und da einschreiten kann, wo Datenschutzverstöße stattfinden, damit sie nicht nur Briefe schreibt, wie Sie sich das wünschen, sondern konkret beispielsweise auch gegen Behörden vorgehen kann. Das sehen ja Sie selbst, liebe CDU-Fraktion, in Ihrem Papier vor, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Unabhängig davon muss natürlich ein umfassendes, europarechtstreues und sich mit dem Europarecht deckendes Datenschutzgesetz verabschiedet werden - eines, das seinen Namen verdient. Wir sehen gerade in Frankreich, was ein scharfes Schwert durch die Datenschutz-Grundverordnung für den Datenschutz bewirken kann. Google wird jetzt mit einer Strafzahlung von 50 Millionen Euro belegt. Die gesamte unrechtmäßige Datensammelei wird dort an den Pranger gestellt.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Des Weiteren sehen wir in unserem damit zusammenhängenden Entschließungsantrag vor, dass die Landesbeauftragte auch personell gestärkt wird. Auch das ist Teil Ihrer Forderungen in dem Cybersicherheitspapier.

Es ist schon aberwitzig: Wir diskutieren gerade im Innenausschuss ein Papier, das in Bezug auf den Datenschutz im Kontext mit der DatenschutzGrundverordnung eine bessere Beratung von Vereinen vorsieht. Die Datenschutzbeauftragte kommt zu uns in den Innenausschuss und beklagt seit Monaten, dass sie schon jetzt mit ihren Kapazitäten mit der Arbeit und den Beratungsanfragen nicht nachkommt. Die Große Koalition lehnt unseren Grünen-Antrag zum Haushalt ab, dem Wunsch der Landesdatenschutzbeauftragten zu entsprechen und zehn Stellen auszubringen. Stattdessen soll sie weitermachen wie bisher. Das wird so nicht funktionieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diesen Bedarf müssen wir ausdrücklich decken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann ist da noch das Polizeigesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie haben sich ja jetzt endlich Ihren Wunsch erfüllen können, einen Staatstrojaner für Niedersachsen zu implementieren. Die Beschwichtigungsversuche der Polizei und des Innenministeriums im Ausschuss, die darauf hingewiesen haben, dass der Staatstrojaner nur in ganz seltenen Fällen angewendet werden soll, laufen ins Leere. Ganz im Gegenteil: Er macht die Dinge nur noch schlimmer. Dies macht deutlich, wie abstrus, wie absurd das Ganze ist.

Das Problem, die Misere beim Staatstrojaner liegt doch im System begraben. Sie brauchen doch die Cybersicherheitslücken, wie sie auch Kriminelle und Hacker verwenden. Diese muss sich der Staat jetzt selbst zunutze machen. Er hat ein Interesse daran, sie vorzuhalten, um genau dort einfallen zu können. Er braucht eben ein Einfallstor für diesen Staatstrojaner, meine sehr geehrten Damen und Herren. - Da nicken Sie sogar. Das weisen Sie noch nicht einmal von sich.

Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gerade auch mit dem Blick auf Ihr Papier: Wie geht das denn mit der Cybersicherheit zusammen? - Die Antwort kennen Sie: Natürlich geht das überhaupt nicht zusammen. Deshalb lehnen wir das ab, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die sorgenvollen Blicke von Herrn Hillmer kann ich nur ausdrücklich teilen.

Mit diesem Schritt, diesem Staatstrojaner und dem Gesamtpaket der Ablehnung unserer Vorschläge wird die Große Koalition in Niedersachsen endgültig zum Datenkraken, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir haben mit der Grünen-Initiative, die wir Ihnen heute hier vorlegen, einen fairen Vorschlag unterbreitet, zumindest einen ersten Schritt für mehr Datensicherheit, für besseren Schutz der Daten von Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von Politikerinnen und Politikern in unserem Lande zu machen.

In diesem Sinne: Nutzen Sie Ihre Chance! Lassen Sie uns im Innenausschuss die weiteren Beratungen zielgerichtet führen!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jan-Christoph Oetjen [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Für die SPDFraktion: Frau Abgeordnete Dunja Kreiser. Bitte schön!

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Onay, wegen des Gesetzentwurfs, den Sie uns hier - ich sage einmal - vorgegeben haben, bin ich doch ein wenig verwundert. Denn eigentlich dachte ich bisher, es sei klar, wer in unserem Land Strafen ausspricht und vollstreckt. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun aber auch die Landesdatenschutzbeauftragte Sanktionen verhängen und vollstrecken dürfen. Das untergräbt nichts weniger als die Gewaltenteilung und ist daher für uns auf gar keinen Fall zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zurufe von Belit Onay [GRÜNE] und Sebastian Lechner [CDU])

Sehr geehrter Herr Onay, mit der Nr. 2 Ihres Gesetzentwurfs bezwecken Sie - auch wenn die beiden Herren gerade sehr rege diskutieren; vielleicht könnten Sie mir kurz zuhören! -, dass die Landesbeauftragte für den Datenschutz die Datenerhebung von Polizei und Staatsanwaltschaft bereits vor dem Beginn des Strafverfahrens beaufsichtigen könnte.

(Belit Onay [GRÜNE]: So, wie es das Europarecht vorsieht!)

Heute darf sie das erst nach Beendigung des Strafverfahrens. Dies hat gute Gründe, die ich Ihnen hier noch einmal vorbringe, Herr Onay. Die Landesbeauftragte darf auf keinen Fall in eine inhaltliche Konkurrenz zu den Gerichten in unserem Land treten. Ob in einem Strafverfahren eine rechtmäßige Datenverarbeitung vorliegt oder nicht, entscheiden hierzulande ausschließlich die Gerichte.

Ihre Aussage, dass eine Kontrolle, ob die Strafverfolgungsbehörden die Datenschutzbestimmungen einhalten, die erst nach dem Abschluss des Strafverfahrens durchgeführt wird, verfassungs- und europawidrig sei, ist schlichtweg falsch, weil diese Entscheidung den Mitgliedstaaten überlassen wurde.

Zu Ihrem Antrag: Zur Stärkung der Landesbeauftragten für den Datenschutz oder zur Stärkung des Datenschutzes für die Bürgerinnen und Bürger bedarf es keiner Gesetzesänderung oder -verschärfung. Sie können sich mit den Menschen, die jetziges Recht anwenden, gern einmal unterhalten,

(Belit Onay [GRÜNE]: Das mache ich gelegentlich!)

auch mit Firmen, Unternehmen und Verbänden. Glauben Sie wirklich, dass die eine Verschärfung der Datenschutz-Grundverordnung oder des Datenschutzgesetzes zurzeit benötigen? - Wohl

kaum. Für eine Verschärfung werden Sie mit Sicherheit nicht viel Zustimmung erhalten.

Wir wollen - dies haben Sie schon gesagt - mehr Beratung anbieten. Beratung gibt es zurzeit schon - dazu hatten wir auch eine Unterrichtung -, nämlich drei Tage in der Woche, die auch dementsprechend angenommen wird. Auf meine Nachfrage, ob das ausreicht, haben wir die Antwort bekommen, dass dies in erster Linie ausreichend ist.

(Zuruf von Belit Onay [GRÜNE])

Herr Onay, Sie können sich melden.

Der Handlungsspielraum ist natürlich vorhanden. Cybersicherheit, sehr geehrte Damen und Herren, werden Sie grundsätzlich nicht nur mit einer Verschärfung des Gesetzes gewährleisten können, weil es eine administrative Tätigkeit der Unternehmen, Verbände und Vereine ist, sich täglich mit der Technik auseinanderzusetzen und sich auf den aktuellen Stand zu bringen. Das wird sicherlich nicht eine Verschärfung der Gesetze bringen, sondern das ist das tägliche Leben mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen. Ich selbst komme aus einer kritischen Infrastruktur und weiß, was es bedeutet, die Unternehmen und dort die personenbezogenen Daten zu schützen.

Eines, was Ihnen vielleicht besonders am Herzen liegt, Herr Onay, nämlich solche Vorfälle wie den Hack zu vermeiden, werden Sie, wie gesagt, mit einer Verschärfung nicht verhindern. Grundsätzlich ist jeder in erster Linie selbst verantwortlich, wie er mit seinen Daten umgeht.. Alles Weitere geben die entsprechenden Gesetze und Verordnungen her.

Man kann jetzt auch nicht sagen, dass sich der Datenschutz in Niedersachsen abgeschwächt habe. Vielmehr gibt es genügend Kritik, weil das Ni

veau eher angehoben worden ist. Deswegen wollen wir auch die Beratung insbesondere für Vereine und Ehrenamtliche anbieten.

In einem kann ich Ihnen, Herr Onay, auf jeden Fall zustimmen: Die Stellenaufstockung wird sicherlich noch etwas Redebedarf mit sich bringen. Das ist sicherlich auch wichtig, damit die Mitarbeiter gestärkt werden und die Handlungsfähigkeit gewährleistet ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kreiser. - Es liegt eine Wortmeldung für eine Kurzintervention des Kollegen Belit Onay vor. Bitte, Herr Onay, 90 Sekunden!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Entschuldigung, wenn ich zu viel dazwischengerufen habe. Deshalb habe ich mich jetzt zu einer Kurzintervention gemeldet.

Dass das Datenschutzniveau abgesenkt wird, sind nicht meine Worte. Ich habe nur das wiedergegeben, was uns mehrmals die von uns eingeladenen Expertinnen und Experten im Innenausschuss nachdrücklich dargestellt haben.

Ich möchte auf die Beratungstätigkeit eingehen. Sie sagen - das ist richtig -, die Datenschutzbeauftragte habe deutlich gemacht, dass drei Tage Beratungen stattfinden. Das sind aber nur drei Tage mit beschränkter Auskunftsmöglichkeit. Drei Tage sind das Minimum, auf das man das Ganze herunterfahren konnte. In den letzten Haushaltsberatungen hatten Sie die Möglichkeit, uns zuzustimmen.