Belit Onay

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Ein ganz neues Gefühl: Die Uhr läuft gar nicht.
Nein, alles gut! Ich will mich auch kurz fassen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich die Möglichkeit bekomme, nach einer für mich persönlich sehr intensiven Zeit, einer Zeit des intensiven Wahlkampfes, hier in diesem Raum noch ein paar Sätze zu sagen und vielleicht auch Denkanstöße zu geben.
Dieser Wahlkampf - und das ist rückblickend das Bemerkenswerte daran gewesen - ist trotz der großen Sache, um die es ging, nämlich das Amt des Oberbürgermeisters, und auch trotz des politischen Drucks, der auf vielen Schultern lastete, doch ein sehr, sehr fairer Wahlkampf geblieben. In diesem Wahlkampf wurde fernab von jeglicher Polemik, Häme oder persönlichen Angriffen nur an der Sache entlang orientiert diskutiert. Ich bin froh, dass ich dazu einen Beitrag leisten konnte. Ich bin mir aber sehr bewusst, dass das auch mit den sehr starken Persönlichkeiten der anderen Kandidatinnen und Kandidaten zusammenhing. Ich möchte namentlich vor allem Dr. Eckard Scholz für die
CDU und Dr. Marc Hansmann für die SPD erwähnen. Ganz herzlichen Dank an dieser Stelle auch in diese Richtung!
Leider war es mit der Fairness nach dem Wahlabend allerdings zu Ende. Gerade in den Stunden und Tagen danach gab es tausendfache Bedrohungen, Diffamierungen und Beleidigungen in meine Richtung, aber auch in die Richtung meiner Familie, insbesondere in den sozialen Netzwerken.
Ich möchte mich an dieser Stelle deshalb auch für die Solidarität bedanken, die in dem gleichen Maße aus ganz anderer Richtung kam. Ich möchte einige ausdrücklich nennen: Der Niedersächsische Städtetag hat sich ganz deutlich an meine Seite gestellt, genauso wie Ministerpräsident Stephan Weil oder der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dirk Toepffer. Ganz herzlichen Dank dafür! Ich sage das nicht nur aus bloßer Höflichkeit. Denn auch wenn man versucht, diese Anschuldigungen, diese Diffamierungen, diese Beleidigungen nicht an sich herankommen zu lassen - sie belasten einen schon. Dann fühlt sich diese Solidarität sehr, sehr gut an, und man weiß, wie wertvoll eine solche Unterstützung ist.
Nun habe ich durch diesen Wahlsieg eine gewisse bundesweite Bekanntheit erlangt, was zum einen den Hass und zum anderen auch die Solidarität entfacht hat. Alltäglich werden aber viele Menschen, die sich ehrenamtlich kommunal und gesellschaftlich engagieren, angegriffen und angefeindet. Ich halte es für wichtig, dass die Solidarität auch diesen Menschen zuteilwird. Es darf nicht sein, dass Menschen, die tagtäglich durch ihr ehrenamtliches Tun unsere Gesellschaft und unsere Demokratie tragen, Hass und Hetze weichen müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch da muss unsere Solidarität alltäglich sein. An dieser Stelle zeigt sich nämlich, dass der Satz, dass Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen müssen, nicht nur eine wohlgemeinte politische Floskel ist, sondern auch alltägliches Handeln und Engagement erfordert.
Ich habe in den Jahren seit 2013 - das hat die Frau Landtagspräsidentin ja schon gesagt - hier im Hause viele Demokratinnen und Demokraten kennenlernen dürfen. Ich habe mit Ihnen diskutieren
und streiten dürfen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Ich hoffe, ich habe Ihnen in dieser Zeit auch den notwendigen Respekt zuteilwerden lassen.
Ich möchte - das sei mir nachgesehen - an das Haus noch in zwei Richtungen einen besonderen Dank richten. Zum einen an die SPD-Fraktion. Herzlichen Dank dafür, dass wir von 2013 bis 2017 - das war für mich auch eine sehr lehrreiche und sehr prägende Zeit - gemeinsam eine, wie ich finde, sehr gute Koalitionsarbeit leisten konnten. Meines Erachtens haben wir viel bewegt. Ich hoffe, ihr vermisst uns jeden Tag ein bisschen mehr. Bei Boris Pistorius bin ich mir da fast sicher. Aber es war wirklich eine sehr schöne Zeit. Noch einmal vielen Dank für die Zusammenarbeit!
Natürlich geht zum anderen auch ein herzliches Dankeschön an meine eigene Fraktion, die Grünen - wobei das Wort „Fraktion“ es eigentlich gar nicht trifft. Es ist meine politische Familie und politische Heimat. Es sind viele Freundinnen und Freunde, die ich in diesen Jahren gefunden habe - und die ich auch nicht verlieren werde. Gott sei Dank bin ich ja nicht weit weg, sondern einmal quer über die Straße, sogar noch in Sichtweite. Insofern werde ich natürlich weiterhin gerne das verfolgen, was hier passiert, gerade im Bereich der Innenpolitik und der Kommunalpolitik.
Das Sentimentale ist ja nicht ganz meins. Aber so ein Abschied fällt schon immer schwer, auch wenn man sich schon lange auf die neue Aufgabe freut oder wie ein Bekloppter Wahlkampf dafür gemacht hat. Also: Vielen herzlichen Dank für die Zusammenarbeit in diesem Hause und Ihnen noch ein gutes Gelingen der weiteren Arbeiten!
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wirklich schlimmen, ja schrecklichen Bilder aus dem Mittelmeer von in Seenot geratenen Geflüchteten reißen nicht ab, und auch die Diskussionen sind, wie ich finde, sehr verstörend, wenn man wahrnimmt, wie populistische, nationalistische Töne wirklich Menschen
leben gefährden und Menschen in ihrer Not allein lassen.
Um es eingangs ganz deutlich zu sagen: Die Rettung aus Seenot ist nach internationalem Recht eine Pflicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer dies nicht tut, begeht Rechtsbruch. Das ist nicht nur Rechtsbruch, sondern es ist auch, wie ich finde, menschlich verwerflich. Denn die Pflicht zur Hilfe bleibt bestehen. Und es ist auch die Pflicht der Europäischen Gemeinschaft, den Helfenden, den unmittelbar Helfenden schnell und unbürokratisch beizustehen, mit anzupacken, eigene Rettungsmissionen zu entsenden und die Geretteten unter sich zu verteilen, sie aufzunehmen. Leider geschieht das - leider! - in Europa noch sehr, sehr zögerlich.
Unser Antrag, der Ihnen heute vorliegt, soll bei diesem gesamten, sehr komplexen Thema - das gebe ich zu - einen Beitrag auf den verschiedenen Ebenen - Kommunen, Land, Bund, Europa - leisten und einen Baustein liefern, wie wir Niedersachsen zu einem sicheren Hafen erklären und machen können, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir wollen ein Zeichen für die Entkriminalisierung der Seenotrettung setzen. Die Seebrücke-Bewegung macht genau das und verdient dafür Anerkennung und Unterstützung. Die Menschen, die das machen, sind Heldinnen und Helden und keine Kriminellen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deutschlandweit setzen sich bereits 86 Städte und Gemeinden - davon 16 aus Niedersachsen - gemeinsam für diese Ziele ein. Dazu gehört in der Konsequenz neben der Entkriminalisierung, neben dem wichtigen Zeichen, das herausgetragen wird, auch die Aufnahme ebendieser Personen. Die der Initiative Seebrücke angeschlossenen Kommunen erklären sich ausdrücklich zur Aufnahme geretteter Geflüchteter bereit, auch über die ihnen zugeteilten Pflichtkontingente hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir wollen aber auch ein Landesprogramm für die aus Seenot geretteten Menschen auf den Weg bringen. Dafür müssen die bundesrechtlichen Hürden gesenkt werden. Die Bundesländer sollen
zukünftig ohne das Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium in Eigeninitiative Geflüchtete aufnehmen können. Denn häufig kommt es genau da zu föderalen Zwängen und Verwerfungen, die dann zulasten der genannten Personen gehen.
Schließlich soll sich die Landesregierung auf bundesdeutscher und europäischer Ebene für die Beseitigung von Fluchtursachen, für die Schaffung legaler Fluchtwege sowie für eine zeitnahe Lösung zur Rettung, Aufnahme und Verteilung in Seenot geratener Geflüchteter einsetzen. Wer unter den europäischen Mitgliedstaaten zu helfen bereit ist, dem soll es auch möglich sein, dies zu tun.
Dabei ist deutlich, dass sowohl Italien als auch Griechenland als die die Hauptlast tragenden Länder natürlich auch unsere Unterstützung und Solidarität brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nein, danke schön.
Die anderen Staaten haben die gemeinschaftliche Pflicht zur Entlastung. Das unwürdige Geschacher um Quoten muss endlich ein Ende finden. Die internationale Gemeinschaft braucht ein Reglement, das die zügige Einfahrt in die sicheren Häfen ermöglicht und nationalistisch motivierte Einlaufverbote verhindert. Es ist unverantwortlich und jedes Mal aufs Neue gefährlich für zahlreiche Menschenleben, was passiert, wenn aus Seenot gerettete Schiffe sich selbst überlassen werden, nicht in die Häfen einfahren können, also in ihrer prekären Situation belassen werden.
Gerade auch mit Blick auf die Länder Malta, Griechenland und Italien müssen wir, glaube ich, auch Lehren aus der Vergangenheit ziehen.
Gerade die Dublin-Regelungen, auf die auch die Bundesregierung in der Vergangenheit häufig verwiesen hat, waren immer eine der Ursachen, durch die Unsolidarität zum Zuge kam und diese Länder die Last allein tragen mussten, was dann zu anderen Krisensituationen geführt hat. Hier muss eine solidarische Lösung gefunden werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Einen Satz möchte ich auch noch zu den Diskussionen um sogenannte Pull- oder Sogeffekte sagen, die häufig beschrieben werden, die entstehen könnten, wenn die Seenotrettung forciert würde. Das ist nachweislich nicht der Fall. Vielmehr muss man gerade mit Blick auf Libyen davon sprechen, dass es eher Pusheffekte gibt, also eine Flucht nach der Flucht, eine Weiterflucht aus Libyen, aus den weiteren Herkunftsländern.
Darüber hinaus muss man sich aber auch klar machen: Kein Mensch begibt sich und seine Familie in eine solch schwierige Situation, in eine derartige Lebensgefahr lediglich mit dem Ausblick, eventuell irgendwo in einem schwierigen Hafen landen zu können. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein hohes Risiko, das diese Menschen da auf sich nehmen.
In diesem Sinne sei noch einmal auf die europäische Verantwortung hingewiesen, was unsere Entwicklungspolitik in Bezug auf diese Länder und unsere Verantwortung angeht.
Aber es ist auch wichtig, eigene Seenotrettungsprogramme auf den Weg zu bringen. Beispielsweise das Auslaufenlassen des Programms „Mare Nostrum“ war meines Erachtens ein fataler Fehler. Da muss Europa viel stärker in die Verantwortung kommen.
- Das geschieht, lieber Kollege Sebastian Lechner, leider nicht in dem gebotenen Maße.
Zum Abschluss möchte ich noch einmal sagen: Ich möchte diesen Antrag ausdrücklich als Angebot an dieses Haus richten. Ich habe noch sehr gut die Umfrage in Erinnerung, die der NDR vor geraumer Zeit unter uns Kolleginnen und Kollegen durchgeführt hat. Dabei wurde sehr deutlich, wie viele Menschen auch in diesem Landtag, wie viele Kolleginnen und Kollegen bei diesem Thema einen klaren Kompass haben. Sie haben deutlich gemacht, dass sie zu dieser internationalen Verpflichtung stehen.
Lassen Sie uns diesen Antrag zum Anlass nehmen, zu schauen, an welchen Stellschrauben wir drehen können, um diesen Worten Taten folgen zu lassen!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Becker hat es ja in der ihm eigenen höflichen Art, wie ich finde, noch sehr wohlwollend ausgedrückt.
Dieser Antrag ist doch ein Beleg dafür, wie aktionistisch Ihre Innenpolitik ist. Ich hätte mir den Ehrgeiz, den Sie, Herr Ahrends, hier an den Tag gelegt haben, auch im Innenausschuss gewünscht. Da ist aber nichts Inhaltliches zur Debatte um Naloxon gekommen.
Auch die Unterrichtung haben Sie nicht noch einmal thematisiert, ganz im Gegenteil! Sie brachten Skandal- und Aktionismusbotschaften, nannten z. B. 14 Millionen mögliche Todesfälle, einen Terrorismusvorfall in Grosny und sprachen von Killerdrogen. Das klingt eher nach US-Krimiserie als nach niedersächsischer Innenpolitik. Dorthin sollten Sie aber zurückkehren.
Herr Becker hat ganz richtig aus der Unterrichtung durch das Innenministerium zitiert. Die schriftliche Unterrichtung weist ja darauf hin, dass es hier keinen einzigen Fall der Sicherstellung von Carfentanyl gegeben hat. Das ist einfach kein Thema! Wenn es aber ein Thema wäre, wäre die Nutzung eines solchen Nasensprays unverantwortlich, weil die Nebenwirkungen erheblich sind. Auch das ist hier Thema gewesen.
Ganz im Gegenteil begrüße ich aber, dass das Innenministerium insgesamt - insbesondere für die Drogenfahndung - eine Sensibilisierung schon in
der Ausbildung anstrebt und auch darauf hinweist, wie man derartigen Risiken begegnen kann.
Insofern werden wir diesen Antrag ablehnen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Was sich in den letzten Monaten im Bundestag hinsichtlich der Migrationsgesetzgebung abgespielt hat, ist für einen überzeugten Parlamentarier tatsächlich schwer zu ertragen. Gerade mit Blick auf das 70. Jubiläum unseres Grundgesetzes ist das nicht feierlich gewesen.
CDU und SPD haben dort die parlamentarischen Gepflogenheiten nicht nur strapaziert, sondern, wie ich glaube, überstrapaziert. Auch viele Fachleute, die gerade im Hinblick auf das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz angehört worden sind und daran Kritik angebracht haben, hat man, meine ich, gerade mit Blick auf die sehr kurzen Bera
tungsfristen und die Folgen düpiert. Dabei kann von einer parlamentarischen Beratung im eigentlichen Sinne gar nicht mehr die Rede sein.
Auch der Protest hinsichtlich der Inhalte - das haben wir ja schon gestern in der Aktuellen Stunde breit erörtert - aus der Großen Koalition heraus war leider sehr überschaubar.
So ist dieser Gesetzentwurf im Grunde auf Abschreckung ausgerichtet. Er ist deshalb verfassungs- und europarechtlich höchst fragwürdig. Auch für die Teilhabe der betroffenen Menschen ist er höchst schädlich, da er viele Menschen kategorisch von jedweder Integrations- und Teilhabeförderung ausschließt.
Zudem verlangt die Bundesregierung - das hatte ich schon gestern erwähnt - die Unterbringung von Abschiebehäftlingen in der Strafhaft. Der Umstand der Ausreisepflicht ist aber eben kein Grund für Strafhaft - auch das habe ich gestern deutlich gemacht -, sondern gilt insbesondere der Festsetzung der Person und ist keine Bestrafung. Deshalb ist das nicht ohne Weiteres mit dem Europarecht vereinbar.
Gefreut habe ich mich in diesem Zusammenhang allerdings, dass auf den letzten Metern von CDU und SPD mit dem Änderungsantrag die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes durch den Bundesrat verursacht wurde. Das hatte zur Folge, dass die Möglichkeit für Niedersachsen besteht - das hatten wir schon gestern eingefordert -, den Vermittlungsausschuss anzurufen und den Weg dafür freizumachen, indem für die erforderliche Mehrheit gesorgt wird. Damit könnten diese Fehler sowohl in der Beratung als auch in den verfassungs- und unionsrechtlich fragwürdigen Teilen korrigiert werden. Diese Gelegenheit muss die hiesige Große Koalition nutzen.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben, dass wir hier im Niedersächsischen Landtag eine andere Art des Umgangs haben, andere parlamentarische Sitten. Das finde ich ausdrücklich gut; das möchte ich hier deutlich sagen.
Aber auch hier im Lande sehen wir als Grüne gerade im Bereich der Migrationspolitik eine Verschärfung, die auch vor allem bei Abschiebungen und bei der Abschiebehaft zu beobachten ist. Einige Fälle haben uns bereits dazu veranlasst, Anfragen an die Landesregierung zu stellen.
So ist der Fall einer rechtswidrig in Abschiebungshaft genommenen Frau zu nennen, die aufgrund einer Schwangerschaftskomplikation behandlungsbedürftig war. Im Krankenhaus wurde die Frau mit einem Fuß Tag und Nacht an das Gestell des Krankenhausbetts gefesselt.
In einem anderen aktuellen Fall wurde eine Frau aus Mali durch den Abschiebungsstress retraumatisiert und in die Psychiatrie eingeliefert. Dort wurde sie fünf Tage lang ans Bett gefesselt. Niemand dort hat mit ihr in einer ihr verständlichen Sprache gesprochen. Dabei spricht diese Frau Französisch, also keine wirklich exotische Sprache, auch in Niedersachsen nicht. Anschließend in der Abschiebungshaft konnte sich die JVA-Ärztin wieder kaum mit ihr verständigen. Obwohl die Ärztin zunächst sowohl die Reise- als auch die Fluguntauglichkeit dieser Person festgestellt hatte, wurde die Frau schließlich ohne weitere ärztliche Prüfung abgeschoben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Unser vorliegender Antrag soll auch diesen Punkten, solchen Situationen Einhalt gebieten. Zahlreiche Missstände sind eben abzuschaffen. Niedersachsen muss dem durch die Bundesregierung und teilweise hier - das haben wir gestern gehört - auch durch die CDU verursachten Druck standhalten und Recht und Anstand wahren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dazu zählt, dass nächtliche Abschiebungen endlich abzuschaffen sind. Es ist mehr Rücksicht zu nehmen auf Kranke und andere sogenannte vulnerable Personen, also verletzliche Personen, sowie auf humanitäre Aspekte eines jeden Einzelfalls. So sind auch Familientrennungen ausnahmslos zu unterlassen. Die Auswirkungen von demütigenden Abschiebungssituationen, von Gewaltanwendung oder die furchteinflößende Anwesenheit von Polizeiwaffen oder -hunden beispielsweise auf die Psyche von Kindern sind verheerend und unter allen Umständen zu vermeiden. Das fordern wir in unserem Antrag.
In der Abschiebungshaft sind zukünftig ebenfalls ausnahmslos keine vulnerablen Personen wie Kinder, Jugendliche, physisch oder psychisch Kranke, Schwangere usw. unterzubringen sowie keine Menschen mit Behinderungen, auch für andere Bundesländer nicht, meine sehr geehrten
Damen und Herren. Das möchte ich hier ausdrücklich noch einmal unterstreichen.
Die medizinische Versorgung ist deutlich zu verbessern. Das ist in weiten Teilen tatsächlich ein Problem.
Auch die Bereitstellung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern ist zu gewährleisten. Die im Justizvollzug eingeführten per Videoübertragung zugeschalteten Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind unverzüglich auch in der Abschiebehaft einzusetzen. Das ist, glaube ich, eine gute Reaktion auf den Fall mit der sprachlichen Situation, den ich vorhin beschrieben habe.
Niedersachsen braucht vor allem aber endlich auch ein Abschiebehaftvollzugsgesetz als Grundlage für die Abschiebehaft. Das muss allerdings den Gefangenen größtmögliche Freiheiten zugestehen. Noch einmal zur Erinnerung: Sie sind eben keine Strafgefangenen; sie sind Personen, die einfach festgesetzt werden, um die Abschiebung an dieser Stelle zu realisieren.
Dazu fordern wir weiter einen Anstaltsbeirat und den Wiedereinstieg des Landes in die Rechtsberatung in der Abschiebungshaft.
Auch das ist leider bei den letzten Haushaltsberatungen einkassiert worden.
Natürlich geht es auch um Fortbildungen sowohl für die Richterinnen- und Richterschaft als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ausländerbehörden, damit die Abschiebehaft die absolute Ausnahme bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat hinsichtlich des sogenannten GeordneteRückkehr-Gesetzes dem Bundesrat empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das tut auch not, denn dieses Abschottungs- und Abschiebepaket von Seehofer ist eine absolute Unverhältnismäßigkeit. Es dokumentiert den Verlust von Maß und Mitte im Bereich der Migrationspolitik der Großen Koalition im Bund, meine sehr geehrten Damen und Herren,
und es ist in vielen Punkten verfassungs- und europarechtswidrig. Deshalb kommt auf Niedersachsen eine große Verantwortung zu, hierzu im Bundesrat tätig zu werden.
Dazu einige Gründe aus dem Inhalt des Gesetzes. Darin ist jetzt die Einführung einer Duldung zweiter Klasse für Personen mit ungeklärter Identität vorgesehen, die ein absolutes Arbeitsverbot und damit die Verhinderung von Teilhabe vorsieht. Sehr richtig ist der Hinweis unseres Innenministers Boris Pistorius, der in einem Gespräch mit der HAZ Anfang März gesagt hat, dass die „Duldung light“ in Verbindung mit der Streichung von Leistung oder Arbeitsverboten ein Flüchtlingsprekariat schaffe und nicht helfe, Abschiebungen zu erleichtern oder gar zu beschleunigen. Pistorius sagte dort wörtlich:
„Es kann nicht unser Interesse sein, dass Menschen hierbleiben und bleiben müssen und gleichzeitig zum Nichtstun gezwungen sind.“
Recht hat er. Recht hat der Innenminister auch vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, das 2012 gerade mit Blick auf die Kürzung von Sozialleistungen entschieden hat, dass das Existenzministerium nicht migrationspolitisch relativierbar ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das macht, glaube ich, sehr deutlich, wie weit vom Kurs die Große Koalition hier abgekommen ist.
Ein weiterer und vielleicht sogar der eigentliche Hammer in diesem Gesetzespaket ist, dass die Bundesregierung von den Ländern verlangt, dass Abschiebehäftlinge nun in Strafhaft kommen sollen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Nicht nur, dass die Voraussetzungen völlig andere sind, obwohl die Begriffe „Abschiebehaft“ und „Strafhaft“ vielleicht etwas anderes vermuten lassen. Auch das Europarecht sagt ganz klar, dass eine solche Vermischung nicht zulässig ist, dass das europarechtswidrig ist. Diese neue Regelung betrifft vor allem auch Familien mit Kindern. Diese müssen sich nichts anderes vorwerfen lassen, als nicht ausgereist zu sein. Sie würden dann in Strafhaft mit zum Teil gefährlichen Inhaftierten kommen. Das ist eine migrationspolitische und humanitäre Bankrotterklärung dieser Großen Koalition im Bund, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Insgesamt ist das Beratungsverfahren - wir in Niedersachsen nennen es gerne - Schweinsgalopp; anders ist es auch nicht zu beschreiben. Es gab zwei Tage später die Anhörung im Innenausschuss. Obwohl die Protokolle noch nicht einmal vorlagen, wurde die Abstimmung im Ausschuss sozusagen erzwungen. Zwei Tage später erfolgte mit einigen weiteren Änderungen die Verabschiedung im Bundestag. Das ist wahrscheinlich auf Seehofers Masche zurückzuführen. Er hatte in einem Interview ja durchblicken lassen, dass man Gesetze möglichst kompliziert gestalte,
damit sie nicht verständlich sind und nicht durchschaut und durchblickt werden können. Genauso kompliziert ist dieses Paket. Dennoch stechen besondere Probleme ins Auge. Deshalb ist der Vermittlungsausschuss das richtige Mittel, sehr geehrter Herr Kollege Nacke, um diese Verfahrensfehler, die gemacht worden sind, zu korrigieren.
Dennoch gab es ja sowohl von der CDU, aber vor allem auch von der SPD immer wieder den Versuch, trotz dieser Hast und Eile zu versuchen, einige Punkte geradezubiegen, zu beschönigen und zu übertünchen, indem darauf hingewiesen wurde, es hätte in den Verhandlungen Verbesserungen gegeben, z. B. bei der Kriminalisierung von NGOs und Flüchtlingsinitiativen. Dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht so. Es gibt zwar eine abgemilderte Form, aber nach wie vor ist die Verschärfung enthalten, dass bestimmte Informationen über Abschiebungen der Geheimhaltungspflicht unterliegen. Das kann zu einer Kriminalisierung führen, u. a. des Flüchtlingsrats Niedersachsen, aber auch vieler weiterer Initiativen, die wir hier in unseren Kommunen und auch im ganzen Land Niedersachsen haben. Im Kern geht es darum, dass Menschen, die von Abschiebung betroffen sind, sich auf ihren Rechtsschutz berufen können. Darum geht es und um nichts anderes, und in diesem Bereich wird eine Kriminalisierung vorangetrieben.
Auch noch weitere Punkte sind kritisch, z. B. die Betretungsregelung für Wohnungen ohne Richtervorbehalt, längere Aufenthalte in den Ankerzentren, aber auch die „unabhängige“ Beratung durch das BAMF für diese Personengruppe. Meine Da
men und Herren, ich will das klar sagen: Die Große Koalition wird ihre Sympathiepunkte im Bund nicht dadurch steigern, dass man Schikane von Geflüchteten vorantreibt.
Ich komme zum Schluss. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Stephan Weil, sehr geehrter Herr Bernd Althusmann, sehr geehrter Innenminister Boris Pistorius, machen Sie im Bundesrat den Weg frei, um den Vermittlungsausschuss noch einmal anzurufen, um am 28. Juni eine weitere Beratung und eine Korrektur dieses Gesetzespaketes voranzutreiben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte erst einmal fest, dass sich Herr Kollege Schünemann den Satz des Kollegen Schäfer-Gümbel zu Eigen gemacht hat, der einen Bezug zwischen Grünen und AfD hergestellt hat. Das werden wir für die weitere Diskussion in Erinnerung behalten.
Aber ich greife auch gerne Ihren Hinweis zum Populismus auf. Sie haben uns hier Populismus vorgeworfen.
Denselben Vorwurf müssten Sie dann im Grunde auch der Menschenrechtskommissarin des Europarats machen; denn auch sie hat sich in die Debatte im Bundestag eingeschaltet, und zwar mit der Sorge, dass die Meinungsfreiheit und die soziale Bindung der Menschen massiv bedroht sind. Sie hat genau dieselben Kritikpunkte angebracht, die auch ich hier angebracht habe.
Zu der Kritik an der Regelung zu den Sozialleistungen, die Frau Schröder-Köpf hier noch einmal sehr gut dargestellt hat - nämlich das Herabsetzen auf null -, möchte ich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012 hinweisen, das ich eben schon erwähnt habe: Das Existenzminimum lässt sich nicht migrationspolitisch relativieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber genau das geschieht eben mit diesem Gesetz!
Deshalb hat auch der Bundesrat in einem weitergehenden Kritikpunkt am 17. Mai eingefordert, dass das Kindeswohl stärker berücksichtigt wird. Herr Schünemann, Sie behaupten hier die Unwahrheit, wenn Sie sagen, dass Kinder und Familien nicht betroffen sind. Schauen Sie bitte in die Vorlage, § 62 Abs. 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes! Dort finden Sie die entsprechende Regelung. Was Sie hier in den Raum gestellt haben, ist die Unwahrheit.
Herr Minister Pistorius, ich möchte auch Ihrem Satz widersprechen, dass mit Abschiebungen die Akzeptanz für die Migrationspolitik gesteigert wird. Das ist nicht der springende Punkt. Wir haben hier in Niedersachsen sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell einen Vorschlag vorgelegt, der zeigt, wie wir uns das vorstellen. Es geht darum, im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten zu handeln. Und ich weise auch noch einmal darauf hin: Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht gottgegeben, sondern sie werden von Parlamenten, vom Bundestag und vom Landtag, gemacht und von den ausführenden Stellen umgesetzt.
Wir haben es in der Hand, hier klare Kante gegen eine Verschiebung nach rechts zu zeigen.
Aber vielleicht ist dieser letzte Satz verständlich: Ich greife gern den Appell auf, hier klare Kante gegen rechts zu zeigen. „Klare Kante gegen rechts“ gilt nämlich auch, wenn Gesetze diskutiert werden. Es darf keinen Raum für Vorschläge und Forderungen von weit rechts geben, die wie u. a. auch bei diesem Gesetzespaket zu einer massiven Verschiebung nach rechts führen.
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann eigentlich dort weitermachen, wo Herr Kollege Oetjen aufgehört hat.
Die Bürgerinitiative, von der schon gesprochen wurde, beinhaltet ja mehr Punkte als den, den Sie hier aufgeführt haben. Insgesamt sind es neun: Da gibt es den Schutz und die Förderung kultureller
und sprachlicher Vielfalt, Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in unserer Gesellschaft und Europa, Gleichheit für staatenlose Minderheiten, z. B. für die Roma und Sinti, die bereits angesprochen worden sind. Laut Schätzungen gibt es 340 autochthone eingeborene Minderheiten mit mehr als 100 Millionen Menschen in ganz Europa.
Vor diesem Hintergrund ist dieser Antrag zwar in der Stoßrichtung richtig, aber doch etwas dünn und vielleicht mit Blick auf die Europawahl auch ein bisschen als Schaufensterantrag gedacht. Das zeigt gerade der Blick auf die Landespolitik.
Herr Oetjen hat ja mit der Sprachförderung schon ein gutes Beispiel genannt, bei dem die Landesregierung, vor allem der Kultusminister, handeln muss. Ich erinnere auch gern an die letzten Haushaltsberatungen, bei denen es um die Finanzierung von Initiativen für Sinti und Roma ging. Dort sind im Ergebnis von der Großen Koalition hier in Niedersachsen 100 000 Euro gekürzt worden. Unserem Antrag, die Förderung, wie wir sie unter Rot-Grün eingestellt haben, weiterzuführen, ist nicht entsprochen worden, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Da muss man auch gucken, wie man die Forderungen dieser Bürgerinitiative, die Sie richtigerweise ansprechen, auch in Niedersachsen mit Leben füllen und politisch umsetzen kann.
Dass dort ein massiver Handlungsbedarf besteht, zeigt sich auch an dem jüngst bekannt gewordenen Fall, in dem eine Sinteza bei der Wohnungssuche von der Hamelner Wohnbaugesellschaft massiv diskriminiert worden ist und nachweislich schriftlich auf ihren Hintergrund hingewiesen wurde. Deshalb hat sie im Ergebnis wohl keine Wohnung bekommen. Gott sei Dank ist dieser Fall von Antiziganismus öffentlich geworden, und die Dame konnte sich dagegen wehren.
Deshalb brauchen wir eine viel stärkere Initiative gegen Antiziganismus, so wie es der Bundestag gerade gemacht hat. Da muss der Landtag stärker gucken, wie man sich bei dieser Bundesinitiative vielleicht andocken kann.
Als Letztes möchte ich noch sagen: Ein Weg könnte auch ein Staatsvertrag auf Landesebene mit der
Gemeinde der Sinti und Roma sein, wie wir ihn unter Rot-Grün schon einmal andiskutiert hatten, wie es ihn in Hessen, in Bayern und in BadenWürttemberg schon gibt, wo Minderheitenrechte bereits umgesetzt sind. Das konnten wir damals leider nicht bei der Sozialministerin durchsetzen, weil es da immer wieder Hinweise auf formelle Probleme gab. Aber alles das können wir in der weiteren Beratung des Antrages weiter diskutieren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Herr Lynack schon gesagt hat, haben wir das Thema schon zum wiederholten
Male auf der Tagesordnung. Insofern kann man sich zumindest manche Wiederholung sparen.
Dennoch möchte ich noch einige grundsätzliche Sachen ansprechen. Bei den Straßenausbaubeiträgen geht es nicht um eine Verpflichtung, die das Land gegenüber den Kommunen ausspricht. Ganz im Gegenteil! In Niedersachsen wird diese Frage ganz unterschiedlich gehandhabt. Einiges befindet sich im Wandel - Herr Lilienthal hat das bereits beschrieben -; in der Region Hannover, in der Stadt Hannover, aber auch insgesamt in Niedersachsen. Eine NDR-Umfrage hat ergeben, dass etwa ein Drittel der Kommunen keine Straßenausbaubeiträge erhebt. Andere Kommunen erheben die normalen Straßenausbaubeiträge. Jetzt beschäftigen sich einige Kommunen sogar mit den sogenannten wiederkehrenden Beiträgen.
Ich hatte seinerzeit schon in der Aktuellen Stunde gesagt, dass man darüber nachdenken könne, dass das Land eine Förderung vorsehen oder zumindest einen Anreiz schaffen könnte, um die wiederkehrenden Beiträge etwas attraktiver zu machen, indem man den Verwaltungsaufwand, von dem Herr Lilienthal sprach - 100 000 Euro ist natürlich eine ziemliche Summe - etwas abfedert.
Der Kollege Oetjen hat recht. Das Thema liegt seit der Einbringung Ihres Gesetzentwurfs im Januar 2018 auf dem Tisch. Wir haben auch vorher schon darüber diskutiert. Jetzt können wir allerdings auf der Basis eines konkreten Vorschlages diskutieren. Schuldig geblieben sind Sie aber einen ehrlichen Finanzierungsvorschlag. „50 Millionen Euro“ - das ist nicht ehrlich. Herr Lynack hat das bereits gut dargestellt. Im Zusammenhang mit den 37 Millionen Euro gibt es einen erheblichen Dunkelbereich. Ein Drittel der Kommunen hat keine Satzung bzw. erhebt keine Straßenausbaubeiträge. Diese Kommunen müssen Sie noch mit hinzurechnen. Seien wir ehrlich: Wenn das Land eintritt, wird es ein ganz anderes Anspruchsdenken geben, zumal nicht klar ist, wie lange ein solcher Topf bestehen wird. Wird er in der nächsten Legislaturperiode bei anderen Mehrheiten verändert? Diese Sorge wird natürlich bestehen, sodass versucht werden wird, die Mittel möglichst schnell abzugreifen.
Die Zahl von 50 Millionen Euro ist nicht ehrlich. Sie ist auch mit Blick nach Bayern nicht ehrlich. Das wissen Sie, Herr Oetjen. Dort waren wir. Dort hatte man, wenn ich mich richtig erinnere, 100 Millionen Euro eingestellt, aber mit der klaren Ansage, dass jetzt schon bekannt ist, dass die Mittel nicht reichen werden.
Über den Gesetzentwurf der Großen Koalition werden wir noch diskutieren. Ich will die Diskussion nicht vorwegnehmen, sondern lediglich darauf hinweisen, dass einige Änderungen vorgesehen sind. Ein Änderungsvorschlag bezieht sich darauf, Kostentransparenz zu schaffen. Das ist, wie ich finde, zunächst einmal nicht verkehrt. Die Kommunen sollen zukünftig verpflichtet werden, drei Monate vor Beginn der Baumaßnahme die Höhe des jeweiligen Beitrags offenzulegen.
Die Straßenausbaubeiträge stehen auch deshalb in der Kritik - das hat Herr Lilienthal schon gesagt -, weil die Beteiligung nicht wirklich gewährleistet ist. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich überrumpelt. Das kann man mit einer Frist von drei Monaten ein Stück weit abfedern. Nichtsdestotrotz bleibt es weiterhin lediglich bei einer finanziellen Beteiligung. Wir müssen darüber nachdenken, wie man viel stärker eine inhaltliche Beteiligung hinbekommen kann.
Bundesweit habe ich zwei Beispiele gefunden. In Sachsen-Anhalt heißt es in dem dortigen Gesetz, dass bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach § 6 die Gemeinde die Entscheidung über eine beitragsauslösende Maßnahme bei nicht dem Durchgangsverkehr dienenden Straßen, also Anliegerstraßen, unter den ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung der späteren Beitragspflichtigen stellen kann. Dort wird wirklich ein massives Mitspracherecht eingeräumt. Das Bernauer Modell aus Brandenburg sieht etwas Ähnliches vor. Ich glaube, darüber könnte man nachdenken.
Ein anderer Punkt ist die Zinsproblematik. Auch das ist immer wieder diskutiert worden. 6 % pro Jahr - das ist massiv hoch. Auch hier planen CDU und SPD eine Entlastung. Sie planen die Einführung einer Verrentung. Das ist grundsätzlich gut und entspricht im Grunde auch den Forderungen, die wir in der Anhörung immer wieder zu hören bekommen haben. Aber der Teufel steckt im Detail. Sie planen, dass der jeweilige Restbetrag jährlich mit bis zu 3 v. H. über dem durchschnittlichen Basiszinssatz nach § 247 BGB der zurückliegenden drei Kalenderjahre verzinst werden kann. So steht es zumindest in Ihrem Gesetzentwurf.
Der aktuelle Basiszinssatz liegt bei 3,62 %. Ich rechne das einfach einmal vor: Mit 3 % über dem durchschnittlichen Basiszinssatz lägen wir also über den 6 %, die wir jetzt haben. Im Ausschuss müssen wir darüber noch einmal reden. Ich glaube, da haben Sie sich ein bisschen verrechnet. Für
eine Niedrigzinsphase wie derzeit gilt, dass ein solcher Zinssatz problematisch werden kann, wenn sich der Zinssatz später einmal ändert.
Ich bin gespannt auf die weiteren Diskussionen. Wir werden demnächst auch eine Anhörung haben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD fragt sich, ob Autokorsos eine Machtdemonstration sind. Eigentlich sind Autokorsos insgesamt nicht erlaubt, das haben die Kolleginnen und Kollegen ja schon ausgeführt, Nach § 30 der Straßenverkehrsordnung sind unnützes Hin- und Herfahren und unnötiger Lärm verboten. - Das habe ich mir übrigens gleich markiert; denn „unnützes Hin- und Herfahren“ ließe sich auch auf andere Lebenssituationen anwenden.
Der sogenannte Kavalierstart, also das Durchdrehen von Rädern, oder das Aufheulenlassen des Motors sind verboten. Das Fahren ohne Gurt ist nur bis zum Schritttempo erlaubt. Schmuck an Autos ist teilweise erlaubt: Blumengestecke und dergleichen, die es gerade bei Hochzeitsautos gibt, sind zulässig, dürfen aber die Sicht des Fahrers oder der Fahrerin nicht behindern.
So haben wir auch hier in Hannover-Mitte immer wieder und gerade auch an den Wochenenden oder zu Feiertagen solche Autokorsos mit unterschiedlichsten Hochzeitsgesellschaften: bunt, bemerkbar und vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner ärgerlich, weil sehr, sehr laut. Aber das gehört schon ein Stück weit zum Stadtbild.
Ich will noch etwas zu den Autos sagen. Man kann schon an den Kennzeichen erkennen, dass die größeren Karosserien, die bei diesen Gelegenheiten gefahren werden - Audi Q7, Mercedes und dergleichen -, häufig Mietwagen sind. Insofern stellt sich da auch die Frage, was beschlagnahmt werden kann und was überhaupt Eigentum ist. Aber wir haben die Diskussion zu den Hochzeitskorsos nun einmal. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Ermittlungskommission „Donut“. Sie haben richtig gehört, das ist dieses amerikanische Kringelgebäck. In diesem Fall sind aber die Fahrspuren gemeint, die entstehen, wenn die Autos „durchgedreht“ werden. In NRW gibt es allerdings ganz andere Fallzahlen, und dort ist der Einsatz von Schreckschusspistolen wohl auch höher.
In diesem Zusammenhang will ich auch erwähnen: Bei E-Autos - das habe ich mir von einem Freund, der sich ein bisschen mit E-Autos auskennt, erklären lassen - lassen sich ein solches Aufheulen des Motors und auch ein Durchdrehen der Reifen nicht ohne Weiteres bewerkstelligen.
Insofern wäre das für die AfD vielleicht eine Möglichkeit, sich für die Mobilitätswende zu erwärmen.
- Porsche hat da etwas entwickelt, höre ich gerade.
Die Ermittlungen verlaufen zum Glück aber auch ganz erfolgreich. Die Täterinnen und Täter liefern die Beweise ja im Grunde selber, indem sie das Ganze auf Facebook, auf YouTube oder in den anderen sozialen Netzwerken posten, damit posen und dieses Gehabe zelebrieren.
Ich will aber auch nicht unerwähnt lassen, dass es auch positive Autokorsos gibt. So gab es z. B. im Rahmen der Solidarität mit Deniz Yücel - dem Journalisten, der in der Türkei inhaftiert war - in zahlreichen Städten in Deutschland SolidaritätsAutokorsos von Journalistinnen und Journalisten und vielen Menschen, die sich dem angeschlossen haben. Aber es gibt eben auch - das wurde ja gesagt; nächstes Jahr wird uns das wieder heimsuchen - die Autokorsos zur Fußballeuropameisterschaft der Herren. - Ich weiß nicht, ob das für die AfD nicht auch eine zu große nationalistische Machtdemonstration ist.
Alles in allem glaube ich, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten - gerade hier in Niedersachsen - gute Arbeit leisten, der Lage Herr werden, und wir keine größeren Schwierigkeiten zu erwarten haben, die unseren Straßenverkehr in großem Maße beeinträchtigen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schünemann, ich bin schon etwas verwundert. Gerade der Abschluss Ihrer Rede war sehr bemerkenswert. Wir haben in dieser Legislaturperiode von Ihnen schon den Vorwurf der Behäbigkeit in Richtung des Innenministers gehört.
Ihr CDU-Generalsekretär hat dem Innenminister Naivität vorgeworfen. Aber heute wird alles gut.
- Nur lachende Gesichter aufseiten der CDU! Bei den Beratungen im Innenausschuss war das aber schon anders. Das war ein ziemliches Desaster, muss man zusammenfassend sagen: Erst der
Verriss durch die externen Expertinnen und Experten in der Anhörung, dann die vernichtende Kritik des GBD in der weiteren Beratung. Wie schlecht es um dieses Gesetz bestellt ist, können Sie schon auf der allerersten Seite im ersten Satz der GBDStellungnahme lesen. Dort beginnt die Kritik schon mit dem Titel des Gesetzes. Dabei geht es um „Ordnungsbehörden“. Der GBD hat darauf hingewiesen, dass es in Niedersachsen gar keine Ordnungsbehörden - dafür steht das „O“ in „NPOG“ - gibt. Bei uns heißen sie „Verwaltungsbehörden“, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber von Fakten lässt sich eine GroKo eben nicht beirren.
Die Fassung, die uns heute vorliegt, ist das Ergebnis eines mit Mühe und Not gefundenen Kompromisses. Dieser Kompromiss ist faul, er ist wackelig und, noch viel schlimmer, er ist verfassungswidrig. Und: Dieser Gesetzentwurf ist ja noch nicht einmal fertig, selbst nach Ihren Maßstäben nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn die JIRichtlinie, die bis Mai 2018 hätte umgesetzt werden müssen - darauf hat der GBD mehrfach hingewiesen -, ist hier erneut nicht eingearbeitet, obwohl Sie das bei der Reform des Datenschutzgesetzes im Rahmen der Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung angekündigt hatten, meine Damen und Herren. Jetzt haben wir sehenden Auges einen im Bereich des Datenschutzes nachweislich europarechtswidrigen Gesetzentwurf. Aber dieser Großen Koalition braucht man mit Datenschutz nicht zu kommen.
Auch die bereits vorhandenen Regelungen sind höchst problematisch. Die Problematik hat sich durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu den automatischen Kennzeichenlesegeräten sogar noch verschärft. Die Bedenken, die der GBD immer wieder zu einzelnen Punkten geäußert hatte, sind hier noch verstärkt worden. So ist z. B. das Theater um die Section Control im Grunde sinnbildlich. Oh, mein Gott! Da wurden die Bedenken im Ausschuss erst einmal trotzig zurückgewiesen. Dann gab es die Klatsche vor dem Verwaltungsgericht. Dort hat man es schwarz auf weiß bekommen, dass das ohne Rechtsgrundlage verfassungswidrig ist und so nicht geht. Dann hat man sich letzte Woche noch eine Watschen vom Oberverwaltungsgericht abgeholt. Wenn es um Bürgerrechte geht, begeht man einen Fehler eben lieber zweimal, nur um sicher zu sein, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Bei der Schleierfahndung ist das Problem ähnlich oder geradezu verschärft. Die verfassungsrechtlichen Probleme bei einer verdachts- und ereignisunabhängigen Kontrolle haben sich verschärft. Es fehlt der Grenzbezug und damit die Bestimmtheit des Gesetzes, und es fehlt die Pflicht, die Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen und der Entscheidungsfindung vorzunehmen. Auf alles das hat der GBD hingewiesen. Dennoch will die Große Koalition an dieser verfassungswidrigen Regelung festhalten.
Auch beispielsweise bei der Bodycam und deren Funktion der Vorabaufnahme, meine sehr geehrten Damen und Herren, fehlt es an der Angemessenheit der Maßnahme, weil sie schon im Bereitschaftsdienst zulässig ist und damit ein konkreter Eingriffsanlass fehlt.
Hinzu kommt die Problematik, dass diese Bodycams nur zum einseitigen Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten genutzt werden sollen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn die Möglichkeit, nach Einsätzen auf die aufgezeichneten Daten auch bei Ermittlungen vonseiten der Betroffenen zugreifen zu können, ist bewusst nicht geregelt worden. Dafür hätte es einer Treuhandstelle bedurft, wie wir sie in unserem Antrag gefordert haben. Das wäre mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip notwendig gewesen, aber auch das hat die Große Koalition abgelehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ein anderer Bereich, der sehr deutlich macht, wie gestört teilweise das Verhältnis der Großen Koalition zu den Grundrechten ist, ist der Punkt der elektronischen Aufenthaltsüberwachung.
Der GBD hat darauf hingewiesen, dass es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt, weil die Datenerhebung in der Wohnung der betroffenen Person kaum beschränkt werden kann. Wegen Artikel 13 Abs. 4 des Grundgesetzes - dabei geht es um die Unverletzlichkeit der Wohnung - hatte der GBD angeregt, es müsse technisch sichergestellt werden, dass keine weiteren Daten innerhalb der Wohnung erhoben werden können. Dazu hat die Große Koalition uns allen Ernstes gesagt: Ja, wir sehen das Problem, wir nehmen das hin, wir
wollen das aber nur im Rahmen der technischen Möglichkeiten mitgehen. - Also Grundrechte unter Technikvorbehalt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein einmaliger Vorgang.
Herr Karsten Becker hat schon die Präventivhaft von ursprünglich 74 Tagen angesprochen. Was hat man da im Ausschuss für Geschütze aufgefahren! Was hat man da in den Beratungen die große Keule geschwungen! Man hatte fast den Eindruck, ohne diese 74 Tage müsste die Polizei in Niedersachsen die Arbeit einstellen. Und zack, nach einem kurzen Kompromissgespräch reichen plötzlich auch 35 Tage, nämlich knapp die Hälfte, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wussten schon nicht, wie die 74 Tage zustande gekommen sind. Wir wissen auch nicht, wie die Berechnung bei den 35 Tagen zustande kommt. Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass auch das verfassungswidrig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Kollege Schünemann, weil Sie diesen Göttinger Fall eben noch einmal angesprochen haben, will ich einmal sagen: Wir haben vonseiten der Grünen immer wieder nachgefragt, wie sich dieser denn mit Blick auf die Untersuchungshaft und die Abschiebehaft verhält; denn die Abschiebehaft war ja dort zum Tragen gekommen. Da hat der GBD sehr gut herausgearbeitet, dass Sie mit Ihrer neuen Art der Präventivhaft genau die hohen tatbestandlichen Hürden absenken wollen. Sie schaffen eine Haft vor der eigentlich abschließend auf Bundesebene geregelten Haft. Und auch das ist verfassungswidrig, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Hinzu kommt - darauf wurde auch in der Beratung hingewiesen -, dass Sie die Frage der Pflichtverteidigung für diese Haft regeln müssen. Das ist eine europarechtliche Vorgabe. Freiheitsentzug, egal in welchem Rahmen, egal mit welcher Dauer, muss die Frage der Pflichtverteidigung regeln. Die Verteidigungsfrage muss beigesellt sein. Darauf haben wir hingewiesen. Wir haben das zur Abstimmung gestellt, und Sie haben es sehenden Auges abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zusammenfassend: Dieser Gesetzentwurf ist auch in seiner letzten Fassung das Ergebnis eines wirklich miesen Kompromisses, eines sehr wackeligen Kompromisses, der gerade noch bis heute gehalten hat. Die Sorge war doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Verhältnis zwischen Ihnen beiden, Herr Uwe Schünemann und dem eigentlichen Minister Boris Pistorius. - Ich stelle gerade fest: Wenn Blicke töten könnten! - Wir hatten in den Beratungen hier im Plenum schon einige Situationen, in denen offenbar wurde, wie schwierig und zerrüttet das Verhältnis ist.
Dieser Kompromiss - das haben Sie schon gesagt - beinhaltet ja auch eine neue Komponente, nämlich die intelligente Videoüberwachung. Bei der Situationsanalyse, die Sie da ansprechen, geht es vor allem um eine Verhaltensanalyse. Was als Verhaltensanalyse beginnt, wird schnell eine Verhaltenssteuerung. Auch dazu will ich das Bundesverfassungsgericht zitieren. Da gab es schon für erheblich weniger intensive technische Eingriffe einen Hinweis. Da wurde eindringlich davor gewarnt, dass ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetwerdens die Wahrnehmung der Grundrechte erheblich beeinträchtigen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die weiteren Punkte wie Staatstrojaner und Onlinedurchsuchung habe ich noch gar nicht erwähnt. Der Staat wird damit selbst zum Hacker. Er wird Sicherheitslücken, die vorhanden sind, einkaufen und sie selbst nutzen und verheimlichen.
Alles in allem kann ich - ich glaube, ohne Übertreibung - sagen, dass dieses Gesetz ein absolutes Desaster ist. Das gilt nicht nur für uns in den Beratungen, sondern vor allem auch für die Anwenderinnen und Anwender, für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die mit dem Gesetz draußen arbeiten müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben ja die große Freude aufseiten der CDU schon sehen können. Deshalb möchte ich vor allem in Richtung der SPD appellieren: Sie können meine Rede als Oppositionsgequatsche oder als typische Kritik der Opposition abtun. Deshalb möchte ich hier eine weitere Stimme der Vernunft zitieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich den Generalsekretär der SPD Alexander Saipa.
In seiner Pressemitteilung vom 31. Januar 2019 hat er zwei wichtige Punkte genannt. Der erste wichtige Punkt:
„Die niedersächsische SPD hat immer klargestellt, dass wir kein Polizeigesetz mittragen werden, das gegen die Verfassung verstößt.“
Das ist jetzt aber nachweislich der Fall. Insofern können wir ein Häkchen dahinter machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der zweite entscheidende Punkt ist - ich zitiere weiter -:
„Die Landtagsabgeordneten der SPD jedenfalls werden die nötige Sorgfalt nicht einem parlamentarischen Schnelldurchlauf opfern, der allein dazu dient, aus der Luft gegriffene Fristen einzuhalten.“
Die einzige Frist, die dieses Gesetz hat, ist die laufende Legislaturperiode. Dass dieser Gesetzentwurf heute verabschiedet werden muss, ist Produkt des wackligen, miesen Kompromisses. Insofern ist das eine aus der Luft gegriffene Frist. Auch dahinter können Sie - das macht Herr Alexander Saipa schon - ein Häkchen machen.
Deshalb, meine Damen und Herren: Lehnen Sie dieses Gesetz ab und helfen Sie unserer Polizei, anständige Arbeit zu machen!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Lechner, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage gestatten.
Ich habe noch einmal eine Frage zu Ihren Ausführungen über das, was der GBD zur Präventivhaft gesagt hat. Wenn ich mich richtig erinnere, war es doch so, dass sich dieser Satz, den Sie gerade zitiert haben, auf die 14 Tage, nämlich die erste Stufe, bezogen hat. In der GBD-Vorlage hingegen ist für die darüber hinausgehende Tageszahl der Satz sinngemäß gewesen - ich habe die Vorlage jetzt leider nicht finden können -, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken weiterhin bestehen.
Insofern frage ich Sie: Teilen Sie diese Auffassung?
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen immer stärkeren Diskurs insbesondere der politischen Rechten, der sich auf abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber fokussiert. Diese Fokussierung hinterlässt ihre Spuren. Die Bundeskanzlerin sprach von einer nationalen Kraftanstrengung, die notwendig sei. Auch Unwörter wie „Antiabschiebeindustrie“ entspringen genau dieser Debatte.
Auch in Niedersachsen hinterlässt das seine Spuren. Gerade weil sich die rechtspopulistische Seite viel stärker auf diesen Personenkreis fokussiert, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit diesem Thema besonders wichtig.
Deshalb kurz ein paar Fakten: Es lebten Ende 2018 knapp 22 000 ausreisepflichtige Menschen in Niedersachsen. Eine Abschiebung kommt aber in der Regel nicht infrage, bevor die Ausreisepflicht vollziehbar geworden ist. Das Ausländerzentralregister liefert dazu keine validen Zahlen.
Die Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen kommt in der Regel der Zahl der Geduldeten sehr, sehr nah, die allerdings bei knapp 17 500 lag. Ihre Abschiebung war aus diversen Gründen ausgesetzt. Das muss man sich auch noch einmal vor Augen führen: Das war u. a. aufgrund eines Abschiebestopps, wegen fehlender Reisedokumente, wegen familiärer Bindungen, aus medizinischen Gründen, aus dringenden humanitären und persönlichen Gründen, z. B. zur Beendigung der Schule, einer Ausbildung usw.
Ein Wort zu den gesundheitlichen Gründen, weil auch der Innenminister das in einem HAZ-Interview vom 6. März angesprochen hat und davon
sprach, dass es einen Personenkreis gebe, der nur vorgebe, krank zu sein. Dieser Mythos hält sich schon länger. Mit dem Asylpaket II hat man die Anforderungen an die Qualität von Attesten massiv und drastisch erhöht. Dennoch verfängt der Vorwurf, es handele sich hier um Gefälligkeitsatteste. Nach Rechtsprechung und Praxis und auch nach Aussage der Landesregierung auf unterschiedliche Anfragen trifft dies nicht zu.
Denn mit ein paar dürren Zeilen ließ sich auch vorher schon eine Abschiebung nicht dauerhaft verhindern.
Auch die These, es gebe zu wenige Abschiebeersuchen bzw. gar einen fehlenden Willen, abzuschieben, steht im Raum. Auch von Ihnen, Herr Innenminister, wird das noch einmal unterstrichen und befeuert, wenn Sie blaue Briefe an die Kommunen schreiben. Solche Briefe, wie wir sie Anfang dieses Jahres hatten, gab es zuletzt im Mai 2011 unter Uwe Schünemann. Ich glaube, da weiß man auch, woher der Wind wehte.
Allerdings, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben sich die Abschiebungsersuchen in Niedersachsen seit 2012 vervierfacht. Da kann, glaube ich, von einer Vernachlässigung nicht die Rede sein. Was passiert trotz dieser Fakten in Niedersachsen? - Es kommt nun vom Innenminister die Idee einer zentralen Abschiebebehörde. Das ist schon ein ziemlicher Hammer. Man muss sich klarmachen: Mit diesem Schritt werden Abschiebungen endgültig prioritär, sie werden endgültig zur Chefsache erklärt. Das ist die endgültige Abkehr vom Paradigmenwechsel 2013.
Diese Rolle rückwärts in der Flüchtlingspolitik soll im Erich-Maria-Remarque-Haus in Osnabrück - im Wahlkreis von Innenminister Boris Pistorius - auch noch ihr Denkmal bekommen. Eine Abschiebungseinrichtung im selben Haus, in dem Geflüchtete ankommen, die durch Krieg, Verfolgung oder Not im Herkunftsland traumatisiert sind, ist mehr als zynisch.
Sehr geehrter Herr Innenminister, ich rate Ihnen: Lassen Sie ab von diesem Vorhaben! Ihr Kalkül, Ihren Koalitionspartner mit solchen Forderungen
ruhigzustellen, wird nicht aufgehen. Ganz im Gegenteil!
Ich bin sehr gespannt auf die Reden der Kolleginnen und Kollegen der CDU. Da können wir uns doch sicher sein, dass gleich das nächst höhere bzw. das nächst härtere Gebot im Überbietungswettbewerb kommt. Wir erleben es ja gerade auf Bundesebene: die Kriminalisierung der Zivilgesellschaft, die Marginalisierung der Flüchtlingsräte. Das ist das, was wir auf Bundesebene - getragen übrigens von der Großen Koalition im Bund - bisher miterleben.
Herr Innenminister, lassen Sie ab von diesem Vorhaben! Es gibt auch keinerlei inhaltliche Gründe. Ihr Ministerium hat ja im Innenausschuss versucht, es darzustellen. Auf eine Anfrage meiner Fraktion konnten Sie dazu keine nachhaltigen Gründe oder Informationen liefern.
Belassen Sie diese Ebene bei den Kommunen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Innenminister! Vielmehr sollten Sie sich darauf fokussieren, dass humanitäre Aspekte auf der kommunalen Ebene in Zukunft viel stärker Berücksichtigung finden,
dass berechtigte Schutzinteressen viel mehr in den Fokus genommen werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Kollege Zinke, ich weiß nicht, was das Abwarten bringen soll. Der Eindruck, den das Innenministerium durch diesen Schritt erweckt, ist, dass man mit kleinen Maßnahmen die Abschiebezahlen beliebig hoch- oder runterfahren könne, dass ein gewisses politisches Kalkül dahinterstehe. Dem ist allerdings nicht so.
Das sagt übrigens auch das Innenministerium. In der Drucksache 18/1916 hat es auf die Frage der Kollegen von der FDP geantwortet, wie viele Rückführungen aus welchen Gründen abgebrochen werden mussten. - Herr Oetjen nickt.
Es gibt eine Vielzahl von Gründen. Tatsächlich ist es so, dass viele Personen nicht angetroffen wurden. Aber wie will man jemandem, der nicht weiß, wann er wo - in diesem Fall: zu Hause - zu sein hat, vorwerfen, dass er dort nicht anzutreffen war?
Der Termin wird ja nicht angekündigt.
Viel entscheidender ist aber - - -
- Ich verstehe die Unruhe nicht. Wollen Sie allen Ernstes Menschen, die nicht wissen, wann ihr Abschiebetermin ist, vorwerfen, dass sie nicht ständig zu Hause sind und darauf warten?
- Dieses Gelächter kann ich nur zurückgeben. Es ist wirklich lächerlich, was Sie dazwischenrufen.
Viel entscheidender ist aber, dass ein sehr großer Anteil der Abschiebungen durch die Ausländerbehörde durch verwaltungsgerichtliche Verfahren gestoppt wird und deshalb scheitert. Aufgrund des Ausbleibens der Ankündigung können die Menschen sozusagen erst auf dem Weg zum Flieger einen Anwalt einschalten und einstweiligen Rechtsschutz beantragen.
Die Verwaltungsgerichte verhindern sehr viele rechtswidrige Abschiebungen in letzter Sekunde - oder sie können sie nicht verhindern, weshalb teilweise auch rechtswidrige Abschiebungen stattfinden.
Bitte schließen Sie sich dieser Eindruckserweckung durch das Innenministerium nicht an!
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Schünemann, ich freue mich, dass Sie sich offensichtlich von grünen Ideen inspirieren lassen. Dazu brauchen Sie allerdings nicht nach Baden-Württemberg zu gucken. Hier sitzen zwölf Kolleginnen und Kollegen, die Ihnen gern mit guten Ideen und viel Inspiration zur Seite stehen.
Aber zum Thema Baden-Württemberg: Der Vergleich hinkt etwas. Die Strukturen in BadenWürttemberg sind doch etwas anders. Die Mittelbehörde in Karlsruhe, die dort dafür zuständig ist, ist vergleichbar mit den ehemaligen Bezirksregierungen.
Da klingelt es sicherlich bei Ihnen; das merke ich am Lächeln. Insofern ist es etwas schwierig, das mit deren Problematik zu vergleichen.
Das andere, das Entscheidende ist doch - um dies an den Sachfragen herunterzudeklinieren -: Sie haben von der Passbeschaffung gesprochen. Das Problem bei der Passbeschaffung ist doch nicht nur, dass die Ausländerbehörden oder sonstige hiesige inländische Strukturen scheitern, sondern dass vor allem die Herkunftsländer kein Interesse haben, beispielsweise Kriminelle oder andere Personen für die Abschiebung, für die Rückführung mit Pässen auszustatten. Daran scheitert es doch schon. Das wissen Sie doch genauso gut wie ich, Herr Kollege Schünemann.
Sie werden sich - andersherum - an dieselbe Debatte erinnern, als es darum ging, IS-Kämpfer mit deutschem Pass nach Deutschland zurückzuholen, wie schwierig die Diskussionen auch in Ihrer Fraktion und Ihrer Partei waren.
Noch ein letzter Punkt, weil von Ihnen immer wieder die Frage kommt, die Verfahren zu beschleunigen usw. Die Justizministerin ist gerade nicht da, hat aber im Bundesrat eine Initiative aus Hamburg, Berlin und anderen Bundesländern zur Vereinfachung der verwaltungsrechtlichen Verfahren,
nämlich die Verfahren mit Leitentscheidungen zu beschleunigen, abgelehnt.
Da muss ich mich schon fragen, warum die Union auf der einen Seite Wasser predigt, aber auf der anderen Seite Wein trinkt.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geflüchtete aus sogenannten sicheren Herkunftsländern werden nicht mehr aus den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes auf die Kommunen verteilt, sondern sind verpflichtet, bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in diesen Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben.
Damit hat die Große Koalition zahlreiche Probleme für diese Menschen geschaffen, insbesondere allerdings für Kinder und Jugendliche. So beginnt in Niedersachsen die Schulpflicht gemäß Erlass des Kultusministeriums erst nach Verteilung auf die Kommunen. Minderjährige aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die sich in einer Erstaufnahmeeinrichtung befinden, werden somit nicht beschult.
Laut Auskunft der Landesregierung auf eine Anfrage der Kolleginnen und Kollegen von der FDP erhalten in niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen Kinder und Jugendliche über Zeiträume von derzeit bis zu 22 Monaten keinen Schulunterricht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, von den 175 Kindern aus den sogenannten sicheren Herkunftsländern, die zum Stichtag 4. Januar 2019 in der LAB untergebracht waren, besuchten 27 seit mehr sechs Monaten und 14 seit über einem Jahr keine Schule.
An den Standorten gibt es, wenn überhaupt, ein Lernangebot, das sich Interkulturelle Lernwerkstatt nennt. Dabei erhalten Kinder und Jugendliche im
schulpflichtigen Alter eine Schulvorbereitung. Dies ist aber eben kein Regelschulunterricht.