Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums sehr herzlich.
In der Loge Platz genommen haben Herr Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, und Frau Katarina Seidler, Vorsitzende des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Sehr geehrte Damen und Herren, vor fast genau 70 Jahren, am 14. Mai 1948, verlas David BenGurion im Stadtmuseum von Tel Aviv die Urkunde, mit der der Staat Israel gegründet wurde.
Die Staatsgründung war unmittelbar mit dem Zivilisationsbruch der Schoah, dem systematischen Völkermord an den Juden Europas, verbunden. Israel wurde zur Hoffnung, zum Zufluchtsort und zur neuen Heimat für viele, die den Holocaust überlebt hatten.
Auch für viele ehemalige Häftlinge des Lagers Bergen-Belsen sowie Tausende Überlebende der Schoah aus Ländern Mittel- und Osteuropas, die im Displaced Persons Camp Bergen-Belsen Aufnahme fanden, wurde Israel neue Heimstatt.
Wenige Juden blieben in Niedersachsen oder kehrten aus dem Exil zurück und bauten neues jüdisches Leben auf. Sie blieben trotz alledem und halfen mit, Türen in Israel für uns zu öffnen; ohne sie als Brückenbauer wären die niedersächsischisraelischen Beziehungen heute kaum denkbar. Dies erfüllt uns mit großer Dankbarkeit.
Heute verbindet Niedersachsen eine tiefe Freundschaft mit Israel. Ein dichtes Netz wissenschaftlicher, kultureller, wirtschaftlicher, politischer und
Ich nenne beispielhaft die intensive Forschungskooperation Niedersachsens mit Israel, die vielfältigen Jugendbegegnungen, die zahlreichen Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden. Als erste Stadt Niedersachsens schloss Georgsmarienhütte bereits 1976 eine Partnerschaft mit Ramat Hascharon.
Auch der Landtag von Niedersachsen bemühte sich früh um politische Kontakte mit Israel. Bereits 1962, also drei Jahre vor der offiziellen Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Staat Israel und der Bundesrepublik am 12. Mai 1965, reisten 19 Abgeordnete nach Israel. Seitdem besuchen Delegationen des Landtages regelmäßig Israel und nehmen stets prägende Eindrücke mit nach Hause.
Der 70. Jahrestag der Staatsgründung von Israel ist jedoch auch Anlass, uns zu erinnern, dass diese Freundschaft nicht selbstverständlich ist, dass sie für immer mit unserer besonderen historischen und gegenwärtigen Verantwortung für jüdisches Leben verbunden sein wird.
Deshalb, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, blicken wir mit Sorge auf den zunehmenden Antisemitismus.
Antisemitismus heute hat viele Gesichter, alte und neue. Er zeigt sich in latent antisemitischen Einstellungen und Vorurteilen, in Verschiebungen der Grenzen des Sagbaren, als israelbezogener Antisemitismus im Gewand einer antisemitisch aufgeladenen Kritik an Israel.
Zunehmend tritt Antisemitismus aber auch wieder offen zutage: als Mobbing im Klassenzimmer gegen jüdische Kinder, als Angriffe auf Menschen, die eine Kippa tragen, in antisemitischen und rassistischen Inhalten in sozialen Netzwerken.
Antisemitismus begegnet uns in allen politischen Lagern und in allen gesellschaftlichen Schichten. Er begegnet uns auch im Umfeld von Geflüchteten.
Antisemitismus ist ein aktuelles Problem, das wir ernst nehmen und auf das wir Antworten finden müssen: durch Aufklärung, durch politische Bildung sowie durch entschlossenes Handeln des Staates, aber auch der Zivilgesellschaft.
Der Niedersächsische Landtag wird weiterhin Antisemitismus, Hass und Rassismus in jedweder Form entgegentreten.
Er wird sich auch jenen entschieden entgegenstellen, die das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellen.
70 Jahre Staat Israel - der Niedersächsische Landtag gratuliert. Mögen die nächsten 70 Jahre vor allem Jahre des Friedens werden!
Ich komme zur Tagesordnung: Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages und der Informationen zu den von den Fraktionen umverteilten Redezeiten liegen Ihnen vor. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen geänderten Redezeiten fest.
Ich sehe eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Bitte, Frau Kollegin Piel, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts der bekannt gewordenen Informationen über Planungen zu Ankerzentren in Niedersachsen, von denen wir heute in der Neuen Osnabrücker Zeitung lesen konnten, fordere ich den Innenminister auf, das Parlament umgehend darüber zu unterrichten, was für Planungen es gibt.
Wir können dem Artikel in der Neuen Osnabrücker Zeitung entnehmen, dass die Planungen beim BAMF schon sehr weit fortgeschritten sind und auch über konkrete Standorte geredet wird.
Unabhängig davon, ob es Herr Schünemann ist, der an Boris Pistorius vorbei mit Herrn Seehofer spricht, oder Herr Pistorius selber an dieser Stelle Verhandlungen führt, würden wir gerne in diesem Parlament darüber unterrichtet werden, wie weit die Planungen fortgeschritten sind.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung hat sich Herr Innenminister Pistorius zu Wort gemeldet. Bitte!
Außerhalb der Tagesordnung: Unterrichtung durch den Minister für Inneres und Sport zu einem Bericht in der heutigen Ausgabe der Neuen Osnabrücker Zeitung über Planungen zu einem Ankerzentrum in Niedersachsen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden sich vorstellen können, dass ich als Osnabrücker die Neue Osnabrücker Zeitung sehr schätze.
Aber nicht jede Meldung, die in der Neuen Osnabrücker Zeitung erscheint, nicht einmal jede Meldung, die sich auf die sehr geschätzte frühere Kollegin Filiz Polat stützt, entspricht der Wahrheit.
- Filiz Polat mag gut informiert sein; daran habe ich keinen Zweifel. Die Informationen stammen woher auch immer, vielleicht aus dem BAMF, vielleicht auch irgendwo anders her.
Ich habe erst letzte Woche ein Telefonat mit Herrn Seehofer geführt, auf seinen Wunsch hin. Dabei ist nicht mehr an Informationen herausgekommen als das, was ich bereits vor vier Wochen dem Landtag berichtet habe, nämlich, dass es im BMI offenbar noch keine konkreten Pläne für die Gestaltung der Ankerzentren gibt. Was auch immer sich das BAMF ausdenkt und an das BMI meldet, weiß ich nicht. Auf deren Verteiler für E-Mails, Briefe und Vermerke stehe ich verständlicherweise nicht.
Richtig bleibt aber, dass es nicht überrascht, dass das BAMF, wenn es sich die Standorte in Deutschland anguckt, zu dem aus seiner Perspektive naheliegenden Schluss kommt, dass Fallingbostel und Bramsche mögliche Standorte für solche Ankerzentren sein könnten, wenn es sie denn irgendwann einmal geben sollte.
Das liegt daran, dass beide Standorte - wie übrigens Heidelberg, Mannheim und andere auch - schon heute einen Großteil der Aufgaben gebün
delt wahrnehmen, wie es auch mögliche - ich sage mögliche - Ankerzentren tun sollen plus Aufgaben eins, zwei und drei. Von daher ist es weder Kaffeesatzleserei noch Hellseherei von der NOZ oder von Frau Polat. Das ist einfach nur, eins und eins zusammenzählen, meine Damen und Herren. Aber - und das ist die Quintessenz - darüber hinaus gibt es nichts.
Erst letzte Woche hat es eine erneute Arbeitsbesprechung mit den Ländern im BMI gegeben. Ein Mitarbeiter aus einem anderen Bundesland zitierte daraufhin Brecht - ich bekomme es nicht ganz auf die Reihe -: Der Vorhang zu und viele Fragen offen. - Denn bis heute ist nämlich nichts Konkretes über das bekannt, was dort tatsächlich geplant ist. Deshalb kann ich leider nicht mehr dazu sagen.
Egal, was stellvertretende Fraktionsvorsitzende irgendwelcher Fraktionen hier im Hause oder außerhalb fordern, formulieren oder was auch immer: Status quo bleibt das, was ich Ihnen geschildert habe. Bis heute gibt es keinen anderen offiziellen Stand. Von daher bin ich Ihnen, liebe Kollegin Piel, sehr dankbar, für die Gelegenheit, das gleich zu Beginn dieses Tages, dieses Plenarabschnittes, aus der Welt zu schaffen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Vielleicht weiß Herr Schünemann mehr!)
Vielen Dank, Herr Minister Pistorius. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte zur Geschäftsordnung geschlossen.