Vielen Dank, Frau Kollegin Logemann. - Jetzt hat das Wort für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Hermann Grupe. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Glyphosat ist entgegen anders lautenden Gerüchten ein Herbizid. Es dient der Beseitigung von Pflanzenbewuchs und ist insofern eine Alternative zum klassischen Pflugeinsatz, den ich als Lehrling noch gelernt habe, als man gesagt hat: Wir wollen einen sauberen Acker, ein sauberes Saatbild durch den Pflug herstellen. - Das Gleiche gelingt uns in Hanglagen, wo wir Erosionsgefahren haben, mit dem Mittel Glyphosat.
Meine Damen und Herren, das Mittel ist eben nicht toxisch für Insekten, was ja auch gerne behauptet wird. Es hat darauf keine Wirkung. Frau Kollegin Logemann, Sie wollten den Zusammenhang herstellen, es würde die Nahrungsgrundlage entzogen. Es wird auf den Flächen nichts anderes getan, als wir auch mit dem Pflug tun; denn auch da wollen wir die Pflanzendecke erst einmal beseitigen. Es gibt keinerlei Dauerwirkung, es kann sofort neu eingesät werden, alle Kräuter können wieder keimen. Was Sie gesagt haben, entspricht nicht der Wahrheit.
Frau Kollegin Staudte hat die HAZ zitiert. Liebe Kollegin, das will auch ich tun. Der Direktor der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sagt, der Konflikt um Glyphosat sei eine Art Glaubenskrieg geworden. In der Sache sagt er: Glyphosat ist „wahrscheinlich nicht krebserregend. Punkt.“ - So steht es heute in der HAZ.
Das BfR - Prof. Dr. Dr. Hensel - kommt zu ähnlichen Ergebnissen, und die WHO-Behörde IARC, die immer wieder zitiert wird, hat nur die grundsätzliche Möglichkeit untersucht. Das heißt, wenn man Glyphosat in Reinkultur an Tiere verfüttern würde, dann könnte man daraus ein Risiko herleiten. Die Gefahrenstufe, in die Glyphosat selbst von dieser Agentur eingestuft wird, entspricht der von Mettwurst. - Da können Sie sich ungefähr die Gefährlichkeit ausmalen.
Um einmal einen Vergleich hinsichtlich der Toxizität herzustellen, will ich das Mittel Kupferoxychlorid näher betrachten. Es handelt sich um eine Schwermetallverbindung, die, wie Sie wissen, als Herbizid im ökologischen Landbau zugelassen ist. Seine
Toxizität wird achtmal höher bewertet als die von Glyphosat. Es ist akut toxisch, und - was das eigentlich gefährliche und der eigentliche Unterschied ist - es ist persistent, d. h. es wird nicht abgebaut, sondern es bleibt auf den Feldern zurück, ist dann dauerhaft vorhanden und reichert sich bei jeder Gabe mehr an.
Glyphosat wird weitgehend unverändert ausgeschieden, und das ist für die Experten ein Beleg dafür, dass es den Körper nicht belastet.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich will nicht sagen, dass im biologischen Landbau gefährliche Mittel angewendet werden. Nur: Das Glyphosat, das Sie hier zu so einer riesigen Gefahr aufbauschen wollen, ist im Vergleich achtmal harmloser. So sind die Zusammenhänge.
Über das Bier hatte der Kollege Dammann-Tamke zutreffend berichtet. Hier werden Spuren von Glyphosat verglichen mit den 5 % Alkohol, die dann definitiv leider - das müssen wir zur Kenntnis nehmen - krebserregend sind.
Es wird über Alternativen gesprochen, und da laufen Sie bei uns Landwirten offene Türen, offene Scheunentore ein. Wenn Sie uns Alternativen bieten, die die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, wollen wir gerne darauf zurückgreifen. Diese müssen dann aber auch im Erosionsfall einzusetzen sein, und sie dürfen nicht - wie der Pflug - zu vermehrter Erosion führen. - Dann hätte der ökologische Landbau schon zwei Nachteile, einerseits mit einem ungleich gefährlicheren Mittel im Pflanzenschutz und andererseits mit dem Einsatz des Pfluges, wobei Erosion zu befürchten ist.
Auch das kenne ich noch aus meiner Zeit als Lehrling: Insbesondere beim Rübenanbau lag die Ackerkrume unten im Graben, weil wir nichts gegen Erosion tun konnten. Und das ist längst nicht alles. Wir haben es mit wirklichen Strukturschäden am Boden zu tun. Es kommt zu Bodenentmischungen, und die sind irreversibel.
Noch einmal: Wenn uns von der Wissenschaft Alternativen angeboten werden - und darauf bauen wir -, wollen wir gerne darauf zurückgreifen. Diese müssen aber auch die Kriterien des integrierten Landbaus erfüllen, sie müssen Mulchsaat zum Zweck der Erosionsminderung in ähnlicher Weise ermöglichen, und sie müssen insgesamt dem Bodenschutz dienen, d. h. es darf nicht zu Strukturschäden im Boden kommen, die den Boden nachhaltig, dauerhaft schädigen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns deswegen zu den wissenschaftlichen Grundlagen zurückfinden! Hören Sie auf mit Ihren Angstkampagnen!
Was mir - und auch den Menschen, die nicht direkt damit zu tun haben - in dem Zusammenhang Mut macht, ist, dass sich mittlerweile auch die Comedians damit beschäftigen. Mein Lieblingscomedian Dieter Nuhr z. B. sagt über Glyphosat: Wie er den wissenschaftlichen Untersuchungen entnommen habe, müsse man sich das Zeug fassweise reinschütten, 300 Jahre lang - dann sei ein Krebsrisiko herzuleiten. Es ist eben genau wie bei der Mettwurst: Wenn Sie jeden Tag von morgens bis abends kiloweise Mettwurst essen, müssen Sie damit rechnen, dass Sie nach 300 Jahren Krebs kriegen.
Also, lassen Sie uns zur wissenschaftlichen Betrachtung zurückkommen! - Obwohl Dieter Nuhr mir auch sehr gut gefällt.
Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Es spricht jetzt für die Landesregierung Herr Umweltminister Olaf Lies. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, nach der Debatte, die wir gerade erlebt haben, wird es Zeit für eine differenzierte Betrachtung im Umgang mit dem Thema; denn das war doch extrem schwarz-weiß dargestellt.
Ich will eines betonen: Es entsteht ein bisschen der Eindruck, als müsse man hier für etwas kämpfen, das es in fünf Jahren ohnehin nicht mehr gibt. Darüber müssen wir uns einig sein: Die gesamte Debatte und auch die politische Diskussion auf europäischer Ebene werden dazu führen, dass es einen Ausstieg aus Glyphosat geben wird und auch geben muss. Vielleicht sollten wir uns zunächst einmal darauf verständigen und dann den Weg beschreiben, wie wir dahin kommen. Ich glaube, das wäre besser für uns alle.
Meine Damen und Herren, im Ergebnis der Diskussion, die wir in Brüssel erlebt haben, ist man am Ende völlig undifferenziert zu der Entscheidung gekommen, den Einsatz von Glyphosat um fünf Jahre zu verlängern, während die Debatte im Europäischen Parlament war, den Einsatz nach fünf Jahren endgültig zu beenden und dafür zu sorgen, dass man den Ausstieg gestaltet und dass man Alternativen in der Anwendung findet. Das ist, wie ich finde, ein vernünftiger Umgang, der sich gesellschaftspolitisch auch gar nicht mehr anders darstellen lässt.
In Brüssel ist aber Folgendes passiert: Es wurde die Entscheidung getroffen, um fünf Jahre zu verlängern, und die Hersteller haben schon angekündigt, mit Beginn 2019 den nächsten Verlängerungsantrag zu stellen. - Das, meine Damen und Herren, ist der falsche Weg. Kein Ausstieg sofort, ohne Lösung für die Landwirtschaft, aber auch kein einfaches „Weiter so!“, ohne mit Nachdruck über die Alternativen nachzudenken - das kann nicht sein.
An der Stelle muss man überlegen: Es geht um über 5 000 t, die in Deutschland eingesetzt werden, die auf die Felder ausgebracht werden. Es geht aber auch um 100 t, die im privaten, im nicht öffentlichen Umfeld eingebracht werden, und um 65 t, die allein bei der Bahn eingesetzt werden. Und die Bahn sagt natürlich zu Recht: Wir haben gar keine Alternativen.
Aber, meine Damen und Herren, wer nicht an irgendeiner Stelle sagt, dass eine Anwendung beendet wird, der wird doch nicht mit Nachdruck dafür sorgen, dass an Alternativen gearbeitet wird. Deswegen brauchen wir sozusagen einen konsequenten Ausstieg, damit über den Zeitraum, der notwendig ist, auch konsequent an Alternativen gearbeitet werden kann.
Meine Damen und Herren, wie ist es dazu gekommen? Die europaweite Genehmigung läuft am 15. Dezember 2017 aus. Das ist nicht neu gewesen. Und auch dort stellen wir fest: Solange klar ist, dass es einen Verlängerungsantrag gibt, für den es auch eine Mehrheit geben wird, arbeitet niemand an Alternativen. Andernfalls kann mir keiner erklären, warum man heute nicht in der Lage ist, zu sagen, was man sonst hätte machen können - mit allen Vor- und Nachteilen, die das hat. Die sind ja hier zum Teil richtigerweise aufgezeigt worden.
Danach gab es eine Reihe von Beratungen, am Ende dann den Berufungsausschuss, die Zulassung von Glyphosat am 27. November. Am 12. Dezember hat das Kommissarskollegium zugestimmt, und am 15. Dezember wird es veröffentlicht. - Das alles, meine Damen und Herren, trotz der Tatsache, dass aus 22 Mitgliedsstaaten über 1 Million Bürger eine Petition auf den Weg gebracht haben, die man zwar nicht akzeptieren muss, die einen aber zumindest dazu bringen sollte, zu überlegen: Arbeiten wir auch an Alternativen, oder machen wir einfach nur so weiter?
Noch einmal: Die Sorge ist, wenn es kein klares Signal für einen endgültigen Ausstieg nach fünf Jahren gibt, wird es auch niemanden geben, der daran arbeitet, ernsthaft Alternativen für Glyphosat auf den Weg zu bringen.
Kommen wir zur wissenschaftlichen Bewertung. Auch diese ist hier von Ihnen schon sachlich dargestellt worden. Ich will auf das Thema „Krebsrisiko“ gar nicht weiter eingehen. Natürlich gibt es zwei Wahrnehmungen. Zum einen gibt es die Aussagen, die wir von der Internationalen Agentur für Krebsforschung gelesen haben. Es gibt die Aussagen vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Aber zum anderen müssen wir auch die Sorgen der Menschen zur Kenntnis nehmen. Das ist unsere Handlungsmaxime: Wir werden am Ende bei vielen Dingen nicht nur mit wissenschaftlicher Argumentation, sondern auch mit einer ernsthaften Betrachtung der Sorgen der Menschen über Alternativen nachdenken müssen, wenn wir nicht sozusagen in eine Sackgasse laufen wollen. Darüber sind wir uns, glaube ich, auch alle einig.
Darüber mag man noch streiten können, meine Damen und Herren, weil die wissenschaftliche Bewertung unterschiedlich ist. Worüber man allerdings überhaupt nicht streiten kann, ist die Frage der Biodiversität. Wir haben einen Rückgang der Artenvielfalt, der Pflanzenvielfalt und der Insekten durch den erheblichen Einsatz z. B. von Glyphosat. Das muss der Ansatz sein, nämlich zu fragen: Wie gelingt es uns, mehr für die Biodiversität zu tun? Wie gelingt es uns, mehr für den Erhalt der Pflanzen- und Tiervielfalt zu tun? - Das ist die Aufgabe, die wir gemeinsam haben, und widerspricht sich doch gar nicht.
Deswegen ist das kein gegenseitiges Angehen von Landwirtschaft und Umweltministerium. Es ist unser gemeinsames Anliegen. Was wir aber wollen, ist eine praktikable Lösung, die alle mittragen können, und nicht die Lösung, etwas zu streichen, wo
keine Alternativen auf dem Weg sind. Das müssen wir gemeinsam machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will zu der Frage, warum die Artenvielfalt dadurch reduziert wird, gar nichts sagen. Ich glaube, wir nehmen es alle wahr, und es ist oft genug belegt worden, sodass man das gar nicht weiter betonen muss. Es geht nur darum, wie wir damit umgehen. Deutschland hat eine Möglichkeit. Das muss man an dieser Stelle sagen. Wir wissen, dass das Vorsorgeprinzip eine wichtige Rolle spielt. Wir können im Rahmen der Zulassungszuständigkeit in Deutschland dafür sorgen, dass die Hersteller, die jetzt den Antrag stellen, mit gewissen Einschränkungen leben müssen. Zum Beispiel könnte man dafür sorgen, dass es nicht zu nationalen generellen Einschränkungen, aber zu nationalen Einschränkungen auf bestimmten Flächen kommt, dass wir - ähnlich wie es bisher war - auf öffentlichen Flächen nicht mehr ausbringen dürfen, dass Ausgleichsflächen möglicherweise stärker in Betracht gezogen werden müssen.
Man könnte außerdem dafür sorgen, dass nicht wieder das zum Tragen kommt, was wir alle nicht mehr wollen und was in der Landwirtschaft inzwischen nahezu verschwunden ist: das Thema Vorerntebehandlung. Man muss ganz offen sagen: Der wirtschaftliche Ansatz, schneller mit den Erntemaschinen über das Feld gehen zu können, war attraktiv genug, um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat vorher einzusetzen. Das ist inzwischen Gott sei Dank so gut wie nicht mehr der Fall. Wir müssen aber betonen, dass es diesen Weg gab, und wir müssen auch betonen, dass wir so etwas nicht zulassen, also endgültig verbieten. Das muss es auch nicht geben. Es ist der falsche Weg, zur Beschleunigung der Ernte etwas einzusetzen, das am Ende Umwelt und Natur schadet, meine Damen und Herren.
Das gilt in gleicher Weise für Niedersachsen. Auch hier haben wir die Möglichkeit, entsprechend zu handeln. Ich glaube, dass das auch richtig ist. Wir haben schon darüber gesprochen, was wir machen können. Ein ganz wichtiger Punkt ist - da gibt es Gemeinsamkeiten mit der Landwirtschaftsministerin -: Die Landwirtschaftskammer leistet hier hervorragende Arbeit. Sie berät nämlich ihre Landwirte dahin gehend, wie man mit einem minimalen Einsatz von Glyphosat auskommt. Das ist die entscheidende Botschaft. Wir können eine ganze Menge reduzieren, indem wir gemeinsam
mit der Landwirtschaft arbeiten und dafür sorgen, dass wir auf öffentlichen Plätzen und Flächen kein Glyphosat mehr einsetzen.
Meine Damen und Herren, ich wünsche mir eine sachliche Debatte, die nicht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeiführt. Die Menschen machen sich Sorgen. Das Thema Artenvielfalt ist wissenschaftlich von allen Seiten untersucht worden. Ein konsequenter Weg zum Ausstieg aus der Verwendung von Glyphosat mit der notwendigen Zeit, die wir brauchen, um Alternativen für unsere Landwirtschaft zu finden, ist ein kluger Weg. Das könnte auch ein vernünftiger niedersächsischer Weg sein.
Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Auf den Beitrag der Landesregierung möchte Herr Kollege Grupe von der FDP-Fraktion kurz erwidern. Sie haben eine Minute. Bitte!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, bei vielen Dingen können wir uns einigen, insbesondere bei dem, was Sie über die Landwirtschaftskammer gesagt haben, über die hervorragende Beratung zur Sikkation, also zur Nacherntebehandlung. Das ist wirklich so.
Wir haben Hinweise erhalten, dass die Mähdrescherleistungen dadurch verbessert werden sollen, dass die Bestände gleichmäßiger werden. Das ist völlig irre. Das geht gar nicht, keine Frage. Dort, wo Unkraut alles überwuchert, muss man vielleicht einmal gezielt Glyphosat einsetzen, aber nur in einem ganz kleinen Umfang. Deswegen bin ich vollkommen einverstanden: nur in dem absolut notwendigen Maße und nur da, wo es gegenüber anderen Alternativen besser ist.
Deswegen möchte ich Sie bitten: Der Grundansatz, dass das in fünf Jahren beendet sein muss, ist nach meiner Überzeugung völlig falsch. Der Einsatz muss beendet werden, wenn es etwas Besseres gibt. Das bezweifle ich sehr. Denn wie Sie wissen, dauern die Zulassungsverfahren mindestens zehn Jahre, wenn man etwas Neues entwickeln will. Wenn man das nicht hat, sollte man nicht zum Schlechteren greifen, sondern dann müssen wir mit einem gezielten, begrenzten Ein