Protokoll der Sitzung vom 05.02.2019

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums und eröffne die 40. Sitzung im 15. Tagungsabschnitt des Landtages der 18. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen der Präsidentin

Meine Damen, meine Herren, ich möchte Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

Am 1. Februar 2019 verstarb der ehemalige Abgeordnete Dr. Peter Fischer im Alter von 77 Jahren.

Dr. Peter Fischer gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der SPD-Fraktion von 1994 bis 2003 an. Vom 21. Juni 1990 bis zum 12. Dezember 2000 bekleidete er das Amt des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft, Technologie und Verkehr. Anschließend gehörte er bis zum März 2003 dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen an. Dr. Peter Fischer wurde mit dem Großen Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens ausgezeichnet.

Wir werden den Kollegen in guter Erinnerung behalten und widmen ihm ein stilles Gedenken. - Ich danke Ihnen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen vor.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer Herr Onay mit.

Es haben sich entschuldigt: von der Fraktion der CDU Karsten Heineking und Dr. Stephan Siemer sowie von der Fraktion der FDP Hillgriet Eilers und Hermann Grupe.

Vielen Dank, Herr Onay. - Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2: Regierungserklärung des Finanzministers zum Thema „Aktuelle Entwicklungen bei der NORD/LB“ - Unterrichtung - Drs. 18/2732

Zunächst erteile ich Herrn Finanzminister Hilbers das Wort für die angekündigte Regierungserklärung. Bitte, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die NORD/LB stellt eine bedeutende Beteiligung des Landes Niedersachsen dar. Wir stellen die Bank wieder auf ein solides Fundament. Das ist das Ergebnis monatelanger harter Arbeit, unzähliger Gespräche und Verhandlungen.

Ich will Ihnen vorweg sagen: Die NORD/LB ist eben nicht die HSH. Die NORD/LB ist eine Bank, die in allen Geschäftsbereichen profitabel arbeitet und gutes Geld verdient - bis auf das Schiffsportfolio. In diesen Bereich sind in den vergangenen Jahren über 7 Milliarden Euro an Risikovorsorge geflossen, die in anderen Geschäftsbereichen verdient worden sind, meine Damen und Herren.

Die derzeitig schwierige Lage der NORD/LB kommt nicht aus heiterem Himmel. Sie hat eine lange Geschichte. In der Vergangenheit sind, wie bei zahlreichen anderen deutschen Banken ebenfalls, bei der NORD/LB und bei der Bremer Landesbank zu viele Schiffskredite gezeichnet worden. Aufgrund des schwachen Schifffahrtsmarktes, der sich eingestellt hatte, sind viele dieser Kredite notleidend - non-performing loans, wie es die Banker nennen.

Als ich im November 2017 den Aufsichtsratsvorsitz der Bank übernahm, war die Bank infolge der Entwicklung der letzten Jahre mit drei großen Problemen belastet:

Erstens. Die Bank hat, wie beschrieben, ein großes Portfolio an notleidenden Schiffskrediten, die sie belasten.

Zweitens. Die Bank hat eine zu niedrige Eigenkapitalquote, die nur knapp über den Mindestanforderungen der Bankenaufsicht liegt, und ist damit immer in der Gefahr, die Vorgaben der Bankenaufsicht zu reißen.

Drittens. Die Ratingagenturen sehen die Bank sehr kritisch. Mitte 2017 hat die große amerikanische Ratingagentur Moody’s die NORD/LB abgewertet. Sie verharrt seitdem auf einem Stand knapp über

dem sogenannten Ramschniveau - und das, obwohl die Bank außerhalb der Schiffskredite, wie ich es eben betont habe, in allen anderen Bereichen profitabel arbeitet und die Verluste aus den Schiffskrediten bisher selbst verarbeitet hat.

Als erste Maßnahme hat die Bank bereits im Jahre 2018 die Veräußerung von zwei großen notleidenden Schiffskreditportfolien initiiert, um sich von den Belastungen zu trennen und im Markt als saubere Bank zu gelten. Die Verkäufe dieser Schiffskreditportfolien werden aber nur mit erheblichen Verlusten erfolgen können, die Auswirkungen auf das Eigenkapital haben. Da schließt sich wieder der Kreis, dass eine Kapitalmaßnahme notwendig wird, wenn diese Transaktionen durchgeführt werden.

Letzten Samstag, als für diese Lösung nun eine Perspektive bestand, haben der Vorstand der Bank und die zuständigen Gremien beschlossen, eines dieser Portfolien an einen Bieter zu verkaufen. Die Aufsicht wurde darüber informiert und wird in den kommenden Wochen von der NORD/LB einen konkreten Kapitalplan anfordern. Diesen wird die NORD/LB jetzt erstellen, um mit der Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen eine Kapitalstärkung der Bank zu erreichen.

Selbst wenn die Verkäufe nicht vollzogen würden, würde ein hoher Wertberichtigungsbedarf bestehen. Dieser führt zu einer erheblichen Belastung des Eigenkapitals sowie dazu, dass die aus Sicht der Bankenaufsicht notwendigen Eigenkapitalquoten unterschritten werden. Damit kommt man zu dem klaren Ergebnis: Die Bank benötigt Kapital und kann dies aus eigener Kraft nicht schaffen.

Um eine nachhaltige Ausrichtung der Bank zu sichern, wurden seit Januar 2018 verschiedene Optionen geprüft. Für mich war von vornherein klar, dass jede Maßnahme sowohl den Bestimmungen des europäischen Beihilferechts - also beihilfefrei erfolgen muss - als auch den Bestimmungen des Bankenaufsichtsrechts genügen muss. Das Finanzministerium und auch ich persönlich haben bereits im Frühjahr den Kontakt mit den wichtigen Stakeholdern und auch mit der Europäischen Kommission gesucht. Die europäischen Wettbewerbshüter verlangen einen sogenannten Private-Investor-Test, um die Beihilfefreiheit nachzuweisen.

Um diesen im Rahmen eines sogenannten Pari Passu zu bestehen, haben wir die Suche nach dritten Investoren aus dem Markt aufgenommen. Dabei hatten wir sowohl die Möglichkeit im Auge,

dass diese Investoren die ganze Bank übernehmen könnten, oder eine Bank belastet um die notleidenden Schiffskredite oder eben einen wesentlichen Anteil an der Bank zusammen mit dem Land, bei dem wir als Land die Mehrheit behalten. Das Verfahren war offen gestaltet. Alle Beteiligten haben diesen Prozess sehr ernsthaft betrieben. Es gab für mich nie Denkverbote. Daher haben wir uns von Anfang in keine Richtung beschränkt. Wir hatten auch Interessenten aus dem Landesbankensektor, was ich insgesamt sehr begrüßt habe.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung, die in den letzten Monaten eintrat, hat diesen Prozess nicht unbedingt begünstigt. Der Markt hat sich insgesamt eher gegen uns gedreht. Der Abwärtstrend, der sich beispielsweise bei den Aktienkursen der Commerzbank und der Deutschen Bank widerspiegelt, spricht Bände. Auch die Entwicklung der Bank selbst war alles andere als in die positive Richtung drehend. Daher hatten u. a. zunächst die Landesbanken Abstand von einem Zusammengehen mit der NORD/LB genommen. Das lag in einem Fall sicherlich auch daran, dass der hessischthüringische Sparkassenverband nicht mit dem niedersächsischen Sparkassenverband übereinkam.

Ende Januar kam schließlich ein Angebot zweier privater Investoren. Diese Investoren gehen davon aus, dass die Bank, wirtschaftlich betrachtet, einen negativen Wert hat. Das ist insbesondere aus den Börsenentwicklungen abgeleitet. Hier zeigen sich die bereits beschriebenen Entwicklungen an den Märkten.

Meine Damen und Herren, daher sehen die Investoren neben einer Kapitalbeteiligung des Landes Niedersachsen vor, dass wir als Land u. a. dauerhaft Altverpflichtungen wie beispielsweise Pensionsverpflichtungen aus der Bilanz der NORD/LB übernehmen. Das wäre für uns aber nicht wirtschaftlich gewesen. Schließlich hätten wir uns auf eine Belastung von über 3 Milliarden Euro einlassen müssen, während die Investoren ein Investment von einer guten halben Milliarde Euro geleistet hätten.

Mit der Fokussierung auf das Modell des DSGV stehen wir nunmehr kurz davor, die NORD/LB wieder auf ein solides Fundament zu stellen. Das ist, wie ich schon sagte, das Ergebnis harter Arbeit und unzählig vieler Gespräche und Verhandlungen, die wir geführt haben.

Ich bin dem Sparkassen- und Giroverband für seinen Beschluss in den Gremien am letzten Donnerstag sehr dankbar. Der Verband hat so den Weg für eine Zukunft des öffentlich-rechtlichen Sektors im deutschen Bankenwesen freigemacht. Ich bin optimistisch, dass alle Träger der Bank unseren Weg gemeinsam mitgehen können und wir auch mit der Bankenaufsicht und der Europäischen Kommission eine gemeinsame Lösung finden werden.

Für uns ist wichtig, dass wir nun eine Lösung gefunden haben, die den politischen, wirtschaftlichen und fiskalpolitischen Interessen des Landes Niedersachen entspricht und gerade diese wichtigen Ziele kombiniert. Wir haben dabei das bestmögliche Verhandlungsergebnis erreicht. Auch die Ratingagentur Moody’s hat sich am Montag sehr wohlwollend zu diesem Ergebnis geäußert.

Gleichzeitig können wir mit dieser Lösung die Grundlage für eine Konsolidierung des gesamten öffentlich-rechtlichen Bankensektors legen, für die wir offen sind. Das Land Niedersachsen steht hier in einer ganz besonderen Verantwortung.

Meine Damen und Herren, was wären die Alternativen gewesen?

Ich habe Ihnen kurz dargelegt, dass wir am Ende nur ein ernsthaftes Angebot aus dem Markt erhalten haben. Die in der Endphase verbliebenen zwei Bieter hatten sich entschlossen, ein gemeinsames Angebot abzugeben. Dieses Angebot enthält aber, wie ich eben ausgeführt habe, nur einen geringen Preis für 49 % der Bank und hohe Belastungen für das Land Niedersachsen.

Nun liegt eine Offerte des Sparkassensektors vor. Dort ist eine Offerte beschlossen worden - nicht ein Ergebnis gegenseitiger Verhandlungen -, die eine solide Basis für eine zukunftsfähige Bank sein wird.

Alternativ zu diesen Varianten könnte man über verschiedene Dinge nachdenken. Auch diese Punkte will ich hier deutlich ansprechen.

Alternativ zu den beiden Varianten, die ich geschildert habe, nämlich die Investition eines Privatinvestors oder die DSGV-Lösung, könnte auch die Abwicklung der Bank über das Single Resolution Board (SRB) in Brüssel erfolgen. Das könnte grundsätzlich in Betracht kommen, meine Damen und Herren. Allerdings setzt dies voraus, dass eine Institutssicherung, wie sie der Sparkassensektor gewährt, als milderes Mittel nicht zur Verfügung stehen würde. Verbunden mit dieser Variante wäre

also zunächst die Prüfung, ob dieses milde Mittel der Institutssicherung in Anspruch genommen werden könnte. Diese Variante wäre mit dem Risiko der Inanspruchnahme für das Land im Rahmen der Gewährträgerhaftung verbunden. Es bedeutet zudem den Verlust der Kontrolle der Abwicklung für das Land. Auch wäre diese Variante mit erheblichen Auswirkungen auf das Sparkassenlager in Niedersachsen, aber auch über Niedersachsen hinaus und gegebenenfalls für die Kunden in der Region verbunden.

Geprüft wurde auch eine Abwicklung in eigener Regie. Hier hatte auch die Aufsicht nach einem Plan zur sogenannten freiwilligen Abwicklung gefragt. Dieser Bitte sind wir nachgekommen. Die Bank und die Wirtschaftsprüfer kamen zu dem Ergebnis, dass ein Garantieschirm von über 20 Milliarden Euro notwendig gewesen wäre, der vermutlich aus dem Landeshaushalt hätte kommen müssen; denn der Sparkassensektor hätte dies sicherlich nicht leisten können. Meine Damen und Herren, wer hätte sich auf dieses Wagnis einlassen wollen? Wir haben diese Variante nicht als realistisch für uns betrachtet und uns gegen diese Variante entschieden.

Meine Damen und Herren, für das Land Niedersachsen geht es um unser Landesvermögen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Das sehen wir am besten gesichert durch eine gemeinsame Lösung mit dem Sparkassensektor, der insgesamt 1,2 Milliarden Euro investieren wird. Das ist ein gutes Ergebnis.

Nach unseren Plänen werden wir - das Land Niedersachsen - für unseren Anteil von bis zu 1,5 Milliarden Euro zuzüglich weiterer Abschirmungen in Höhe von ungefähr 1 Milliarde Euro kein Steuergeld einsetzen. Das wird also kein Steuergeld sein!

(Christian Grascha [FDP] lacht)

Über eine Beteiligungsgesellschaft können wir die Finanzierung der Maßnahmen sicherstellen. Die Finanzierungskosten werden aus den Dividenden gezahlt, die die neu aufgestellte NORD/LB ausschütten kann. Dies wäre somit ein in sich geschlossenes System, das kein Steuergeld benötigt. Das war und ist unser Ziel, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich habe immer gesagt und werde auch weiterhin sagen und bleibe dabei: Wir wollen eine marktwirt

schaftliche Lösung der Herausforderungen bei der NORD/LB, die sich selbst rechnet. Wir brauchen das auch schon aus beihilferechtlichen Gründen.

Fest steht, meine Damen und Herren, dass die Bank neu aufgestellt werden muss. Ein einfaches „Weiter so!“ wird es mit uns nicht geben.