Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Nein, jetzt noch nicht. Erst mal zuhören!

(Zurufe von der FDP: Wo ist die Euro- paministerin bei dieser Debatte? Wir haben doch extra eine Europaministe- rin! - Die interessiert das nicht!)

- Herr Kollege, ich bin nicht für die Landesregierung verantwortlich.

Die Bäuerinnen und Bauern sollen die Versorgung mit Nahrung sicherstellen, doch die Produktion von hochwertigen Lebensmitteln ist nicht ihre einzige Aufgabe. Es geht - und das wurde richtig dargestellt - um Arbeitsplätze auf dem Land, es geht um die Bewahrung einer vielfältigen und artenreichen Landschaft. Und die Landwirte sollen den Boden, den sie bewirtschaften, den nachfolgenden Gene

rationen fruchtbar und in vernünftigem Zustand übergeben. Ein Acker wird bestellt übergeben.

Wir erwarten von der Landwirtschaft, dass sie dabei verantwortungsvoll mit den Tieren und Pflanzen umgeht, das Trinkwasser sauber hält und selbstverständlich auch noch aktiv das Dorfleben gestaltet. Das ist die überwiegende gesellschaftliche Erwartung an die Landwirtschaft. Über die europäische Agrarförderung erhalten wir Geldmittel, um genau diese Anforderungen auch mit Finanzmitteln zu steuern.

Es bedarf, wenn man etwas steuern will, Herr Kollege, natürlich einer gewissen Bürokratie. Wenn ich mir Ziele setze und diese erreichen will, dann komme ich an Bürokratie letztlich nicht vorbei. Wir unterhalten uns bei diesem Tagesordnungspunkt über die Verteilung von mehr als 1,1 Milliarden Euro, die in Niedersachsen jährlich an die Landwirtschaft und die ländlichen Räume verteilt werden. Derzeit gehen durchschnittlich 900 Millionen Euro jährlich aus der ersten Säule an die landwirtschaftlichen Betriebe.

Hierbei ist die Fläche der Verteilungsmaßstab. Wer viel Fläche hat, bekommt viel. EU-weit - das hat die Kollegin vorhin richtig erwähnt - erhalten nach diesem Schlüssel 20 % der Betriebe 80 % dieser Mittel. Von den knapp 6,5 Milliarden Euro gehen in dieser Förderperiode fast 5 Milliarden Euro an den meisten landwirtschaftlichen Betrieben vorbei, wenn man diesen Schlüssel auf Niedersachsen überträgt.

Im Wesentlichen erhalten die Großbetriebe damit eine staatliche Verzinsung ihres Eigentums. Ich kann mir gut vorstellen, dass man dann ganz wenig Bürokratie möchte; das ist dann eine ganz einfache Sache. Nur, diese Verteilung ist ungerecht. Sie berücksichtigt nicht die Leistung, die erbracht wird; das hat der Kollege auch gesagt. Es wird aber Leistung erbracht, und die insbesondere von den familiengeführten landwirtschaftlichen Betrieben.

Wir wollen das Ganze vernünftig steuern. Die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 sieht eine überproportionale Kürzung von über 28 % zulasten der zweiten Säule vor.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das stimmt!)

Das sind die Mittel, die entscheidend für die Förderung der ländlichen Räume sind. Breitbandausbau, Dorfentwicklung, Wegeausbau, aber auch die Förderung des ökologischen Landbaus sind auf die Kofinanzierung der zweiten Säule angewiesen.

Das ist letztlich Geld, das im Wesentlichen wieder in den bäuerlichen Betrieben landen wird.

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich im Rahmen einer Anhörung einer Vielzahl von Verbänden mit der Frage der Umschichtung von EU-Fördermitteln von der ersten in die zweite Säule auseinandergesetzt. Die mögliche Umschichtung von 15 % aus der ersten in die zweite Säule, um Maßnahmen für den ländlichen Raum und das Tierwohl auf den Weg zu bringen, wurde weitestgehend positiv gesehen.

Es wurde auch angeraten - zumindest von einigen Verbänden -, weitere 15 % für spezifische umwelt- und klimabezogene Maßnahmen einzusetzen. Damit könnte Geld noch zielgerichteter den landwirtschaftlichen Betrieben zufließen, und zwar für Maßnahmen, die eben nicht am Markt honoriert werden, und für die keine direkten Einnahmen erzielt werden können.

Meine Damen und Herren, die SPD möchte eine Brücke zu einer fairen und verlässlichen Agrarförderung bauen. Die historisch gewachsene Agrarförderung wird so nicht mehr anerkannt und schadet letztlich dem Berufsstand. Das beste Beispiel dafür ist doch das Volksbegehren in Bayern: Mit 1,8 Millionen Unterschriften hat man zumindest versucht, Herrn Söder eine Lektion in Sachen Naturschutz und Artenschutz zu erteilen.

Eine Forderung besteht darin, 10 % der Agrarflächen in Blühflächen umzuwandeln. Das ist natürlich höchst ambitioniert. Ziele wie Natur-, Klima- und Artenschutz kann man nur erreichen, wenn man die Agrarförderung stärker ausbaut.

Das zugegebenermaßen höchst ambitionierte Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion fordert von der zukünftigen GAP öffentliches Geld für öffentliche Gemeinwohlleistungen, eine gerechte Aufteilung von Finanzmitteln, dass die Landwirtinnen und Landwirte von ihrer Arbeit gut leben können und eine Landwirtschaft, die die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft erhält.

Wenn man sich mit jungen Landwirtinnen und Landwirten unterhält, die gerade vor der Entscheidung stehen, ob sie den Familienbetrieb übernehmen sollen, dann stellt man fest, dass sie eine Frage umtreibt: Welche Perspektive hat mein Betrieb in der Zukunft? Wie kann ich mich zukünftig mit meinem Betrieb für die Gesellschaft aufstellen? Die jungen Menschen erwarten zu Recht von uns eine Antwort.

Der im Rahmen der Koalition erarbeitete und zur Abstimmung stehende Antrag ist ein Schritt in die richtige Richtung, um diesen Betrieben mehr Sicherheit zu geben und genau dort steuernd einzugreifen. Ich würde mir von den Grünen wünschen, dass sie sich wenigstens diesem Schritt anschließen könnten. Dass die Kollegen von der FDP das nicht können, vermag ich noch zu verstehen. Wenigstens den einen Schritt in die richtige Richtung sollten wir gemeinsam gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Adomat. - Jetzt ist die Fraktion der FDP dran. Kollegin Dana Guth, bitte sehr!

(Zuruf: Der AfD!)

- Oh, Entschuldigung in alle Richtungen! AfD natürlich.

Kollegin Guth, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über einen gemeinsamen Antrag der SPD und der CDU zur Gemeinsamen Agrarpolitik.

Bereits in der Einleitung steht Folgendes:

„Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist bis heute einer der am stärksten vergemeinschafteten Politikbereiche der EU.... Niedersachsen profitiert in einem hohen Maße von dieser zentralen Gemeinschaftspolitik.“

Damit ist bereits alles gesagt. Die Einleitung macht jede Diskussion obsolet: Es ist etwas Gutes; wir profitieren.

Aber sagen Sie das bitte mal den Schweinehaltern in Niedersachsen, die seit der Brüsseler Erklärung von 2011 mit dem Problem der betäubungslosen Kastration zu kämpfen haben, das bis heute nicht geklärt ist!

Sagen Sie das den Waldbesitzern in Niedersachsen, die dank Natura 2000 faktische Enteignungen durch die Unteren Naturschutzbehörden erlebt haben!

Sagen Sie das den Landwirten in Niedersachsen, die durch die Düngeverordnung massive Probleme vor Ort haben!

Sagen Sie das auch den Weidetierhaltern, die aufgrund der EU-Artenschutzverordnung keine Lösung zum Problem mit dem Wolf in irgendeiner Art und Weise angeboten bekommen!

Sagen Sie das allen in der Landwirtschaft Tätigen, die mit Behörden und Antragswahn zu kämpfen haben, und zwar jeden Tag!

Das alles wurde beschlossen von Menschen, die zum größten Teil noch nie ein Wort mit einem niedersächsischen Bauern gesprochen haben. Der Musterschüler Deutschland zeichnet sich wie immer durch eine möglichst restriktive Umsetzung jeder Kopfgeburt aus - ganz im Gegensatz zu vielen EU-Partnern - und löst damit starke Wettbewerbsnachteile für die Landwirte in Niedersachsen aus.

Schauen wir uns Ihre Forderungen an! Ein angemessenes EU-Agrarbudget wird gefordert. - Wir sind mit 15 Milliarden Euro Differenz der größte Nettozahler und müssen um ein angemessenes Budget betteln, bei der GAP-Reform weiterhin die Förderangebote auf Niedersachsen zuschneiden zu dürfen. Wir bezahlen, bekommen weniger zurück und müssen dann noch fragen, wie wir unser Geld verwenden dürfen? - Dafür haben wir eigentlich ein Ministerium.

Der Klimaschutz darf auch nicht fehlen und natürlich der Bürokratieabbau - die Bürokratie abbauen, die wir ohne die Krake in Brüssel gar nicht hätten.

Die weiteren Forderungen - Familienbetriebe stärken, Wertschöpfungsketten im ländlichen Raum stärken, Transfer von Wissen, Innovation und Technologien beschleunigen und gesundere und sichere Lebensmittel für die Bevölkerung - unterstützen wir vollumfänglich. Was könnte man in Deutschland mit 15 Milliarden Euro alles bewegen?

Der Schlusssatz:

„Um die Anliegen Niedersachsens in dem Reformprozess weiterhin wirksam einbringen zu können, hält der Landtag eine Positionierung der Landesregierung gegenüber der Bundesregierung sowie der EU-Kommission im Sinne dieser Entschließung für erforderlich.“

Nein, meine Damen und Herren, Sie entscheiden hier nichts. Hier wird mal wieder freundlich um Gehör und Berücksichtigung gebeten. Das war’s.

Ja, Herr Dr. Mohrmann, Sie betonten es in der Ausschussdebatte sehr deutlich: Wir sind überzeugte Europäer und übernehmen Verantwortung. - Sie sind aber Landtagsabgeordneter und nicht EU-Parlamentarier. Sie sind gewählt, um die Interessen der Menschen in Niedersachsen zu vertreten.

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Das tun wir!)

Übernehmen Sie also Verantwortung! Tragen Sie endlich dazu bei, dass die Landwirte in Niedersachsen Unternehmer in freiem und fairem Wettbewerb sein können und nicht zu abhängigen Subventionssklaven der EU-Bürokratie werden!

(Beifall bei der AfD)

Europäer sind wir alle. Aber wir sind auch Deutsche.

(Wiard Siebels [SPD]: Ich bin vor al- lem Ostfriese, um das hier einmal deutlich zu sagen!)

Wir brauchen endlich wieder mehr nationale Verantwortung, Entscheidungsspielräume sowie gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn. Was wir nicht brauchen, sind die Vereinigten Staaten von Europa mit einer Zentralregierung.

(Beifall bei der AfD)

Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab, der Sie alle zu Erfüllungsgehilfen der Brüsseler Zentralregierung macht.