Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

Der Verdienstausfall ist geregelt. Für Selbstständige ist das zugegebenermaßen häufig nicht ganz befriedigend. Das ergibt sich aus dem Entschädigungsgesetz. Das ist Bundesrecht. Darauf muss man eventuell einmal schauen. Andererseits glaube ich, dass es wichtiger ist - darauf will ich gerne hinwirken -, dass unsere Gerichte und deren Zahlstellen noch einmal dafür sensibilisiert werden, dass man das Ganze vielleicht manchmal etwas unbürokratischer handhaben kann. Denn man hört immer wieder, es dauere alles zu lange und sei zu bürokratisch.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Limburg zu?

Ja, klar.

Bitte!

Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Sind Sie erstens vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen, in denen Sie erfreulicherweise auch detailliert auf den Änderungsantrag eingingen und auch gesagt haben, man müsse sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene noch einmal auf die Auszahlung der Aufwandsentschädigung schauen, nicht auch der Auffassung, dass es vielleicht besser wäre, den Antrag in den Ausschuss zurück zu überweisen und zu einer gemeinsamen Entschließung zu kommen?

Was spräche zweitens aus Ihrer Sicht explizit dagegen, dem Änderungsantrag von Grünen und FDP zuzustimmen? Das ist mir nicht deutlich geworden, weil Sie sich doch eigentlich sehr wohlwollend dazu geäußert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich will es einmal so formulieren: Das Entschädigungsgesetz ist ja ein Bundesgesetz. Wir können auf Landesebene wenig tun. Um die Gerichte zu sensibilisieren, brauche ich jedenfalls keinen Entschließungsantrag. Das wurde vorhin in anderen Ausführungen, soweit ich mich erinnere, als Selbstverständlichkeit bezeichnet. Ich bin immer dankbar für Anregungen, aber darauf werden wir ohnehin hinwirken.

Was den dritten Punkt, die Verbesserung durch Betreuungsmöglichkeiten, angeht, so ist in § 35 GVG geregelt, wann man ein Schöffenamt ablehnen kann. Das ist u. a. gegeben, wenn man einen schweren Betreuungsfall zu Hause hat. Dann kann man ablehnen, Schöffin oder Schöffe zu werden. Das Gleiche gilt für Mütter mit kleinen Kindern. Auch sie haben die Möglichkeit.

Sie alle wissen, wie schwierig es sein kann, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt ist, Tag fünf der

Strafverhandlung gekommen ist, die Schöffin morgens anruft und sagt: Mein Kind ist schwerstkrank. Ich kann nicht weg.

Stichwort „gesetzlicher Richter“: Auch wir in der Justiz halten keine Krankenschwester vor, die einspringen kann, um das Kind zu betreuen, abgesehen davon, dass es wahrscheinlich ohnehin die Mutter am besten kann.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oder der Vater!)

- Oder der Vater. Entschuldigung.

Das Einzige, was wir als Justiz tun können und dann auch tun, ist, zu sagen: Wir heben den Hauptverhandlungstag auf und vertagen ihn auf einen späteren Zeitpunkt. Das geschieht aber auch in der Regel.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was spricht jetzt dagegen, das noch einmal in Ruhe im Ausschuss zu besprechen?)

- Ich bin nicht im Ausschuss.

So, wie ich den Entschließungsantrag bis heute Morgen gekannt habe, fand ich ihn gut und richtig. Dafür war ja auch meine Rede. Das andere sind die Dinge, die ich erst vor einer halben Stunde zur Kenntnis bekommen habe. Zu ihnen habe ich mich so geäußert, wie ich mich geäußert habe.

Dass das Schöffenamt integraler Bestandteil der Strafjustiz ist und dass es eine verantwortungsvolle Tätigkeit und ein attraktives Ehrenamt bleibt und bleiben soll, ist selbstverständlich. Daher freue ich mich eigentlich über den Entschließungsantrag, so wie er vorgelegen hat, und unterstütze ihn mit großer Überzeugung. Zu den anderen drei Punkten habe ich mich gerade geäußert.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Herr Dr. Genthe hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Herr Dr. Genthe, Sie haben eine Restredezeit von 1:07 Minuten zur Verfügung. Gegebenenfalls wäre auch noch ein Nachschlag möglich, da die Ministerin ein kleines bisschen länger gesprochen hat, als man zunächst dachte. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Ich denke, so viel Zeit brauche ich gar nicht.

Ich möchte in Bezug auf die Rede der Ministerin erstens nur ganz kurz klarstellen, dass wir mit der Supervision nicht eine beratende Tätigkeit während eines laufenden Verfahrens eines Richters gemeint haben. Vielmehr wollen wir sie selbstverständlich erst nach Abschluss eines Strafverfahrens - beispielsweise eines Strafverfahrens mit Einzelheiten, die vielleicht für Personen sehr belastend sind - anbieten.

Zweitens haben Sie sich tatsächlich sehr offen gegenüber dem Änderungsantrag der Grünen und der FDP geäußert. Ich finde, es spricht wirklich nichts dagegen, den Antrag in den Ausschuss zurück zu überweisen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ja, die Justiz kann natürlich, wenn ein Schöffe beispielsweise einer Betreuung nachkommen muss, einen Hauptverhandlungstermin verschieben, aber das ist gerade bei großen Verfahren sehr unglücklich. Es kann ja auch einmal eine Kita geschlossen sein. Man kann also durchaus einmal darüber reden, was man auf Landesebene machen kann. Und dazu soll dieser Antrag dienen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Christian Grascha [FDP]: Rücküber- weisung!)

- War das ein formeller Antrag auf Rücküberweisung in den Ausschuss?

(Christian Grascha [FDP]: Ja!)

- Dann lasse ich zunächst über selbigen abstimmen.

Wer dafür ist, diesen Tagesordnungspunkt mit allen seinen Vorlagen in den Ausschuss zurückzuüberweisen, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Zweite war die deutliche Mehrheit. Eine Rücküberweisung kommt also nicht in Betracht, sodass wir jetzt in die Ausgangslage und damit in die Abstimmung über die vorliegenden Anträge eintreten können.

In diesem Fall ist nicht ganz zweifelsfrei festzustellen, ob sich die auf eine Annahme in einer geänderten Fassung abzielende Beschlussempfehlung

des Ausschusses oder der auf Annahme in einer anderweitig geänderten Fassung zielende Änderungsantrag inhaltlich weiter von dem Ursprungsantrag entfernt. Ich halte es für zielführend - und gehe von Ihrem Einverständnis aus -, dass wir zunächst über den Änderungsantrag und im Fall seiner Ablehnung anschließend über die Beschlussempfehlung abstimmen. So scheint es mir vernünftig zu sein. - Dann machen wir das so.

Wer also dem gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/2978 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Zweite war eindeutig die Mehrheit. Damit ist dem Änderungsantrag nicht gefolgt worden.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einstimmig. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses mit all den Änderungen angenommen worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 19: Abschließende Beratung: Arbeit der Anlaufstellen für Straffälligenhilfe angemessen unterstützen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/1846 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 18/2924

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Eine erste Wortmeldung liegt mir von der Vorsitzenden der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Kollegin Anja Piel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele von Ihnen hier im Raum kennen das Geschäft. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Erfolg guter Oppositionsarbeit nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Heute beraten wir abschließend über einen Antrag unserer Fraktion, der nun in einer Fassung angenommen wird, die die Große Koalition vorgegeben hat: Ein bisschen Schütteln, ein bisschen Umformulieren, etwas Eigenlob - und zack ist es ein GroKo-Antrag, über den wir heute abstimmen.

Der Einleitungsteil der nun zu beschließenden Fassung besteht im Wesentlichen aus der Begründung unseres Antrags, aktualisiert um die in den Haushalt 2019 eingestellten Mittel. Das ist natürlich das Vorrecht der regierungstragenden Fraktionen, und es freut uns auch sehr, dass wir Ihnen an dieser Stelle bei der Arbeit helfen konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Dr. Marco Genthe [FDP])

Darüber hinaus zeigt der Hinweis, dass Sie in diesem Jahr hier mehr investieren als in den vergangenen Jahrzehnten, dass die SPD gut in ihrer neuen Rolle angekommen ist: Nichts war je so gut und großartig wie diese Große Koalition. Herzlichen Glückwunsch zum neuen Selbstbewusstsein!

Meine Damen und Herren, ich gönne Ihnen diesen schönen Antrag von Herzen; denn unsere wesentlichen Forderungen übernehmen Sie ja: eine dauerhafte und auskömmliche finanzielle Förderung der Anlaufstellen für Straffälligenhilfe und einen entsprechend höheren Haushaltsansatz in den kommenden Jahren. Das finden wir gut. Wir werden diesen Antrag also mittragen.